Audi quattro 20V/Porsche 911: Classic Cars
quattro 20V und 911 sind Brüder im Geiste
Mit sportlich-exklusivem Fahrvergnügen markierten Audi quattro 20V und Porsche 911 Carrera 3.2 jeweils den Höhepunkt ihrer Baureihe. Zwei Classic Cars im Vergleich!
Der sportliche Wettkampf "Audi gegen Porsche" bot in den 80er-Jahren das spannende Match zwischen dem Audi quattro 20V und dem Porsche 911 Carrera 3.2. Allradtechnik traf auf Hinterradantrieb, ein vorne platzierter Fünfzylinder-Reihenmotor trat mit Wasserkühlung gegen den gebläsegekühlten und im Heck installierten Sechszylinder-Boxer an.Hinzu kam, dass Audi seinen Fünfzylinder mittels Turbolader unter Druck setzte, während der in Sachen Leistung vergleichbare Porsche 911 seine Kraft aus einem Saugmotor schöpfte. Audi startete seine legendäre quattro-Reihe im März 1980 auf dem Genfer Salon. Mit mächtig ausgestellten Radhäusern ausgestattet, machte der Urquattro sofort klar: Es lebe der Sport! Und zwar der Rallye-Sport. Als erstes in größerer Stückzahl in Serie gebautes Sport-Coupé mit permanentem Allradantrieb diente es wenig später als Basis für eine sportliche Speerspitze, mit der Rallye-Größen wie Stig Blomqvist, Michelle Mouton und Walter Röhrl ins Schwarze trafen Zu diesem Zeitpunkt hatte Porsche den 200 PS des zunächst mit 2,1 Litern Hubvolumen gesegneten quattro ebenbürtige 204 PS im 911 SC mit drei Liter großem Sechszylinder-Boxer entgegenzusetzen. Am Ende der quattro-Entwicklung standen von 1989 bis 1991 schließlich 2,2 Liter Hubraum, vier Ventile pro Zylinder und daraus resultierende 220 PS im Audi quattro 20V, die in unserem Vergleich auf den letzten Vertreter der G-Modell-Baureihe von Porsche, den 911 Carrera mit 3,2-Liter-Motor und 231 PS, treffen. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
Audi-Modellpalette (Sport) im Video:
Audi qattro 20V gegen Porsche 911 Carrera 3.2: Classic Cars
Vorweg lohnt ein Vergleich der schieren Fahrleistungen und Eckdaten. Mit 1380 Kilogramm Leergewicht tritt der quattro nominell mit 120 Kilogramm Gewichtsnachteil an, was sich angesichts von elf PS weniger Leistung im stammtischrelevanten Beschleunigungswert von 0 auf 100 km/h niederschlägt. Hier hat der 911 Carrera 3.2 mit 6,1 Sekunden die Nase klar vorn, der Audi benötigt 6,6 Sekunden. Das kleine Leistungsplus sowie der geringere Gesamtfahrwiderstand ermöglichen der Sportwagenlegende aus Zuffenhausen zudem eine Höchstgeschwindigkeit von 245 km/h, welcher der quattro lediglich 232 km/h entgegenzusetzen hat. Allerdings punktet der mit Aufladung bewehrte Audi quattro 20V dafür beim Drehmoment. Satte 309 Newtonmeter liefert sein Fünfzylinder-Turbo bereits bei 1950 Umdrehungen ab. Der Porsche 911 Carrera 3.2 vermag hier lediglich 284 Newtonmeter aufzubieten, die zudem erst bei 4800 Umdrehungen pro Minute erreicht werden. Doch grau ist bekanntlich alle Theorie, und Papier entpuppt sich ohnedies als geduldig, wenn es um Fahrgefühle und Emotionen geht. Und die liefern beide Sportler aufs Trefflichste. Das beginnt bereits beim Einsteigen. Mühelos fädeln wir unsere Extremitäten hinter das kleine, gut zur Hand liegende Sportlenkrad des Audi und starten – eingespannt in einen ergonomisch bequemen, aber dennoch Seitenhalt bietenden Sportsitz – den Fünfzylinder. Kultiviert und mit leisem Knurren meldet er Feuer in allen Töpfen, während uns das Instrumentarium mit einer ungewohnten, orange illuminierten Digitalanzeige für Motordrehzahl und alle übrigen Werte begrüßt. Schön ist in der Tat anders, doch zur damaligen Zeit war es schlicht innovativ, was der quattro in Sachen Informationspolitik bot.
Brüllender Boxer im Porsche 911 Carrera 3.2
Dass es auch gut anders geht, beweist der 911 seit nunmehr fünf Jahrzehnten mit seinen fünf klassischen Rundinstrumenten, die so fest zum Elfer gehören wie sein Heckmotor. Als wir den Porsche 911 Carrera 3.2 zum Leben erwecken, empfängt uns etwas völlig anderes. Wir kauern hinter dem vergleichsweise großen Vierspeichen-Lenkrad, wie es Porsche seinerzeit modellübergreifend einsetzte. Unser Allerwertester befindet sich dabei nur wenige Zentimeter über dem Asphalt, und unser Körper schmiegt sich in das Gestühl, als habe man in Zuffenhausen extra dafür Maß genommen. Einen wohligen Schauer zwischen Rücken und Nadelstreifen-Sitzbahnen jagt uns schließlich der Boxer bei Arbeitsantritt. Kurz brüllt er respekteinflößend auf, um Sekundenbruchteile später mit zwitscherndem Lüfterrad lammfromm dem weiteren Testverlauf zu harren. Auf den kurvigen Sträßchen der Schwäbischen Alb wird bereits nach wenigen Kilometern deutlich, worin die Hauptunterschiede der beiden Kontrahenten und die jeweiligen Charakterstärken liegen. Dank ausgeklügelter Turbo-Technik und einem mit 9,3:1 vergleichsweise hohen statischen Verdichtungsverhältnisses ist das befürchtete Turbo-Loch beim Audi quattro 20V allerhöchstens ein Löchlein, so stramm tritt der Fünfzylinder bereits bei niedrigen bis mittleren Drehzahlen an. Zudem bietet er ausreichende Drehfreude, gepaart mit dem für Turbos typischen Schub, sobald sich der Ladedruck voll aufgebaut hat.
Fakten zum Porsche 911 im Video:
Audi neutral, Porsche forsch
Von etwas anderem Geblüt ist der Porsche 911 Carrera 3.2. Er ist der feinsinnige Sportler mit wunderbar direktem Ansprechverhalten. Ohne jegliche Verzögerung scheint das von der Bosch L-Jetronic aufbereitete Frischgas in den Brennräumen zu explodieren, so unmittelbar hängt der auf 10,3:1 verdichtete Sechszylinder-Boxer am Gas. Im Ergebnis steht ein spürbarer Unterschied bei Leistung und Drehmoment, und obwohl die Differenz zwischen den offiziellen Höchstgeschwindigkeiten von 245 beziehungsweise 240 und 235 km/h für die Katalysator-Versionen mit 217 respektive 207 PS nicht sonderlich dramatisch ausfällt, beschleunigt die 231-PS-Version nicht nur besser, sondern besitzt auch einen deutlich vitaleren Charakter als jene und begeistert mit tollem Drehvermögen. Dies war der Grund für viele Kunden wie auch Besitzer Heinz Bock, auf die hochverdichtete 231-PS-Version zu setzen und später einen Power-Katalysator nachzurüsten. Doch auch der Audi quattro 20V durchlief das Tal der durch Abgasrestriktionen bedingten Leistungsreduzierungen. Anfangs ohne Kat noch 200 PS kräftig, stellten sich im Zuge der geregelten Abgasreinigung zwischen 1984 und 1988 nur noch 162 Pferdestärken ein. Erst mit dem von 1989 an gebauten 20V standen satte 220 PS in Verbindung mit dem G-Kat bereit. Doch Leistung, Drehmoment und die Art der Kraftentfaltung ist nur ein Aspekt bei unseren Probanden. Wie wir rasch ergründen, kommt es sehr auf das jeweilige Geläuf an, in dem wir mit den beiden Spitzensportlern vergangener Tage umhertoben. Auf kleinen, verwinkelten Passsträßchen spielt der Elfer fraglos sein geringeres Gewicht aus. Dank absolut direktem Ansprechen, bärigem Antritt und Heckmotor-bedingter, fantastischer Traktion geht er wie sprichwörtliches Gift aus engen Kehren. Hier gegen den Elfer einen Stich zu machen, gelingt dem quattro trotz 20V-Technik und ausgeklügelter Allradtechnik kaum. Er wiegt mehr und kann aus den Tiefen des Drehzahlkellers die Spontaneität des Elfer-Antriebs nicht parieren. Dafür fährt sich der Audi sehr lange neutral und holt in flüssigen Passagen deutlich auf, während der 911-Fahrer das „Lenken-mit-dem-Gasfuß“ bei forscher Gangart beherrschen sollte. Andernfalls keilt der Zuffenhausener aus und quittiert ängstliches Gaswegnehmen in Kurven schlimmstenfalls mit einem teuren Ausflug in die Botanik.
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Technische Daten von Audi quattro 20V und Porsche 911 Carrera 3.2
AUDI QUATTRO 20V (Bj.: 1989-91): Technische Daten und Fakten |
Antrieb R5-Zylinder; vorn längs eingebaut; 4-Ventiler; zwei obenliegende Nockenwellen; Turbolader, Ladeluftkühler, Klopfregelung; Gemischbildung: Einspritzanlage Bosch Motronic; Bohrung x Hub: 81,0 x 86,4 mm; Hubraum: 2226 cm3; Verdichtung: 9,3:1; Leistung: 162 kW/220 PS bei 5900/min; max. Drehmoment: 309 Nm bei 1950/min; Fünfgang-Getriebe; Mittelschaltung; permanenter Allradantrieb |
Aufbau und Fahrwerk Selbsttragende Stahlblechkarosserie mit zwei Türen; Radaufhängung vorn: McPherson-Federbeine, Dreieckquerlenker, Stabi.; hinten: Federbeine, Dreieckquerlenker, Stabilisator; Zahnstangenlenkung; Bremsen: v./h. Scheiben innenbel.; Reifen: 215/50 R 15; Alu-Räder: 8 x 15 |
Eckdaten L/B/H: 4404/1723/1320 mm; Radstand: 2524 mm; Spurweite v./h.: 1461/1495 mm; Leer-/Gesamtgewicht: 1380/1840 kg; Tankinhalt: 90 l; Bauzeit (Quattro 20V): 1989 bis 1991; Stückzahl (Ur-Quattro gesamt): 11.452; Preis (1989): 91.000 Mark |
Fahrleistungen1 Beschleunigung: 0 auf 100 km/h in 6,6 s; Höchstgeschwindigkeit: 232 km/h; Verbrauch: 10,7 l/100km |
PORSCHE 911 CARRERA 3.2 (Bj.: 1983-89): Technische Daten und Fakten |
Antrieb 6-Zylinder-Boxer, luftgekühlt; hinten längs eingebaut; 2-Ventiler; eine obenliegende Nockenwelle je Zylinderreihe; Gemischbildung: Einspritzanlage Bosch L-Jetronic; Bohrung x Hub: 95,0 x 74,4 mm; Hubraum: 3164 cm3; Verdichtung: 10,3:1; Leistung: 170 kW/231 PS bei 5900/min; max. Drehmoment: 284 Nm bei 4800/min; Fünfgang-Getriebe; Mittelschaltung; Hinterradantrieb |
Aufbau und Fahrwerk Selbsttragende Stahlblechkarosserie mit zwei Türen; Radaufhängung vorn: Schräglenker, Längsdrehstäbe, Stabilisator; hinten: Schräglenker, Querdrehstäbe, Stabilisator; Zahnstangenlenkung; Bremsen: v./h. Scheiben innenbel.; Reifen: v.: 205/55 R 16; h: 225/50 R 16; Alu-Räder: v. 6 x 16, h. 8 x 16 |
Eckdaten L/B/H: 4291/1652/1320 mm; Radstand: 2272 mm; Spurweite v./h.: 1398/1405 mm; Leer-/Gesamtgew.: 1210/1530 kg; Tankinhalt: 80 l; Bauzeit: 1983 bis1989; Stückzahl: 35.571; Preis (1988): 83.700 Mark |
Fahrleistungen1 Beschleunigung: 0 auf 100 km/h in 6,1 s; Höchstgeschwindigkeit: 245 km/h; Verbrauch: 10,5 l/100 km |