Vergleichstest: BMW 2er Active Tourer gegen BMW X1 sDrive18d Duell der Konzepte
Frontantrieb, Van-Konfiguration – der BMW 2er Active Tourer schockt Traditionalisten. Kann der BMW X1 sDrive18d den unorthodoxen Neuankömmling in seine Schranken weisen?
Ganz Auto-Deutschland reibt sich verblüfft die Augen: Während Trend-Forscher das Ende rationaler Van-Konzepte beschreien und den vollständigen SUV-Durchmarsch auch ins Familien- und Unruheständler-Segment besingen, holen ausgerechnet die sonst so instinktsicheren Münchner mit dem 2er Active Tourer einen Van aus der Schublade! Wer irrt denn hier?
Und auch an den BMW-Stammtischen der Republik gibt es nur ein Thema: Ist der neue 2er Active Tourer mit Frontantrieb, quer eingebauten Motoren und pummeliger Van-Karosserie noch ein echter BMW? War da nicht mal was mit „Freude am Fahren?“ Oder erledigt das in der kompakten, bürgernahen Klasse ein smartes SUV wie der erfolgreiche X1 immer noch deutlich besser, ohne gehobene Funktionalitäts-Ansprüche aus den Augen zu verlieren? Fragen über Fragen, die am Besten in einem handfesten Vergleichstest geklärt werden können. Wir nehmen die auflagestarken Diesel-Varianten der 150-PS-Klasse unter die Lupe.
KAROSSERIE
Nahezu dieselben Abmessungen, aber ein völlig konträrer Package-Ansatz: Mit Quermotor und Frontantrieb sollte der 2er deutlich mehr Platz im Innenraum bieten können als der X1, dessen längs eingebauter Motor für eine bessere Gewichtsverteilung auch noch weit nach hinten gerückt wird und dessen Heckantrieb Bauraum im Mitteltunnel und an der Hinterachse braucht. Allerdings fällt der Vorsprung des 218d nicht so deutlich aus wie man meinen könnte.
Zwar bietet der kleine Van insgesamt etwas mehr Platz für die Insassen, das Raumgefühl des X1 ist aber paradoxerweise fast besser. Was zum einen an der schlechteren Übersicht liegt, die der Monobox-Schnitt des 2er mit sich bringt. Andererseits aber auch an den steiler eingebauten 218d-Sitzen sowie den Cockpit-Layouts: Im X1 sitzt man lässig zurückgelehnt tief, im 2er sportiv aufrecht. Und während das Cockpit des X1 sehr ruhig gezeichnet ist, wirkt die Armaturenlandschaft des neuen 2er Active Tourer ziemlich ausladend.
Wirklich bemerkbar macht sich das neue Konzept des 218d in Sachen Gepäckraum und Variabilität: Unter dem soliden Kofferraumboden wartet im 2er gleich noch einmal ein weiteres großes Ladefach, hier sitzt im X1 schon das Hinterachsdifferenzial. Je nach Ausstattungsvarainte kann der 2er auch vielfältiger genutzt werden. Das fängt mit individuell längs verschiebbaren Fondsitzen an und geht bis hin zu einer umklappbaren Beifahrersitzlehne. XXL-Möbelpakete fahren im 2er also locker mit, im X1 müssen die entweder aufs Dach gezurrt werden oder im Möbelhaus bleiben. Und der 2er hat noch einen weiteren segmentunabhängigen Vorteil: Er wirkt einfach bis ins Detail besser verarbeitet als der X1. Wichtigstes Zwischen-Resümee also: Der 2er Active Tourer bietet das klar funktionalere und besser nutzbare Fahrzeug-Konzept.
Einleitung / Karosserie
Fahrkomfort / Motor & Getriebe
Fahrdynamik / Umwelt & Kosten
Fazit
FAHRKOMFORT
Mit komfortablen Sitzen (im Test waren jeweils die optionalen Sportsitze montiert), ausgezeichneter Ergonomie und Fahrwerken, die selbst auf schlechten Straßen mit Anstand abrollen, federn und dämpfen, schenken sich die Wettbewerber kaum etwas. Allerdings wirkt der 218d unterm Strich immer ein Quäntchen straffer, komprimierter und sportlicher.
Der X1 hat in Sachen Fahrkomfort am Ende also die Nase um ein paar Punkte vorn. Der Vollständigkeit halber sei hier jedoch vermerkt, dass der 218d in der „Sport“-Ausstattung zum Test anrückte und mit optionalen 18-Zoll-Rädern ausgestattet war. Der X1 dürfte also durchaus von seinem Serien-Fahrwerk und der kleine Unebenheiten besser schluckenden 17-Zoll-Serienbereifung profitiert haben.
MOTOR/GETRIEBE
Sieben PS und zehn Newtonmeter Maximaldrehmoment mehr, das sind die überschaubaren Vorteile, die der 218d gegenüber seinem dienstälteren SUV-Bruder X1 sDrive 18d in die Waagschale werfen kann. Allerdings hat der neue Zweiliter-Turbodiesel im Active Tourer 58 Kilogramm weniger zu schleppen als der Motor im X1 18d. Und der 2er hat in diesem Test einen weiteren entscheidenden Vorteil: Der Testwagen trat mit eng abgestufter, superschnell und komfortabel schaltender Achtstufen-Automatik an, während der X1 mit serienmäßiger Sechsgang-Handschaltung auf den Hof rollte.
Diesen 2250 Euro teuren Vorteil setzt der 2er dann auch erwartungsgemäß in bessere Beschleunigung und deutlich höheren Schaltkomfort um. Wirklich lösen kann er sich trotzdem kaum vom nominell etwas schwächeren X1, sein Testverbrauch (6,5 l/100 km) ist sogar einen halben Liter höher als der des kleinen SUV. Im Übrigen sind beide der 18d sehr ausgewogene Motorisierungen: Sie verbinden guten Durchzug mit schöner Drehfreude, freundliche Laufkultur mit großer Effizienz.
FAHRDYNAMIK
Was sich in der Komfort-Wertung bereits andeutete, wird im Fahrdynamik-Kapitel zementiert: Der 218d mit Vorderradantrieb entzaubert das vermeintlich fahraktivere Hinterradantriebs-Konzept des X1 sDrive gründlich: Der 2er wedelt wie ein Gokart um die Slalom-Pylonen, räubert gierig mit ausgezeichneter Rückmeldung, guter Traktion und neutraler Fahrzeugkontrolle über den Handling-Parcours. Im Vergleich zum X1 ist er dabei stets mit geringeren Aufbau-Bewegungen unterwegs – das ist herrlich konkret und fahraktiv. Der X1 ist für sich gesehen ebenfalls mit großer Hingabe sportlich unterwegs, wirkt im direkten Vergleich jedoch fast eine halbe Fahrzeugklasse größer und schwerer.
Was das für den schnöden Auto-Alltag ohne Stoppuhr und Slalom-Wettbewerbe bringt? – Ganz einfach: Der 2er fährt sich zugänglich, rund und frisch, er bereitet auch unerfahrenen Piloten viel Freude, und die Ausstrahlung eines sicheren Fahrgefühls ist nicht nur Maskerade. Auch wenn der X1 nun beileibe nicht zum alten Handling-Eisen befördert wird – wahrer Fahrfreude-Meister in diesem Vergleich ist der 218d Active Tourer . Obendrein kann der Neuankömmling durch die deutlich besseren Bremswerte glänzen. Einziger Nachteil des Fronttrieblers gegenüber dem X1 ist der konzeptbedingt geringere Wendekreis.
UMWELT/KOSTEN
Auch wenn der 2er Active Tourer den Vergleich bereits für sich entschieden hat, so schlägt im Umwelt/Kostenkapitel doch noch einmal die Stunde des X1: Er ist etwas preisgünstiger – zumal beim 218d ja das Automatik-Getriebe zusätzlich ins Kontor schlägt –, verbraucht weniger Kraftstoff und hat den geringeren Wertverlust. Ganz erstaunlich ist, dass der ältere X1 aber auch in Sachen Multimedia-Ausstattung punkten kann: Einen CD-Spieler gibt es im 2er beispielsweise nur gegen Aufpreis – hier lässt das iPod-Zeitalter grüßen.
FAZIT
Der BMW X1 verliert eindeutig nicht aufgrund seines Alters gegen den modernen 218d Active Tourer, sondern weil das kleine SUV in den stark konzeptrelevanten Kapiteln Nachteile hat: Die geräumigere und variablere Karosserie sowie das spürbar aktivere Handling bringen den BMW 218d Active Tourer sicher vor seinen Marken-Konkurrenten. Dass der kleine Van aber auch noch beinahe denselben Komfort bietet, macht ihn unschlagbar für den X1. Viva Van!
Technische Daten & Gesamtbewertung als PDF zum nachlesen
Johannes Riegsinger
Johannes Riegsinger
Johannes Riegsinger
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