Die schlanken Teilintegrierten von Etrusco sind neuerdings auf Renault-Master-Basis unterwegs. Unverändert attraktiv ist ihr Preis: Bei knapp über 50.000 Euro geht es los. Und trotzdem ist der Etrusco V 6.8 SR kein karger Camper. Testfahrt!
Manche Wohnmobile sind schon in der Welt unterwegs, bevor die Kennzeichen für eine erste Testfahrt montiert sind. Einem Renault Master mit 145-PS-Turbodiesel und Flachbodenchassis etwa kann es passieren, dass er aus dem Werk im östlichen Frankreich direkt zu Laika in die Toskana reist, um als Wohnmobil der Hymer-Einstiegsmarke Etrusco bei einem deutschen Händler zu stehen. Nur noch die Alkoven-Modelle und die Vollintegrierten baut Etrusco auf Ducato-Basis. Der Ford Transit ist im Etrusco-Programm schon seit 2022 eine feste Größe. Und jetzt hilft Renault, damit Etrusco die hohe Nachfrage bedienen kann.
Der Blick aufs Preisschild zeigt, warum die junge Marke Etrusco boomt: Einen Etrusco V 6.8 SR (2023) gibt es ab 53.499 Euro. Das klingt, als hätte Etrusco die Preise 2020 eingefroren, denn selbst viele Mittelklasse-Campervans sind heute teurer. Auch der italienische Preisbrecher nennt sich übrigens Van, daher das große V in der Modellbezeichnung. Doch in Wirklichkeit ist er ein leichter, schlanker Teilintegrierter, der deutlich mehr Bewegungsfreiheit bietet als ein Kastenwagen. Man merkt das an der Stehhöhe von 1,95 m, vor allem aber am Durchgang zwischen Küchenblock und Bad, der deutlich breiter ausfällt als im Campervan. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
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Testfahrt mit dem Etrusco V 6.8 SR (2023): Günstiger Preis ohne Verzicht
Und auch sonst gehts großzügig zu in der toskanischen V-Klasse: Die hinteren Einzelbetten etwa lassen sich zu einer Liegewiese von bis zu 1,94 m Länge und 1,91 m Breite verbinden. Natürlich arbeiten sie bei Laika nicht ohne finanzielle Interessen, schließlich gilt die Hymer-Tochtermarke seit Langem als Adresse für eine anspruchsvolle Kundschaft. Ganz ohne Holz im Aufbau kommen die Etrusco-Modellen nicht aus, und auch die Materialien im Innenraum qualifizieren sich teilweise nicht für den Edelcamper-Award. Bei der ersten Testfahrt stört das aber keinen Deut, denn alles am Etrusco V 6.8 SR (2023) ist sauber zusammengebaut und so stilsicher arrangiert, dass es nicht nach Verzicht aussieht. Das gilt übrigens auch dann, wenn der schlanke Teilintegrierte dem härtesten Job der Branche nachgeht: Der Testwagen stammt aus der Mietwagenflotte der Hymer-Tochter McRent, ohne dass ihm das durch ungebührliche Knarz- oder Klappergeräusche anzumerken wäre.
Es gehört zum Wesen des Sparmodells, dass der Grundriss konventionell ausfällt. Auch beim Etrusco V 6.8 SR (2023) ist das so: vorn eine Dinette mit zwei Drehsesseln und einer Bank mit steiler Lehne, weiter hinten eine Küchenzeile, ein kleines Bad und die Betten. Was in dieser Preisklasse jedoch überrascht, sind charmante Details wie der Zusatzsitz neben dem Eingang, der große Garderobenspiegel oder die praktische Schwenkwand, die das Bad in eine pflegeleichte Duschkabine verwandelt. Der ganz großen Bewegungsfreiheit ist in der Nasszelle allerdings der Radkasten im Weg, aber das kommt auch bei Edelmarken vor.
Und dann sind da noch die Sparmaßnahmen, mit denen sich ganz prima leben lässt: So montiert Etrusco statt der branchenüblichen Plissee-Verdunkelungen einen Textilvorhang, der weder klappern noch knistern kann und vermutlich auch bei grobmotorischer Misshandlung nicht reißt. Gar nicht geizig gibt sich der Etrusco V 6.8 SR (2023) glücklicherweise beim Gepäckraum. Zu den fünf Dachstauschränken kommen zwei große Kleiderfächer an den Fußenden der Betten, ein üppig bemessener Küchenschrank sowie eine Reihe offener Ablagen für Kleinkram, vor allem aber eine höhlenartige Heckgarage mit zwei Meter Breite, 1,10 m Höhe, 80 cm Tiefe und einer erlaubten Zuladung von 150 kg. Das sollte reichen für einen Teilintegrierten, dessen Layout vor allem reisenden Paaren entgegenkommt.
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Bequem unter der 3,5-t-Grenze, kräftiger Motor
Und langsam müssen sie nicht unterwegs sein, denn mit seinem Leergewicht von 2745 kg passt der Etrusco V 6.8 SR (2023) bequem unter die 3,5-t-Grenze. Außerdem gehört der druckvolle und dezent murmelnde Turbodiesel zu den stärksten Argumenten des Renault Master. Auch die komfortable Abstimmung des Fahrwerks passt zur Mission des geschmeidigen Einstiegs-Campers, während die Suche nach einer passenden Sitzposition speziell für größere Personen einen Moment länger dauert. Renault-Master-Neulinge sind übrigens daran zu erkennen, dass sie den Sitz nach vorn oder hinten schieben wollen und dabei immer wieder den Hebel für die Sitzneigung erwischen. Auch das Drehen der vorderen Sitze könnte bei der ersten Testfahrt leichter von der Hand gehen. Irgendwas muss ja stören, sonst wäre der Null-Fehler-Camper schon erfunden. Am Ende wäre er auch noch ein Schnäppchen. Und das, obwohl er die erste große Reise schon als Neuwagen hinter sich hat.
Technische Daten
AUTO ZEITUNG 18/2023 | Etrusco V 6.8 SR |
Technische Daten | |
Motor | 4-Zylinder, 4-Ventiler, Turbodiesel; 1995 cm³ |
Antrieb | 6-Stufen-Automatik; Vorderrad |
Leistung | 96 kW/130 PS |
Max. Drehmoment | 390 Nm |
Karosserie | |
Außenmaße (L/B/H) | 7340/2320 (k.A.)*/2870 mm |
Leergewicht/Zuladung | 2872/628 kg |
Ausstattung | |
Sitz-/Schlafplätze | 4/2 (opt. bis zu 5) |
Herd/Heizung | 3 Flammenkocher/Truma Combi 4 |
Gas | 2 x 11 kg |
Frisch-/Abwasser | 110/100 l |
Preis | |
Grundpreis | 60.499 € |
Alle Daten Werksangaben; *Breite mit Außenspiegel |
Wie viel Verzicht fordert das Wohnmobil einer Nice-Price-Marke? Die V-Serie von Etrusco gibt eine reizvolle Antwort, denn am Raumkomfort hat die italienische Hymer-Tochter nicht gespart. Wer auf High-End-Details und einen hohen Individualisierungsgrad verzichten kann, bekommt hier einen Teilintegrierten zum Preis eines Campervans. Schnäppchen-Alarm!