BMW 3er Touring vs. VW Passat: Deshalb gewinnt VW den Test
3er und Passat im Diesel-Duell
- BMW 3er Touring & VW Passat im Vergleichstest
- Karosserie: Größe des Passat zahlt sich aus
- Fahrkomfort des BMW 3er mit dem Facelift gesteigert
- Motor/Getriebe: BMW dosierbarer und leiser
- Fahrdynamik: 3er & Passat überraschend auf Augenhöhe
- Kosten/Umwelt: Passat etwas günstiger
- Ergebnis in Punkten
- Fazit
Zwei Facelifts innerhalb von nur zwei Jahren – das ist schon ungewöhnlich. Da stellt sich unweigerlich die Frage: Was genau ist denn jetzt besser geworden am BMW 3er Touring? Der Vergleichstest gegen den VW Passat geht genau dieser Frage nach.
BMW 3er Touring & VW Passat im Vergleichstest
Die seit 2019 angebotene BMW 3er-Baureihe G20 (Limousine) beziehungsweise G21 (Touring) ist bereits die siebte Generation der bayerischen Mittelklasse. Nach wie vor gehören beide zu den absolut wichtigsten Fahrzeugen im umfangreichen Portfolio des Premiumherstellers. Im Jahr 2022 erhielt der 3er ein umfangreiches Facelift mit tiefgreifenden Modifikationen am optischen Erscheinungsbild sowie im Interieur. Nach nur zwei Jahren kommt BMW mit einer weiteren Produktaufwertung um die Ecke. Diesmal im Fokus: kleinere Designimpulse, die Einführung des neuesten BMW-Infotainmentsystems, eine erweiterte Serienausstattung und eine überarbeitete Fahrwerksabstimmung, Doch reicht das aus, um im Vergleichstest gegen den neuen VW Passat zu bestehen?
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Leslie & Cars fährt den VW Passat (2024) im Video:
Karosserie: Größe des Passat zahlt sich aus
Zumindest was das Raumangebot angeht, lautet die klare Antwort: nein! Sicher ist der BMW 3er Touring innen alles andere als eng, doch was der gut 20 cm längere VW Passat seinen Passagier:innen an luftigen Weiten anbietet, ist in der Mittelklasse derzeit – vom technisch sehr eng verwandten Skoda Superb Combi einmal abgesehen – konkurrenzlos. Vorn findet man mehr Ellenbogenfreiheit und Abstand zum Dachhimmel vor, während man sich im Fond über eine Beinfreiheit freut, die der gestandener Luxuslimousinen in kaum etwas nachsteht.
Doch damit nicht genug: Auch der Kofferraum ist ungleich größer als beim BMW. Bei aufgestellten Rücksitzlehnen fasst das Gepäckabteil des Wolfsburger Riesen satte 690 l. Bei zweisitzigem Innenraumlayout passen sogar 1920 l ins wuchtige Passat-Heck. Dem hat der 3er Touring mit 500 bis 1510 l kaum etwas entgegenzusetzen.
In Sachen Variabilität schenken sich die Rivalen des Vergleichstests dagegen nichts. Der BMW 3er Touring bietet serienmäßig eine dreigeteilt umlegbare Rücksitzlehne, während der VW Passat auf eine zweiteilige Rücksitzlehne mit großer Durchreiche setzt. Der Ladeboden des Passat ist bei umgeklappten Fondlehnen komplett eben, der des BMW steigt minimal an. Ein großes Unterflurfach sowie eine darin enthaltene, überaus praktische Halterung für das Gepäckraumrollo haben beide Wettbewerber.
Ohne dem Kostenkapitel des Vergleichstests groß vorwegzugreifen: Der Einstandspreis des VW liegt über dem des BMW. Dafür hat der Wolfsburger jedoch eine umfangreichere Serienausstattung an Bord – besonders was die Fahrassistenten angeht. Der 3er bietet zwar mindestens ebenso viele kamera- und radarbasierte Helfer, jedoch kosten diese meistens extra. Dafür bekommt man in seinem Fall das qualitativ hochwertigere Fahrzeug. Verarbeitungsschwächen zeigt zwar auch der VW nicht, doch an die Materialgüte des BMW – gerade auch anhand der Auslegware und Kunststoffe ersichtlich – reicht er nicht heran.
Fahrkomfort des BMW 3er mit dem Facelift gesteigert
Auch die Geräuschdämmung funktioniert im Münchner Premium-Kombi besser. Selbst wenn das den Schalldruck messende Phon-Testgerät nahezu identische Werte ausspuckt, geht es subjektiv im BMW 3er Touring merklich leiser zu.
In Sachen Federungskomfort hat aber der VW Passat die bullige Nase vorn. Für eine bessere Balance zwischen Sportlichkeit und Komfort erhielt der BMW im Zuge der zweiten Modellpflege eine steifere Anbindung der hinteren Stoßdämpfer an die Karosserie. Den Vergleichstest bestreitet er zudem mit dem optionalen adaptiven M-Fahrwerk.
Damit federt der Bajuware markentypisch sanft an und verfügt über reichlich Reserven. Auch die vormals chronisch angeregte Hinterachse scheint nun insgesamt weniger Impulse weiterzugeben als vor der Überarbeitung. Doch kleinere Unebenheiten reicht sein nach wie vor insgesamt sehr straffes Set-up deutlicher an die Insass:innen weiter, als dies im Passat der Fall ist.
Dieser hat das DCC Pro-Fahrwerk, das ebenfalls adaptive Dämpfer beinhaltet, an Bord. Neben der weiten Spreizung zwischen soft und sportlich-hart bietet es den Vorzug, tiefe Fahrbahnschäden ganzheitlich zu verarbeiten. Gleichzeitig lässt sich der VW Passat bei hohem Tempo von kleineren Anregungen etwas weniger aus der Ruhe bringen.
Ein weiterer Vorzug des Passat sind die äußerst bequemen, serienmäßigen ergoActive-Sitze, die auf langer Strecke noch mehr Komfort bieten als die engeren Sportsitze des BMW 3er Touring. Und auch im Fond logiert man im langen Niedersachsen bequemer.
Motor/Getriebe: BMW dosierbarer und leiser
Das Anfahren im VW Passat erfordert ein recht hohes Maß an Konzentration: Wegen des träge agierenden Doppelkupplungsgetriebes lässt sich die Kraft des 193-PS-Turbodiesels (142 kW) beim Start nur schwer dosieren. Bei etwas zu viel Gaseinsatz entfaltet sie sich teilweise ungewollt explosionsartig. Dank der spontaneren Gasannahme und der herausragenden Achtstufen-Automatik von ZF lassen sich die 190 PS (140 kW) des BMW-Triebwerks jedenfalls erheblich feiner dosieren – nicht nur beim Ampelstart.
Dafür wirkt der drehfreudige und wirkungsvoll gekapselte Münchner Vierzylinder in hohen Geschwindigkeitsbereichen weniger spritzig als das etwas kerniger tönende Aggregat im VW Passat 2.0 TDI 4Motion. Sparsam mit dem Kraftstoff gehen unterdessen beide Familiengefährte um: Der BMW 320d xDrive Touring verbraucht in unserem Vergleichstest 6,1 l Diesel pro 100 km, der VW 6,4 l.
Fahrdynamik: 3er & Passat überraschend auf Augenhöhe
Wenn ein Modell für die von BMW zum ewigen Markenslogan erkorene "Freude am Fahren" steht, dann ist es der 3er. Das gilt uneingeschränkt auch für den G21, der im Alltag mit seiner bestechenden Agilität, dem hecklastig ausgelegten Allradantrieb und seiner sehr direkt übersetzten Lenkung für deutlich mehr Spaß sorgt als der sachlich fahrende Passat. Und auch im Slalom macht er mit seinem Gegner aus diesem Vergleichstest kurzen Prozess.
Dem VW Passat fehlt es beim Einlenken an der Schärfe des BMW 3er Touring, außerdem agiert das nicht abschaltbare ESP zuweilen übervorsichtig. Etwas überraschend daher: Der VW umkurvt unseren Handlingkurs einen Wimpernschlag schneller als der sportliche Wettstreiter – was vorrangig an dem etwas durchzugsstärkeren Motor und der bissiger verzögernden Bremse liegen dürfte.
Überhaupt wird Fahrsicherheit bei VW groß geschrieben. Der Spurhalteassistent übertreibt es auf der Autobahn jedoch häufig, indem er rabiat versucht, das Fahrzeug peinlich genau in der Mitte der Fahrbahn zu halten. Dabei reißt es der Person am Steuer manchmal regelrecht das Lenkrad aus der Hand, was auf engen Landstraßen bei Gegenverkehr oder in schmalen Baustellen zu brenzligen Situationen führen kann.
Bei der optionalen Sportbremse des BMW hingegen nervt im Alltag, dass sie bei niedrigen Geschwindigkeiten nur schwer zu dosieren ist und es dadurch häufig zu ungewollt ruckartigem Anhalten kommt.
Kosten/Umwelt: Passat etwas günstiger
Wie anfangs bereits erwähnt, ist der VW Passat in der Basis tatsächlich etwas teurer als der BMW 3er Touring. Allerdings relativiert sich sein Einstandspreis angesichts der umfangreicheren Serienausstattung. So kostet der 3er aus diesem Vergleichstest, der längst nicht komplett mit allen verfügbaren Extras bestückt ist, insgesamt knapp über 78.000 Euro!
Mit den wertungsrelevanten Optionen ist der BMW noch 3145 Euro teurer als der VW, dessen bewerteter Preis bei gleichfalls wenig volkstümlichen 62.275 Euro liegt. Dennoch liefern sich die beiden hier ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Das liegt auch daran, dass der 3er die etwas bessere Restwertprognose, die günstigeren Werkstatt- und die niedrigeren Kraftstoffkosten mitbringt. Der Passat ist billiger in der Haftpflicht- und der Teilkasko-Versicherung.
Technische Daten & Messwerte von BMW 320d xDrive Touring & VW Passat 2.0 TDI 4Motion
AUTO ZEITUNG 23/2024 | BMW 320d xDrive Touring | VW Passat 2.0 TDI 4Motion |
Technik | ||
Motor | 4-Zylinder, 4-Ventiler, Turbodiesel (48-V-Mildhybrid); 1995 cm³ | 4-Zylinder, 4-Ventiler, Turbodiesel; 1968 cm³ |
Antrieb | 8-Stufen-Automatik; Allrad, permanent | 7-Gang, Doppelkupplung; Allrad, permanent |
Leistung | 140 kW/190 PS, 4000 U/min | 142 kW/193 PS, 3400 U/min |
Max. Drehmoment | 400 Nm, 1750-2500 U/min | 400 Nm, 1750 U/min |
Karosserie | ||
Außenmaße (L/B/H) | 4709/1827 (2068)*/1440 mm | 4917/1849 (2093)*/1521 mm |
Leergewicht (Werk/Test) | 1725/1803 kg | 1690/1777 kg |
Kofferraumvolumen | 500-1510 l | 690-1920 l |
Fahrleistungen | ||
Beschleunigung 0-100 km/h (Test) | 7,0 s | 7,2 s |
Höchstgeschwindigkeit (Werk) | 225 km/h | 232 km/h |
Bremsweg aus 100 km/h kalt/warm (Test) | 35,8/34,6 m | 34,7/33,7 m |
Verbrauch auf 100 km (Test/WLTP) | 6,1/5,4 l D | 6,4/5,7 l D |
Preise | ||
Grundpreis | 58.700 € | 59.845 € |
Testwagenpreis | 65.420 € | 62.275 € |
*Breite mit Außenspiegel |
Ergebnis in Punkten
Gesamtbewertung (max. Punkte) | BMW 320d xDrive Touring | VW Passat 2.0 TDI 4Motion |
Karosserie (1000) | 698 | 768 |
Fahrkomfort (1000) | 722 | 763 |
Motor/Getriebe (1000) | 723 | 706 |
Fahrdynamik (1000) | 707 | 709 |
Eigenschaftswertung (4000) | 2850 | 2946 |
Kosten/Umwelt (1000) | 295 | 298 |
Gesamtwertung (5000) | 3145 | 3244 |
Platzierung | 2 | 1 |
Für sportlich ambitionierte Eltern mit hoher Jahresfahrleistung und prallem Budget dürfte der BMW 320d xDrive Touring trotz jüngerer Konkurrenz immer noch zu den besten Autos der Welt gehören. Dynamisch, spritzig, effizient, vernünftiges Platzangebot – so macht der Alltag Spaß! Wenn der edle Bayer nur nicht so teuer wäre … Der VW Passat 2.0 TDI 4Motion punktet dagegen vor allem mit luftigen Weiten im Innenraum sowie mehr Reisekomfort – und das alles zu ausstattungsbereinigt moderateren Preisen. Diese Eigenschaften machen ihn objektiv zum Testsieger. Fürs Herz ist der sachliche VW aber nichts.