Fahrbericht Jeep Cherokee 3.2 V6: Bilder und technische Daten The Next Generation
Auf dem Genfer Salon im März 2014 präsentiert Jeep die Europa-Version der nächsten Cherokee-Generation. Wir haben dem auffällig gestylten Allradler schon jetzt in Amerika auf den Zahn gefühlt – als Topmodell 3.2 V6 mit 271 PS. Fahrbericht
Während der Wrangler als Nachfahre des Ur-Jeep die DNA seiner Gründerväter bewahrt, erinnert der Grand Cherokee auf Basis des Mercedes ML an die Jahre der deutsch-amerikanischen Kooperation. Nun fährt der neue Mittelklasse-Jeep als Zeugnis der aktuellen italienisch-amerikanischen Freundschaft vor. Er basiert, Rednecks unter uns mögen jetzt bitte weghören, auf dem aktuellen Alfa Romeo Giulietta. Genauer gesagt auf einem vergrößerten Derivat der so genannten Compact-US-Wide-Plattform, die auch den Dodge Dart sowie den künftig in China verfügbaren Fiat Viaggio trägt.
Spült Jeep den kernigen Gesellen weich? Zumindest ist der Jeep Cherokee gefälliger geworden. Mit typischem Jailhouse-Grill vorn und umlaufender markanter „Wasserfall“-Sicke bricht er radikal mit seinen kastenförmigen Vorgängern. Im Interieur ist er etwa so geräumig wie ein Audi Q5 oder Mercedes GLK und strebt ins Premium-Segment: Gestaltung, Ausstattung und Materialwahl wirken recht hochwertig. Ferner sind etliche Sicherheits-Features wie adaptiver Tempomat, Spurhalte- und Kollisions-Warnassistent an Bord. Doch die mäßige Verarbeitungsqualität trübt das Bild: Die Türverkleidung knarzt auf unebener Fahrbahn, und das unpräzise Einrasten von Türen sowie Klappen nährt Zweifel, ob diese auch bei Geländefahrten dauerhaft geschlossen bleiben.
Vertrauen in den neuen Antrieb
Mehr Vertrauen flößt die Antriebstechnik ein: Ein neuer 3.2 V6 mit 271 PS und 316 Nm Drehmoment löst den alten, durstigen 3,6-Liter-V6 (Pentastar) ab. In Europa treibt zudem ein 186 PS starker 2,4-Liter-Vierzylinder mit variablem Ventiltrieb das Einstiegsmodell an, das nur 7,5 Liter Kraftstoff pro 100 km verbrauchen soll. Volumenmodell hierzulande dürfte jedoch der Zwei-Liter-Turbodiesel werden. Das dank Multijet-Direkteinspritzung 170 PS starke Kraftwerk wird aus dem Alfa Giulietta entliehen.
Alle Motoren sind mit der neuen ZF-Neunstufen-Automatik kombiniert. Diese wechselt die Gänge keineswegs so hektisch wie man erwarten könnte, da sie nur bei Autobahnfahrt über 120 km/h die drei oberen lang übersetzten Fahrstufen nutzt. Allerdings irritiert diese Hochschaltbegrenzung, die laut Jeep-Ingenieuren unnötiges Schalten im Gespannbetrieb verhindern soll. Denn das könnte der Fahrer auch durchaus im manuellen Modus kontrollieren. Der von uns gefahrene V6-Benziner hinterlässt im Wesentlichen einen tadellosen Eindruck: Er reagiert schon bei niedrigen Drehzahlen spontan und zieht kraftvoll an. Bis etwa 4000 Touren bleibt er akustisch sehr dezent. Hohe Drehzahlen mag er weniger. Gut, dass die kaum merklich agierende Automatik stets versucht, ihn unter 2000 Umdrehungen zu halten. Das Fahrwerk gibt sich geschmeidig und verzichtet auf unnötige Härte, die elektromechanische Servolenkung spricht erfreulich präzise an. Nur die All-season-Bereifung des US-Testwagens dürfte leiser abrollen. Nach Europa wird der grundsätzlich von einem „Hang-on“-Allradsystem angetriebene Cherokee (automatisch zuschaltender Hinterradantrieb) auch mit Geländeuntersetzung und Zentralsperre exportiert.
Wer will, kann mit der Trailhawk-Ausstattung zudem eine Hardcore-Version ordern, die zusätzlich über eine Hinterachssperre sowie 25 Millimeter mehr Bodenfreiheit, Geländereifen und einen Unterbodenschutz rundum verfügt. Ob der neue Cherokee künftig noch dem kernigen Wrangler über den Rubicon Trail, jene seit Jahrzehnten obligatorische Prüfstrecke aller Jeep-Modelle, folgen kann, muss er erst noch beweisen.
Der neue Jeep Cherokee folgt dem Trend hin zu einem softeren Allrounder. Die Verarbeitung benötigt aber noch Feinschliff.
Jürgen Zöllter