Lamborghini Huracán Performante: Test Der ultimative Lamborghini
Mehr Flügel, mehr Krawall, mehr Drama: Der Lamborghini Huracán Performante im Test. Natürlich auf der Rennstrecke!
Sie haben ja recht, dieser mattorangene Keil ist vom Flachdach bis zur Ventilkappe nur auf eines geeicht: die ganz große Show. Doch ihn als Rampensau abzustempeln, wäre schlichtweg falsch, denn er kann auch anders. Zum Beispiel an der Ampel im zivilen Strada-Modus mit geschlossenen Auspuffklappen – und plötzlich geht der Motor aus. Ein Start-Stopp-System in einem Lamborghini? Und es kommt noch besser, denn bei Teillast und gemäßigtem Tempo klemmt der Italiener ganz unauffällig fünf der zehn Zylinder ab, damit nicht so viel vom kostbaren Super Plus verschwendet wird. Und das Fahrwerk? Knüppelhart natürlich, was sonst, denken Sie jetzt. Ja, straff ist es schon, aber vom Ansprechverhalten der Feder-Dämpfer-Elemente kann sich so mancher Klein- oder Kompaktklässler noch etwas abgucken. Doch das alles will doch keiner, nicht in einem Lamborghini. Und ein erster Hinweis darauf, dass es in der Extrem-Variante des Huracán meistens ziemlich laut zugeht, ist das Geräusch des Blinkers. Das gibt es nämlich nicht. Hört wahrscheinlich eh keiner, haben sie sich in Sant’Agata Bolognese gedacht.
Die Rekorde des Lamborghini Huracán Performante im Video:
Lamborghini Huracán Performante im Test
Recht hatten sie, denn der Klang des V10 ist ein Genuss, da hat ein Blinker-Klacken nichts zu suchen. Genießen wir also den Sound des Saugmotors. Er ist einer, der vom Aussterben bedroht ist, weil alles nach Turbo schreit. So etwas wollen wir aber gar nicht, wenn wir ihn hier haben können: mit einem Ansprechverhalten so schnell, dass man meint, die Drosselklappe habe schon reagiert, bevor die Sendung "Trittbefehl" vom Fahrerhirn am Gasfuß angekommen ist. Und dann ist da diese Drehfreude, nochmals gesteigert dank noch mehr Leistung, noch mehr Drehmoment und noch weniger Staudruck. Du trittst aufs Gas, egal bei welcher Drehzahl, und es geht vorwärts. Beim Überschreiten der 5700er-Drehzahl-Markierung ist der Antritt im Test noch zackiger, das 5204 cm³ große Aggregat wechselt in den Galopp, begleitet vom klappenfreien Klang aus den beiden armdicken Endrohren. Jetzt wechselt der V10 vom tiefen Gurgel-Ton in ein heiseres und mit zunehmender Kurbelwellengeschwindigkeit immer helleres Schreien – bis uns der Begrenzer bei rund 8800 Touren durchschüttelt. Vorausgesetzt, man ist Selbstschalter und wählt den manuellen Modus des blitzschnell durch die sieben Gänge wechselnden Doppelkupplungsgetriebes. Apropos: Eine Launch- Control gibt es natürlich auch, mit der jeder Führerscheinneuling sprintet wie Fangio. 2,78 Sekunden meldet das Messgerät im Test beim Sprint von null auf 100 km/h, bis Tempo 200 sind es exakt 8,83 Sekunden.
Huracán Performante: Bremst so stark, wie er schnell ist
Genauso extrem, wie der Performante Tempo aufbaut, vernichtet er es auch wieder – wenn die speziell für den Performante verfeinerten Pirelli P Zero Trofeo R schön warmgefahren sind. Dann steht der 1557 Kilo schwere Keil bereits nach rund 31 Metern aus 100 km/h. Aus 200 sind es 116 Meter – wobei der Kopf kaum mitkommt, so heftig ist die Verzögerung. Auf den 400 km vom Testareal in der Eifel bis zum nahe Celle gelegenen Contidrom entdecken wir erneut die entspannte Art des Italieners mit Tempomat, Apple Car-Play und erstaunlich gutem Geradeauslauf. Nur die optionalen Schalensitze sind keine Empfehlung für Langstreckenfahrer. Aber wer verreist schon mit einem gerade mal aktentaschentauglichen Ladevolumen? Die Freisprecheinrichtung braucht auch niemand. Selbst wenn man brüllt, hört man kaum etwas. Also Stöpsel rein und ab auf die Autobahn. Frühmorgens im Contidrom. Während die Kehrmaschine noch die Spuren vom Vortag aus dem Asphalt bürstet, lassen wir den V10 warmlaufen, installieren das Messgerät, stülpen den Helm über und stellen fest, dass da nicht mehr viel Platz bis zum Dach ist. Grüne Ampel, die Schranke öffnet – 3630 Meter ganz für uns allein bei sauerstoffreicher, 18 Grad warmer Luft. Ideale Bedingungen für Motor und Reifen. Wir klicken uns vom Strada- direkt in den Corsa-Modus mit höherer Leerlaufdrehzahl, strafferen Dämpfern, direkterer und fester Lenkübersetzung. Wir fackeln nicht lange, verzögern nach Start-Ziel aus gut 180 km/h. Das ABS arbeitet im Test nahezu perfekt. Kein Schlenzer, kein Mucks. Weiter in das schnelle S, minimalstes Untersteuern. Das Gehirn wird gegen den Schädelknochen geschubst. Einmal rechts, einmal links. Keine Zeit für einen Schwindelanfall, wieder früh ans Gas und weiter gen Spitzkehre. Die Haarnadel ist noch nicht zu sehen, da verzögern wir schon. Kurzer Schock, die Beläge liegen nicht gleich an, und die volle Bremsleistung setzt ein paar Millisekündchen später ein als erwartet. Macht nichts, der Platz reicht aus. 180-Grad-Wende und wieder hochbeschleunigen, dabei viel Luft durch den Ansaugtrakt ziehen, der aus dem Super-Trofeo-Rennauto stammt. 245 km/h, leicht auf die Bremse treten und sich für die ultraschnelle, plötzlich ziemlich schmale Rechtskurve bereit machen. Der Performante liegt absolut ruhig wie das sprichwörtliche Brett – nicht zuletzt dank des überarbeiteten Fahrwerks mit härteren Federn und steiferen Stabis. Das wahre Geheimnis hinter den extremen Kurventempi und der dabei sehr neutralen Straßenlage ist die aktive Aerodynamik ALA. Auch die Lenkung schafft Vertrauen bei Geschwindigkeiten auf Rennsportniveau, arbeitet super präzise, jede Asphaltpore an die Fahrerhände meldend, das Limit der 245er-Vorderräder exakt ankündigend. 1:29,55 Minuten zeigt das Display an. Rundenrekord. Nie war auf dem Contidrom ein Fahrzeug im Test von AUTO ZEITUNG schneller …
Technische Daten | Lamborghini Huracán Performante |
Motor | V10 |
Hubraum | 5204 ccm |
Leistung | 640 PS |
Maximales Drehmoment | 600 Nm |
Getriebe | 7-Gang, Doppelkupplung |
Antrieb | Allrad |
0-100 km/h | 2,8 s |
Höchstgeschwindigkeit | 325 km/h |
Leergewicht | 1557 kg |
L/B/H in mm | 4506/1924/1165 |
Testverbrauch | 16,0 l SP/100 km |
Grundpreis | 232.098 Euro |
Lamborghini Huracán Performante | ||
Positiv | Fantastischer Hochdrehzahl-V10, aktive Aerodynamik, feines Fahrwerk | |
Negativ | Wenig Platz über dem Kopf, teils sehr kleine Ziffern und Zahlen im Display |
Die Schnellsten im Contidrom | ||||
Rang | Fahrzeug | 0-100 km/h | 0-200 km/h | Rundenzeit |
1 | Lamborghini Huracán Performante | 2,8 s | 8,8 s | 1:29,6 min |
2 | Corvette Z06 Performance-Paket | 3,4 s | 10,8 s | 1:31,6 min |
3 | Porsche 911 Turbo | 2,9 s | 9,8 s | 1:31,9 min |
4 | McLaren 570S | 3,0 s | 8,7 s | 1:31,9 min |
5 | Nissan GT-R Track Edition (2017) | 3,1 s | 10,5 s | 1:32,5 min |
6 | Porsche 911 GT3 RS | 3,3 s | 11,1 s | 1:32,5 min |
7 | Audi R8 V10 plus | 2,9 s | 9,5 s | 1:33,9 min |
Das hier ist der ultimative Lamborghini! Ein Techniker, ein Rennstrecken-Spielzeug, eine fahrdynamische Offenbarung. Der Performante fordert dich im Grenzbereich, aber fördert dich auch, in dem er dir demonstriert, was machbar ist, ohne dass du die Zügel aus der Hand gibst. Herrlich!