Corona/Ukraine: Auswirkungen auf Autobranche
Autobauer mit Gewinn trotz Corona
Die deutschen Autobauer gehen solide in ein Jahr 2022, das von Ukraine-Krieg, Krisen und Corona geprägt wird. Doch sind sie auch robust genug? Die Auswirkungen auf die Autobranche waren zuletzt schließlich deutlich zu spüren. Der Artikel wird fortlaufend aktualisiert.
Es ist kaum zu glauben: 2021, im zweiten Jahr einer weltweiten Corona-Pandemie mit massiven Auswirkungen auf die Autobranche – darunter ausgebremsten Lieferketten und erschwertem Autohandel – erzielen die deutschen Hersteller goldene Gewinne. An der Spitze liegt der VW-Konzern mit einem Plus von 20,1 Milliarden Euro. Damit konnte er seien Gewinn vor Steuern im Vergleich zum Vorjahr fast verdoppeln. Und das, obwohl bei den weltweiten Auslieferungen mit 8,88 Millionen Fahrzeugen ein Minus von 4,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr stand. VW hat also deutlich mehr Gewinn erzielt, während man ganze 423.000 Neuwagen weniger verkaufte. Eine noch höhere Gewinnmarge von satten 14,4 Prozent verbuchte der BMW-Konzern: Dieser verdreifachte sein Ergebnis auf 16,1 Milliarden Euro. Im Gegensatz zu VW konnten die Weiß-Blauen ihre globalen Verkäufe 2021 sogar steigern und erzielten mit 2,21 Millionen Fahrzeugen der Marke BMW einen neuen Absatzrekord. Für Mercedes lief es ebenfalls im zweiten Corona-Jahr rund: Die Marke mit dem Stern erwirtschaftete einen Gewinn von 14,2 Milliarden Euro, mehr als dreimal so viel wie im Vorjahr. Dabei sank der Absatz um fünf Prozent auf 2,09 Millionen Neuwagen. Doch wie haben die Konzerne solche Traumergebnisse angesichts von weltweiten Corona-Lockdowns und Engpässen bei Vorprodukten und Rohstoffen, vor allem von Halbleitern (Chips), geschafft? Die Autobauer beschleunigten zum einen ihre Transformation in der Krise: hin zur Elektromobilität und neuen Geschäftsmodellen. Zudem verordneten sie sich in den Corona-Jahren ein strenges Sparprogramm: Vor allem allgemeine Ausgaben wurden reduziert und eine hohe Disziplin bei Sachinvestitionen erreicht. So sanken etwa die Fixkosten in der Autosparte von Mercedes seit 2019 um 16 Prozent. Außerdem konzentrierten sich die Konzerne aufgrund des Teilemangels auf die Produktion renditestarker Modelle und nutzten die Chance, ihre Lagerbestände abzubauen. Die Fixierung auf teurere Fahrzeuge und stärkere Motorisierungen wird beim Blick auf die Marken des VW-Konzerns besonders gut deutlich: Während Skoda im Vorjahr 12,6 Prozent weniger Neuwagen auslieferte und die Marke VW ein Minus von 8,1 Prozent verzeichnete, erzielte Porsche ein Plus von 10,9 Prozent. Bei insgesamt weniger verfügbaren Neuwagen konnten Mercedes & Co. zudem höhere Preise durchsetzen – sowohl beim Verkauf als auch bei der Wiedervermarktung von Leasingrückläufern. Der Umsatz pro Fahrzeug sprang bei Mercedes seit 2019 um satte 26 Prozent auf durchschnittlich 49.800 Euro. Mehr zum Thema: Unsere Produkttipps auf Amazon
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Aber während sich die Lieferengpässe und Herstellungsstopps nicht in den Bilanzen der Autokonzerne bemerkbar machen, offenbart ein Blick auf die Produktionszahlen in Deutschland die wahren Ausmaße: Wurden 2016 noch 5,75 Millionen Neuwagen bei uns gebaut, waren es im ersten Corona-Jahr 2020 nur noch 3,52 Millionen. Im Vorjahr sank dieser Wert weiter auf 3,1 Millionen. – ein Minus von 46 Prozent im Vergleich zu 2016. Und nun kommen zu den bestehenden Problemen noch die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine hinzu. Sorgen macht den Autokonzernen dabei nicht unbedingt der russische Markt. Die meisten Hersteller haben Produktion und Verkauf vor Ort bereits eingestellt. 2021 gingen nur 2,2 Prozent aller Neuwagen von VW, BMW und Mercedes nach Russland. Zudem werden die meisten in Putins Reich produzierten Autos auch dort abgesetzt – nur fünf Prozent waren 2021 für den Export bestimmt. Problematischer ist, dass Russland als Quelle von Rohstoffen ausfällt: Rund ein Drittel des weltweit geförderten Nickels stammt von dort. Dieser ist für die Herstellung von Stahl, aber auch von Lithium-Ionen-Batterien unverzichtbar. Noch schwerer wiegt der Ausfall der Ukraine als Produktionsland für Automobil-Zulieferer. Besonders Kabelbäume fehlen, die in großem Stil in dem Land hergestellt werden. Zwar versuchen die Konzerne und ihre Zulieferer, die Produktion in anderen Ländern hochzufahren. Doch das Aufbauen neuer Kapazitäten kostet Zeit. Und die durch den Krieg nochmals verschärften Lieferengpässe führen bereits jetzt, im März 2022, zu wochenlangen Zwangsstopps in den Fabriken, etwa in den VW-Elektroauto-Werken in Dresden und Zwickau. Außerdem lässt sich noch nicht abschätzen, welche langfristigen Auswirkungen der Konflikt zwischen Russland und dem Westen auf die globale Konjunktur und damit auf die weltweite Autonachfrage haben wird. Die global hohen Spritpreise lassen den Ausblick bereits düster erscheinen. Als würde all das noch nicht reichen, verschärft sich im März 2022 auch in China wieder die Corona-Lage. Die Volksrepublik ist vergleichsweise gut durch die Pandemie gekommen. Aber nun gibt es vermehrt Omikron-Ausbrüche, auf die China mit harten Lockdowns reagiert. Damit steht auch die Produktion in wichtigen Werken der Zulieferer still. Und China ist in der weltweiten Lieferkette im Vergleich zu Russland und der Ukraine ein Big Player ...
Die deutschen Autokonzerne haben aus ihrer Sicht das Beste aus den weltweiten Lieferengpässen aufgrund der Corona-Pandemie gemacht und sich auf gewinnbringende Modelle konzentriert. Zugleich setzten sie überfällige interne Reformen um und erzielten Einsparungen. Doch das Kernproblem der wenig krisenfesten Lieferketten bleibt. Das zeigt sich am Beispiel der Kabelbäume aus der Ukraine. Langfristig wird die deutsche Autoindustrie Abhängigkeiten außer halb der Länder des Westens reduzieren müssen – und wie Toyota und Tesla wieder auf mehr Eigenfertigung setzen.