Audi Q5/BMW X3/Mercedes GLC: Vergleich
Der neue GLC stellt sich seinen Gegnern
Düstere Geheimnisse verbergen sich hier nicht, der aktuelle Stand der SUV-Technik aber ganz bestimmt. Mit dem neuen Mercedes GLC legt man in Stuttgart die Messlatte höher. Hat er im ersten Vergleich mit Audi Q5 und BMW X3 die Nase vorn? Ein Blick auf die Mild-Hybrid-Benziner der 250-PS-Klasse.
Für den ersten großen Vergleich der AUTOZEITUNG stößt der neue Mercedes GLC auf den BMW X3 und den Audi Q5. Der Schauplatz? Etwas zu verbergen hat er nicht, denn sonst würde er nicht zwischen Andorra und Barcelona auf uns warten, wo die Straßen der Pyrenäen zerborsten und verwinkelt sind, dann wieder weitläufig und elegant dahinsegeln – um im nächsten Moment vor steilen Schotter-Rampen zu stranden oder in den engen Gassen kleiner Gebirgsdörfer zu versickern. Und diese äußeren Bedingungen sind nicht einmal die größte Hürde für den neu aufgelegten Mercedes in der hart umkämpften SUV-Mittelklasse: Seine Konkurrenten haben Wind vom Rendezvous im Süden bekommen. Auf den Mercedes GLC 300 4Matic warten ein BMW X3 xDrive30i und ein Audi Q5 45 TFSI quattro – wir reden also über die dynamische 250-PS-Klasse mit elektrifizierten Vierzylinder-Turbobenzinern, über serienmäßige Automatik-Getriebe, serienmäßigen Allradantrieb und effizienzsteigernde Mild-Hybrid-Komponenten. 17 Kilowatt drückt der integrierte 48-Volt-Starter-Generator des Schwaben bei Bedarf ins Getriebe. Im Bajuwaren steuert der ebenfalls mit 48-Volt-Technik betriebene Riemen-Starter-Generator zusätzliche acht kW bei, nur im Ingolstädter arbeitet der lediglich 3,1 kW leistende Riemen-Starter-Generator mit Zwölf-Volt-Technik. Dafür schickt Audi den mit 265 PS nominell stärksten Verbrenner in den Vergleich – man kann gespannt sein, wer hier die Nase vorn hat. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
Leslie & Cars fährt das Mercedes EQS SUV (2022) im Video:
Audi Q5, BMW X3 & Mercedes GLC im Vergleich
Zuerst darf aber ein Blick in die Preisliste sein, und da hat der Mercedes GLC 300 4Matic gleich großen Erklärungsbedarf: Mit einem Grundpreis von 68.240 Euro ist er das mit Abstand teuerste Angebot im Vergleich. Die einigermaßen schlüssige Erklärung des Mercedes-Produktmanagements lässt nicht lange auf sich warten: Man orientiere sich an der Kundschaft, habe festgestellt, dass die in dieser Leistungsklasse nahezu immer die schicken AMG-Stylingpakete ordern und die daher zum neuen Serienstandard erklärt. Selbst den Einstiegs-300er gibt es nur noch mit höherwertigem Avantgarde-Paket – Basis kauft niemand. Die Rivalen von Audi und BMW stehen auf ihren optionalen S-Line und M-Sportpaketen derweil ertappt daneben: Dass die Hersteller ihre Testwagen so drall konfigurieren, könnte ein Fingerzeig sein, dass auch die bayerischen Autobauer ihre Basis-Varianten mehr oder minder pro forma in der Preisliste führen und die Mercedes-Erklärung für den hohen Einstiegspreis keine Ausrede ist. Nichtsdestotrotz bleibt der neue Mercedes GLC selbst ausstattungsbereinigt das teuerste Angebot in diesem Vergleich, und er wird gute Argumente liefern müssen, um dies zu rechtfertigen. Mehr Platz zum Beispiel, eine sehenswerte Material- und Verarbeitungsqualität oder auch üppigere Serien- und Options-Ausstattungsumfänge. Und man kann es hier kurz machen: Tatsächlich gibt sich der Schwabe in all diesen Disziplinen keine Blöße. Gegenüber der auslaufenden Generation leicht gewachsen bietet er viel Raum auf allen Plätzen sowie im Kofferraum – der Audi Q5 und der BMW X3 lassen sich trotz teilweise etwas knapperer Abmessungen aber nicht entscheidend abhängen. Ähnliches gilt auch für Materialien und Qualität: Ein satt gebauter Audi und ein solide umgesetzter BMW treffen auf den gut gemachten Mercedes, dessen Interieur und Cockpit höchstens noch etwas detailreicher inszeniert und dank des riesigen Hochformat-Monitors auch noch etwas moderner wirkt. Streiten lässt sich dabei aber über die Bedienung: Nur im BMW findet man die klare Funktionalität des iDrive-Dreh-Drück-Stellers, bei Audi und Mercedes hat man größtenteils auf reine Touchbedienung umgestellt. Der Audi Q5 bietet immerhin noch Klima-Einstellungen mit analogem Zugriff, im neuen Mercedes GLC muss dagegen alles "getatscht" und "geswipet" werden. Immerhin wird das durch eine intuitiv verständliche Nutzeroberfläche und den sehr großen Monitor leicht gemacht. Richtig absetzen kann sich der Benz durch einen gewissen Glamour, den die mächtige Display-Oberfläche oder die vielfarbigen Ambiente-Lichtszenarien ausstrahlen. Auch wenn Audi Q5 und BMW X3 hier mit konfigurierbaren Digital-Instrumenten und spannenden Akzenten gegenhalten, wirken sie im Vergleich leicht abgehängt. Mercedes nutzt die Gnade der späten Geburt aber nicht nur zur eitlen Selbstinszenierung, sondern durchaus für die Integration von modernen Funktionspaketen: AR-Navigationshinweise (etwa aufs Kamerabild eingeblendete Richtungspfeile, Spurwechselhinweise, Hausnummern und mehr) hat nur der GLC in petto, ebenso einen Anhänger-Rangier-Assistenten, der spezielle Routenempfehlungen für Gespannfahrten auswirft oder beim Rangieren eines Anhängers automatisch den richtigen Lenkwinkel einschlägt.
Mercedes GLC mit transparenter Haube
Auch eine Integration des Autos in "Smart Home"-Systeme ist nur für den Mercedes GLC erhältlich, ein Offroad-Paket mit "transparenter Motorhaube" ebenfalls. Zur Erklärung: Hier nutzt das System die Bilder der 360-Grad-Kameras des optionalen Park-Assistenten, um ein Bild des Terrains vor und unter dem Auto auf dem Mittendisplay auszugeben. Spitzfindige ahnen, dass das nicht nur bei – möglicherweise seltenen – Geländefahrten praktisch sein könnte, sondern auch für Stadtindianer auf Pirsch durch enge Parkhäuser und hindernisgespickte urbane Winkel. Mit diesen eher statischen Betrachtungen gehen wir zum unterhaltsamsten Teil des Vergleichs über, starten die Motoren und schnüren in Richtung Berge. Zügige Verbindungsetappen machen den Anfang, hier können alle drei Wettbewerber auf gut ausgebauten Schnellstraßen mit souveränem Reisetempo, hohem Langstrecken- und angenehmem Geräuschkomfort glänzen. Nur einer sticht ganz besonders hervor: Der neue Mercedes GLC wirkt noch einen Tick ruhiger als seine Konkurrenten, die Feinarbeit in puncto Geräuschdämmung und NVH (Noise, Vibration, Harshness) schlägt sich subjektiv spürbar nieder. Hier wurde ein kleiner Kritikpunkt der nun auslaufenden GLC-Generation konsequent abgestellt. Wir sind gespannt, ob sich das bei nächster Gelegenheit auch mit dem Messgerät nachweisen lässt. Den so erarbeiteten Vorsprung kann der Mercedes GLC 300 4Matic dann direkt weiter ausbauen: Das Testfahrzeug ist mit aufpreispflichtigem Technik-Paket (3320 Euro) ausgestattet, zu dessen Umfang neben der pfiffigen Hinterachslenkung auch eine Luftfederung gehört. Und die kann jetzt glänzen, als es auf die ersten Nebenstraßen der beginnenden Pyrenäen geht. Souverän flauscht der Mercedes GLC dahin: Seine Federung spricht sensibel an, das Fahrwerk dämpft hervorragend, kurze Stöße werden geschmeidig absorbiert, lange Wellen elegant neutralisiert. Hinzu kommt, dass sich der GLC in unserem Vergleich etwas kleinere 19-Zoll-Räder und damit etwas mehr dämpfendes Gummi auf den Felgen leistet, während die dürren 20-Zoll-Sportpaket-Schluffen der Testfahrzeuge Audi Q5 45 TFSI quattro und BMW X3 xDrive30i nicht dasselbe Absorptionsvermögen haben. Da auch der Audi Q5 mit optionalem Luftfahrwerk (2000 Euro) punkten kann, lässt er den Mercedes GLC in Sachen Federungskomfort nicht allzu weit davonziehen, der BMW X3 muss aber ganz ohne auskommen. Dazu ist er markentypisch straff abgestimmt – ein Fakt, der ihn zuerst einmal nur quicklebendig wirken lässt, aber gar nicht unkomfortabel. Besonders bei moderaten Tempi spricht sein Fahrwerk willig und präzise an und schluckt besonders kurze Stöße sehr anständig. Erst der turbulente Asphalt auf den Straßen in die Berge hinauf lässt den BMW etwas aus dem Tritt geraten, er quittiert Anregungen immer wieder mit Nickbewegungen, während der Audi und vor allem der Mercedes gut auskomponiert unterwegs sind.
Fahrspaß im BMW X3
Dafür entfaltet der BMW X3 xDrive30i im Vergleich eine große Schippe Fahrspaß. Er lässt sich aktiv und animierend fahren mit einer Lenkung, die ebenso gefühlvoll wie präzise abgestimmt ist. Der Audi Q5 45 TFSI quattro wirkt im Vergleich zwar ebenfalls sehr dynamisch, ist aber nicht so homogen: gutmütig und gelassen ja, aber leider nicht ganz so neutral wie der BMW. Den Mercedes GLC 300 4Matic hatten wir in diesem Trio nicht als ausgesprochenes Fahrspaßgerät auf der Liste, das neu abgestimmte Fahrwerk könnte hier – im Wortsinn – etwas Bewegung hineinbringen. Mit sauber abgestimmter Lenkung, williger Beweglichkeit und den Souveränitäts-Vorschüssen der optionalen Hinterachslenkung komplimentiert, lässt er beim Toben über einsame Bergstraßen durchaus den Funken überspringen. Mit dem starken 300er-Antriebsstrang hat das neu ausgestaltete Fahrwerk auch noch einen umtriebigen Genossen an der Seite, der überaus entschlossen antritt, spritzig hochdreht und ganz nebenbei viel Laufruhe verströmt. Auch die exzellente Neunstufen-Automatik macht den Mercedes GLC im Antriebsfach zum Musterschüler. Besonders der Audi Q5 kann hier nicht ganz mithalten: Dessen im Vergleich nominell stärkster Turbo-Vierzylinder legt seine Leistung zwar eindrucksvoll auf den Tresen, das nicht in allen Situationen homogen und ruckfrei agierende Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe nimmt diesem prinzipiell hervorragenden Motor aber viel an Überzeugungskraft.
Geringster Verbrauch im Audi Q5
Auch in Sachen Mild-Hybrid-Ausprägung schafft der Audi-Antrieb mit seiner Zwölf-Volt-Technik nicht das Potenzial seiner Wettbewerber. Dass der quattro-Antrieb jedoch nur in fordernden Momenten die Hinterachse in die Pflicht nimmt, lässt den Audi Q5 45 TFSI quattro im Vergleich aber häufig als Fronttriebler unterwegs sein – und damit erfahrungsgemäß eher verbrauchsgünstig. Und der Vierzylinder-Turbo im BMW X3 xDrive30i? Hier spürt man sein etwas milderes Leistungspotenzial, er attackiert nicht ganz so druckvoll wie die Maschinen im Audi und Mercedes. Dafür ist die Achtstufen-Automatik über jeden Zweifel erhaben und schaltet schnell sowie komfortabel. Oben in den Bergen angekommen, sind wir uns dann sicher: Der Mercedes GLC 300 4Matic nimmt seine Rivalen ganz ohne dunkle Machenschaften, sondern nur mit einem Höchstmaß an kluger Entwicklungsarbeit entschlossen in den Schwitzkasten. Schwächen ausgemerzt, neue Maßstäbe definiert – das Segment bleibt weiter spannend.
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