BMW X1 sDrive18i/Seat Ateca 1.4 EcoTSI: Test Seat Ateca auf der Überholspur
Die spanische VW-Tochter Seat mausert sich zum Konkurrenten bisheriger Platzhirsche. So wie der Leon die Kompaktklasse belebt hat, soll nun auch der Ateca den Kompakt-SUV einheizen. Da kommt der erfolgreiche BMW X1 als Messlatte gerade recht.
Mit dem neuen Ateca ist den Spaniern ein freches SUV gelungen. Vor allem die günstigen Einstiegsvarianten bringen die teuren Premiumkonkurrenten in Schleudern. So beginnt das Ateca-Portfolio bereits bei 19.900 Euro für den 1.0 TSI mit 115 PS. Die von uns als Herausforderer für den Basis-X1 sDrive18i (136 PS) gewählte 150-PS-Variante des Spaniers kostet zwar schon 24.700 Euro, bleibt damit aber immer noch 6100 Euro unter dem Preis des Einstiegs-SUV aus München. Ist der Aufpreis für den X1 gerechtfertigt, oder hat Seat beim Ateca einfach das bessere Paket geschnürt?
Der neue Seat Ateca im Video:
Test: Seat Ateca gegen BMW X1
Obwohl der Ateca acht Zentimeter kürzer ist als der X1, schlägt sich das beim Raumangebot nicht nieder. Kopf-, Bein-, Ellbogenfreiheit – der Seat bietet von allem mehr als genug. Von Enge kann aber auch im BMW keine Rede sein, obwohl ihm sowohl bei der Innenbreite als auch bei der Beinfreiheit der ein oder andere Zentimeter fehlt. Obendrein profitiert er von seinem lichten Aufbau, der eine sehr gute Rundumsicht ermöglicht. Die schmalen Fenster und die wuchtigen D-Säulen sorgen im Ateca hingegen für ein eingemauertes Raumgefühl und einer damit verbundenen schlechteren Übersicht. Das knapp kalkulierte Paket der Spanier zeigt bei der Funktionalität erste Auswirkungen. Während der X1 ab Werk mit einer dreiteiligen Fondlehne und einer topfebenen Ladefläche mit darunterliegendem riesigen Staufach seine Variabilität ausspielt, findet man im Ateca lediglich eine asymmetrische Lehne mit Durchreiche. Ein praktischer, in der Höhe einstellbarer Ladeboden kostet 145 Euro Aufpreis. Mehr Features hat der Seat nicht zu bieten.
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BMW X1 mit größerer Sicherheitsausstattung
Der BMW kontert nicht nur mit einer vorklappbaren Lehne für den Beifahrersitz (150 Euro), sondern auch mit einer in Längsrichtung einstellbaren Fondbank und zusätzlich in der Neigung anpassbarer Lehne (350 Euro). Damit ist der X1 so universell einsetzbar wie ein Van. Ladevolumen und Zuladung sprechen allerdings für den Ateca. Die Lücken in der Optionsliste des Spaniers finden auch bei der Sicherheitsausstattung ihren Niederschlag. Einen serienmäßigen Notrufassistenten, optionale Reifen mit Notlaufeigenschaften, Isofix für den Beifahrersitz und das Head-up-Display – alles Extras, die BMW für den X1 anbietet –, hat Seat für den Ateca nicht im Programm. Grundsolide hingegen fällt die Verarbeitung des Ateca aus. Nur die Qualität der Materialien fällt deutlich hinter die der von BMW verwendeten Oberflächen zurück. Die A-Säule etwa ist im Gegensatz zu der mit edlem Stoff bezogenen des X1 mit Hartplastik verkleidet. Ohnehin finden sich im Seat deutlich mehr Hartplastikoberflächen als im BMW. Den Punktevorsprung in diesem Kapitel unterstreicht der X1 mit seinem intuitiv per Dreh- Drück-Steller auf der Mittelkonsole auch während der Fahrt problemlos steuerbaren Bediensystem. Die Handhabung des Seat-Touchscreens verlangt deutlich mehr Konzentration.
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Seat Ateca ohne adaptive Dämpfer
Auch BMW hat beim X1 zumindest an einer Stelle den Rotstift deutlich angesetzt: beim Geräuschkomfort. Nur mäßig abgeschirmt dringen die Abrollgeräusche von den Vorderrädern doch recht intensiv ins Innere des Fahrzeugs. Permanente Windgeräusche an den A-Säulen und den Außenspiegeln erhöhen zusätzlich den Geräuschpegel. Zwar tanzt auch beim Seat der Wind hörbar um die Karosserie – allerdings auf einem niedrigeren Niveau. Aber das war es auch schon, was man dem BMW in Sachen Komfort vorwerfen kann. Denn bereits bei den Sitzen passt beim Münchner wieder alles. Die optionalen Sportsitze (490 Euro) lassen sich dank einstellbarer Seitenwangen perfekt anpassen, und die ausziehbare Sitzfläche bietet auch langen Oberschenkeln eine ordentliche Auflage. Eine Lordosenstütze (280 Euro) kostet jedoch extra – ebenso wie die Klimaautomatik, die beim Seat zum Serienumfang gehört. Wer im Ateca einen guten Sitzkomfort genießen möchte, muss ebenfalls einiges investieren und die 2900 Euro teurere Topausstattung Xcellence ordern. Nur dann sind neben vielen anderen Komfort-Features (Rückfahrkamera, LED-Scheinwerfer, Media-System Plus und mehr) auch die Komfortsitze an Bord. Aber selbst mit ihnen bietet der Ateca nicht den Sitzkomfort des X1. Es fehlt an Seitenhalt und wohltuender Schulterabstützung. Das Fahrwerk des Bayern erhält gegen einen Obolus von 500 Euro die Unterstützung adaptiver Dämpfer. Daraus resultiert eine gelungene Abstimmung aus feinem Ansprechverhalten und straffer Grundnote, die selbst die montierten 18-Zoll-Räder gekonnt kaschiert. Hervorstehende Kanten absorbiert der X1 deutlich gelassener als der mitunter unbeweglicher ansprechende, ebenfalls mit 18-Zoll-Rädern bestückte Ateca. Selbst auf relativ ebenen Strecken bringt das Feder-Dämpfer-Ensemble des BMW deutlich mehr Ruhe in den Aufbau. Die Möglichkeit, auch den Ateca mit adaptiven Dämpfern auszustatten, gibt es nicht.
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Weniger Gewicht, mehr Leistung beim Seat Ateca
Die vielen optionalen Extras treiben das X1-Gewicht von 1430 auf 1520 Kilogramm nach oben. Der Ateca liegt hingegen mit 1376 Kilogramm nur zehn Kilogramm über der Werksangabe. Weniger Gewicht, mehr Leistung – der Seat hat die besseren Karten. Schon bis Tempo 100 verliert der BMW über eine Sekunde auf den quirligeren Spanier. Bis 160 km/h summiert sich der Vorsprung auf dreieinhalb Sekunden. Der 1.4-TSI-Vierzylinder-Turbo mit Zylinderabschaltung aus dem VW-Regal wirkt in jeder Drehzahlregion lebendiger, müheloser und kultivierter als der vor allem im Stand vor sich hinknötternde Dreizylinder-Turbo des Bayern. Zwar fördert die Aisin-Sechsstufen-Automatik des X1 stets dessen beste Seiten zutage, was man vom manuellen Sechsgang-Getriebe des Ateca nicht unbedingt sagen kann. Die Wege sind recht lang, schnelle Schaltvorgänge quittiert das Getriebe gern mit einem verachtenden Kratzen und der Sprung zwischen zweitem und drittem Gang fällt zu groß aus. Das überspielt der Ateca dafür mit seinem günstigeren Verbrauch. Mit 7,2 l/100 km ist er einen halben Liter sparsamer als der X1.
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BMW X1 mit besserer Fahrdynamik
Der leichtgewichtige Seat tanzt dem BMW gleich zu Beginn in der Slalomgasse vor der Nase herum. Fast 70 Kilogramm weniger auf der Vorderachse zahlen sich aus. Auch auf dem Handlingkurs zieht der Ateca vor allem mit mehr Dampf am Kurvenausgang dem BMW davon. Allerdings bleibt der X1 in jeder Situation und bei jeder Geschwindigkeit die Ruhe selbst. Während der Spanier stets leicht nervös mit dem Heck nach außen drängt, liegt der Bayer stoisch auf Kurs. Die sportliche Auslegung des Seat harmoniert zudem nicht gut mit dem ESC (ESP): Wird es der Regelelektronik zu zackig, reagiert sie mit für den Fahrer unerwartet langen Regelintervallen insbesondere bei hohem Tempo. Das DSC (ESP) des X1 hingegen wacht dank sanfter Korrekturen für den Fahrer unbemerkt meist im Hintergrund. Nicht zuletzt wegen der intensiver kommunizierenden variablen Lenkung (Option) und der gut dosierbaren sowie im warmen Zustand wirkungsvolleren Bremsen sichert sich der BMW trotz 14 PS weniger Leistung am Ende knapp das Fahrdynamikkapitel.
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Höherer Wertverlust beim BMW X1
Je kleiner die Motorisierung, desto günstiger ist der Seat. Während der Ateca 2.0 TDI 4Drive mit 190 PS im Vergleich zum ebenfalls 190 PS starken X1 xDrive20d nur 2820 Euro preiswerter ist, liegt die Di_ferenz zwischen den hier getesteten Versionen bei fast 7300 Euro. Dabei ist der Spanier keinesfalls schlechter ausgestattet als der Bayer. Zwar zählen auch der USB-Anschluss und die Bluetooth-Freisprechfunktion beim X1 zur Grundausstattung, aber ein Speicherkartensteckplatz, ein CD-Wechsler oder gar ein Festplattenspeicher sind für den BMW nicht erhältlich. Auch der Wertverlust spricht in harter Währung gerechnet für das spanische SUV. Nach vier Jahren und 20.000 Kilometern pro Jahr muss der BMW-Besitzer knapp 2800 Euro mehr abschreiben.
Technische Daten | BMW X1 sDrive18i | Seat Ateca 1.4 EcoTSI |
Motor | R3; Turbo | R4; Turbo |
Nockenwellenantrieb | Kette | Kette |
Hubraum | 1499 ccm | 1395 ccm |
Leistung | 136 PS | 150 PS |
Maximales Drehmoment | 220 Nm | 250 Nm |
Antrieb | Vorderrad | Vorderrad |
Getriebe | 6-Stufen-Automatik | 6-Gang, manuell |
L/B/H in mm | 4439/1821/1598 | 4363/1841/1611 |
Leergewicht | 1430 kg | 1366 kg |
Zuladung | 485 kg | 524 kg |
Gepäckraum | 505-1550 l | 510-1609 l |
0-100 km/h | 10,1 s | 8,8 s |
Höchstgeschwindigkeit | 200 km/h | 201 km/h |
Test-Verbrauch | 7,7 l S/ 100 km | 7,2 l S/ 100 km |
CO2-Ausstoß | 182 g/km | 171 g/km |
Grundpreis | 30.800 Euro | 24.700 Euro |
Platzierung | 2 | 1 |
Der Seat Ateca 1.4 TSI bezwingt den Basis-X1 im ersten Anlauf. Günstig, geräumig, spritzig und agil sichert er sich den Sieg – die Spanier haben im preissensiblen Einstiegssegment das passende Paket geschnürt. Der BMW X1 sDrive18i mit 136-PS-Dreizylinder ist schlicht zu schwach und zu teuer, um trotz besseren Komforts, variableren Innenraums und feineren Fahrverhaltens zu bestehen. Da stellt sich die Frage, ob der Seat den BMW wohl auch mit starkem Antrieb auf Abstand halten kann …