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Audi suspendiert Daniel Abt (Formel E): Kommentar

"Übermut und unverhältnismäßige Strenge"

Gregor Messer

Die Suspendierung des Formel-E-Piloten Daniel Abt nach einem Scherz beim virtuellen Rennen ist hart, aber in Anbetracht der Umstände nachvollziehbar, findet AUTO ZEITUNG-Motorsport-Experte Gregor Messer. Kommentar!

Der Formel-E-Pilot Daniel Abt blickt auf eine riesige Social Media-Gemeinde: 360.000 Menschen folgen ihm auf Youtube, 280.000 auf Instagram. Das kann sich sehen lassen. Für jeden Hersteller, für jede Rennserie. Abt war stets ein hervorragender Botschafter in den sozialen Medien. Kein anderer Rennfahrer vermittelte jene Omnipräsenz, die von jedem Hersteller und jedem Sponsorpartner für junge und künftige Zielgruppen gewünscht wird. Doch all dies wird dem Allgäuer sobald nichts nutzen: Nun hat er sein Formel-E-Cockpit als Werksfahrer von Audi verloren. Wegen eines, wie er betont, Spaßes, den er sich für seine Social Media-Kanäle ausgedacht hatte: Abt hatte beim fünften Lauf zur "Race at Home-Challenge" einen professionellen Sim-Racer an sein verdecktes Simulator-Steuer gelassen. Um hinterher das Ganze als lustigen Joke wieder aufdecken und geraderücken zu wollen. Seltsame Witze in heutigen Zeiten, die verstehen mag wer will. Die Formel-E-Organisatoren verstanden den törichten Ulk jedenfalls nicht, genauso wenig wie Abts Konkurrenten – etwa Stoffel Vandoorne und Jean-Éric Vergne, die die "Race at Home-Challenge" mit dem erwarteten Ernst und Ehrgeiz betreiben. Beide entlarvten Abt als Betrüger, bevor er das zweifelhafte Witzchen einräumen konnte. Dem 27-Jährigen hätte bei aller Naivität – und Unprofessionalität – ein Funken Bewusstsein herumspringen müssen, um auch nur zu ahnen, dass Satire in dieser Form bei Konkurrenten nicht auf Einsicht und Gegenliebe stößt, wenn eben diese Rivalen das virtuelle Rennfahren mit jenem unabdingbaren Siegeswillen bestreiten, den sie auch im realen Rennsport beweisen. Mehr zum Thema: Audi suspendiert Daniel Abt

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Statement von Daniel Abt im Video:

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Formel E: Kommentar zu Abts Suspendierung bei Audi

Schon die 10.000-Euro-Strafe, von der Formel E als Zwangsspende maskiert, war ausgesprochen drastisch. Aber was soll man dann erst zur Kündigung von Audi sagen? Abts Rausschmiss aus dem eigenen Familienteam sprengt sämtliche Maßstäbe, sein zumindest vorübergehendes Karriereende hat im Motorsport weltweit für Furore gesorgt. "Integrität, Transparenz und die konsequente Einhaltung geltender Regeln haben für Audi oberste Priorität“, hieß es im Audi-Statement, und weiter: "Dies gilt ausnahmslos für alle Aktivitäten, an denen die Marke beteiligt ist." Daniel Abt besitzt seit drei Jahren den Status des Audi-Werksfahrers. Dieser macht ihn in der Öffentlichkeit zu einem Repräsentanten der vier Ringe, deshalb hat er mit würdevollem, angemessenem Verhalten aufzutreten. Audi ist eine Premium-Marke in einem Großkonzern, der seit dem Diesel-Skandal ohnehin auf das Äußerste darauf achtet, sich nur noch mit absolut weißer Weste blicken zu lassen. Und das gilt gerade für die teuersten Arbeitnehmer, zu denen eben auch Abt gehört. Abt ist alt genug, er ist motorsportlich international versiert und er hat innerhalb des traditionsreichen Tuningbetriebs seines Vaters ausreichend Erfahrung im Umgang mit Konzern-Größen erleben können, um zu wissen, dass ein solcher Dummer-Jungen-Streich nicht als unbedarftes Späßchen verstanden würde. Sein Wunsch, dass der letztlich aus dem Ruder gelaufene Scherz seinen Followern zuliebe gelingen solle, war immer größer, als seine Mühe, sich über etwaige Konsequenzen Gedanken zu machen. Abt hatte zu jedem Zeitpunkt mehr zu verlieren als zu gewinnen. In unserer politisch hyperkorrekten Zeit ist es ein Fluch, dass so genannte "YouTuber" und "Influencer" ihren "Followern" immer schrillere, ausgefallenere Stories darbringen müssen, um irgendwie zu gefallen. Und Klicks zu erzielen. Denn nur so rollen die Werbegelder auf den Kanälen.

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Nicht nur Abt verliert sein Cockpit beim Sim-Racing

Abts Rauswurf zeugt von sonderbarer theatralischer Härte: Musste Audi wirklich die Moralschraube derart übertrieben anziehen? Audi hätte ihm wenigstens gestatten dürfen, die Formel E Saison 2019/2020 zu Ende zu fahren. Wurde Ex-Sportchef Wolfgang Ullrich im Sommer 2015 entmachtet, als er mit "Timo, schieb ihn raus" einen der unsportlichsten Funksprüche in der Historie der DTM absetzte? Nein. Nach US-Nascar-Star Kyle Larson, der vor einigen Wochen durch bösen Rassismus aufgefallen und zu Recht fristlos aus allen Verträgen gefeuert worden war, ist Abt nun schon der zweite Profi-Rennfahrer, der beim virtuellen Rennsport sein reales Cockpit verloren hat. Er allerdings durch puren Übermut und aus lauter Dummheit. Und andererseits auch durch unverhältnismäßige Strenge seitens Audi. Abt hätte um die Ernsthaftigkeit des Sim-Racings gewarnt sein müssen. Wer glaubt, dies alles sei nur ein unbefangenes Computerspielchen, bloß weil er es in häuslicher Privatspähre betreibt, irrt gewaltig. Auch wenn Irren genauso menschlich ist wie die selbsterkennende Einsicht, mit der Abt hinterher sehr glaubwürdig um Verzeihung bat.

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