Vergleich: Golf 1 GTI vs. 2002 tii, Escort RS 2000 & Kadett GT/E
Der GTI und seine Jäger 2002 tii, Escort RS 2000 und Kadett GT/E
- Kompaktsportler der 70er: Im Duell trifft der BMW 2002 tii auf Ford Escort RS 2000, Opel Kadett GT/E und VW Golf GTI
- Der BMW 2002 brachte den Stein ins Rollen
- Ford Escort RS 2000 mit DRM-Dominanz
- Der Opel Kadett GT/E ist der Wildeste des Quartetts
- Der VW Golf GTI revolutionierte das Segment
- Technische Daten von BMW 2002 tii, Ford Escort RS 2000, Opel Kadett GT/E und VW Golf GTI
- Fazit
Für viele waren sie die automobilen Heroen einer wilden Zeit. Glücklich ist, wer heute Kompaktsportler wie den BMW 2002 tii, den Ford Escort RS 2000, den Opel Kadett GT/E oder den VW Golf GTI fahren darf. Ein Vergleich!
Kompaktsportler der 70er: Im Duell trifft der BMW 2002 tii auf Ford Escort RS 2000, Opel Kadett GT/E und VW Golf GTI
Zwei Liter Hubraum, mindestens 100 PS (74 kW) und Hinterradantrieb – das war in den frühen 70er-Jahren die Formel für ungetrübten Fahrspaß. Wohl denen, deren Erspartes für einen Opel Kadett GT/E, Ford Escort RS 2000 oder gar BMW 2002 tii mit der entsprechenden Leistung reichte. Man traf sich bei Bergrennen, auf Slalomstrecken oder einfach nur an der Dorftankstelle. Plötzlich schickte Volkswagen die erste Generation des VW Golf GTI in die Klasse der kompakten deutschen Sportler – mit einem 1,6-l-Motor und Vorderradantrieb, aber immerhin 110 PS (81 kW)! Würde sich dieses Konzept auf Dauer durchsetzen können? Hatte der Golf gegen die alteingesessenen Sportler eine Chance? Die Antwort ist längst gegeben, das Fahrvergnügen bleibt. Wir werfen in diesem Vergleich einen genaueren Blick auf die Stärken und Schwächen der vier Kompaktsportler mit deutschen Wurzeln, die auch heute noch ihre Fans haben.
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Der BMW 2002 brachte den Stein ins Rollen
Es klang eigentlich viel zu bieder, aber das Konzept bewährte sich schnell: Der BMW 2002 erfreute Familienväter und -mütter, die (natürlich) Platz im Kofferraum und auf der Rückbank brauchten, es je nach Möglichkeit aber auch gerne mal etwas flotter angehen ließen. So weit die Marketing-Version. Tatsächlich standen die Jungspunde jener Ära schnell Schlange, warteten gierig auf die ersten gebrauchten Modelle, die für kleines Geld zu haben waren. Denn 14.400 Mark für ein neues Auto waren 1971 (dem Baujahr unseres Fotomodells) schon ein Batzen Geld. Doch aus der Kreidler ließ sich einfach nicht mehr rausholen, ihr Coolness-Faktor war im Keller – abgesehen davon, dass der frisch erworbene Führerschein ohnehin ganz neue Möglichkeiten eröffnete.
Manche mögen zwischendurch mit einem günstigen und leistungsschwachen Vehikel erste Erfahrungen gesammelt haben und träumten doch weiterhin von einer dreistelligen Leistungsangabe. Dann war es endlich soweit: Der "02" wurde erschwinglich. Bereits 1968 hatte die Marke den 2002 mit 100 PS (74 kW) präsentiert und damit das Segment der starken, kompakten Limousinen angestoßen. Noch im selben Jahr folgte die sportlichere ti-Version, die nun schon 120 PS (88 kW) bot. 1971 legte BMW eine weitere Schippe nach: Mit erhöhter Verdichtung und Kugelfischer-Einspritzung leistete der zwei Liter große M10-Vierzylinder des tii üppige 130 PS (96 kW). Für den Sprint von 0 auf 100 km/h benötigte der Zweitürer schmale 10,6 s, das Ende der Beschleunigungsorgie war erst bei 189 km/h erreicht. Mit dem Leergewicht von gerade einmal 1030 kg und einer entsprechend motivierten Person am Steuer reichten diese Eckdaten locker, um bei ersten Rennveranstaltungen mitzumischen oder zumindest zum König der Landstraße zu werden.
Es musste nicht unbedingt der 170 PS (125 kW) starke Turbo sein, der 1973 auf den Markt kam und leider auch recht schnell wieder verschwand. Selbst wer auf ein eigenes Motorsport-Engagement verzichtete, verfolgte doch zumindest mit großem Interesse die Erfolge der Baureihe in der Deutschen Rennsport-Meisterschaft (DRM), bei Rallyes, Bergrennen oder im Slalom. Etliche, heute längst legendäre Tuner wie Alpina, Koepchen oder Schnitzer verdienten sich mit dem BMW ihre ersten Sporen. Sie bauten Rennfahrzeuge auf und boten Privatfahrenden die Möglichkeit, ihre Autos optisch wie technisch dem schnellen Vorbild anzupassen.
Es ist schwer, einen originalen BMW 2002 tii zu finden
Genau das macht es heute schwer, ein originales Exemplar zu finden: Das Wettrüsten innerhalb der vom Motorsport begeisterten Clique hatte schon kurz nach dem Kauf des ersehnten Autos begonnen. Omas Weihnachtsgeld wurde in Spoiler, Felgen oder scharfe Nockenwellen investiert. Gerne rüsteten ambitionierte 02-Fahrende die Optik auch auf eine spätere Version um – wer will schon ein altes Auto fahren? So trugen die 02er der ersten Serie runde Rücklichter, während ab August 1973 werksseitig größere, eckige Leuchten verbaut waren. Hat beim tii die Einspritzanlage Ärger gemacht, griff man der Einfachheit halber gerne mal auf Vergasertechnik zurück. Haben die wilden Kreationen von damals überlebt, werden sie für die heutigen Besitzenden zu einer echten Herausforderung. Wobei es unter Umständen eine durchaus reizvolle Alternative sein kann, den Zeitgeist zum Beispiel mit einem authentischen Breitbau wieder aufleben zu lassen.
Auf jeden Fall empfiehlt sich vor dem Kauf ein Blick auf die Details und die Klärung, ob die Fahrgestellnummer und die Ausstattung des Autos zusammenpassen. Steht der ersehnte BMW 2002 tii dann wieder im alten Gewand da, bietet er den gleichen, puristischen Fahrspaß wie früher. Mit seinen massiven Türöffnern, den breiten, auf filigranen Chromstreben thronenden Kopfstützen oder den kleinen Ausstellfenstern unterstreicht der BMW seinen Premiumanspruch. Alles macht einen soliden und hochwertigen Eindruck. Beim Tritt auf das Gaspedal zeigt der 2002 tii mit Vehemenz, was in ihm steckt. Profis lassen das Heck gerne mitarbeiten, wenn es um enge Kurven geht. Das Fahrwerk erlaubt den kurzen Drift zwischendurch allemal. Da hofft man doch, an der nächsten Tanke auf Gleichgesinnte zu treffen, um sich für eine gemeinsame Ausfahrt zu verabreden.
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Ford Escort RS 2000 mit DRM-Dominanz
Vielleicht rollt ja zufällig gerade ein Ford Escort RS 2000 auf das Gelände. Dem war der 2002 auf den Rennstrecken häufig begegnet, wobei der Ford am Ende zumindest in der DRM meist die Nase vorne hatte: 1973 und 1974 stand am Ende der Saison Escort-Fahrer Dieter Glemser als Meister fest. 1975 und 1976 holte Hans Heyer, ebenfalls in einem von Zakspeed eingesetzten Escort, den Titel. Große Erfolge erzielten die Ford-Teams auch im Rallyesport, das hatte schon zu Zeiten des "Hundeknochens" begonnen. Von dieser ersten Generation stammte im Wesentlichen auch die Struktur des 1974 vorgestellten Escort Mk II.
Im Gegensatz zum BMW mit seinen Schräglenkern verwendete Ford hinten weiterhin eine blattgefederte Starrachse. Der Ford Escort RS 2000 als Topmodell der Baureihe war mit einem 2,0-l-Motor samt Weber-Fallstromvergaser ausgestattet. Der Vierzylinder mit obenliegender Nockenwelle kam auch im Consul sowie im amerikanischen Pinto zum Einsatz. Er erzeugte mit 110 PS (81 kW) zwar deutlich weniger Leistung als der tii-Motor, allerdings wog der Escort auch gut 100 kg weniger als der BMW. Markantestes Merkmal des RS 2000 war seine verlängerte Polyurethan-Front, in der die serienmäßigen Doppelscheinwerfer untergebracht waren. Das wesentliche Argument der 16 cm längeren Frontpartie war die bessere Aerodynamik gegenüber den schwächeren Brüdern. Außerdem zeichnen die Gummilippe am Heck sowie mattschwarze Spiegel den sportlichen Escort aus.
Das RS 2000-Logo auf den Flanken wirkt mit seinen "hüpfenden" Buchstaben und Zahlen fast schon unverschämt verspielt. Fords RS-Programm ermöglichte es Escort-Fahrenden, ihr Auto weiter zu individualisieren, was natürlich auch gerne angenommen wurde. Originales RS-Zubehör ist heute noch gesucht. Auch das mechanisch recht simpel gehaltene Triebwerk bot reichlich Möglichkeiten, ihm etwas mehr Leistung zu entlocken. Verzichtete man auf Experimente, hatte man einen recht standfesten Motor im Auto. Mit seinem starken Antritt, dem unnachahmlichen Sound und der eindrucksvollen Kraftentfaltung weiß der OHC bis heute zu begeistern. Da verzeiht man ihm gerne, dass er nicht besonders drehfreudig ist, manchmal sogar recht brummig wirkt.
Auch der Escort RS 2000 war ein beliebtes Tuningobjekt
Immerhin: Den Spurt von 0 auf 100 km/h absolviert der Ford Escort RS 2000 eine Sekunde schneller als der schwerere BMW 2002 ti. Und wer möchte, macht auch ihn problemlos zum Quertreiber. Fords Baukastensystem bot je nach Einsatzzweck unterschiedliche Hinterachsen. Differentialsperren oder andere Übersetzungen lassen sich problemlos nachrüsten. Das Fahrwerk beweist sportliche Härte, die Person am Steuer lümmelt sich tief in die in diesem Fall montierten Scheel-Sportsitze und kurbelt lässig am handlichen RS-Lenkrad. Die vier Gänge lassen sich schnell und knackig einlegen, wenn es auf die Piste geht. Besonders gesucht, aber kaum noch zu finden, ist heute der Escort RS Spezial mit 132 PS (97 kW).
Ford war die Begeisterung der Fans nicht entgangen, mit der diese die Rennen der Gruppe-5-Autos beobachteten. Motorsportchef Mike Kranefuss setzte daraufhin eine Kleinserie mit 300 Exemplaren des verbreiterten und erstarkten Escorts durch. Preislich lag der Spezial mit 26.750 Mark deutlich über dem RS 2000 (15.309 Mark), was zur Folge hatte, dass viele Escort-Fahrende ihr Auto auf eigene Faust umbauten. Ist überhaupt noch ein geeignetes Fahrzeug zu finden, wird es mit einer eventuellen Rückrüstung und Restauration unter Umständen schwierig. Technische Komponenten sind zu bekommen, bei spezifischen Karosserieteilen wird es schon komplizierter. Immerhin gibt es eine gut organisierte Szene, die sich um die ersten beiden Escort-Generationen kümmert.
Der Opel Kadett GT/E ist der Wildeste des Quartetts
Dem Ford Escort RS 2000 am nächsten kommt in diesem Quartett zweifelsfrei der Opel Kadett GT/E. Auch er entstammt einer großen Familie, in der Motoren, Getriebe und Fahrwerke munter kombiniert wurden. Beim zwei- oder viertürigen Ford war das Fließheck Standard, bei Opel war das Coupé von vornherein sportlich ausgelegt. Wer es biederer haben wollte, fand im Programm die Stufenheck-Limousine oder einen Caravan. Bei juckendem Gasfuß war aber zweifelsfrei das Coupé das einzig wirkungsvolle Gegenmittel. Das hatte sich schon in der vorangegangenen Generation bewährt, auch wenn der Kadett B Rallye heute längst nicht so einen Kultstatus hat wie sein Nachfolger. Zum Topmodell wurde der Kadett C mit dem bereits vom Manta bekannten Kürzel GT/E (Gran Turismo Einspritzer) und 105 PS (77 kW).
Das "Topmodell der Topmodelle" leistete sogar 115 PS (85 kW): Die legendäre "1000er Serie" war 1977 als Homologationsmodell für die Gruppe 1B positioniert worden und sollte somit den Einstieg in den Motorsport erleichtern. 1000 Exemplare hätten dafür gebaut werden müssen. Die Nachfrage war jedoch so groß, dass Opel mehr als doppelt so viele Autos im markanten gelbweißen Design fertigte. Das war übrigens nicht allen Autos der Serie vorbehalten: Während die ersten 1000 Homologations-Wagen ausschließlich in "Brillantgelb/ Polarweiß" lackiert waren, konnten Fans den GT/E später auch in anderen Farben ordern. Die Leistung resultiert aus zwei Litern Hubraum. In Kombination mit einem Verdichtungsverhältnis von 9,6:1 und einer Bosch-L-Jetronic-Einspritzung wird zudem ein strammes maximales Drehmoment von 162 Nm bei 3000 Touren erzielt.
Dazu gönnte Opel dem Kadett GT/E ein Fünfgang-Sportgetriebe (Diese Fehlbedienung beim Schaltgetriebe unbedingt vermeiden) von ZF, eine Differentialsperre mit 40-prozentiger Sperrwirkung sowie ein Bilstein-Fahrwerk. Ein besonderes Attribut der "1000er-Serie" waren darüber hinaus die Fuchsfelgen in der Größe 6 x 13 mit Pneus der Dimension 175/70 HR 13. Zum Serienumfang gehörten außerdem sonst in der Kadett-Klasse aufpreispflichtige Extras wie ein Aschenbecher und Haltegriffe am Dachhimmel. Vor allem der wurde von Mitfahrenden gerne mal genutzt.
Je mehr Mitbewerber auf den Markt der kompakten Sportler kamen, umso schwerer hatte es der BMW 2002 ti: Der Opel Kadett GT/E nahm ihm – zumindest auf dem Papier – ganze anderthalb Sekunden für den Spurt von 0 auf 100 km/h ab. In der Endgeschwindigkeit lagen beide immerhin fast gleichauf (Opel 192 km/h, BMW 189 km/h). Dabei setzte auch Opel auf eine Starrachse im Heck, was zur antiquierten (und damit gut zu beherrschenden) Motortechnik passt. Opel und Ford klingen und arbeiten spürbar rauer als der BMW, was sowohl der sportlich-kompromissloseren Auslegung wie auch den zurückgestellten Ansprüchen an den Komfort geschuldet ist.
Opel Kadett GT/E häufig ein Opfer des Rosts
Es lässt sich natürlich darüber streiten, ob nur die ersten 1000 Exemplare "echte 1000er" sind und alle späteren Fahrzeuge einfache Kadett GT/E im entsprechenden Motorsport-Trimm. Am Ende ist es egal: Ein originaler Vertreter der 1000er Serie ist heute so etwas wie die Blaue Mauritius der Opel-Szene. Die Fahrzeuge waren für den Einstieg in den Motorsport gedacht – und sind dafür auch genutzt worden. Noch heute ist der Kadett ein beliebtes Fahrzeug im historischen Motorsport. Was keinem Unfall zum Opfer gefallen ist, dürfte längst weggerostet sein.
Die paar Exemplare, die überlebt haben, sind längst in festen Händen. Sie wurden vermutlich restauriert und werden nun gehegt und gepflegt. Sinnvoller erscheint es, sich nach einem "normalen" GT/E umzusehen. Wobei auch hier die Frage nach der Originalität bleibt: Die beliebte Optik der Sportversion ziert längst auch viele ursprünglich ganz biedere Exemplare des 165.411 Mal gebauten C-Coupés. Dank des Baukastensystems bleibt die Frage, ob Motor und Auto wirklich zusammenpassen. Fachkundige Unterstützung bei der Klärung bieten bei Interesse die Typreferenten der Opel-Clubs.
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Der VW Golf GTI revolutionierte das Segment
1976 erblickte der erste VW Golf GTI das Licht der Welt. Unser Testwagen stammt von 1978. Durch schwarze Kunststoffteile an den Radausschnitten verbreiterte Kotflügel, ein rot umrandeter Kühlergrill und der dezente Frontspoiler: viel mehr Zierrat bekam der Wolfsburger ab Werk nicht mit. Und doch signalisieren genau diese Details dem Fan: Da kommt einer, der es wissen will! Sein von Natur aus kantiges Äußeres macht den Golf zu etwas Besonderem zwischen dem limousinenhaften BMW und seinen coupéförmigen Mitbewerbern Escort und Kadett. Der Golf war komplett neu, er hatte keine Vorgeschichte wie der Kadett, der mittlerweile in dritter Generation gebaut wurde oder der Escort, der auf seinem Vorgänger von 1968 aufbaute. Auch der BMW hatte aufgrund seiner Historie schon einige Erfahrungen auf dem Buckel.
Und so stand er ziemlich einzigartig da, der Newcomer aus Wolfsburg mit seinen angetriebenen Vorderrädern und dem 1,6 l kleinen Vierzylinder mit strammen 110 PS (81 kW). Aus heutiger Sicht ist er zum Platzhirsch geworden: Obwohl Spätgeborener, ist sein Name zum Inbegriff der sportlichen Kompaktklasse geworden. Alle wissen (theoretisch), was sich hinter dem Kürzel verbirgt, auch wenn man die genaue Bedeutung – nämlich Gran Turismo Injection – nicht aus dem Stegreif zitieren kann. Der Golf GTI hat ein eigenes, legendäres GTI-Treffen am Wörthersee – das mittlerweile nach Wolfsburg gewandert ist –, eine riesige Szene kümmert sich um die sportlichste Version des Wolfsburger Bestsellers.
Was ihm fehlt, ist das Motorsport-Image. Zwar gab es hier und da ein paar Achtungserfolge im Rallyesport oder auf der Rundstrecke. Aber an die Historie eines Kadett, Escort oder 2002 kommt er bis heute nicht heran. Will er auch gar nicht: Selbst wenn er den Geist seiner Mitbewerber atmet, begann mit dem GTI doch eine neue Ära. Mit dem 110 PS (81 kW) starken Motor des Audi 80 GTE und knapp 800 kg Leergewicht ist der VW Golf 1 GTI schnell zur Ikone geworden. Und das, obwohl man sich in Wolfsburg anfangs möglichst bedeckt gehalten hat. Wie so viele Fahrzeuge seines Schlages diente auch der GTI ursprünglich der Motorsport-Homologation. In diesem Fall sollte es eine Produktion von 5000 Exemplaren sein, die ihm das Recht einräumte, auf der Rennstrecke anzutreten.
Die Ingenieurs- und Marketing-Abteilung aber erwarteten insgeheim ganz andere Stückzahlen – sicherlich mit einem verstohlenen Seitenblick auf die schnellen und bezahlbaren Ford und Opel, die insbesondere die jüngere Klientel binden konnten. Und sie sollten Recht behalten: Der Mix aus Komfort, Alltagstauglichkeit und Sportlichkeit wusste zu begeistern. Entgegen der Befürchtungen seiner Kritiker:innen kam der Vorderradantrieb ganz gut mit der verhältnismäßig hohen Leistung klar. Im Gegenteil: Der Golf bot durch sein Antriebskonzept sogar zusätzliche Sicherheit. Schließlich kamen nicht alle selbst ernannten Sportfahrenden gut mit den angetriebenen Hinterrädern der Mitbewerber klar, insbesondere auf nasser Fahrbahn. Rallye-Fans kontern zu Recht, dass gerade das den Spaß an diesen sportlichen Autos ausmacht. Die Diskussion hält bekanntlich bis heute an und ist längst zu einer Frage der persönlichen Fahr-Philosophie geworden.
Auf dem Papier das Schlusslicht dieses Vergleichs
Zurück zu den Fakten: Mit 110 PS (81 kW) und 140 Nm aus 1,6 l bildet der Golf GTI auf dem Papier das Schlusslicht dieses Vergleichs. Mit einer Beschleunigung von 9,4 s auf 100 km/h reiht er sich zwischen Kadett und Escort und somit weit vor dem BMW ein. Das Spitzentempo von 182 km/h reicht für Platz drei – langsamer ist nur der Escort. Trotz des komplett anderen Konzepts mischt der Golf also gut mit im Feld der Kompaktsportler. Apropos kompakt: Dem VW fehlen zwar knapp 40 cm Länge auf seine Mitbewerber in diesem Vergleich, davon merkt man am Steuer aber nicht viel. Der VW scheint geräumiger, als es seine Abmessungen erwarten lassen. Auch er eignet sich durchaus auch als Familienkutsche, wenn es denn sein muss. Aber ganz ehrlich: Wer will bei diesen Autos Kofferraumvolumen und Beinfreiheit auf der Rückbank vergleichen?
Mehr Spaß bereitet der Golf auf der Piste, wo er seine Stärken ausspielen kann. Man merkt ihm das modernere Konzept deutlich an, der drehfreudige Motor lässt Freude aufkommen. Der Golf wirkt fast zu glatt, trotz seiner Karosserieform hat er weniger Ecken und Kanten als seine Mitbewerber. Die wohl wichtigste Gemeinsamkeit aus heutiger Sicht: Auch der GTI ist meist verbastelt und heftig genutzt worden, was die Auswahl an verfügbaren Autos schwierig macht und die Preise in die Höhe schnellen lässt.
Sie sind ähnlicher, als man beim Anblick der nackten Zahlen denken mag. BMW 2002 tii, Ford Escort RS 2000, Opel Kadett GT/E und VW Golf GTI hatten schon immer ihre Fans. Als Helden unserer Jugend wurden sie gnadenlos geschunden, um uns ein bisschen Fahrspaß auf dem Weg zur Berufsschule oder in die Disco zu bieten. Heute ärgern wir uns über die Sünden vergangener Tage. Denn die Zeitreise in die 70er-Jahre ist heute nicht mehr ganz einfach – auf jeden Fall aber mit viel Aufwand und Geld verbunden.
Technische Daten von BMW 2002 tii, Ford Escort RS 2000, Opel Kadett GT/E und VW Golf GTI
Classic Cars | BMW 2002 tii | Ford Escort RS 2000 |
Zylinder/Ventile pro Zylin. | 4/2 | 4/2 |
Hubraum | 1990 cm³ | 1993 cm³ |
Leistung | 96 kW/130 PS 5800/min | 81 kW/110 PS 5500/min |
Max. Gesamtdrehmoment bei | 178 Nm 4500/min | 161 Nm 3750/min |
Getriebe/Antrieb | 4-Gang-Getriebe/Hinterrad | 4-Gang-Getriebe/Hinterrad |
L/B/H | 4110/1590/1380 mm | 4150/1596/1385 mm |
Leergewicht | 1030 kg | 925 kg |
Bauzeit | 1971-1975 | 1975-1980 |
Stückzahl | 38.703 | 25.000 |
Beschleunigung null auf 100 km/h | 10,6 s | 9,6 s |
Höchstgeschwindigkeit | 189 km/h | 178 km/h |
Verbrauch auf 100 km | 11,5 l S | 11,4 l S |
Grundpreis (Jahr) | 14.400 Mark (1971) | 13.795 Mark (1976) |
Classic Cars | Opel Kadett GT/E | VW Golf GTI |
Zylinder/Ventile pro Zylin. | 4/2 | 4/2 |
Hubraum | 1979 cm³ | 1588 cm³ |
Leistung | 85 kW/115 PS 5600/min | 81 kW/110 PS 6100/min |
Max. Gesamtdrehmoment bei | 162 Nm 3000/min | 140 Nm 5000/min |
Getriebe/Antrieb | 5-Gang-Getriebe/Hinterrad | 4-Gang-Getriebe/Hinterrad |
L/B/H | 4124/1580/1340 mm | 3705/1630/1395 mm |
Leergewicht | 920 kg | 810 kg |
Bauzeit | 1972-1979 | 1976-1983 |
Stückzahl | 8660 (Serie 2 ab 1977: 2234) | ca. 350.000 |
Beschleunigung null auf 100 km/h | 9,1 s | 9,4 s |
Höchstgeschwindigkeit | 192 km/h | 182 km/h |
Verbrauch auf 100 km | 11,2 l S | 9,8 l S |
Grundpreis (Jahr) | 17.440 Mark (1978) | 13.850 Mark (1976) |
Auch nach fast fünf Jahrzehnten muss man den VW Golf GTI zugestehen, dass er einfach ein gutes Auto ist. Aber ist gut wirklich das, was Spaß macht? Der Opel Kadett GT/E punktet da, wo es in diesem Fall drauf ankommt: bei den Fahrleistungen. Er ist auf Basis eines Großserienautos als echter Sportler konzipiert worden. Ähnliches gilt für den Ford Escort RS 2000, der leider durch sein spürbar antiquiertes Konzept verliert. Der BMW 2002 tii als Vorreiter des Segments erobert die Herzen mit seinem Komfort – gepaart natürlich mit seinen sportlichen Ambitionen. Spaß macht jedes dieser vier Autos, und zwar reichlich. Sie haben nur einen Nachteil: Sie sind kaum noch in gutem Originalzustand und dann auch noch zu vernünftigen Preisen zu bekommen. Wohl denjenigen, die sich rechtzeitig den kompakten Traumsportler gesichert haben!