Land Rover Discovery/Volvo XC90: Test Bulliger Brite gegen Schwedenstahl
Mit geringerem Gewicht, verbessertem Handling und vielseitigem Innenraum soll der neue Land Rover Discovery bei den großen Nobel-SUV mehr Kunden gewinnen. Der moderne Volvo XC 90 ist in diesem Segment ebenfalls erfolgreich unterwegs. Test mit beiden Kandiaten!
Der erste Land Rover Discovery erschien bereits vor 27 Jahren auf dem Markt. Seitdem haben sich über 1,2 Millionen Kunden für den britischen Alleskönner entschieden, der seit jeher eine ausgeprägte Geländegängigkeit mit hoher Praktikabilität im Alltag kombinierte. Diese Erfolgsgeschichte soll die komplett neu entwickelte fünfte Generation nun fortsetzen. Im ersten Vergleichstest stellt sich der Discovery 2.0 Sd4 mit 240 PS starkem Bi-Turbodiesel dem Volvo XC 90 D5 AWD, der ebenfalls mit einem zweifach aufgeladenen Selbstzünder an den Start geht, der 235 PS produziert.
Der Land Rover Discovery im Video:
Test: Land Rover Discovery vs. Volvo XC90
Mit fast fünf Meter Länge und rund zwei Meter Breite gehören sowohl der Land Rover Discovery als auch der Volvo XC 90 hierzulande zu den größten SUV überhaupt. Entsprechend opulent sind die Platzverhältnisse im Innenraum. Vorn wie hinten haben selbst Großgewachsene keinen Grund, sich über mangelnde Bewegungsfreiheit zu beschweren. Beim Kofferraumvolumen hat indes der Land Rover seine bullige Nase deutlich vorn. Bis zu 2500 Liter Stauraum stellen das Ladevolumen des Volvo – maximal 1886 Liter – im Test klar in den Schatten. Das Gleiche gilt für die Zuladung. Der noble Brite darf satte 350 Kilogramm mehr Transportgut mit auf die Reise nehmen und eignet sich mit einer Anhängelast von 3,5 Tonnen (Volvo: 2,7 Tonnen) hervorragend als Zugfahrzeug. Ein weiterer Vorzug beider Dickschiffe ist die ausgeprägte Wandelbarkeit der Innenräume. Eine längs verschiebbare Rückbank mit neigungseinstellbarer, dreiteiliger Rückenlehne gehört hier wie da zum guten Ton. Gegen Aufpreis können die Sitze im Discovery sogar per App vom Handy aus konfiguriert werden. Ein cooles Gimmick, das sich Land Rover mit 1700 Euro allerdings recht teuer bezahlen lässt – zumal es die gehobene Ausstattung HSE für 10.800 Euro voraussetzt. Massiv aufgestockt haben die Engländer die Sicherheitsausstattung des Discovery. Moderne Assistenzsysteme wie Spurhalte und Spurwechselhilfen, autonomes Staufolgefahren, Notbremsassistenz mit Fußgängererkennung oder auch ein Rangierassistent für den Anhängerbetrieb sind für den Briten zumindest gegen Aufpreis erhältlich. Dennoch sammelt der Volvo in unserem Vergleichstest im Wertungspunkt Sicherheitsausstattung ganze 22 Zähler mehr als sein Kontrahent. Der Grund: Fast sämtliche Assistenzsysteme gehören im Gegensatz zum Land Rover selbst in der Basisausführung zum Auslieferungsstandard – vorbildlich! Bei der Bedienung schenken sich die Rivalen hingegen nichts. Die wichtigsten Funktionen werden in beiden SUV über den jeweiligen zentralen Touchscreen vorgenommen. Dabei verzichten die Hersteller auf einen Dreh-Drück-Steller oder einen Scroll-Regler am Bildschirm, was die Bedienung während der Fahrt erschwert. In beiden Fällen ist die Material- und Verarbeitungsgüte den hohen Preisen angemessen. Weder der Brite noch der Schwede geizen mit hochwertigen Materialien wie Aluminium, Leder oder offenporigen Hölzern.
Beim Fahrkomfort hat der XC90 die Nase vorn
Der neue Discovery verwöhnt seine Fahrgäste mit einer gelungenen Geräuschisolierung. Der Federungskomfort gehört allerdings nicht zu den ausgewiesenen Stärken des Land Rover. Seine optionale Luftfederung, die mit adaptiven Dämpfern zusammenarbeitet, reagiert auf mittlere bis grobe Anregungen recht hölzern. Gleichzeitig ist die Karosserie des Discovery fast immer in Bewegung. Der XC 90 verkneift sich im Gegensatz zu seinem Kontrahenten ein Schwanken im Aufbau komplett. Er liegt sowohl auf der Landstraße als auch bei niedrigeren Geschwindigkeiten viel ruhiger auf der Straße. Darüber hinaus überspielt die optionale Luftfederung, die Volvo mit elektronisch geregelten Dämpfern kombiniert, Unebenheiten deutlich kompetenter. Für beide Wettstreiter gilt: Mit maximaler Beladung reagieren die Feder-Dämpfer-Einheiten viel geschmeidiger auf Unebenheiten. Mehr zum Thema: Erste Fahrt im neuen Discovery
Motor/Getriebe: XC90-Aggregat spritziger
Auch wenn der Landy im Vergleich zum extrem schweren Vorgänger bis zu 480 Kilo abgespeckt hat, wirkt sein 240 PS starker Selbstzünder etwas angestrengt. Kein Wunder, schließlich muss das kultiviert laufende 2,0-Liter-Aggregat immer noch 2296 Kilogramm bewegen. Zwar sorgt die gelungene Abstimmung der Achtstufen-Automatik dafür, dass beim Anfahren und Beschleunigen aus niedrigen Geschwindigkeiten stets genügend Kraft zur Verfügung steht. Aber ab etwa 160 km/h legt der Brite nur noch zögerlich an Tempo zu. Im direkten Vergleich wirkt der 140 Kilogramm leichtere Volvo mit seinem 235-PS-Selbstzünder jedenfalls spritziger. Er beschleunigt bei höheren Autobahngeschwindigkeiten noch mit Nachdruck und erzielt mit 220 km/h eine um 13 km/h höhere Endgeschwindigkeit. Zudem verbraucht der schwedische Bi-Turbodiesel 1,4 Liter weniger Kraftstoff. Die Achtstufen-Automatik des XC 90 arbeitet derweil genauso sanft und unauffällig wie das Getriebe im Land Rover.
Beide SUV mit sehr guter Fahrdynamik
Im Vergleich zum eher behäbigen Vorgänger präsentiert sich der neue Land Rover Discovery fahrdynamisch in einer sehr guten Form. So umrundet der Insulaner den Handlingkurs – auch dank der haftstarken Conti Sport Contact 5-Bereifung – neutral und mit vergleichsweise hohen Kurvengeschwindigkeiten. Den bekannt flotten Volvo XC 90 kann er sogar um drei Zehntelsekunden hinter sich lassen. Schnelle Wechselkurven mag der smarte Brite jedoch nicht. Beim Umsetzen greifen seine Regelsysteme zu harsch ein und vernichten unnötig viel Geschwindigkeit. Und auch der Wendekreis von 13,5 Metern, der das Rangieren maßgeblich erschwert, verdient Kritik. Über jeden Zweifel erhaben ist dafür die Performance der Bremsanlage des Discovery, die den Brocken zuverlässig zum Stehen bringt. Auch wenn der XC 90 marginal langsamer auf dem Handlingkurs ist, wirkt er gerade beim Einlenken agiler. Verantwortlich dafür ist die direkter übersetzte Lenkung, die deutlich geringere Lenkwinkel mit sich bringt. Außerdem arbeitet das ESP sensibler, was die höheren Geschwindigkeiten in der Pylonengasse erklärt. Für die Fahrzeugklasse fast schon eine Sensation: der Bremsweg von 33,2 Metern mit kalter Anlage. Mehr zum Thema: Skoda Kodiaq fordert die Oberklasse
Umwelt/Kosten: XC90 mit mehr Ausstattung
Dass derart luxuriöse Allradler nicht zum Discount-Preis zu haben sind, liegt auf der Hand. So verlangt Land Rover für den Discovery 2.0 Sd4 mindestens 54.400 Euro. Der Volvo ist in der Basis zwar nochmals 4250 Euro teurer, verfügt dafür aber über die bessere Ausstattung, die im Gegensatz zu der des Briten beispielsweise eine Klimaautomatik oder eine Einparkhilfe beinhaltet. Im bewerteten Preis ist der Land Rover aber nur noch 360 Euro günstiger als sein Rivale, was auf die hochpreisigen Extras des Discovery-Testwagens zurückzuführen ist, die in Summe 14.910 Euro verschlingen, während die testrelevanten Extras des Volvo bei 11.020 Euro liegen. Der Kapitelsieg geht dennoch an den Schweden, der vornehmlich durch die niedrigeren Kraftstoffkosten und eben die umfangreichere Ausstattung einen knappen Vorsprung herausfährt.
Technische Daten | Land Rover Discovery 2.0 Sd4 | Volvo Xc90 D5 AWD |
Motor | 4/4, Biturbo-Diesel | 4/4, Biturbo-Diesel |
Hubraum | 1999 ccm | 1969 ccm |
Leistung | 240 PS | 235 PS |
Maximales Drehmoment | 500 Nm | 480 Nm |
Getriebe | 8-Stufen-Automatik | 8-Stufen-Automatik |
Antrieb | Allrad, permanent | Allrad, permanent |
Höchstgeschwindigkeit | 207 km/h | 220 km/h |
0-100 km/h | 9,0 s | 8,4 s |
Leergewicht | 2109 kg | 2055 kg |
Kofferraum | 723-2500 l | 721-1886 l |
L/B/H in mm | 4970/2073/1846 | 4950/2008/1776 |
Testverbrauch | 9,5 l D/100 km | 8,1 l D/100 km |
Grundpreis | 54.400 Euro | 58.650 Euro |
Testwagenpreis | 69.310 Euro | 69.670 Euro |
Platzierung | 2 | 1 |
Fans der Marke werden den neuen Land Rover Discovery lieben. Der wuchtige Engländer vereint wie kaum ein anderes SUV Abenteuerflair mit herausragendem Nutzwert. Vor allem das riesige Gepäckabteil, die hohe Zuladung von fast einer Tonne sowie die maximale Anhängelast von 3,5 Tonnen beeindrucken. Eine Überraschung sind ferner die Handlingeigenschaften. Dennoch geht der Testsieg an den Volvo XC 90. Der Schwede bietet nicht nur die wesentlich besseren Federungseigenschaften, er sammelt auch dank des spritzigeren und zugleich deutlich sparsameren Antriebs viele wertvolle Punkte. Außerdem legt der XC90 eine beeindruckende Bremsperformance hin. Eine Gemeinsamkeit: Für beide Oberklasse-SUV sollte der geneigte Kunde über eine prall gefüllte Geldbörse verfügen.