BMW i8/BMW M4: Test Duell der Sport-Ikonen von BMW
i8 und M4: Hinter diesen Kürzeln verbergen sich zwei Sportwagen von BMW, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Hybridsportler oder klassisches Sportcoupé, welches Konzept ist überzeugender? Vergleichstest
Die Anhänger der Marke BMW mussten so einiges lernen. Aus dem M3 wurde nach vier Generationen der BMW M4 – die Drei trägt nur noch die viertürige Limousine im Namen. Und mit dem BMW i8 kreierten die Münchnerden ersten Plug-in-Hybriden der Firmengeschichte, der zudem unter der Submarke BMW i läuft. Dass mit dem 2er Active Tourer auch noch der erste Van von BMW, und der sogar mit Frontantrieb, präsentiert wurde, wollen wir der Vollständigkeit wegen nicht unerwähnt lassen. Sagt man den Bayern sonst eher eine konservative Gesinnung zu, trifft das bei BMW sicher nicht zu. Fortschrittlicher und mutiger tritt derzeit kein anderer Hersteller auf. Im Falle des i8 stellt sich die Frage, ob der Karbon-Sportler den nach klassischem Muster aufgebauten M4 plötzlich ganz alt aussehen lässt – oder ist der i8 etwa gar kein echter Sportwagen? Unter der Motorhaube des neuen M4 steckt nun wieder ein Reihensechszylinder. Um trotz des Wegfalls von zwei Zylindern bessere Leistungs- und Drehmomentwerte zu erzielen als der Vorgänger, wird der intern S55 genannte Motor von zwei parallel angeordneten Turboladern unter Druck gesetzt. Das Ergebnis sind 431 PS und – jetzt kommt’s – gewaltige 550 Nm, die über den weiten Bereich von 1850 bis hinauf zu 5500 Umdrehungen anhalten. Was der i8 dem entgegenzusetzen hat? Nun, die Antwort fällt gar nicht so einfach, schließlich handelt es sich dabei um einen Plug-in-Hybriden.
BMW i8 und BMW M4: MOTOR/GETRIEBE
Hinten sitzt ein 231 PS starker Dreizylinder-Turbo, vorne pusht ein E-Motor mit bis zu 131 Pferdestärken. Noch wichtiger für den Charakter des Antriebs sind aber die 250 Nm der E-Maschine, die schlagartig anliegen und dem i8 zu einer Spontanität und Explosivität verhelfen, die bei jedem Gas- oder besser Stromstoß aufs Neue begeistert. Zwischenspurts erledigt die flache Flunder in beeindruckender Manier, Überholmanöver auf der Landstraße werden zur süchtig machenden Angelegenheit. Obwohl der M4 aus dem doppelten Hubraum schöpfen kann und sechs statt drei Zylinder besitzt: Diese explosive Kraftentfaltung kann er nicht bieten. Trotz zweier Turbolader vergeht auch bei ihm eine gewisse Zeit, ehe sich der Ladedruck komplett aufgebaut hat und alle 550 Nm anwesend sind. Dann jedoch geht es mit einer Vehemenz voran, dass man Angst bekommen könnte, es reiße den Sechszylinder gleich in tausend Stücke – so heftig drückt der Vierer den Fahrer in den Sitz und so gewaltig schwillt die Klangkulisse bei voll durchgetretenem Gaspedal an.
Bei der Messung der Beschleunigung auf 100 km/h ergab sich trotz der höchst unterschiedlichen Antriebe das gleiche Ergebnis: 4,2 s zeigte das Messgerät an, womit der i8 die Werksangabe um zwei Zehntel unterbot, während der M4 diese um 0,1 Sekunden verfehlte. Auch bei der Höchstgeschwindigkeit ergibt sich eine Pattsituation: Bei 250 km/h schiebt die Elektronik dem Vortrieb einen Riegel vor. Der Top-Speed im M4 lässt sich allerdings gegen 2450 Euro auf 280 km/h anheben. Zurückschlagen kann der i8 jedoch beim Verbrauch, und zwar gewaltig. Genehmigte sich der M4 auf der AZ-Normrunde für sich betrachtet mehr als vertretbare 11,9 l/100 km, so kam der i8 auf einen Verbrauchswert von 7,7 l und 3,1 kWh/100 km (Durchschnittswert aus zwei Verbrauchsfahrten). Dabei musste der Plug-in-Hybrid die Runde zweimal absolvieren, einmal mit leerem und das zweite Mal mit vollem Akku. Auf der zweiten Runde gelang es dem Teilzeitstromer, 23 Kilometer weit rein elektrisch zu fahren. Selbst dann geht es noch zügig voran (120 km/h Spitze, 0 auf 100 km/h in 8,0 s).
BMW i8 und BMW M4: FAHRDYNAMIK
Die Entscheidung, welcher von beiden der bessere Sportwagen ist, fällt natürlich auf der Rennstrecke. Zuerst geht der BMW i8 an den Start, und der erfolgt katapultartig, denn der Hybrid ist ein Allradler. Der Benziner wirkt auf die Hinter-, der E-Motor auf die Vorderräder. Was sofort auffällt, ist die im Vergleich zum M4 deutlich leichtgängigere und nicht ganz so rückmeldungsintensive Lenkung, die erst im Sport-Modus so straff wird, wie wir das erwartet haben. Kurven nimmt der i8 mit nur wenig Seitenneigung, und wer das Gripniveau der schmalen Vorderreifen (215/45 R 20) mit einer nicht zu hohen Kurveneingangsgeschwindigkeit oder starkem Hineinbremsen in dieselbe überstrapaziert, wird mit einem erstaunlich neutralen Fahrverhalten belohnt. Welch hohes Niveau der i8 querdynamisch erreicht, offenbart ein Blick auf die gemessene Slalomgeschwindigkeit: 68,9 km/h sind eine echte Ansage. Dennoch muss sich der i8 nicht nur hier, sondern auch bei der Rundenzeit deutlich geschlagen geben.
Hinzu kommt, dass der Plug-in-Sportler nach einigen Runden spür- und messbar langsamer wird, was aber nicht etwa an der Bereifung, sondern am nachlassenden Ladezustand des Akkus liegt. Der M4 hingegen reißt eine Runde nach der anderen ab, ohne auch nur ansatzweise zu schwächeln. Das gilt auch für die 7300 Euro teuren Karbon-Keramik-Bremsen, die sich perfekt dosieren lassen. Das Fahrverhalten besticht mit höchster Präzision und toller Beherrschbarkeit. Der M4 lenkt sehr spontan ein, untersteuert erst spät und lässt bei deaktiviertem DSC auf Wunsch mächtig das Heck ausschwenken. Die Antriebsschlupfregelung beeindruckt mit ihrer extrem sensiblen Arbeitsweise, selbst auf nassem Untergrund beschleunigt das Coupé genau entlang der Haftgrenze der Hinterreifen, ohne dass sich der Fahrer eingebremst fühlt. Dass der agilere und schnellere BMW M4 dieses Kapitel am Ende nicht gewinnen kann, liegt an der besseren Traktion des Allradlers i8.
FAHRKOMFORT
Der bessere Sportler ist also der M4, und das komfortablere Alltagsauto ebenfalls. Dazu trägt neben den größeren und bequemeren Sitzen auch die bessere Federung bei. Im Komfort-Modus der adaptiven Dämpfer schluckt das Fahrwerk Unebenheiten mit erstaunlicher Gelassenheit; der straffer abgestimmte i8 verarbeitet besonders Querfugen spürbar weniger gekonnt. Dafür ist dieser das deutlich leisere Fahrzeug, und das nicht nur im Elektro-Modus.
BMW i8 und BM M4: KAROSSERIE
Obwohl beide Münchner vier Sitze haben, ist nur M4-Mitfahrern der Aufenthalt im Fond zu empfehlen. Passagiere bis 1,75 Meter können mit der Kopffreiheit dort durchaus leben, für die Knie gibt es ausreichend Platz. Anders im i8: Hier zu sitzen, ist für Erwachsene schlicht unmöglich. Die beiden hinteren Sitznischen taugen allenfalls als Gepäckablage. Und das ist auch gut so, denn der eigentliche Kofferraum fasst lediglich 154 Liter und nimmt nicht viel mehr als eine Getränkekiste auf. 445 Liter sind es im großzügigen M4-Abteil, das sich zusätzlich dank der asymmetrisch klappbaren Rücksitzlehnen sogar noch erweitern lässt. Auch ergonomisch büßt der i8 einige Zähler ein: Der Zustieg in den Innenraum über den hohen Seitenschweller ist mühsam, Türfächer gibt es keine, Ablagen kaum. Dass die Ladekante bei einem Sportwagen höher liegt als üblich, kann man verschmerzen. Dass sich jedoch die Fenster nicht komplett versenken lassen, schon weniger. Der M4 hingegen punktet mit der Alltagstauglichkeit und Bedienfreundlichkeit der 3er-Reihe, und da gibt es nun einmal kaum etwas auszusetzen.
UMWELT/KOSTEN
Satte 53.800 Euro trennen die Münchner Sportler. Mit 126.000 Euro kostet der i8 für sich betrachtet zwar eine Stange Geld. Berücksichtigt man allerdings seine Exklusivität und den enormen technischen Aufwand, der in dem Wagen steckt, ist er beinahe schon ein Sonderangebot – ein sehr gut ausgestattetes obendrein. Und wer den Plug-in-Hybriden regelmäßig an die Steckdose hängt und oft rein elektrisch unterwegs ist, kann zumindest bei den Spritkosten viel Geld im Vergleich zum M4 sparen.
FAZIT
Keine Frage: Dies ist ein Vergleichstest, der stark polarisiert. Wen wundert’s bei zwei Protagonisten, die so unterschiedlich sind wie BMW i8 und M4. Letzterer ist die konsequente Weiterentwicklung einer deutschen Sportwagen-Ikone, die in ihrer fünften Generation einen bemerkenswerten Perfektionsgrad erreicht. Fahrdynamisch über jeden Zweifel erhaben, bietet der starke BMW M4 obendrein ein erstaunliches Maß an Alltagstauglichkeit. Fahrdynamisch erreicht der BMW i8 nicht ganz das hohe Niveau des M4, und im Alltag erfordert das i8-Konzept einige Zugeständnisse. Dennoch ist BMW damit ein beeindruckender und vor allem sehr sparsamer Sportwagen gelungen.
Alexander Lidl