Hyundai Tucson & VW Tiguan im Test: Darum siegt das VW-SUV
Tucson und Tiguan im Bestseller-Duell
- Hyundai Tucson & VW Tiguan im Vergleichstest
- Karosserie: VW Tiguan auf anderem Level
- Fahrkomfort: Beide mit adaptiven Fahrwerken
- Motor/Getriebe: Gleiches Konzept, unterschiedliches Fahrgefühl
- Fahrdynamik: VW Tiguan mit mehr Kurvengeschwindigkeit
- Kosten/Umwelt: Hyundai Tucson ist wesentlich günstiger
- Technische Daten & Messwerte von Hyundai Tucson 1.6 T-GDI 48V Hybrid & VW Tiguan 1.5 eTSI
- Ergebnis in Punkten
- Fazit
Es nötigt nicht nur Fachleuten Respekt ab, wie konkurrenzfähig koreanische Autos mittlerweile sind. Das jüngste Hyundai Tucson Facelift ist ein gutes Beispiel dafür. Doch reichen umfangreiche Modellpflegemaßnahmen aus, um den neuen VW Tiguan im Vergleichstest zu besiegen?
Hyundai Tucson & VW Tiguan im Vergleichstest
Der Branchenprimus VW steht unter Druck. Anders als in vielen Medien behauptet, sind es indes nicht nur der zäh anlaufende Verkauf von E-Autos und die Rivalen aus China, die dem Wolfsburger Autobauer das Leben schwer machen. Neben vielen weiteren Gründen sorgt sicher auch die Konkurrenz aus Südkorea dafür, dass viele Käufer:innen eben nicht wie früher selbstverständlich die VW-Autohäuser stürmen.
Allen voran hat sich Hyundai bereits für viele Neuwageninteressierten zu einer ernsthaften Alternative entwickelt. Die Gründe liegen auf der Hand: Die Autos sind günstiger, häufig dennoch besser ausgestattet und bieten eine erheblich längere Garantie. Das gilt auch für das erfolgreiche Kompakt-SUV Hyundai Tucson, das 2024 umfangreich modernisiert wurde. Doch reichen dessen Qualitäten für den Sieg im Vergleichstest mit dem neuen VW Tiguan?
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Leslie & Cars fährt den VW Tiguan (2024) im Video:
Karosserie: VW Tiguan auf anderem Level
Was den VW Tiguan schon immer ausgezeichnet hat, ist sein großzügiges Platzangebot auf einer vertretbar bemessenen Verkehrsfläche. Trotz der nach heutigen Maßstäben kompakten Außenlänge von 4,54 m und einer Breite von 1,84 m wirkt der VW innen eine Klasse größer – mindestens. Mit seinem luftigen Raumangebot, das vor allem durch die enorme Innenbreite, die üppige Kopffreiheit, aber auch die immense Kniefreiheit im Fond geprägt wird, holt er im Vergleichstest bereits einen kleinen Punktevorsprung auf seinen ebenfalls geräumigen Widersacher heraus.
Das reisetaugliche Gepäckraumvolumen von 652 l und die gehobene Variabilität, zu der eine serienmäßig verschiebbare Rückbank gehört, sichern dem VW weitere Zähler. Der Hyundai Tucson lädt 577 l ins Heck und lässt eine verschiebbare Rückbank gänzlich vermissen. In einer Disziplin ist der Koreaner seinem Widersacher aber dann doch überlegen: Mit 1756 l maximalem Stauvolumen eignet er sich mehr noch als der Tiguan mit 1650 l als nützlicher Umzugshelfer.
Außerdem müssen wir wieder einmal auf die fragile Software-Architektur des VW eingehen. Nach einigen Testwagen diverser Baureihen, die problemlos funktionierten, hatten wir bei "unserem" Tiguan nun erneut Systemausfälle zu verzeichnen. So meldete das Display während einer gemächlichen Autobahnfahrt bei bestem Wetter und kaum Verkehr plötzlich 13 verschiedene Fehler – darunter ein Motorproblem, das zur Folge hatte, dass die Elektronik das Triebwerk nicht höher als 3000 Touren drehen ließ.
Das kurzzeitige Abstellen des VW Tiguan sorgte anschließend dafür, dass alle Fehlermeldungen wie von Geisterhand wieder verschwanden. Dennoch strafen wir diesen Vorfall in der Vergleichstest-Disziplin Bedienung/Funktion mit deutlichem Punktabzug ab.
Fahrkomfort: Beide mit adaptiven Fahrwerken
Eine weitere Paradedisziplin aller bisherigen VW Tiguan-Generationen ist der stets hohe Fahrkomfort. Grundsätzlich trifft das auch auf den aktuellen Wolfsburger Kraxler zu. So verfügt der VW über die bequemeren Sitzgelegenheiten – wenngleich die im Vergleichstest gefahrenen ergoActive-Sitze teuer bezahlt werden müssen. Dafür bieten sie jedoch mehr Seitenhalt und eine verlängerbare Beinauflage, die Langbeinige auf den eher kurzen Sitzen des Hyundai Tucson vermissen dürften.
Darüber hinaus verwöhnt der VW seine Mitfahrenden sowohl bei Kurztrips in die Stadt als auch auf langen Autobahnetappen mit dem besseren Federungskomfort. Das optionale DCC-Fahrwerk mit adaptiven Dämpfern gleicht in allen Geschwindigkeitsbereichen mehr Unebenheiten aus als das Pendant des Hyundai, das ebenfalls mit kostenpflichtigen Adaptivdämpfern bestückt ist.
Hinzu kommt, dass der Koreaner unsensibler anfedert und seine Hinterachse merklich straffer als die Vorderachse abgestimmt ist. Dafür fällt es den Fahrgästen an Bord des Hyundai leichter, sich auch bei höheren Geschwindigkeiten zu unterhalten. Hierfür sorgt seine wirkungsvolle Geräuschdämmung, die speziell die Arbeitsgeräusche des Motors und das Abrollen der Reifen besser ausblendet als die akustische Isolierung des VW.
Motor/Getriebe: Gleiches Konzept, unterschiedliches Fahrgefühl
Bei den Antriebseinheiten sind sich die beiden Wettstreiter des Vergleichstests weitgehend einig: Hier wie dort sorgt ein Vierzylinder-Turbobenziner mit kleinem Hubraum und Mildhybridtechnik, bestehend aus einem Riemen-Startergenerator mit ergänzendem 48-V-Bordnetz, für Vortrieb. Die marginalen Unterschiede: Der 1,6-l-GDI des Hyundai Tucson leistet 160 PS (118 kW) und produziert ein maximales Drehmoment von 265 Nm, während es der 1,5-l-TSI des VW Tiguan auf 150 PS (110 kW) und 250 Nm bringt. Die Kraftübertragung auf die Vorderräder erfolgt bei beiden SUV über ein Doppelkupplungsgetriebe mit sieben Vorwärtsgängen.
In der Praxis sind die Unterschiede zwischen beiden Antriebspaketen unterdessen größer, als die Fakten vermuten lassen. So wirkt der Hyundai Tucson 1.6 T-GDI 48V trotz der geringen Mehrleistungen weniger spritzig als der Hybrid & VW Tiguan 1.5 eTSI, was die Messwerte belegen. Vor allem die ausgeprägte Anfahrträgheit des Hyundai sorgt zuweilen für Verdruss. Dafür stören beim DSG des VW die nicht immer sauberen Gangwechsel bei Halblast sowie die mechanischen Geräusche, die im Innenraum recht deutlich zu hören sind. Die Verbrauchswertung geht derweil klar an das SUV aus Niedersachsen, das unsere Vergleichstest-Runde mit 7,5 l je 100 km absolviert. Der Asiate genehmigt sich einen ganzen Liter mehr und somit zu viel Kraftstoff.
Fahrdynamik: VW Tiguan mit mehr Kurvengeschwindigkeit
Auf der Handlingstrecke des Contidroms bei Hannover zieht der Hyundai Tucson unaufgeregt und im Grenzbereich unkritisch, aber kräftig untersteuernd seine Bahnen. Zwar zeigt der Koreaner deutliche Karosseriebewegungen, lenkt dennoch recht agil ein und baut in der Folge brauchbare Kurvengeschwindigkeiten auf. Sein ESP greift trotz augenscheinlicher Deaktivierung situationsgerecht ins Geschehen ein.
Umstieg in den VW Tiguan: Mit Blick auf das im Vergleich zur Tucson-Bereifung sportivere Reifenprofil des Testwagens erwarten wir von ihm mehr querdynamischen Tatendrang. Und tatsächlich: Der Wolfsburger lenkt zackiger und mit geringen Aufbaubewegungen ein, umrundet im Vergleichstest alle Kurven mit höherem Tempo und weist am Ausgang von engeren Kurven eine bessere Traktion auf.
Der Vorsprung auf seinen Widersacher wäre sicher noch größer, wenn das ESC genannte Stabilitätsprogramm den VW am Kurvenausgang nicht unnötig lange einbremsen würde. Erst bei weitem Öffnen der recht gefühlskalten Lenkung gibt das System den Vortrieb wieder frei. Darüber hinaus nervt im Alltag der grobschlächtige Spurhalteassistent des Tiguan, der einem häufig das Lenkrad aus der Hand ruckt, wenn man nicht penibel in der Mitte der Fahrspur fährt.
Kosten/Umwelt: Hyundai Tucson ist wesentlich günstiger
Wie schon erwähnt, betont die häufig zufriedene Hyundai-Kundschaft gern, was ihr Auto für ein tolles Preis-Leistungs-Verhältnis bietet. Ein Umstand, den man auch für den überarbeiteten Tucson bereitwillig bestätigen darf, schließlich kostet der Koreaner sowohl in der Basis als auch unter Berücksichtigung der für den Vergleichstest wertungsrelevanten Extras circa 5000 Euro weniger als sein Widersacher.
Das ist aber nicht der einzige Grund, warum der Hyundai Tucson dieses Kapitel gewinnt. Absolut gesehen geht bei vierjähriger Haltedauer weniger Geld beim Wiederverkauf verloren, und die Garantieleistungen des Herstellers liegen deutlich über der knauserigen zweijährigen VW-Werksgarantie. Der VW Tiguan ist dafür günstiger in der Versicherung und verschlingt weniger Geld an der Zapfsäule.
Technische Daten & Messwerte von Hyundai Tucson 1.6 T-GDI 48V Hybrid & VW Tiguan 1.5 eTSI
AUTO ZEITUNG 22/2024 | Hyundai Tucson 1.6 T-GDI 48V Hybrid | VW Tiguan 1.5 eTSI |
Technik | ||
Motor | 4-Zylinder, 4-Ventiler, Turbo; 1598 cm³; 48-V-Mildhybrid | 4-Zylinder, 4-Ventiler, Turbo; 1498 cm³; 48-V-Mildhybrid |
Antrieb | 7-Gang, Doppelkupplung; Vorderradantrieb | 7-Gang, Doppelkupplung; Vorderradantrieb |
Leistung | 118 kW/160 PS, 5500 U/min | 110 kW/150 PS, 5000 U/min |
Max. Drehmoment | 265 Nm, 1500 U/min | 250 Nm, 1500–3500 U/min |
Karosserie | ||
Außenmaße (L/B/H) | 4510/1865 (2133)*/1650 mm | 4539/1842 (2146)*/1656 mm |
Leergewicht (Werk/Test) | 1506/1589 kg | 1541/1637 kg |
Kofferraumvolumen | 577-1756 l | 652-1650 l |
Fahrleistungen | ||
Beschleunigung 0-100 km/h (Test) | 9,4 s | 8,7 s |
Höchstgeschwindigkeit (Werk) | 192 km/h | 210 km/h |
Bremsweg aus 100 km/h kalt/warm (Test) | 35,8/34,9 m | 35,0/33,5 m |
Verbrauch auf 100 km (Test/WLTP) | 8,5/6,2 l S | 7,5/6,1 l S |
Preise | ||
Grundpreis | 37.500 € | 42.880 € |
Testwagenpreis | 45.890 € | 50.345 € |
*Breite mit Außenspiegel |
Ergebnis in Punkten
Gesamtbewertung (max. Punkte) | Hyundai Tucson 1.6 T-GDI 48V Hybrid | VW Tiguan 1.5 eTSI |
Karosserie (1000) | 671 | 685 |
Fahrkomfort (1000) | 708 | 750 |
Motor/Getriebe (1000) | 611 | 654 |
Fahrdynamik (1000) | 612 | 655 |
Eigenschaftswertung (4000) | 2602 | 2744 |
Kosten/Umwelt (1000) | 352 | 330 |
Gesamtwertung (5000) | 2954 | 3074 |
Platzierung | 2 | 1 |
Keine Frage, der modellgepflegte Hyundai Tucson ist ein überaus empfehlenswerter Alltagsbegleiter mit reichlich Nutzwert und umfangreicher Ausstattung für vergleichsweise überschaubares Geld. Für den Testsieg über den VW Tiguan reicht es trotzdem nicht. Der Wolfsburger sichert sich mit den für viele Volkswagen-Modelle typischen Allroundeigenschaften die Pole Position. Er ist das noch geräumigere und komfortablere Auto. Außerdem verbraucht er weniger Kraftstoff. Auf der anderen Seite trübt die fehleranfällige Bordsoftware das Vertrauen in den praktischen Bestseller …