X1/Kuga/Tucson/Tiguan: Vergleichstest Härtestest für den neuen Tiguan
Der VW Tiguan stellt sich einem Vergleichstest mit BMW X1, Ford Kuga und Hyundai Tucson. Die vier Kompakt-SUV treten mit 150 PS-Diesel und Allrantrieb zum Vergleich an.
Die Neuauflage des VW Tiguan stellt sich gleich im ersten Vergleichstest der Konkurrenz von BMW X1, Ford Kuga und Hyundai Tucson. Denn auch wenn die Offroad-Optik bei den meisten Kompakt-SUV nur eine Attitüde ist und der Allradantrieb, sofern überhaupt vorhanden, nur selten wirklich gebraucht wird: Das SUV-Faible der Deutschen scheint grenzenlos. 599.422 Stück rollten 2015 zu den Kunden, was gegenüber 2014 einer Steigerung um 13,3 Prozent entspricht. Besonders beliebt war der VW Tiguan der ersten Generation, der sich über die Jahre zum meistverkauften Modell des Segments mauserte. Nun steht die Neuauflage vor der Tür – und die hochkarätige Konkurrenz wartet schon: Mit dem im vergangenen Jahr erschienenen BMW X1 haben die Münchner bei den Premium-Kompakten der Teilzeit-Offroader einen Volltreffer gelandet. Hyundais kaum weniger frischer Tucson stieß gar den Tiguan der ersten Generation vom Vergleichstest-Thron. Der als agil bekannte Ford Kuga, bereits seit 2013 in der zweiten Generation unterwegs, erfreut sich ebenfalls großer Beliebtheit. Da muss VW schon etwas bieten, wenn der Tiguan weiterhin das Zulassungsfeld anführen soll.
Der neue VW Tiguan bietet mehr Platz als seine Gegner
Sechs Zentimeter mehr Außenlänge und knapp acht Zentimeter mehr Radstand als beim Vorgänger machen sich im Innenraum des VW Tiguan (2016) deutlich bemerkbar. Auch dank des modularen Querbaukastens (MQB) geht es hier vorn wie hinten am großzügigsten zu. Dank der längs verschiebbaren, dreigeteilt klappbaren Rücksitzbank können Fondpassagiere bis zu 40 Zentimeter Knieraum genießen. Das sind zwar zwei Zentimeter weniger als im X1, aber auf jeden Fall Luxuslimousinen-Format. Da fällt die Konkurrenz ein wenig zurück. Im Ford-Fond ist vor allem die Innenhöhe deutlich kleiner. Abgesehen von den Zentimetermaßen bietet der Kuga seinen Passagieren – ebenso wie der Tucson – ein nicht ganz so großzügiges Raumgefühl, bedingt durch die nach hinten ansteigende Gürtellinie. Bei Materialauswahl und Verarbeitung zeigt der BMW, was heute in diesem Segment möglich ist: Hochwertige Oberflächen und passgenaue Bauteile zeugen von hoher Fertigungsgüte. Das gleiche gilt für den VW – mit einer Einschränkung: Anmutung und Verarbeitung des Sitzbezugleders der 2590 Euro teuren Lederausstattung Vienna bleiben spürbar hinter denen des BMW zurück. Erstaunlich ist das hohe Qualitätsniveau, dass die Koreaner inzwischen an den Tag legen. Es ist noch gar nicht so lange her, da waren Hyundai-Innenräume eher das Synonym für mausgraue Plastik-Tristesse.
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Transportaufgaben erledigen die vier Kompakt-SUV klaglos
Mit mehr oder weniger ausgeprägter Variabilität können sich moderne Kompakt-SUV in Sachen Transportkapazität als wahre Universalgenies entpuppen. So bieten BMW X1 und VW Tiguan dreigeteilt klappbare Rücksitzlehnen. Die längs verschiebbare Rücksitzbank ist im VW Serie, im BMW kostet sie 300 Euro. Alle vier haben neigungseinstellbare Rücksitzlehnen, BMW und VW halten die Option auf klappbare Beifahrersitzlehnen bereit. Zusammen mit dem auf 615 bis 1655 Liter gewachsenen Ladevolumen liegt der Tiguan hier vorn. Der Ford Kuga ist ihm mit 1653 Litern zwar dicht auf den Fersen, schwächelt aber beim Standardvolumen. Paradox: In der Zuladung muss sich der VW dem weniger großzügig bemessenen Hyundai Tucson geschlagen geben. Dafür darf der Wolfsburger bis zu 2,5 Tonnen ziehen. Im alltäglichen Umgang hat der Kuga gegenüber seinem Vorgänger in Sachen Bedienung deutlich gewonnen, die Bedienfelder seines Touchscreens sind allerdings zu klein und verlangen unterwegs nach genauem Fingerzielen. Der Hyundai erfreut mit einer nahezu selbsterklärenden Bedienung. Bei Bluetooth-Streaming, Navi-Zielberechnung oder Telefon-Koppelung macht dem VW in diesem Vergleichstest niemand etwas vor. Der BMW nimmt sich bei Letzterem für die Passkey-Überprüfung zu viel Zeit, sticht den VW dafür aber mit einer elektronischen Ölstandskontrolle über das mustergültig funktionierende iDrive aus. In puncto Sicherheitsausstattung offeriert VW neuerdings etwa ein Head-up-Display und eine City-Notbremsfunktion. Der BMW überzeugt mit serienmäßigem Abstandswarner und Aufmerksamkeitsassistent. Mit der Anzahl der hier angebotenen Systeme können weder der Hyundai noch der Ford mithalten.
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Bereits nach wenigen Augenblicken empfinden Fahrer die Oberschenkelabstützung der Sitze im Ford Kuga als sehr angenehm. Hier kann der Hyundai Tucson nicht mithalten. Im höchsten Maße langstreckentauglich sind auch die VW-Top-Komfort-Fauteuils. An den Komfort der BMW X1-Sportsitze reicht dagegen keiner heran. Sie setzen in diesem Test den Maßstab, nicht zuletzt wegen des tollen Seitenhalts und der angenehmen Schulterabstützung. Auf der Rückbank wandelt sich das Bild, denn hier glänzt der Hyundai mit einer besser konturierten Lehne als die Konkurrenz. Beim Geräuschkomfort verhalten sich alle vier recht nervenschonend, ihre Klangbilder unterscheiden sich jedoch deutlich: Beim X1 sind die Reifenabrollgeräusche recht präsent, während der Tiguan unter Last leicht knurrig wirkt. Der Tucson-Diesel nagelt vernehmlich, aber nicht unangenehm, und im Kuga fallen bei hohen Drehzahlen gelegentlich minimale Brummfrequenzen auf. Sehr gut: Der Hyundai liefert als einziger serienmäßig eine Zweizonen-Klimaautomatik. Beim Federungskomfort zeigt der BMW im Comfort-Modus seiner dynamischen Dämpfer Control eine straffe, aber nicht unkomfortable Abstimmung. Sein Ansprechverhalten ist sensibel, doch der VW, ausgerüstet mit der adaptiven Fahrwerksregelung DCC, agiert hier in der Summe noch eine Spur feinfühliger. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Tiguan-Karosserie auf Bodenwellen eine Spur stärker eintaucht als die des X1. Ford und Hyundai verarbeiten Asphaltmängel recht kommod, ihre etwas überdämpften Hinterachsen führen auf Querkanten jedoch zu teils heftigen Bewegungen des Aufbaus. Beladen zeigt der VW beachtliche Dämpfungsreserven, wirkt aber an der Hinterachse bockiger als im leeren Zustand. Bodenwellen absorbiert er indes geschmeidiger als der BMW. Mit voller Nutzlast an Bord wirkt der Ford ausgeglichener als im leeren Zustand, der Hyundai schwächelt hier dagegen ein wenig.
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Die 150 PS-Diesel stehen den Kompakt-SUV blendend
Obwohl 14 PS schwächer als die Konkurrenz, fällt der Hyundai Tucson 2.0 CRDi 4WD bei den Fahrleistungen – mit Ausnahme der Höchstgeschwindigkeit – weniger stark hinter die Konkurrenz zurück als erwartet. So absolviert er den Standardsprint bis Tempo 100 mit 9,6 Sekunden gerade mal ein Zehntel langsamer als der BMW X1 xDrive18d. Das dürfte unter anderem an dem mit 373 Newtonmeter üppig bemessenen Drehmoment liegen, dem höchsten im Testfeld. Hinzu kommt, dass er mit einem Testverbrauch von nur 6,9 Liter Diesel auf 100 Kilometern der Sparsamste ist. Ein Manko gegenüber der Konkurrenz zeigt sich jedoch in der nicht gerade überbordenden Drehfreude. Seine Schaltung agiert dafür eine Spur knackiger als die des Ford Kuga. Beide waren übrigens für den Test nicht mit Automatik-Getriebe erhältlich. Schalten lassen können dagegen BMW- und VW-Fahrer. Sowohl die Achtstufen-Automatik des X1 als auch das Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe des Tiguan gefallen mit blitzschnellem Bereitstellen der jeweils passenden Gangstufe. Herausragend sind die für einen Selbstzünder ungewöhnliche Drehfreude des BMW-Motors sowie die hohe Laufkultur, die ihn mit dem VW-TDI verbindet. Mit einem Testverbrauch von 7,2 Litern pro 100 Kilometer liegt der Tiguan etwas oberhalb der anderen Kandidaten, erreicht aber mit 9,0 Sekunden von null auf 100 km/h den besten Sprintwert.
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Der BMW X1 (2016) bietet im Vergleich das beste Handling
Im Handling gibt sich der VW Tiguan sehr fahrsicher, fühlt sich aber etwas kopflastig an und schiebt an der Haftgrenze recht deutlich über die Vorderräder zum Kurvenaußenrand, was umgehend das feinfühlige ESC (ESP) auf den Plan ruft. Da ist der BMW X1 aus anderem Holz geschnitzt: Mit 72 Kilo weniger auf der Vorderachse als der Tiguan und seiner feinfühligen, variablen Sportlenkung wirkt er viel lebhafter als der VW, lenkt zackiger ein und bleibt weitgehend neutral, bevor sich das deaktivierte DSC (ESP) spät, aber rechtzeitig zurückmeldet. So gelingen ihm höhere Kurventempi und engere Radien. Die kürzesten Bremswege runden die gelungene Vorstellung ab. Der Ford Kuga, ebenfalls als dynamisches Kompakt-SUV bekannt, zeigt ein zwiespältiges Bild. Ähnlich agil, jedoch mit mehr Aufbaubewegung einlenkend als der BMW, nimmt ihn sein ESP im Grenzbereich recht früh und länger als nötig aus dem Rennen. Das gilt sowohl bei moderat einsetzendem Untersteuern an der Haftgrenze als auch bei provozierten Lastwechselreaktionen. Da bleibt von der ehemals genossenen Ford-Fahrfreude nicht mehr viel übrig. Anders als frühere mit 19-Zöllern bestückte Hyundai Tucson zeigt der aktuelle Testwagen auf 17-Zöllern eine vergleichsweise teigige, die Fahrpräzision beeinträchtigende Lenkung. Zwar ist er träge, dafür aber fahrsicher. Die Bremswege sind allerdings die längsten im Test.
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Im Gegensatz zu BMW X1 und VW Tiguan entpuppen sich Ford Kuga und Hyundai Tucson als wahre Preisschlager. So ist der Kuga beispielsweise inklusive der testrelevanten Ausstattung fast 8300 Euro günstiger als der BMW. Wer nach vier Jahren und 80.000 km einen Tucson verkaufen möchte, muss für diesen zwar prozentual den höchsten, nominal jedoch den niedrigsten Wertverlust im Testfeld einkalkulieren. Dank der üppigen Garantien holt sich der Koreaner den Kapitelsieg, obwohl er bei den Werkstattkosten laut ADAC-Schätzung mit 720 Euro pro Jahr das Schlusslicht bildet. Hier zeigen sich BMW und VW mit 460 beziehungsweise 440 Euro pro Jahr überraschend günstig. Das Gesamtfazit finden Sie unterhalb der Tabellen mit technischen Daten und Messwerten.
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Technische Daten | BMW X1 xDrive18d | Ford Kuga 2.0 TDCi 4x4 |
Zylinder/Ventile p.Z. | R4/4; Turbodiesel | R4/4; Turbodiesel |
Nockenwellenantrieb | Kette | Zahnriemen |
Hubraum | 1995 cm³ | 1997 cm³ |
Leistung bei | 110 kW/150 PS 4000 /min | 110 kW/150 PS 3750 /min |
Max. Drehmoment bei | 330 Nm 1750 - 2750 /min | 370 Nm 2000 – 2500 /min |
Getriebe | 8-Stufen- Automatik | 6-Gang, manuell |
Antrieb | Allrad, permanent | Allrad, permanent |
0 - 100 km/h | 9,5 s | 9,3 s |
Höchstgeschw. | 204 km/h | 192 km/h |
Handling | 1:52,4 min | 1:57,4 min |
L/B/H in mm | 4439/1821/1598 | 4524/1838/1713 |
Kofferraumvolumen | 505 - 1550 l | 481 - 1653 l |
Testverbrauch | 7,1 l D / 100 km | 7,1 l D / 100 km |
Grundpreis | 34.900 Euro | 30.400 Euro |
Platzierung | 1 | 4 |
Technische Daten | Hyundai Tucson 2.0 CRDi 4WD | VW Tiguan 2.0 TDI 4Motion |
Zylinder/Ventile p.Z. | R4/4; Turbodiesel | R4/4; Turbodiesel |
Nockenwellenantrieb | Kette | Zahnriemen |
Hubraum | 1995 cm³ | 1968 cm³ |
Leistung bei | 100 kW/136 PS 2750 - 4000 /min | 110 kW/150 PS 3500 - 4000 /min |
Max. Drehmoment bei | 373 Nm 1500 - 2500 /min | 340 Nm 1750 – 3000 /min |
Getriebe | 6-Gang, manuell | 7-Gang, Doppelkupplung |
Antrieb | Allrad, permanent | Allrad, permanent |
0 - 100 km/h | 9,6 s | 9,0 s |
Höchstgeschw. | 184 km/h | 200 km/h |
Handling | 1:54,0 min | 1:54,0 min |
L/B/H in mm | 4475/1850/1645 | 4486/1839/1643 |
Kofferraumvolumen | 513 - 1503 l | 615 - 1655 l |
Testverbrauch | 6,9 l D / 100 km | 7,2 l D / 100 km |
Grundpreis | 31.500 Euro | 32.025 Euro |
Platzierung | 3 | 2 |
Mit dem neuen VW Tiguan 2.0 TDI haben die Wolfsburger ein sehr gutes Auto auf die Räder gestellt, das zweifelsohne die Erfolgsstory seines Vorgängers fortschreiben dürfte. Geräumig, komfortabel und sicher schafft er es dennoch nur auf den zweiten Platz. Wie immer ist das Bessere des Guten Feind, und so schiebt sich der BMW X1 xDrive18d am Tiguan vorbei auf den ersten Platz. In erster Linie wegen seiner besseren Fahrdynamik: Er liefert die kürzeren Bremswege und bietet das agilere Handling. Beim Blick auf die Preise ist er mit testrelevanter Ausstattung nicht mal viel teurer. Apropos Geld: Scharfe Rechner sollten einen Blick auf den drittplatzierten Hyundai Tucson 2.0 CRDi 4WD werfen. Er besitzt den sparsamsten Motor und bietet das üppigste Garantieversprechen. Der Ford Kuga 2.0 TDCi 4x4 ist zwar das älteste Auto im Test, aber auch das günstigste – ein ehrliches Angebot, das aber nirgends herausragt. Überraschend ist seine unerwartet mäßige Fahrdynamik.