A6/5er/E-Klasse: Vergleichstest
Dreikampf von Audi, BMW und Mercedes in der Oberklasse
- Audi A6, BMW 5er und Mercedes E-Klasse im Vergleichstest
- Fahrkomfort: Guter Langstreckenkomfort bei der Mercedes E-Klasse
- Motor/Getriebe: Überlegene Automatik im BMW 540i xDrive
- Fahrdynamik: Satte Straßenlage beim Audi A6
- Umwelt/Kosten: Kraftstoffkosten sprechen für den BMW 540i xDrive
- Messwerte & technische Daten Audi A6 55 TFSI quattro S tronic, BMW 540i xDrive & Mercedes E 450 4Matic
- Ergebnis in Punkten
- Fazit
Der Wettkampf zwischen Audi A6, BMW 5er und Mercedes E-Klasse geht in eine weitere Runde. Im Vergleichstest: die Oberklasse-Limousinen mit Sechszylinder-Turbobenziner und Allradantrieb.
Wer nach dem Vergleichstest zwischen Audi A6, BMW 5er und Mercedes E-Klasse eines der Oberklasse-Modelle sein Eigen nennen möchte, muss geduldig sein. Auf die Verkaufszahlen zu schauen und daraus die Beliebtheit eines Fahrzeugs abzuleiten, war zwar bisher ein durchaus probates Mittel. Stets wurde die Nachfrage nach den Erfolgsmodellen so schnell wie möglich von den Herstellern befriedigt – sie bestimmt nun mal üblicherweise das Angebot. Und wenn diese Nachfrage stieg, wurde die Produktion hochgefahren – zur Freude der Hersteller klingelte dann die Kasse. Das ist das Ziel einer Marktwirtschaft. Aber wir befinden uns im Jahr 2022, Lieferketten sind unterbrochen, weltweite Krisen fordern ihren Preis. Für Mercedes-Kund:innen bedeutet das: Bestellstopp für die E-Klasse Limousine. Alle eingegangenen Anfragen sollen zwar noch abgearbeitet werden, dann ist Schluss mit dem Typ W213 der fünften Generation. Das T-Modell soll aber weiter bestellbar bleiben. BMW und Audi gehen noch nicht so weit. Aber auch in München und Ingolstadt werfen die Lieferengpässe und die Chipkrise dunkle Schatten auf die Produktion verschiedener Modelle: Einzelne Optionen können vorübergehend nicht mehr geordert werden oder sind gänzlich aus der Optionsliste gestrichen worden. Doch auch wenn die individuelle Bestellung einer neuen Mercedes E-Klasse Limousine nicht mehr möglich ist, so ist noch ein Bestand an Neufahrzeugen im Händlernetz verfügbar. Der Vergleichstest des Mercedes E 450 4Matic gegen Audi A6 55 TFSI quattro und BMW 540i xDrive zeigt, ob sich der Weg zu einem Händler lohnt, um eine der nun raren E-Klasse Limousinen mit Dreiliter-Reihensechszylinder und 367 PS zu ergattern. Mehr zum Thema: Unsere Produkttipps auf Amazon
Das BMW 5er Facelift (2020) im Video:
Audi A6, BMW 5er und Mercedes E-Klasse im Vergleichstest
Beim Raumangebot haben Mercedes E-Klasse und Audi A6 nach wie vor reichlich Bewegungsfreiheit zu bieten. Grund zur Klage gibt es hier nicht, auch wenn der BMW 5er noch etwas mehr Luft zu den Seiten und über dem Scheitel bietet. Mit dem Facelift 2020 erhielt der Mercedes das neue Lenkrad mit kapazitiven Flächen. Die Bedienung der auf verschiedenen Ebenen verteilten Menüstrukturen bleibt aber auch damit umständlich. Ein Lichtblick ist das serienmäßige MBUX-Multimediasystem, das anders als die haptische Bedienung intuitiven Befehlen folgen kann. Die exzellente Spracheingabe löst die meisten gesprochenen Befehle schon bei der ersten Aufforderung. Dabei ist es egal, ob es ein Navigationsziel, das Einstellen der Klimaanlage oder das Abspielen der Lieblingsmusik ist. Das klappt auch im BMW ohne Fehl und Tadel. Beim 5er-System gelingt es obendrein, über Sprachbefehle einen Zugang bis tief in verschiedene Untermenüs zu finden. Dazu kommt der nach wie vor superbe Dreh-Drück-Steller des iDrive-Systems. Ein ähnlich funktionierender Controller war auch für Mercedes E-Klasse Limousine und T-Modell erhältlich, ist aber aus dem Angebot verschwunden. Der Audi-Spracheingabe fehlt hier und da das gute Verständnis der Systeme aus München und Stuttgart, und die Touch-Oberflächen der Monitore lassen sich nur unpräzise während der Fahrt anwählen. Eine bessere haptische Rückmeldung der Bedienflächen wäre zudem wünschenswert. Auch wenn alle drei klassische Limousinen sind, sollte ein Mindestmaß an Variabilität vorhanden sein. Das erfüllt allerdings nur der BMW 5er mit seiner standardmäßig dreiteiligen Fondlehne. Eine solche Option kostet beim Audi A6 400 Euro, für die Mercedes E-Klasse ist sie für happige 518 Euro zu haben. Dieses Manko kann sie aber mit einer enormen Zuladung von 652 Kilogramm im Vergleich zu den ordentlichen 631 Kilogramm des BMW 5er und den – für eine Oberklasse-Limousine mickrigen – 486 Kilogramm des Audi A6 sowie einer um 100 Kilogramm höheren Anhängelast ein Stück weit ausgleichen. Dass der Münchner dieses Kapitel des trotz seiner nicht ganz so umfangreichen Sicherheitsausstattung im Vergleich zu der des Mercedes gewinnt, liegt an seiner piekfeinen Verarbeitung. Beim Ingolstädter knirscht es gern mal ungeniert beim Überfahren von Kanten im Vorderwagen, und Mercedes steckt im Vergleichstest mit dem BMW nicht ganz so viel Detailliebe in die Oberflächenverarbeitung.
Fahrkomfort: Guter Langstreckenkomfort bei der Mercedes E-Klasse
Dieses Augenmerk, das BMW der Verarbeitung und der Materialqualität zukommen lässt, haben sie auch beim Fahrwerk nicht aus dem Blick verloren. Der BMW 5er empfiehlt sich vor allem bei langsamem Tempo mit seinem ausgesprochen feinen Ansprechverhalten der adaptiven Dämpfer (optional) und den darauf exzellent abgestimmten Stahlfedern. Der Audi A6 dagegen verstolpert sich innerhalb des City-Tempolimits teilweise sehr ungelenk auf Querfugen, und auch die Mercedes E-Klasse kann hervorstehende Kanten nicht ganz so elegant ausblenden, wie es dem 5er gelingt. Mit steigendem Tempo gewinnt die E-Klasse allerdings zunehmend an Souveränität. Das gilt auch für den A6, wenngleich er immer noch etwas hölzern auf Unebenheiten reagiert – ein Tribut an die optionalen 20-Zöller. BMW und Mercedes setzen hier auf aufpreispflichtige 18-Zoll-Formate. Im Gegensatz zu unserem letzten Testexemplar des Audi A6 sind dieses Mal einfache Sportsitze statt der behaglicheren Multikontursitze installiert. Sie bieten zwar guten Halt und genügend Komfort, können aber den exzellenten Gesamtkomfort der BMW-Komfortsitze mit individuell einstellbaren Schulterbereichen nicht erreichen. Auch die Multikontursitze der Mercedes E-Klasse unterstützen den Körper auf langen Strecken besser als die Sitze des Audi. Der gesteigerte Komfort hat aber seinen Preis: Die Sportsitze für den A6 kosten nur 635 Euro, für die top Komfortsitze des 5er muss man dagegen 2300 Euro hinblättern, bei Mercedes für die Multikontursitze 2321 Euro. Auch wenn die Geräusche bei Konstantfahrt annähernd auf einem gleich leisen Niveau liegen, trumpft der BMW 5er vor allem unter Last mit seinem seidenweichen Lauf auf und gleitet zudem bei Topspeed leiser durch den Wind als seine beiden Mitstreiter im Vergleichstest.
Motor/Getriebe: Überlegene Automatik im BMW 540i xDrive
Obwohl die Sechszylinder-Benziner mit jeweils über 300 Pferdestärken nicht den Hauptanteil am Geschäft mit den Oberklasse-Limousinen ausmachen, so sind sie dennoch nach wie vor eine überlegenswerte Alternative zu den üblichen Selbstzündern und den Plug-in-Hybriden, die aktuell in dieser Klasse überwiegen. Der leichtfüßig und verzögerungsfrei ansprechende Reihensechszylinder im Münchner findet dank seiner hellwachen und niemals hektisch werdenden Achtstufen-Automatik immer die perfekte Balance zwischen voluminösem Drehmoment und leichtfüßiger Drehfreude. Dass der BMW 540i xDrive zudem mit seinem Sprint von unter fünf Sekunden von null auf 100 km/h den Audi A6 55 TFSI quattro und den Mercedes E 450 4Matic düpiert und trotzdem einen gesitteten Durst von nur 8,5 Litern auf 100 Kilometern an den Tag legt, macht ihn unschlagbar. Der Audi A6 55 TFSI quattro hadert hier und da mit seinem Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe. Dem Getriebe fehlt die überlegene Schaltstrategie der BMW-Automatik von ZF. Zudem setzt der V6 des Audi Gaspedalbefehle stets mit einer leichten Verzögerung in Vortrieb um. Beides zusammen führt vor allem beim ständigen Tempowechsel im langsamen Großstadtverkehr zu einem – im Vergleich zu den Antriebseinheiten der Konkurrenten – unharmonischen Zusammenspiel der Systeme. Im Mercedes E 450 4Matic funktioniert das Ganze deutlich besser. Zwar verschleppt die Neunstufen-Automatik die Kraft des Sechszylinders mit übereilten Schaltvorgängen zu oft in hohe Drehzahlen, dafür spricht das Triebwerk dank des zusätzlichen verzögerungsfrei reagierenden elektrischen Turboladers deutlich feiner und spontaner an als das Aggregat des Audi. So lassen sich Leistung und Drehmoment in der E-Klasse mit viel Gefühl abrufen. Auch beim Verbrauch bleibt die schwäbische Limousine mit 8,7 Litern auf 100 Kilometern noch überzeugend genügsam. Der Ingolstädter gönnt sich im Vergleichstest hingegen mit 9,4 Litern für die gleiche Distanz einen großen Schluck mehr an der Tankstelle.
Fahrdynamik: Satte Straßenlage beim Audi A6
Zwar kann der BMW 5er bereits bis hier hin – wenn auch knapp – drei Kapitel des Vergleichstests für sich entscheiden. Aber er wird in seiner ihm einst auf Leib geschnittenen Lieblingsdisziplin sprichwörtlich ausgebremst. Und der 540i xDrive verliert nicht nur beim Bremsen zu viele Punkte. Auch auf dem Handlingparcours muss er sowohl Audi A6 als auch Mercedes E-Klasse ziehen lassen. Ihm fehlen der Grip und die Spurtreue, mit der die Rivalen den Kurs umrunden. Die präzise Lenkung des BMW kann noch überzeugen, allerdings neigt seine Hinterachse zu früh dazu, nach außen zu drängen. Vor allem der Audi A6 liegt im Vergleich wie das sprichwörtliche Brett auf der Ideallinie. Auch die Mercedes E-Klasse markiert sein Limit klar und deutlich mit einem sanften Untersteuern. Die mitunter nervösen Reaktion des BMW 5er sorgen zudem beim zackigen Durchfahren der Slalomgasse für zu viel Arbeit hinter dem Lenkrad. Die Kontrahenten sind auch hier deutlich präziser, schneller und sicherer unterwegs.
Umwelt/Kosten: Kraftstoffkosten sprechen für den BMW 540i xDrive
Die Kostenrechnung zeigt, wie genau die Hersteller ihre Mitbewerber im Auge haben – die Preise liegen auf einem Niveau. Der BMW 540i xDrive ist zwar in der testrelevanten Ausstattung der Teuerste in diesem Vergleichstest, gleicht seinen Aufpreis mit einer umfangreichen optionalen Multimediaausstattung und den niedrigeren Kraftstoffkosten aber wieder aus. Und so kann in diesem Kapitel keiner der drei Kontrahenten Audi A6 55 TFSI quattro, BMW 540i xDrive und Mercedes E 450 4Matic Akzente setzen – Gleichstand.
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Messwerte & technische Daten Audi A6 55 TFSI quattro S tronic, BMW 540i xDrive & Mercedes E 450 4Matic
Ergebnis in Punkten
Auch wenn die Mercedes E-Klasse Limousine nicht mehr individuell bestellbar ist, lohnt sich der Weg zum Händler, um vielleicht noch ein Bestandsmodell unseres Testsiegers Mercedes E 450 4Matic zu ergattern. Der Schwabe leistet sich im Vergleich zum BMW 540i xDrive keine Schwächen und kann den Bayern in seiner einstigen Paradedisziplin, der Fahrdynamik, in die Schranken weisen. Zudem hat Mercedes bei der Preisgestaltung der E-Klasse Limousine mit kräftigem Reihensechszylinder und 367 PS nicht die Bodenhaftung verloren. Platz zwei geht an den BMW 5er, der mit einem ausgesprochen komfortabel abgestimmten Fahrwerk, hervorragenden Sitzen und seinem sparsamen, aber dennoch sehr gut aufgelegten Antriebsstrang dem Mercedes die Stirn bietet. Etwas mehr Grip würde den Vorsprung der E-Klasse schnell wieder zusammenschmelzen lassen. Dem Audi A6 55 TFSI quattro bleibt nur Rang drei auf dem Siegerpodest in diesem Vergleichstest. Ihm fehlen die Sorgfalt in der Verarbeitung, etwas Feinschliff beim Komfort und ein sparsamer sowie vor allem sensibler ansprechender Antriebsstrang, um hier als Sieger die Strecke zu verlassen.