Lexus NX 300h: Hybrid-SUV im Test Sympathische Alternative
Mit dem Hybridmodell Lexus NX 300h wollen Japaner gegen die etablierten Diesel-SUV der Mittelklasse punkten. Test
Der SUV-Markt brummt. Vor allem die kleinen Modelle und die der Mittelklasse stehen bei der Kundschaft hoch im Kurs. Die Autoindustrie reagiert auf das große Interesse mit immer neuen Produkten. Auch Lexus, die feine Toyota-Tochter, will sich nun ein Stück vom lukrativen Kuchen abschneiden.
Während jedoch gerade im Premiumsegment effiziente sowie leistungsstarke Dieselmotoren die erste Wahl sind, setzt Lexus auf sein markentypisches Hybrid-System aus einem Benziner und zwei E-Motoren. Die Antriebseinheit stammt in ihren Grundzügen aus dem IS 300h, die Systemleistung wurde allerdings auf 197 PS reduziert.
Dabei treiben der Benziner und der vordere Elektromotor die Vorderachse an. Zusätzlich unterstützt ein 68-PS-E-Motor an der Hinterachse je nach Fahrzustand das System – allerdings nur bis maximal 60 km/h. Jenseits davon ist auch der Testwagen mit dem sogenannten E-Four-Allradantrieb ein reiner Fronttriebler.
Die drei Motoren arbeiten ausgesprochen sensibel zusammen. Die Übergänge zwischen Verbrennungs- und E-Antrieb sind für den Fahrer lediglich akustisch wahrnehmbar.
Der Lexus sprintet schneller als vom Werk angegeben
Die von Lexus angegebenen 9,2 Sekunden für den Sprint von null auf Tempo 100 unterbietet der gut im Futter stehende Testwagen um 0,3 Sekunden. Allerdings stört gerade unter Last das aufgrund des stufenlosen Planetengetriebes typische Aufheulen des Verbrennungsmotors.
Schnelle Autobahnetappen mit vielen Überholvorgängen belasten mit dem Klangbild einer Waschmaschine im Schleudergang das Nervenkostüm deutlich mehr als die gelassenen Selbstzünder der Konkurrenz.
Der Lexus ist ohnehin nicht für die Hatz gemacht – die elektronisch abgeregelte Höchst-geschwindigkeit von 180 km/h ist hier eine klare Ansage. Der Lexus wurde in erster Linie für den amerikanischen Markt entwickelt. Erst bei niedrigen Autobahngeschwindigkeiten und im dichten Stadtverkehr spielt er daher auch hierzulande seine Stärke aus: das rein elektrische Fahren.
Durch die Aktivierung des EV-Modus lässt sich der NX ausschließlich über die E-Motoren bewegen. Mit viel Gefühl im Fuß gelingt das bis maximal 50 km/h. Selbst bei höheren Geschwindigkeiten bis knapp 100 km/h zeigt das Display stellenweise ein Abschalten des Benziners an. Dann unterstützt der vordere E-Motor das sanfte Dahingleiten.
Sobald beschleunigt werden soll, ist der 2,5-Liter-Benzier wieder mit von der Partie. Die elektrische Unterstützung zahlt sich beimVerbrauch jedoch nur im Stadtbetrieb aus. Auf unserer Verbrauchsrunde mit Volllastanteil überzeugt der NX 300h nicht. Obwohl seine Höchstgeschwindigkeit deutlich früher abgeregelt ist als die der ins Visier genommenen Mitstreiter von BMW, Mercedes und Audi, genehmigt sich der Lexus 9,7 Liter auf 100 km.
Der 190 PS starke und bis zu 210 km/h schnelle aktuelle Klassenprimus X3 xDrive20d begnügte sich im letzten Test mit 7,4 Litern. Auch beim Komfort zeigt sich der NX zwiespältig. Obwohl seine Stärke im sanften Dahingleiten liegt, gibt sich das Fahrwerk gerade bei niedrigen Geschwindigkeiten recht stößig. Je höher das Tempo wird, desto harmonischer arbeitet das Paket aus Federn und adaptiven Dämpfern der F-Sport-Version zusammen.
Wo liegen also die Vorteile des Lexus? Zum einen natürlich in seinem individuellen Erscheinungsbild: sportlicher Auftritt plus Coupé-Charakter. Schnöde Sachlichkeit überlässt er anderen. Das gilt auch für den Innenraum. Der Japaner sitzt wie ein guter Maßanzug – knapp geschnitten ohne zu kneifen. Die gut anliegenden Sportsitze der von uns getesteten F-Sport-Variante fügen sich da bestens ins Bild, dazu passt die extravagante Architektur des Armaturenträgers.
Detailarbeit gegenüber anderen Lexus-Modellen erfuhr die Bedienstruktur: Die Menüebenen sind logischer aufgebaut, und das neue Touchpad erleichtert die Ansteuerung einzelner Funktionen. Allerdings hat das Besondere auch seinen Preis. Zwar kostet die Einstiegsversion mit E-Four-Allradantrieb 41.500 Euro.
Wer aber auf adaptive Dämpfer und aktuelle Sicherheitsfeatures nicht verzichten möchte, muss die 52.800 Euro teure F-Sport-Variante wählen. Auch das erweiterte Navigationssystem mit Touchpad-Bedienung und DAB-Radio gibt es erst ab der sportiven Version. Doch die unflexible Aufpreispolitik dürfte die Wettbewerbschancen des nonkonformistischen Lexus nicht unbedingt steigern. Schade eigentlich.
Der Lexus NX 300h ist eine Alternative für Individualisten, die lieber cruisen statt schnell fahren. Nur dann kann das Hybrid-SUV seine Vorzüge ausspielen.
Michael Godde