VR6-Motor von VW (1991): Anfang und Ende einer Legende
Volkswagen schickt den VR6 in Rente
Im Jahr 1991 debütierte ein Motor, der nicht nur Passat und Golf Beine machen sollte, sondern dem gesamten VW-Konzern eine unerwartete Dynamik verlieh: der VR6. Im Dezember 2024 drehte er seine letzte Kurbelwellenrunde.
Als VW den VR6-Motor 1991 in den Passat B3 einbaute, war eigentlich nichts Revolutionäres geschehen: Die Idee, die platzsparende V-Bauweise mit der Kosteneffektivität und der schmalen Form eines Reihenmotors zu kombinieren, hatte bereits Lancia 70 Jahre zuvor. In einer Zeit, in der BMW und Mercedes plötzlich Zwölfzylinder auflegten und auch in den Klassen darunter mehr Töpfe mehr Prestige versprachen, sah VW die Möglichkeit, aufzustocken. Plötzlich werkelte 1991 im biederen Passat ein Sechszylinder – und selbst in den überschaubaren Motorraum des allgegenwärtigen Golf 3 passte das Aggregat.
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In Wolfsburg hatte man den Motor speziell für Modelle entwickelt, in denen er quer zur Fahrtrichtung saß. Deshalb legte VW den Hubraum mit 81,0 x 90,3 mm (2,8 VR6) betont langhubig aus, um an Einbaubreite zu sparen. Wegen des geringen Zylinderwinkels von nur 15 Grad reichte ein einziger Zylinderkopf aus. Den konstruktionsbedingten unrunden Motorlauf wegen unterschiedlich langer Ansaugkanäle löste die Ingenieursabteilung mittels einer geometrischen Gestaltung der Ansaugbrücke. Somit gelangt das Gemisch gleichmäßig in alle Zylinder des VR6-Motors.
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Historie des VW VR6-Motors (1991): Nicht nur im Golf und Passat mit viel PS
Der Konstruktionsaufwand des VR6-Motors lohnte sich natürlich nur, falls VW genügend Modelle damit ausrüstete. Und die sollten über die Jahrzehnte folgen: Nach dem Passat und dem Golf 3 ging der Corrado als frühe VR6-Rakete in die Historie ein. Mit sechs Töpfen und bis zu 190 PS (140 kW) schoss der Scirocco-Erbe ab 1992 mit 235 km/h über die Autobahn. Noch wilder ging es im New Beetle RSi zu, der den Cup-Rennwagen nachempfunden war und dem VR6 sogar 224 Pferde (165 kW) entlockte. Mit 250 limitierten Exemplaren zum Preis von wahnwitzigen 135.930 D-Mark galt der Sportler schon damals als reines Sammlerauto. Wer der eigenen Familie das kultige Aggregat vorführen wollte, wählte den geräumigen VW Sharan mit 174 PS (128 kW).
Darüber hinaus kam der Sechszylinder in so ziemlich allen VW der Kompaktklasse und aufwärts, aber auch in diversen Seat-, Skoda-, Porsche- und Audi-Modellen zum Einsatz, darunter der TT und die Einstiegsvariante des Cayenne. Außerdem diente der VR6 als Basis für die W-Triebwerke des Passat W8, Bentley W12 und Bugatti W16, die im Grunde um zwei Zylinder verkürzte VR6-Motoren waren, die doppelt, dreifach oder wie in Bugatti Veyron oder Chiron vierfach zu einem großen Motor zusammengesetzt wurden. Diese Extrembeispiele beweisen das ungeheure Potenzial des VR-Motors, der hierzulande bereits 2010 mit dem VW Passat R36 von der Bildfläche verschwand.
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Nach knapp 1,87 Mio. Exemplaren ist Ende 2024 Schluss
Doch in den USA und China lebte der VR6 noch deutlich länger, unter anderem im US-Modell Atlas und in den großen China-SUV Teramont und Talagon. Mittels Turboaufladung kam das kompakte Kraftwerk auf 299 PS (220 kW) und übertrug seine Power längst über ein modernes Siebenstufen-DSG auf alle vier Räder. Doch seit dem 12. Dezember 2024 ist auch damit Schluss: Der VW-Sprecher und ehemalige AUTO ZEITUNG-Tester Andreas Schleith verkündete via LinkedIn, dass der VR6-Motor nach 34 Jahren und nahezu 1,87 Mio. Exemplaren endgültig das Zeitliche segnet. Damit hat VW die gesamte Motorenfamilie beerdigt, denn ein paar Monate zuvor liefen auch die W12- und W16-Motoren bei Bentley beziehungsweise Bugatti aus.