Ford Ranger/VW Amarok: Vergleichstest
Mit VW und Ford durch dick und dünn
Trotz intensiver Zusammenarbeit blieben beim neuen Ford Ranger und beim ebenfalls neuen VW Amarok genug Freiraum, den jeweils eigenen Charakter zu bewahren. Ein Vergleichstest mit den 240-PS-V6-Turbodieseln.
Ford Ranger und VW Amarok im Vergleichstest
Moderne Pick-ups sind die Schweizer Messer der Autobranche. Spätestens seit dem Siegeszug der SUV, welche die Offroader mit strapazierfähiger Karosse und robustem Allradantrieb verdrängt haben, füllen die Pick-ups diese Lücke. Auch die gemeinsam entwickelten Modelle Ford Ranger und VW Amarok mit großzügiger, komfortabler Doppelkabine, Ladefläche samt hoher Nutzlast, üppiger Anhängelast und bester Geländegängigkeit haben im Vergleichstest immer die passende Antwort im Alltag und im Arbeitseinsatz parat. Die beiden teilen sich nun eine gemeinsame technische Basis, bei der Ford offensichtlich federführend war und sogar seinen schon in Amerika erfolgreichen 240 PS (177 kW) starken und 600 Nm mobilisierenden V6-Turbodiesel für den Amarok zur Verfügung stellt. Trotz gemeinsamer Basis ist es Ford und VW gelungen, zwei im Detail eigenständige Pick-ups zu formen. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
VW Amarok (2023) Fahrbericht im Video:
Karosserie: Innenraum fast identisch
Auch wenn sich das Design im Vergleichstest deutlich unterscheidet, erkennt man spätestens an den Türen, dass beide auf dem gleichen Unterbau aufbauen. Daher liegt das Raumangebot im Innenraum auf identischem Niveau. Dass die zwei Dickschiffe vorn wie hinten ausreichend Platz bieten, ist bei einem über drei Meter langen Radstand ebenfalls keine Überraschung. Und auch die sowohl vor klappbare hintere Lehne als auch die hochklappbare Sitzfläche im Fond ist in beiden Modellen vorhanden. Die Unterschiede beginnen bei der Gestaltung des Armaturenträgers und bei der Bedienung. Die in weiten Teilen eigenständigen Cockpits sorgen dafür, dass im Ford Ranger neben mehr Ablagen rund um den Schalthebel sich zudem noch neben den beiden Cupholdern auf dem Mitteltunnel zwei zusätzliche Becherhalter rechts und links am Armaturenträger ausklappen lassen.
Die Türtaschen im VW Amarok fallen etwas kleiner aus als die des Ranger. Allerdings sind sämtliche Ablagen, Cupholder und Fächer für ein Arbeitstier wie den Ford ebenfalls schon erstaunlich klein geraten. Bei der Bedienung teilen sich beide weitgehend zwar die gleiche Logik und die Menüführung. Allerdings konnte VW es nicht lassen, auf die klassischen Drehregler und Tasten des Ford für die Klimaanlage zu verzichten. Stattdessen muss man erst über verschiedene Wege – entweder über den Kippschalter oder den Touchscreen – das Klimahauptmenü aufrufen, um Temperatur und Gebläsestufe zu justieren. Immerhin: der auf dem Touchscreen und die Schnellwahltasten sind, im Gegensatz zu Golf & Co., immer beleuchtet. Einigkeit herrscht wieder bei der Ladefläche (L x B x H: 1501 x 1225 x 495 mm, mit geschlossener Heckklappe), die hier wie dort eine Europalette quer oder längs schultert. Oder sie bietet umgerechnet ein Ladevolumen von über 900 l unter der für beide Modelle erhältlichen Laderaumabdeckung.
Auch bei der Anhängelast geben sich die zwei mit bis zu 3,5 Tonnen keine Blöße – als Gespann dürfen sie ein Gesamtgewicht von bis zu 6,5 Tonnen haben. Lediglich das etwas geringere Gesamtgewicht, das VW für den Amarok ausweist, reduziert auch dessen Zuladung auf 768 Kg, während der Ranger-Testwagen bis zu 885 kg verträgt. Die unterschiedlichen Philosophien beider Häuser schlägt sich ebenfalls bei der Sicherheitsausstattung nieder, deren Details zwar nahezu identisch, aber je nach Ausstattung entweder bereits serienmäßig an Bord sind oder gegen Aufpreis geordert werden müssen. Zumindest ist für beide von der Reifendruckanzeige bis hin zum Lenkassistenten mit adaptiver Geschwindigkeits- und Abstandsregelung alles verfügbar.
Und die Qualität? Robust! Beide Hersteller versuchen, zumindest an den Kontaktflächen griff sympathische Materialien zu verwenden. Zahlreiche unsaubere Passungen wie bei der Fensterhebereinheit in den Türen des Ford Ranger oder bei der mittigen Ablage auf dem Armaturenträger des VW Amarok lassen allerdings viel Spielraum für Verbesserungen.
Fahrkomfort: Unsensible Grundabstimmung
Das Fahrwerk der Pick-ups mit an doppelten Querlenkern geführten Vorderrädern samt klassischen Dämpfern und Spiralfedern sowie der rustikalen Starrachse mit Dämpfern und Blattfedern hinten bemüht sich zwar, im Vergleichstest den Spagat zwischen Komfort und Schwerlasttransport zu meistern, wirklich gut gelingt es aber nicht. Vor allem die auf hohe Zuladung und schwere Anhängelast ausgelegte hintere Abstimmung lässt den Ford Ranger immer wieder spröde über Kanten stolpern. Das dadurch permanente in die Karosserie eingeleitete Zittern bekommt der etwas feiner ansprechende VW Amarok besser herausgefiltert. Die zumindest ohne Last auf der Hinterachse unsensible Grundabstimmung ist aber auch bei ihm zu spüren.
Die Sitze des Ford Ranger sind zudem recht konturlos – VW hat sich dagegen bemüht, die Fauteuils des Amarok mit stabilerem Seitenhalt auszustatten, was durchaus gelungen ist. Dafür verzichtet Volkswagen auf eine optionale Belüftung, die Ford seinen Kund:innen als Extra anbietet. Eine durchaus lohnenswerte Investition, da sich die Innenräume und die Sitze bei intensiver Sonneneinstrahlung sehr stark aufheizen. Angenehm leise und kultiviert schnurrt hier wie dort der Sechszylinder auch unter Last dahin. Dass der VW Amarok noch etwas seichter abrollt, macht ihn zum Komfortsieger.
Motor/Getriebe: V6-Turbodiesel gefällt durch runde Leistungsabgabe
Beide nutzen den identischen V6-Turbodiesel mit 240 PS (177 kW) und 600 Nm. Der von einem variablen Turbo zwangsbeatmete Sechszylinder gefällt mit runder Leistungsabgabe. Drehzahlen sind zwar nicht gerade seine Leidenschaft, aber wenn es sein muss, dreht er im Vergleichstest willig und locker in Richtung roten Bereich. Während sich der Ford Ranger mit nur einer Abstimmung begnügt, bietet der VW Amarok einen Eco- und einen Normalmodus. Zumindest im Normalmodus wirkt der V6 dann auch etwas spritziger als im Ranger. Aber egal in welchem Blechkleid: In beiden Modellen harmoniert der Turbodiesel sehr gut mit der immer aufmerksamen zehnstufigen Automatik. Dass sich die Pick-ups mit etwas Zurückhaltung mit Verbräuchen um die 8,5 l bewegen lassen, ist nicht zuletzt ihr Verdienst.
Auch beim für diese Fahrzeugklasse akzeptablen Testverbrauch von 11,5 (Ranger) und 11,3 l (Amarok) inklusive Volllastanteil liegen die ungleichen Zwillinge nahezu gleichauf. Der elektronisch angesteuerte Allradantrieb verfügt zudem in beiden über zahlreiche Konfigurationsmöglichkeiten. Vom reinen Heckantrieb lässt sich das System per Drehregler während der Fahrt über eine elektronisch gesteuerte Lamellenkupplung auf konstanten oder variablen Allradantrieb umstellen. Im 4L Modus wird das Drehmoment für beste Geländeeigenschaften über ein zusätzliches Planetengetriebe gewandelt, um das Übersetzungsverhältnis von 1:1 auf 3.06:1 zu ändern.
Fahrdynamik: Ford Ranger mit Luft nach oben
Die mäßigen fahrdynamischen Leistungen spiegeln im Vergleichstest die bei der Entwicklung von Ford Ranger und VW Amarok geforderte Fahrsicherheit wider. Dass der Amarok dabei besser in der Hand liegt, hat er seiner feiner agierenden Lenkung zu verdanken. Dass er aber zusätzlich auch aufgrund seiner größeren, breiteren optionalen Bereifung zudem die erheblich besseren Bremswerte erzielt, sollte Ford beim Ranger zum Nachbessern motivieren.
Umwelt/Kosten: VW Amarok etwas teurer
Den Feinschliff des VW Amarok lässt sich Volkswagen gut bezahlen. Auch wenn der Amarok mit V6-Turbodiesel in der Style-Ausstattung für 61.000 Euro zu haben ist, sind die für den Vergleichstest installierten 21-Zoll-Räder nur mit der teuren Aventura-Linie erhältlich: Gesamtpreis: 70.878 Euro. Den Ford Ranger wiederum gibt es mit V6-Selbstzünder erst mit der Wildtrack-Ausstattung ab 64.367 Euro. Dennoch ist er in diesem Vergleich und weiteren 1190 Euro für seine maximal erhältliche 20-Zoll-Bereifung der Günstigere. Alle anderen Kosten liegen wenig überraschend im Vergleichstest auf einem ähnlichen Niveau.
AUTO ZEITUNG 16/2023 | Ford Ranger Wildtrack V6 | VW Amarok Aventura V6 |
Technik | ||
Zylinder/Ventile pro Zylin. | V6/4; Biturbodiesel | V6/4; Biturbodiesel |
Hubraum | 2993 cm3 | 2993 cm3 |
Leistung | 176 kW/240 PS, bei 3250 /min | 176 kW/240 PS, bei 3250 /min |
Max. Drehmoment | 600 Nm, 1750 – 2250 /min | 600 Nm, 1750 – 2250 /min |
Getriebe/Antrieb | 10-Stufen-Automatik/Allrad permanent; Differenzialsperre hinten | 10-Stufen-Automatik/Allrad permanent; Differenzialsperre hinten |
Messwerte | ||
Leergewicht (Werk/Test) | 2283/2415 kg | 2315/2422 kg |
Beschleunigung 0-100 km/h (Test) | 9,5 s | 9,5 s |
Höchstgeschwindigkeit (Werk) | 180 km/h | 190 km/h |
Bremsweg aus 100 km/h kalt/warm (Test) | 44,2/47,7 m | 40,9/43,5 m |
Verbrauch auf 100 km (Test/WLTP) | 11,5/10,1 l D | 11,3/10,1 l D |
CO2-Ausstoß (Test/WLTP) | 306/266 g/km | 300/266 g/km |
Preise | ||
Grundpreis | 64.367 € | 70.164 € |
Testwagenpreis | 65.557 € | 70.878 € |
Ergebnis in Punkten
Gesamtbewertung (max. Punkte) | Ford Ranger Wildtrack V6 | VW Amarok Aventura V6 |
Karosserie (1000) | 721 | 714 |
Fahrkomfort (1000) | 679 | 702 |
Motor/Getriebe (1000) | 565 | 578 |
Fahrdynamik (1000) | 378 | 431 |
Eigenschaftswertung (4000) | 2343 | 2425 |
Kosten/Umwelt (1000) | 249 | 242 |
Gesamtwertung (5000) | 2592 | 2667 |
Platzierung | 2 | 1 |
Im direkten Duell sichert sich der neue VW Amarok den ersten Vergleichstestsieg. VW ist eine geringfügig bessere Fahrwerksabstimmung geglückt, die Lenkung gibt sich zudem kontaktfreudiger, und der Antrieb gefällt mit spritzigerem Ansprechverhalten. Entscheidend für den Testsieg ist allerdings die deutlich bessere Bremsperformance des VW. Der wegen der optionalen 21-Zoll-Räder, die für die bessere Bremsleistung des Amarok mit verantwortlich sind, hohe Preis macht den FordRanger zumindest in diesem Test zwar zur günstigeren, aber eben nicht besseren Alternative.