BMW 1er Facelift: Als 120er mit 170 PS im ersten Test
Der neue 1er zeigt im Einzeltest seine Stärken
Nach nur fünf Jahren übergibt die dritte BMW 1er-Generation den Staffelstab an den runderneuerten Nachfolger. Was der Neuling taugt, klärt der Einzeltest.
Der BMW 1er im Einzeltest: Mehr als nur ein Facelift?
Ob der neue BMW 1er vom Typ F70 tatsächlich ein ganz neues Auto ist, oder ob es sich bei ihm nur um ein überaus umfassendes Facelift des 2019 lancierten Vorgängers F40 handelt, lässt sich nicht einmal den Presse-Ansprechpartner:innen beim Hersteller so recht entlocken. Fakt ist: Der 2024er Kompakt-BMW zeigt sich in vielerlei Hinsicht moderner als der Vorgänger und drängt sich somit als Kandidat für einen ausführlichen Einzeltest geradezu auf.
Unsere Wahl fiel auf den BMW 120, der mit seinem insgesamt 170 PS (125 kW) starken Antriebssystem Freude am Fahren zu halbwegs akzeptablen Preisen verspricht. Klar ist ein vergleichbarer VW Golf oder Kia Ceed – dem der neue 1er von vorn betrachtet etwas ähnlich sieht – immer noch deutlich günstiger. Aber immerhin verkneift sich BMW heutzutage auch beim Einstiegsmodell eine allzu rudimentäre Grundausstattung, was den im Vergleich zum Wettbewerbsumfeld erhöhten Basispreis ein Stück weit relativiert.
Annehmlichkeiten wie Einzonen-Klimaautomatik, 17-Zoll-Leichtmetallräder, Navigation, unzählige Online-Funktionen sowie diverse Assistenzsysteme gehören beim aktuellen 1er im Standardtrimm bereits zum Serienumfang. Wieso unser Testexemplar dann trotzdem saftige 54.800 Euro kostet? Das liegt zum einen daran, dass BMW seine neue Nummer 1 im schicken, aber mit 3400 Euro teuren M Sportpaket zum Test schickt – und das Ganze auch noch in einem 2250 Euro teuren Matt-Farbton (Frozen Portimao Blau metallic) lackiert. Ebenfalls kostspielig sind die weiteren im Testwagen enthaltenen Pakete, die unter anderem das brillante Head-up-Display (Innovationspaket) oder autonome Fahrfunktionen (Driving Assistant Professional) mitbringen.
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Gute Verarbeitung, sehr steife Karosserie
An den grundsätzlichen Tugenden ändert die Testwagenausstattung indes nur wenig: Der BMW 1er bietet ein klassenübliches Raumangebot, dass es vier Erwachsenen ermöglicht, auch lange Strecken menschenwürdig zurückzulegen und dabei obendrein noch ausreichend Gepäck mitzunehmen. Der gut zugängliche Kofferraum des Münchners schluckt glatte 300 l. Das Umklappen der serienmäßig dreiteilig ausgeführten Rücksitzlehne vergrößert das Schluckvermögen auf 1135 l und ermöglicht so auch den Transport sperriger Güter, die dank des nahezu ebenen Ladebodens ohne Probleme eingeladen werden können. Als weitgehend mühelos erweist sich außerdem die Bedienbarkeit des komplexen Operating Systems, wie BMW die Multimedia-Einheit nennt.
Die Menüstruktur, die mit ihren Funktions-Apps an die Oberfläche eines modernen Smartphones erinnert, gibt auch ohne den aus größeren BMW-Fahrzeugen bekannten und geschätzten iDrive-Controller im Test keine allzu großen Rätsel auf. Obendrein hilft die wirklich sehr gute Sprachbedienung, im Bedarfsfall die richtigen Funktionen aufzurufen oder in Sekunden selbst komplizierte Adressen einzugeben. Doch noch ein Wort zu den Sitzen, bevor es auf die Straße geht: Die im M Sportpaket enthaltenen Fauteuils sind – wenngleich überraschend hoch montiert – nicht nur auf langen Strecken sehr bequem, sie stützen den Körper bei forcierter Kurvenfahrt auch seitlich wirkungsvoll, ohne einzuengen. Die Sportsitze, die es übrigens ohne das teure M-Paket zu kaufen gibt, sind somit eine klare Empfehlung, denn lustvolles Landstraßen-Carven gehört ganz klar zur Paradedisziplin des BMW 120.
Die Konkurrenten:
Kurvengieriges Handling, geringer Federungskomfort
Jedenfalls wenn – wie in unserem Fall – das adaptive M Fahrwerk an Bord ist und der Kontakt zur Straße über sportliche Continental-Reifen in der Dimension 225/45 R 18 hergestellt wird. Diese Kombination sorgt dafür, dass der 1487 kg schwere BMW 120 im Test enorm hohe Querkräfte aufbaut und sich präzise auf den Punkt durch Wechselkurven scheuchen lässt. Auf öffentlichen Straßen sollte das ESP dabei jedoch aktiviert bleiben – frei von Lastwechselreaktionen ist das leichte Heck nämlich nicht! Die hoch entwickelte Agilität des 1er wird zusätzlich durch die enorm feste Anbindung der Fahrwerkskomponenten an der äußerst steifen Karosserie begünstigt. Im Alltag leidet die Präzision jedoch unter dem völlig gefühllosen Anlenken aus der Mittellage heraus und unter den teils kernigen Antriebseinflüssen bei forcierter Beschleunigung.
Außerdem erkauft sich der Bajuware seine unbestritten lustvolle Sportlichkeit im Prinzip mit einer Nulltoleranz-Strategie gegenüber Fahrbahnunebenheiten. Will heißen: Die Personen im Innenraum brauchen wegen der harten Federung ein hohes Maß an Nehmerqualitäten. Gefühlt werden selbst kleinere Bodenwellen, wenn sie nur schnell genug überfahren werden, zur Sprungschanze. Selbst auf vermeintlich ebenem Autobahnasphalt ist der Aufbau des BMW quasi permanent in Bewegung. Immerhin federt der BMW 1er bei langsamer Fahrt recht sanft auf Kanten und Querfugen an. Das allein ändert jedoch nichts daran, dass uns die Abstimmung des optionalen Fahrwerks zumindest im Mobilitätsalltag zu hart ausfällt.
Ordentlich Schub, sparsam dank E-Unterstützung
Keinen Grund zur Klage liefert unterdessen die Geräuschisolierung der Karosserie (hier erklären wir die unterschiedlichen Karosserieformen von Autos). Selbst bei hohen Geschwindigkeiten halten sich Wind- und Abrollgeräusche während dem Test vornehm zurück. Und auch das Triebwerk ist akustisch wirkungsvoll gekapselt. Allenfalls nahe der Höchstdrehzahl kann der 1,5 l große, 156 PS (115 kW) starke Turbo seine Dreizylindrigkeit aufgrund seines für das Motorkonzept typischen schnatternden Klangs nicht mehr verbergen. Doch nicht nur die guten Manieren des kultivierten Antriebs gefallen, auch die zur Verfügung stehenden Leistungsreserven lassen nur selten den Wunsch nach mehr Power aufkommen.
Dank der im Getriebe integrierten E-Maschine, die ihrerseits zehn kW (14 PS) an Leistung zuführt, liegt bereits bei niedrigen Drehzahlen genügend Dampf an. Für den Spurt aus dem Stand auf Tempo 100 zeigt unser Messgerät eine beachtliche Zeit von 7,4 s an. Und auch über das Landstraßen-Tempo hinausgehend spurtet der BMW 120 munter voran – bis zur Höchstgeschwindigkeit von 226 km/h braucht es dann aber doch etwas Geduld. Ab etwa 160 km/h lässt der Vortrieb merklich nach.
Das Mildhybrid-System soll allerdings nicht nur für ein kleines Extra an Kraft sorgen, sondern auch den Verbrauch im Zaum halten. Und das gelingt ziemlich gut, denn der von uns ermittelte Durchschnittsverbrauch von 6,8 l auf 100 km geht für einen derart sportlichen Kompakten absolut in Ordnung. Alles super also? Nicht ganz, denn das serienmäßige Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe stellt im Automatik-Modus den Kraftschluss beim Anfahren zuweilen erst nach einer gewissen Gedenksekunde her. Und auch die Reaktion auf den Kickdown erfolgt mit deutlicher Verzögerung.
Messwerte & technische Daten des BMW 120
AUTO ZEITUNG 01/2025 | BMW 120 |
Positiv | Hohe Agilität, umfangreiche Multimedia-Ausstattung, tolle Sportsitze (opt.) |
Negativ | Federungskomfort, teils träges Doppelkupplungsgetriebe, teure Optionspakete |
Technik | |
Motor | 3-Zylinder, 4-Ventiler, Turbo; 1499cm³ |
Antrieb | 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe; Vorderradantrieb |
Systemleistung | 170 PS (125 kW) |
Max. Drehmoment | 240 Nm |
Karosserie | |
Außenmaße (L/B/H) | 4361/1800 (2071)*/1459 mm |
Leergewicht (Werk/Test) | 1425/1487 kg |
Kofferraumvolumen | 300 - 1135 l |
Fahrleistungen | |
Beschleunigung 0-100 km/h (Test) | 7,4 s |
Höchstgeschwindigkeit (Werk) | 226 km/h |
Bremsweg aus 100 km/h kalt/warm (Test) | 33,9 / 33,7 m |
Verbrauch auf 100 km (Test/WLTP) | 6,8 l S |
Preise | |
Grundpreis | 37.900 € |
Testwagenpreis | 54.800 € |
*Breite mit Außenspiegel |
Ob der aktuelle BMW 1er nun ganz neu oder nur ein umfassendes Facelift ist, dürfte den meisten Fans egal sein. Denn die dynamischen Fähigkeiten des Kompakten stehen genauso außer Frage wie die gebotene Alltagstauglichkeit. Außerdem ist der BMW 120 nicht zu teuer – jedenfalls in der Basis.