Testfahrt im VW Scirocco R: So fiel 2009 unser Fazit aus!
Scirocco R mit Suchtfaktor
Für die Retro-Testfahrt begeben wir uns ins gut gefüllte AUTO ZEITUNG-Archiv: Hier finden wir Fahrberichte faszinierender Autos. Dieses Mal: den VW Scirocco R von 2009.
Volkswagen steht gemeinhin für solide, hochwertige und komfortable Autos für den Alltag – millionenfach als Polo, Golf, Passat & Co. auf der Welt unterwegs. Mit ernsthaft sportlichen Ambitionen tritt VW nur zaghaft, aber erfolgreich an: zum Beispiel mit dem VW Race Touareg bei der Rallye Dakar oder beim 24h-Rennen auf dem Nürburgring, wo gleich fünf VW Scirocco mit bis zu 315 PS höchst flott und zuverlässig unterwegs waren. Im Grunde ist es das gleiche Herz, das nun auch im neuen VW-Chefdynamiker VW Scirocco R schlägt. Der Zweiliter-Vierzylinder-Benzin-Direkteinspritzer bringt es dank Turboaufladung (Ladedruck: maximal 1,2 bar) auf 265 PS (195 kW), die allesamt Richtung Vorderachse traben.
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Viele rümpfen bereits die Nase: Der bringt die Leistung doch nie auf die Straße, sondern scharrt nur mit den Vorderrädern und zerrt an der Lenkung. Vorurteile sind dazu da, widerlegt zu werden. Aber hier trifft der VW Scirocco R just bei der ersten Ausfahrt auf erschwerte Bedingungen. Denn an diesem Dezembertag zeigt sich die Traumkurven-Kombination der französischen Seealpen nicht gerade von ihrer sonnigen Seite. Doch das nasse Asphaltband mit dem recht niedrigen Gripniveau macht dem munter und basslastig drauflos bollernden Antrieb weniger zu schaffen als erwartet. Selbst beim beherzten Herausbeschleunigen aus Haarnadelkurven verendet die mächtige Kraft des Turbo-Vierzylinders (bis zu 350 Nm) nicht vollends in den Fängen der Traktionskontrolle oder verraucht nutzlos am entlasteten kurveninneren Vorderrad. Schnell hat man den Bogen raus, dosiert das Gas passend vom Kurvenscheitel bis zum Ausgang in Richtung Vollgas bis zum Anbremsen der nächsten Biegung. So ergibt sich nach kurzer Gewöhnung ein höchst effektiver Fahrstil fast wie von selbst.
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Testfahrt: VW Scirocco R (2009) trotz Kurvendynamik kein Krawallgerät
Dass man hier einen Allradantrieb nur selten vermisst, ist nicht zuletzt der breiten Spur des VW Scirocco R an sich und der emsigen Mitarbeit der elektronischen Traktionshelfer zu verdanken. Die Differenzialsperre namens XDS ist eigentlich keine, denn mechanische Bauteile wie bremsende Lamellen oder Planetenräder sucht man im Vorderachsgetriebe vergebens. Stattdessen nutzt das XDS – wie schon im aktuellen Golf GTI – die Regellogik von ABS und ESP. Droht ein Rad durchzudrehen, wird es per Bremseingriff daran gehindert. Das ist vom Prinzip her so simpel, dass solche Systeme schon länger bei verschiedenen Herstellern zum Einsatz kommen, doch keines arbeitet so schnell und effektiv wie das XDS von VW. Natürlich erreicht der Scirocco R damit nicht die Traktion eines Allradlers, doch selbst wenn die Antriebsschlupfregelung dem ungezügelten Gasfuß Einhalt gebietet, tut sie dies keineswegs rabiat, sodass der Scirocco mangels Leistung nicht in der Kurve verhungert.
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Trotz der sportlichen Abstimmung (Tieferlegung um zehn mm) und des bollernden Auspuffsounds ist dieser Scirocco kein knüppelhartes Krawallgerät, selbst wenn die optionalen 19-Zöller (610 Euro) statt des Serienformats 235/40 R 18 montiert sind. Langstreckentouren sind dank der bequemen Sportsitze, der eher indirekt als nervös ausgelegten Lenkung, der adaptiven Dämpfer (DCC, 945 Euro) und der harmonischen Kraftentfaltung des Turbos eher Genuss als Plage. Die recht hohe Literleistung merkt man dem Motor kaum an. Nur ein minimal verzögertes Ansprechen auf Gaspedalbewegungen lassen den Turbo erahnen. Ansonsten zieht der Motor besonders ab 3000 Touren extrem kräftig durch, und wenn man die exakte Schaltung bis Stufe sechs durchdekliniert, landet die blau illuminierte Tachonadel flugs bei den abgeregelten 250 km/h.
Klingt also nach dem Traum-VW schlechthin, und genau das wird der VW Scirocco R für die meisten auch bleiben, denn zur Erfüllung sind mindestens 33.475 Euro nötig. Dafür bekommt man immerhin viel Ausstattung: Schweller, Heckschürze, Dachspoiler, spezielles R-Interieur, abgeflachtes Multifunktionslenkrad, Xenonlicht, Radio/CD, Klima und vieles mehr. Bleiben noch ein paar Nachteile wie das knappe Raumangebot in Fond und Gepäckabteil sowie die schlechte Übersichtlichkeit. Doch es gibt ja auch noch den neuen VW Golf R.
AUTO ZEITUNG | VW Scirocco R |
Technische Daten | |
Motor | 2,0-Liter-Vierzylinder-Turbobenziner |
Getriebe/Antrieb | 6-Gang; manuell; Vorderrad |
Leistung | 195 kW/265 PS |
Max. Drehmoment | 350 Nm |
Karosserie | |
Außenmaße (L/B/H) | 4248/1820/1394 mm |
Leergewicht/Zuladung | 1344/351 kg |
Kofferraumvolumen | 312 bis 1006 l |
Fahrleistungen (Werksangaben) | |
Beschleunigung (0-100 km/h) | 6,0 s |
Höchstgeschwindigkeit | 250 km/h |
Verbrauch auf 100 km (Werk) | 8.1 l S |
Kaufinformationen | |
Basispreis (Testwagen) | 33.475 Euro |
Marktstart | 2009 |