Ford-Patent: Fahrende Radarfallen
Wird Ford Verkehrssünder verpetzen?
Ford patentiert ein System, das theoretisch jedes Auto in ein Überwachungstool verwandelt und insbesondere Verkehrssünder:innen ins Visier nimmt. Aber ist die Aufregung gerechtfertigt?
Wenn jemand eine Erfindung patentieren lässt, heißt das nicht automatisch, dass das entsprechende Produkt demnächst im Handel erhältlich ist. Zum Glück, muss man beim Patent mit der Nummer 6690294B1 sagen, das bereits 2023 von Ford beim amerikanischen Patentamt USPTO eingereicht worden ist. Die Firma mit dem ovalen Logo beschreibt darin ein umfängliches Überwachungssystem, um Verkehrsteilnehmer:innen zu belauern und bei Regelverstößen umgehend zu denunzieren. Jedes damit ausgerüstete Fahrzeug schießt hochauflösende Fotos mit bis zu 24 Frames pro Sekunde, also auch Bewegtbilder, vom umgebenden Verkehr. Ein GPS-Modul erlaubt es dabei, die gefahrene Geschwindigkeit zu messen. Falls das erlaubte Tempo überschritten wurde oder eine andere Gesetzesübertretung festgestellt wird, kommuniziert das System die relevanten Daten – Kennzeichenerkennung inklusive – automatisch an die betroffene Behörde. In der Regel also die Polizei.
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Eine wichtige Funktion befördert das Ford-System zum Denunzianten
In der Patentbeschreibung erwähnt Ford durchaus mehrere Motive für die Erfindung, etwa die Sicherheit von Polizeibeamt:innen, die bei Verkehrskontrollen am Straßenrand regelmäßig Risiken ausgesetzt sind. Der gute alte Orwell wäre dennoch bass erstaunt, wenn er sähe, dass all dies mittlerweile technisch möglich und auch patentiert ist. Dabei ist das System an sich noch nicht einmal besonders extravagant. Es zapft vielmehr Sensoren an, die in Autos jüngeren Datums ohnehin eingebaut sind und schon heute gigantische Datenmengen produzieren: Kameras, Radar-, Lidar- und Infrarotsensoren, zahllose Rechner, die die Stellung des Lenkrads, der Pedale, Geschwindigkeit und Motorleistung in Echtzeit messen und auch aufzeichnen. Das Ford-System fügt allerdings eine entscheidende Funktion hinzu: Verkehrsdelikte werden damit in Echtzeit bewertet und auch als solche denunziert. Im Grunde wäre es damit technisch nur ein kleiner Schritt, bis das Auto sogar den eigenen Fahrer verpetzt. Und in jedem Fall ein großer Schritt in Richtung Überwachungsstaat.
Zumindest in Deutschland wäre das System weitgehend illegal
Wenn es denn legal wäre. Ist es aber zumindest hierzulande nicht. Privatleute und selbst die meisten Behörden dürfen nicht verdachtsunabhängig im öffentlichen Raum filmen und die gewonnenen Daten speichern und auswerten, schon gar nicht im großen Maßstab. Zumindest bei kleineren Verkehrsdelikten ohne Personenschäden würde jedes Gericht die Aufzeichnungen als illegal und damit wertlos einkassieren. Auch der private Einsatz von Dashcams wird in Deutschland durch zahlreiche Datenschutzregeln eingeschränkt. Zumindest hierzulande würde sich das Ford-System also nur an Behördenautos und die Polizei wenden, um ihnen die Arbeit zu erleichtern. Für Privatkund:innen wäre es zudem nicht gerade ein Kaufanreiz, ein Auto zu fahren, dass ihre Nachbarn als potenzielle Bedrohung wahrnehmen. Schon Tesla hat diesen Widerstand zu spüren bekommen: Der Wächter-Modus Sentry Mode, in dem Teslas selbst beim Parken permanent die Umgebung filmen und auch aufzeichnen können, hat dazu geführt, dass die Autos der Marke von zahlreichen Behördenparkplätzen verbannt wurden.
Das Ford-Patent für systematische Überwachung und Denunziation ist hierzulande für Privatleute illegal. Das ändert aber nichts an einer realen Bedrohung, die mit den unzähligen neuen Fahrassistenten und ultimativ mit dem autonomen Fahren einhergehen: Unsere Autos produzieren wachsende Datenmengen, die unser Privatleben bedrohen und nicht in die falschen Hände geraten dürfen. Datenschutz ist daher mehr denn je auch der Schutz der persönlichen Freiheit, die es zu verteidigen gilt.