Jaguar XK 4.2 Cabrio - Englischer Hochadel Jaguar XK 4.2 Cabrio
Schick ist das Jaguar XK Cabrio ohne Zweifel. Aber kann es auch im harten Alltagüberzeugen?
Eckdaten | |
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PS-kW | 298 PS (219 kW) |
Antrieb | Hinterrad, 6-Stufen-Automatik |
0-100 km/h | 6.3 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 250 km/h |
Preis | 93.600,00€ |
Geplant war ein Jahr Testalltag mit dem Jaguar XK 4.2 Cabrio. Das war im Juli 2008. Nun sind es gut 14 Monate geworden. Es war ein schönes Jahr – nicht nur für uns, sondern auch für den Jaguar. In dieser Zeit spulte der Engländer immerhin 70 000 Kilometer ab. Das ist eine sehr beachtliche Distanz, wenn man bedenkt, dass normalerweise ein Dauertester für 100 000 Kilometer im Schnitt ungefähr zwei Jahre braucht. Noch beachtlicher ist es für den Jaguar, da er sich als Cabrio mit relativ wenig Stauraum nur eingeschränkt für große Touren empfiehlt. Ein Indiz mehr dafür, wie beliebt der komfortable Brite bei uns war.
Egal ob Termine in Frankreich oder Fotoproduktionen in Spanien, der Jaguar gehörte immer zu den begehrtesten Dauertestern – aus verschiedenen Gründen. Mit seinem knapp 300 PS starken, 4,2 Liter großen Achtzylinder ist der XK mehr als ausreichend motorisiert. Zudem bieten seine Vordersitze einen guten Langstreckenkomfort für Fahrer jeder Größe. Die hinteren Sitzmöglichkeiten zählen allerdings nicht dazu, da ihre geringe Beinfreiheit allenfalls Kleinkindern zumutbar ist. Besser, man nutzt die Rücksitze nur als zusätzlichen Stauraum, was auch bitter nötig ist, wenn man zu zweit inklusive Gepäck unterwegs ist. Denn auch an größeren Ablagen mangelt es im Innenraum. Und wer offen fahren möchte, der muss durch eine separate Abtrennung den schon nicht üppigen Kofferraum nochmals verkleinern, damit sich das Dach wegfalten kann.
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Einmal geöffnet, beginnt die wahre Freude. Der Achtzylinder beherrscht fast jede Melodie. Vom dezenten, aber immer präsenten Säuseln bis hin zum aggressiven Fauchen bestimmt das Gaspedal nicht nur die Gang-, sondern auch die Tonart. Dabei wirkt die Geräuschkulisse auch bei längeren Fahrten nie nervend oder aufdringlich. Man reist mit dem Windschott und den hochgefahrenen Seitenscheiben einigermaßen geschützt, und dank des guten Geradeauslaufs geht es auch sehr entspannt über schnelle Autobahnetappen. Bei geschlossenem Verdeck ist der Brite bis etwa 220 km/h relativ leise. Erst darüber nehmen die Windgeräusche überhand und stören auf Dauer.
KRAFTVOLL UND SPARSAM
Mit seiner sonoren Stimmlage eignet sich das Triebwerk perfekt zum Cruisen. Aber nicht nur die Geräuschkulisse, sondern auch die Trinksitten sind bei dieser Fahrweise beispielhaft. Pendelte sich der Durchschnittsverbrauch über die gesamte Distanz von gut 70 000 Kilometern bei 12,6 Litern pro 100 km ein, so waren sogar Verbräuche von deutlich unter 11,0 Litern im Fahrtenbuch vermerkt.
Auch wenn der Tank mit etwas über 70 Litern nicht gerade klein ausfällt, würde man sich für eine höhere Reichweite einen größeren Spritvorrat wünschen. So mahnt meistens schon nach gut 450 Kilometern die übervorsichtige Tankleuchte zum Nachfüllen.
Ganz im Einklang mit der relaxten Fahrweise schaltet die Sechsgangautomatik die einzelnen Fahrstufen butterweich und kaum spürbar. Die zusätzlichen Schaltpaddel am Lenkrad sind zwar witzig, aber nicht wirklich nützlich. Das Herunterschalten per Kickdown geht subjektiv genauso schnell wie per manuellem Eingriff am Lenkrad. So gar nicht zum Cruisen passt die steile Kennlinie des Gaspedals. Schon beim leichten Antippen strömt so viel Kraftstoff durch die Einspritzanlage, dass ein sanftes Anfahren nur mit viel Gefühl im Gasfuß möglich ist. Wer dies nicht beherrscht, der wird immer wieder nickende Beifahrer neben sich haben, deren Kopf beim Losfahren unsanft mit der Kopfstütze Kontakt aufnehmen.
Auch im Schnee muss der Fahrer vorsichtig mit dem Gaspedal umgehen: Selbst mit Winterreifen hat der heckgetriebene Jaguar bei winterlichen Straßenverhältnissen schnell mit Traktionsproblemen zu kämpfen. Schuld daran haben auch die breiten 275er Hinterreifen.
Wirklich edel ist das beigefarbene Lederinterieur. Leider sind aber besonders die hellen Fußmatten sehr schmutzempfi ndlich, und das Cockpit spiegelt sich in der Windschutzscheibe. Apropos spiegeln: Das Navigationssystem mit Touchscreen ist bei starker Sonneneinstrahlung kaum abzulesen. Zudem ist die gesamte Bedienführung von Heizung, Lüftung und Radio über den Touchscreen sehr gewöhnungsbedürftig und nicht immer intuitiv machbar. So sind einzelne Funktionen, wie die Regulierung der Heizung oder Klimaanlage, bei gleichzeitiger Navigation nur umständlich wieder zu erreichen. Abgesehen davon hat Jaguar das Bedienfeld zu tief in der Mittelkonsole montiert. So ist man gezwungen, den Blick lange von der Straße zu nehmen, um Einstellungen
vorzunehmen.
Schwächen zeigt das Navi auch bei der Zielführung: Oft ist die Aktualisierung der Route durch den Verkehrsfunk zu langsam. Sehr häufig wird vor Staus gewarnt und eine Umleitung empfohlen, obwohl die Behinderung schon längst behoben ist. Schon fast altmodisch mutet im Zeitalter von Festplattennavis das Wechseln der DVD an, wenn man zum Beispiel ein Ziel in Frankreich ansteuert. Das Lesegerät, in dem die DVD gewechselt wird, befindet sich zudem im hintersten und unzugänglichsten Teil des Kofferraums. Wenig überzeugend ist auch die Premium Sound-Anlage. Die Wiedergabe von CDs geht in Ordnung, aber der schlechte Radioempfang erntet Kritik.
Vorsicht ist beim Rangieren angesagt, da die Rundumsicht zumindest nach hinten durch das breit bauende Verdeck stark eingeschränkt wird. Ebenfalls nervig: Die Parksensoren reagieren sehr langsam.
ZUVERLÄSSIGE TECHNIK
Englische Autos galten einst als nicht sehr zuverlässig. Das Jaguar XK Cabrio bewies, dass dies nur noch ein Klischee ist und leistete sich in unserem Dauertest im Hinblick auf die Technik allerdings keinen großen Ausrutscher. Ein Defekt bei Kilometerstand 48 350, der die Zentralverriegelung außer Kraft setzte, löste sich nach einer Stunde von selbst und trat danach auch nie wieder auf. Laut Jaguar war dies wohl eine Fehlfunktion der Tankdeckel-Verriegelung.
Der Motor begnügte sich mit zwei zusätzlichen Litern Öl über die gesamte Distanz. Das ist ihm aber nicht besonders hoch anzurechnen, da schon alle 16 000 Kilometer der routinemäßige Ölwechsel im Rahmen der Inspektion anstand. Kein preiswertes Unterfangen, denn der 4,2-Liter-V8 arbeitet mit einem Ölhaushalt von 7,2 Litern. So kommen allein für das Öl schon jedesmal über 130 Euro auf die Rechnung der Inspektion. Andere Verschleißteile wie die Bremsen erreichen dagegen eine normale Lebensdauer. Vorn mussten nach 65 000 Kilometern neue Beläge eingebaut werden, und hinten waren nach etwa 50 000 Kilometern sowohl die Beläge als auch die Bremsscheiben fällig.
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Die Unterhaltskosten für einen Jaguar sind aber dennoch nicht zu vernachlässigen. Neben den kurzen Inspektionsintervallen schlagen die hohen Versicherungseinstufungen mit Typklasse 18 in der Haftpflicht und besonders mit der Typklasse 28 in der Vollkasko ein tiefes Loch in die Haushaltskasse. Hier kommen schnell über 2000 Euro pro Jahr nur für die Versicherung zusammen. Dazu gesellt sich der relativ hohe Wertverlust von 53 160 Euro nach nur 14 Monaten und 70 000 Kilometern. Erfreulich sind dagegen die Spritkosten, da sich der Achtzylinder-Saugmotor im XK mit dem nicht ganz so teuren Super begnügt und im Test – wie schon angemerkt – mit 12,6 Litern pro 100 Kilometer auskam.
Wie so oft im Leben sind es am Ende eher Kleinigkeiten, die den guten Gesamteindruck trüben.
MÄNGEL IM DETAIL
Hübsch verchromt machte zum Beispiel die Schaltkulisse zu Beginn des Dauertests noch einen sehr hochwertigen Eindruck. Ein gutes Jahr später ist der Lack nun ab. Wortwörtlich, denn der Chrom löste sich im unteren Teil der Kulisse und lässt billigen Kunststoff durchschimmern. Nicht wirklich tragisch, aber für den Qualitätsanspruch, den man an ein Auto dieser Klasse stellt, nicht akzeptabel. Ähnliches gilt für die Verdeckmechanik. In puncto Funktion bereitet sie zwar keine Probleme, im Verlauf des Tests machten sich aber deutliche Knarzgeräusche beim Öffnen und Schließen bemerkbar. In anderen Fällen entledigte sich der Jaguar sogar einiger Anbauteile.
Nach 41 670 Kilometern hatte der Fahrer beim Öffnen der Tür plötzlich die Plastikabdeckung hinter dem Türgriff in der Hand. Gut 2000 Kilometer später klapperte ein loses Hitzeblech laut vor sich hin. Das Blech wurde zwar schnell durch zusätzliche Befestigungen an der richtigen Stelle wieder fixiert, aber der Weg in die Werkstatt blieb trotzdem. Peinlicher endete eine Waschstraßendurchfahrt nach gut 50 000 Kilometern: Die Abdeckung der dritten Bremsleuchte auf dem Kofferraumdeckel war komplett herausgerissen.
Auch wenn diese Defekte entweder bei der Inspektion oder direkt beim Werkstattbesuch schnell auf Garantie repariert wurden, hinterlassen sie einen faden Beigeschmack. Erst recht, wenn man einen Blick auf die Preisliste wirft. Zum Grundpreis von 93 600 addieren sich nämlich schnell noch einige Extras, wie zum Beispiel die Luxus-Sportsitze für fast 5000 Euro und die Metalliclackierung für gut 1000 Euro, die den Preis auf happige 104 610 treiben. Wer dem schicken Jaguar Cabrio die kleinen Schönheitsfehler aber verzeiht, wird es nicht bereuen und viel Fahrspaß genießen.
Fazit
Nein, perfekt ist das Jaguar Cabrio nicht. Dafür leistet es sich doch manche Schwächen im Detail sowohl in der Verarbeitung als auch in der Bedienung. Aber: Der XK hat Charakter. Der Motor, der Sound, das Fahrwerk, die Ausstattung – alles passt und macht in der Summe riesigen Spaß. Und ganz wichtig im Dauertest: Die Technik leistet sich keinen Ausrutscher. So war es für den Jaguar ein gutes und für die Redaktion ein schönes Jahr.
Technische Daten | |
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Motor | |
Zylinder | 8-Zylinder, 4-Ventiler |
Hubraum | 4196 |
Leistung kW/PS 1/Min | 219/298 6000 U/min |
Max. Drehmom. (Nm) bei 1/Min | 411 4100 U/min |
Kraftübertragung | |
Getriebe | 6-Stufen-Automatik |
Antrieb | Hinterrad |
Fahrwerk | |
Bremsen | v: innenbelüftete Scheiben h: innenbelüftete Scheiben |
Bereifung | v: 245/45 ZR 19 W h: 275/35 ZR 19 W |
Messwerte | |
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Gewichte (kg) | |
Leergewicht (Werk) | 1660 |
Beschleunigung/Zwischenspurt | |
0-100 km/h (s) | 6.3 |
Höchstgeschwindigkeit (km/h) | 250 |
Verbrauch | |
Testverbrauch | 12.6l/100km (Super) |
EU-Verbrauch | 11.3l/100km (Super) |
Reichweite | k.A. |
Abgas-Emissionen | |
Kohlendioxid CO2 (g/km) | 269 |