Alles besser als beim Vorgänger: Der Aston Martin Vantage im Test
Der Aston Martin Vantage geht brachial zu Werke
Der neue Aston Martin Vantage hat ein umfangreiches Update erhalten. Im Test lockt uns der Brite mit seinen 665 PS (489 kW) und 800 Nm in den Grenzbereich.
Die Geschichte des Aston Martin Vantage beginnt in den 1950er-Jahren. Damals wurde der Name Vantage erstmals für ein verbessertes Motorenpaket des DB2 verwendet. 1964 krönte die Bezeichnung dann zum ersten Mal die DB5-Modelle in ihrer schärfsten Form, die damit zum Aushängeschild der Marke wurden. Und genau dieser Tradition folgt der neue Vantage. Er ist der Schnellste der 74-jährigen Geschichte dieses tiefgründigen Namens.
Auch bei der Neuauflage beginnt alles beim Motor. Der von AMG stammende 4,0-l-V8-Biturbo wurde von Aston Martin grundlegend überarbeitet. Größere Turbolader, neue Nockenwellenprofile, optimierte Verdichtungsverhältnisse und eine damit verbundene verbesserte Kühlung sorgen nun für 665 PS (489 kW) und 800 Nm – 155 PS (114 kW) und 115 Nm mehr als beim Vorgänger. Von britischem Understatement will der Triebsatz des Aston Martin Vantage nichts wissen. Nicht zuletzt der Test beweist: Er hat Charakter.
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Gnadenlose Wucht: Der Aston Martin Vantage im Test
So beschaulich sich auch der Drehmomentteppich im Alltag bereits knapp über Leerlaufdrehzahl ausbreitet und den Vantage souverän dahingleiten lässt, so unvorbereitet trifft die Fahrgäste diese gnadenlose Wucht, wenn der rechte Fuß Leistung abfragt. Dann stemmt sich das Drehmoment aus dem Drehzahlkeller massiv in den Antrieb, entfaltet zwischen 2750 und 6000 Touren kontinuierlich die 800 Nm, um am oberen Ende gemeinsam mit der vollen Leistung die Kunst des Verbrennungsmotors zu feiern.
Da Drehmoment und Leistung nach oben heraus parallel ihr Maximum erreichen, sorgt dies für eine nicht ganz einfache Dosierung der dabei entstehenden Kraftausbrüche. Viel Zug und die feinen Regelintervalle des elektronischen Supports im Hintergrund garantieren aber ausreichend Kontrolle über diese Kraft.
Die Grundlage, um diese Energie in Dynamik umzuwandeln, bildet das Aluminiumchassis mit weit hinten platziertem Motor und der gewichtsoptimiert positionierten ZF-Achtstufen-Automatik an der Hinterachse – ein Sportwagenlayout der klassischen Schule und von Aston Martin für den neuen Vantage auf Maß geschneidert. Die steife, sehr kompakte Struktur des Wagens ermöglicht eine gelungene Abstimmung der Federelemente mit adaptiven Bilstein DTX-Dämpfern.
Viel Stabilität in schnellen Kurven, feines Handling
Der Hersteller spricht beim Aston Martin Vantage von einer Einladung, den Grenzbereich auszuloten – wir nehmen sie im Test gern an. Mit der auf den Charakter des Briten zugeschnittenen Michelin Pilot Sport S 5-Bereifung und dem elektronisch geregelten Sperrdifferential entsteht der notwendige Grip. Je nach Gusto kann man die Traktionskontrolle den Bedingungen anpassen, ESP-Eingriffe aufs gewünschte Maß reduzieren und den Dämpfern die passende Kennung zuweisen.
Dann liest sich der Vantage wie ein offenes Buch der Fahrdynamik. Er verheimlicht nichts, kann aber dennoch im Grenzbereich mit der nicht immer ganz vorhersehbaren Leistungseruption überraschen und verlangt dann schnelle Reaktionen über die wunderbar direkte und hochinformative Lenkung. Die Zentrierung der Massen zwischen den Achsen schenkt ihm zudem ein sehr präzises Einlenkverhalten. Das ist auch ein Verdienst der für die Neuauflage des Aston Martin Vantage modifizierten und nach hinten verlegten vorderen Quertraverse, die die Steifigkeit der Befestigungspunkte für die Doppelquerlenker-Vorderradaufhängung deutlich erhöht. Zudem sorgt eine zusätzliche Querstrebe vorn am Motor für mehr Stabilität zwischen den vorderen Aufhängungen und ergänzt somit das gesamte Fahrspaßsystem.
Ein ganzes Sortiment an weiteren Detailmaßnahmen steigert die Steifigkeit unter Kurvenlast des Vantage zusätzlich um fast 30 Prozent, wodurch er im Test einen erheblich verbindlicheren und vorhersehbareren Kurvenrausch ermöglicht als sein Vorgänger. Einen großen Anteil am gelungenen Handling hat überdies die neue, die Performance unterstützende ESP-Auslegung, die auch die elektronisch gesteuerte Differentialsperre und die integrierte Bremsschlupfregulierung (IBC) mit einbezieht. Beides unterstützt den Engländer beim Einlenken in engere Kehren mit fein dosierten Schleppmomenten sowie gezielten radselektiven Verzögerungen und sorgt damit gleichermaßen auch in schnellen Kurven für vertrauensvolle Stabilität, die man vom Vantage so nicht kannte.
Eigentlich eine Test-Vorstellung ohne Fehl und Tadel, wenn da nicht die knarzende Mittelkonsole wäre, die beim ansonsten mit durchweg edlen Materialien glänzenden und mindestens 198.000 Euro teuren Aston Martin Vantage etwas Feinschliff vermissen lässt.
Technische Daten & Messwerte des Aston Martin Vantage
AUTO ZEITUNG 23/2024 | Aston Martin Vantage |
Positiv | Agiles Handling, beeindruckende Leistungsabgabe und guter Komfort |
Negativ | Verarbeitungsmängel im Innenraum und zu hoher Kraftstoffverbrauch |
Technik | |
Motor | V8-Zylinder, 4-Ventiler, Biturbo; 3982 cm³ |
Antrieb | 8-Stufen-Automatik; Hinterradantrieb |
Leistung | 489 kW/665 PS, 6000 U/min |
Max. Drehmoment | 800 Nm, 2750-6000 U/min |
Karosserie | |
Außenmaße (L/B/H) | 4495/1980 (2123)*/1275 mm |
Leergewicht (Werk/Test) | 1670/1731 kg |
Kofferraumvolumen | 235-346 l |
Fahrleistungen | |
Beschleunigung 0-100 km/h (Test) | 3,9 s |
Höchstgeschwindigkeit (Werk) | 325 km/h |
Bremsweg aus 100 km/h kalt/warm (Test) | 33,9/32,2 m |
Verbrauch auf 100 km (Test/WLTP) | 14,0 l/12,1 l SP |
Preise | |
Grundpreis | 189.000 € |
Marktstart | Im Handel |
*Breite mit Außenspiegel |
Vom überarbeiteten, nun deutlich steiferen Aluminium-Chassis über das sehr motivierte Fahrwerk mit feiner Balance im ausgesprochen breiten Grenzbereich bis hin zum atemberaubend leistungsbereiten und charakterstarken V8-Biturbo-Triebwerk ist bei der Neuauflage des Aston Martin Vantage alles besser als bei seinem Vorgänger. Die kleinen Detailmängel bei der Verarbeitung und der Funktionalität sind allerdings geblieben.