Quattro, Lancia Rally, Manta 400, R5 Turbo im Vergleich
Vier Wege und ein Ziel
- Lancia Rally gegen Audi Quattro, Renault 5 Turbo & Opel Manta 400
- Auf kurvenreicher Straße zeigt der Rally sein Talent
- Der Quattro setzt auf Allrad & Leistung
- Der R5 Turbo verlangt nach geschulter Hand
- Der Manta verführt zum Quertreiben
- Technische Daten von Audi Quattro, Lancia Rally, Opel Manta 400 & Renault 5 Turbo
Die zahmeren Brüder erfolgreicher Rallye-Mobile im Classic-Cars-Vergleich: Audi Quattro, Lancia Rallye, Opel Manta 400 und Renault 5 Turbo. Im besten Test von 1983 trafen die Sportler aufeinander.
Sie haben wenig gemeinsam, der Audi Quattro, der Lancia Rally, der Opel Manta 400 und der Renault 5 Turbo. Die vier gehören in die Kategorie Sportwagen, Limousine, Coupé, Renn-Zweisitzer oder schnelle Tourenwagen. Jede Bezeichnung triffts und doch wieder nicht, denn unter einem präzisen Sammelbegriff lassen sie sich schwer einordnen. Nur das internationale Motorsport-Reglement, seit 1. Januar 1982 in überarbeiteter Form gültig, zwängt die vier Kandidaten unter einen Hut. Allesamt – Quattro, Rallye, Manta 400 und R5 Turbo – rangeln mit werksseitig aufgemotzter Technik in der Rallye-Weltmeisterschaft um Sieg und Platz. Was die Starpilot:innen mit den Werkswagen anfangen, ist zur Genüge bekannt: Audi gewann 1982 den Rallye-Marken-WM Titel.
Opel stellte mit Röhrl den Fahrer-Weltmeister. Renault zeigte nur sporadisch die Krallen. Und die Lancia Rally nahmen im letzten Jahr Maß, um 1983 richtig mitzumischen. So unterschiedlich wie die Namen der Hersteller, so unterschiedlich sind auch die Rezepte der Hersteller. Warum sie glauben, gerade mit einem Serienwagen das Optimale erreichen zu können, reizte uns, die vier Konkurrenten genauer unter die Lupe zu nehmen.
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Lancia Rally gegen Audi Quattro, Renault 5 Turbo & Opel Manta 400
Schon optisch passt der Lancia Rally nicht so recht in die "Viererbande". Aber er sieht nicht nur anders aus, er ist auch anders. Kompromisslos auf den einzigen Zweck getrimmt, im Rallye-Einsatz den Gegnern möglichst immer das Heck zu zeigen, muss auch das Serienpendant mehr als straßentauglicher Rennwagen denn als Sportcoupé gelten. Das Rohrrahmen-Chassis wird von einer Kunststoffhaut knapp überdeckt. Für Fahrer:in und Co. gibt es zwei Sitzmulden, die nur mit Mühe zwischen Lenkrad und Mittelmotor passten. Auch das Einsteigen will geübt sein, weil ein kräftiges, der Versteifung dienendes Rohr des Überrollkäfigs den Türausschnitt drastisch verkleinert. Es empfiehlt sich, diese Zeremonie zu trainieren, um sich vor Publikum eine Blamage zu ersparen. Und Publikum hat dieses echte Mittelmotor-Coupé, wo immer es auftaucht. Das 3,93 m kurze Mobil mit dem durch die Heckscheibe freien Einblick in den Motorraum lässt jede Person in die Knie gehen, teils aus Respekt, teils wegen der geringen Bauhöhe von 1,24 m.
Neben dem Designer Pininfarina, der bei aller Sportlichkeit der Karosse den beiden Insass:innen nicht die Sicht raubte (Ausnahme: nach hinten), hatte noch ein italienischer Veredler seine Hand im Spiel: Abarth lieferte den mit einem Kompressor aufgeladenen Zweilitermotor – in einer milderen Form auch im Lancia Trevi aktiv – mit Vierventil-Zylinderkopf und 205 PS (150 kW) bei 7000 Kurbelwellen-Umdrehungen. Die Enttäuschung des Hörers außer Acht gelassen, der nach dem Anlassen des Motors den unnachahmlichen Abarth-Sound erwartet und nur ein blechernes Rasseln à la Fiat 127 vernimmt – auch die Leistungsentfaltung weckt keine Begeisterung. Mit 205 Cavalli und 1200 kg Fahrgewicht sind 7,6 s auf 100 km/h und 223 km/h Spitze nicht gerade atemberaubende Werte.
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Auf kurvenreicher Straße zeigt der Rally sein Talent
Ganz andere Gefühle kommen auf, wenn der Lancia Rally auf kurvenreichen Straßen zeigen darf, was er kann. Die Einzelradaufhängung mit Schraubenfedern und veränderbarer Kennung der – hinten doppelten – Stoßdämpfer lässt rennmäßiges Tempo zu, ohne den routinierten Fahrer zu überfordern. Hohe Kurvengeschwindigkeiten bei neutralem Fahrverhalten plus präzise Lenkung und eine ausgezeichnete Bremsanlage, wenngleich die hinteren Bremsen verschiedentlich blockierten, das alles bringt mächtig viel Fahrspaß. Das Fünfganggetriebe mit separat unten links liegendem ersten Gang und der unpräzisen Führung in den anderen vier Ebenen verhindert leider häufig energischen Vortrieb und mildert die Freude an der Technik. Dennoch: Die kompromisslose Art des Lancia Rally besitzt mehr Vor- als Nachteile. Umso bedauerlicher, dass von den etwa 200 in Italien gebauten Exoten nur 22 den Weg nach Deutschland fanden. Bis auf vier waren alle Rally verkauft, zum Stückpreis von 79.900 Mark. Kaum extremer kann der Unterschied zum nächsten Kandidaten, dem Audi Quattro, ausfallen.
Der Quattro setzt auf Allrad & Leistung
Erst wer den sportiven Lancia bewegt hat und dann in den limousinenhaften Audi umsteigt, weiß die Leistung der Ingenieur:innen richtig zu würdigen. Der Audi setzt auf Allradantrieb und satte Leistung. Lancia sucht sein Heil in Mittelmotorsportwagen und Kompressoraufladung. Opel schwört auf Frontmotor und Heckantrieb. Renault machte seiner Hutschachtel Dampf und platzierte den Turbomotor hinter dem Fahrer. Audi setzt auf Vierradantrieb und satte Leistung. Obwohl gut 100 kg schwerer und fünf deutsche Pferdestärken schwächer als Lancias Rallye-Basisversion, lässt der große Quattro dem Italiener in den meisten Messdisziplinen kaum eine Chance. Erst in der Endgeschwindigkeit kann der Lancia dem Audi einige Meter abringen. Mit echten 223 km/h (Tachoanzeige 250 km/h) und Abriegeln des Drehzahlbegrenzers bei 7400 Touren behält der Italiener gegenüber dem Audi – 214 km/h bei 5700/min – die Nase vorn.
Die Vierrad-Antriebstechnik des Audi lässt auch schon in der Straßenversion erahnen, wie schnell einer damit fahren kann, sofern er es kann. Während der Lancia Rally mehr dazu verführt, möglichst auf Landstraßen aktiv zu werden und Autobahnen zu meiden, liegt der Fall beim Audi Quattro eher umgekehrt. Hohe Autobahnschnitte sind locker vom Hocker möglich, während selbiges auf der Landstraße einigen Einsatz erfordert.
Der R5 Turbo verlangt nach geschulter Hand
Als Zwitter im technischen Sinne entpuppen sich – nicht nur aus Lancia- und Audi-Sicht – der Renault 5 Turbo und der Opel Manta 400. Weder leistungsstarke Limousine mit raffinierter Technik noch knallharter Sportwagen sind ihnen die Kompromisse auf den Karosserieleib geschrieben und unter die Haut transplantiert. Der französische Kraftzwerg fristet auf der Straße wie im Rallyesport ein Schattendasein. Zum einen fehlts ihm an Grundschnelligkeit, zum anderen oft an Zuverlässigkeit. Zudem erfordert der Umgang mit dem Radstand-Winzling schon in der Serienversion starke Nerven und trockene Hände – feuchte bekommt man sowieso.
Der Manta verführt zum Quertreiben
Nicht so problematisch wie der kleine Renault, aber fürs Auge erheblich spektakulärer lässt sich der Opel Manta 400 bewegen. Kann man sich mit den drei Konkurrenten auch auf Asphaltstraßen noch halbwegs wohl fühlen, so gilt das am wenigsten für den Opel. Er vertritt die gewohnte Schule: solide, behäbig und zuverlässig – für die Ewigkeit gebaut. Es reizt ungemein, die ordentlichen Wege zu verlassen, um auf Wald- und Feldwegen ein bisschen querzutreiben.
Letzten Endes verdienen jedoch alle vier Hersteller Hochachtung dafür, wie sie es geschafft haben, aus diesen so unterschiedlichen Ursprungsmodellen mit teilweise hohem Aufwand konkurrenzfähige Sieger-Sportwagen zu entwickeln. Dabei kommt der Lancia Rally dem Ideal – fahraktiver Straßen-Sportwagen und Rallye-Champion in der Topversion – am nächsten. Seine Form und Fahrwerkstechnik, kombiniert mit dem Motor und Vierradantrieb des Audi Quattro, der Stabilität und Zuverlässgkeit des Opel sowie den Sitzen und Felgen des Renault – das wär ein Ding.
Von Lothar Boschen (AUTO ZEITUNG 12/1983)
Technische Daten von Audi Quattro, Lancia Rally, Opel Manta 400 & Renault 5 Turbo
AUTO ZEITUNG 12/1983 | Audi Quattro | Lancia Rally |
Zylinder/Ventile | 5/4; Turbo | 4/2; Kompressor |
Hubraum | 2144 cm³ | 1995 cm³ |
Leistung | 147 kW/200 PS | 150 kW/205 PS |
Max. Gesamtdrehmoment bei | 285 Nm 3500/min | 234 Nm 5000/min |
Getriebe/Antrieb | 5-Gang-Getriebe/Allrad | 5-Gang-Getriebe/Hinterrad |
L/B/H | 4004/1723/1344 mm | 3915/1850/1245 mm |
Leergewicht | 1300 kg | 1170 kg |
Bauzeit | 1980-1991 | 1983 |
Stückzahl | 11.560 | 200 |
Beschleunigung null auf 100 km/h | 6,8 s | 7,6 s |
Höchstgeschwindigkeit | 214 km/h | 223 km/h |
Verbrauch auf 100 km | 16,7 l S | 13,3 l S |
Grundpreis (Jahr) | 63.720 Mark (1983) | 79.900 Mark (1983) |
AUTO ZEITUNG 12/1983 | Opel Manta 400 | Renault 5 Turbo (2) |
Zylinder/Ventile pro Zylin. | 4/2 | 4/2; Turbo |
Hubraum | 2410 cm³ | 1397 cm³ |
Leistung | 106 kW/144 PS | 118 kW/160 PS |
Max. Gesamtdrehmoment bei | 210 Nm 3800/min | 121 Nm 3250/min |
Getriebe/Antrieb | 5-Gang-Getriebe/Hinterrad | 5-Gang-Getriebe/Hinterrad |
L/B/H | 4463/1770/1320 mm | 3664/1752/1323 mm |
Leergewicht | 1100 kg | 980 kg |
Bauzeit | 1981-1984 | 1980-1985 |
Stückzahl | 245 | 3.167 |
Beschleunigung null auf 100 km/h | 8,1 s | 8,0 s |
Höchstgeschwindigkeit | 196 km/h | 193 km/h |
Verbrauch auf 100 km | 13,7 l S | 14,1 l S |
Grundpreis (Jahr) | 44.350 Mark (1983) | 44.660 Mark (1983) |