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Geht auch ganz einfach:

Tempo-30-Zonen: Mehr Spielraum für Städte

Einigung nach neun Monaten

Guntram Fiala Produkttest-Redakteur
Victoria Zippmann Leitende Redakteurin
Inhalt
  1. Neue Gesetzeslage erleichtert Tempo 30 innerorts
  2. Hunderte Kommunen für 30-km/h-Beschränkungen
  3. WHO für Tempo 30 in Städten
  4. Freiburg & Frankfurt: Deutsche Städte mit Tempo 30 (bzw. 40)
  5. Tempo 30 im Ausland: In Paris und in Spanien

Mehr als 1000 Kommunen hatten es gefordert, jetzt ist es Realität: Das Straßenverkehrsgesetz wird geändert, um Städten und Gemeinden größeren Spielraum bei der Verkehrsplanung zu geben. Dadurch dürften in Zukunft erheblich mehr Tempo-30-Zonen entstehen.

 

Neue Gesetzeslage erleichtert Tempo 30 innerorts

Neun Monate hat es gedauert, aber jetzt haben sich Bundestag und -rat zusammengerauft und eine Novellierung des Straßenverkehrsgesetzes (STVG) durchgewunken. Damit wird es für die Kommunen einfacher, etwa Tempo-30-Zonen auszuweisen oder Busspuren einzurichten. Die entsprechende Gesetzesänderung wurde am 14. Juni 2024 vom Bundesrat formal beschlossen, nachdem der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat bereits am 12. Juni 2024 eine Einigung erzielt hatte.

Die neue Gesetzeslage soll Kommunen mehr Möglichkeiten zur Verkehrsberuhigung einräumen. Tempo-30-Zonen könnten so etwa auch in Gebieten ausgewiesen werden, die nicht als Unfallschwerpunkt gelten. Gleiches gilt für die Errichtung von Busspuren, Zebrastreifen oder Radwegen. Generell gelten jetzt auch der Klimaschutz, die Gesundheit und die städtebauliche Entwicklung als legale Grundlagen für Verkehrsplanungs-Initiativen der Stadtparlamente. Zuvor standen vor allem die Sicherheit und der Verkehrsfluss im Fokus des STVG.

Mittelfristig dürfte sich damit die Zahl der Tempo-30-Zonen in Deutschland deutlich erhöhen. Auch das Radwegnetz dürfte von der neuen Gesetzeslage profitieren. Theoretisch könnte Tempo 30 auch bald auf vielen Hauptverkehrsstraßen gelten. Dies ist zumindest das erklärte Ziel der Initiative "Lebenswerte Städte und Gemeinden", in der 1093 (Stand: 14. Juni 2024) Kommunen mehr Autonomie in Verkehrsangelegenheiten einfordern. Eine generelle Pflicht zur Einführung von Tempo 30 innerorts entsteht durch die Gesetzesnovelle allerdings nicht.

 

Hunderte Kommunen für 30-km/h-Beschränkungen

Im Juli 2021 haben die zuständigen Beigeordneten für Mobilität und Verkehr der Städte Aachen, Augsburg, Freiburg, Hannover, Leipzig, Münster und Ulm die kommunale Initiative für Tempo 30 innerorts gestartet, die 2023 bereits aus mehreren Hundert Kommunen besteht. Ziel der Initiative ist es, "eine Regelung zu schaffen, die es den Kommunen ermöglicht, im gesamten innerörtlichen Straßennetz flexibel und sachorientiert über ein für die jeweilige Situation angemessenes und stadtverträgliches Geschwindigkeitsniveau zu entscheiden." Diese Änderung der Straßenverkehrsordnung würde es den Städten erlauben, selbstbestimmt und großflächig Tempo 30 festlegen zu können. Tempo 50 würde dann nur noch an Hauptverkehrsstraßen gelten. 

Durch die Beschränkung auf Tempo 30 innerorts soll die Leistungsfähigkeit für den Verkehr "nicht eingeschränkt, die Aufenthaltsqualität dagegen spürbar erhöht" werden. Vorteile des Projekts seien auch eine sicherere Umgebung für Radfahrer:innen und Fußgänger:innen, eine Reduktion des Verkehrslärms sowie eine geringere Luftbelastung. Unterstützung bekommt die Initiative auch von der Organisation "Agora Verkehrswende". Sie hat sich zum Ziel gesetzt, den CO2-Ausstoß im Verkehrssektor bis 2050 vollständig zu stoppen.

 

WHO für Tempo 30 in Städten

Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat zum Beginn der Globalen Verkehrssicherheitswoche am 17. Mai 2021 in Genf ein globales Tempolimit von 30 km/h innerorts ins Spiel gebracht. WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus sagte, dass die Welt sichere, gesunde, grüne und lebenswerte Städte bräuchte – niedrige Geschwindigkeiten, etwa Tempo 30, gehöre dazu. Ein niedrigeres Tempo erhöhe nicht nur die Sicherheit für Fußgänger:innen und Radfahrer:innen, sondern auch Autofahrer:innen selbst. Nach Zahlen der WHO sterben jährlich 1,3 Mio. Menschen weltweit im Straßenverkehr.

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Freiburg & Frankfurt: Deutsche Städte mit Tempo 30 (bzw. 40)

  • Frankfurt am Main führte am 1. Januar 2021 Tempo 40 in der Innenstadt ein. Allerdings steht hier nicht die Verkehrssicherheit im Vordergrund, sondern die Vermeidung drohender Fahrverbote: Im Dezember 2019 hatte der Verwaltungsgerichtshof in Kassel entschieden, dass die Stadt zur Reduzierung des Stickstoffdioxid-Ausstoßes Fahrverbote in kleinen Zonen oder auf bestimmten Strecken prüfen und umsetzen muss. Das Gericht war damals zu der Überzeugung gelangt, dass die bisher geplanten Vorhaben der Stadt nicht geeignet seien, die Grenzwerte einzuhalten. Mit dem Tempo 40 innerorts sei es nun voraussichtlich möglich, drohende Fahrverbote zu verhindern. Das Land Hessen habe die notwendige Genehmigung erteilt.

  • Freiburg hat im Herbst 2023 auf zahlreichen Straßen Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit eingeführt. Die Stadt ist damit nach eigenen Angaben die erste deutsche Kommune mit einer solchen Regelung. Der  Freiburger Oberbürgermeister Martin Horn (parteilos)  sieht in einem durchgängigen Tempo 30 in Städten zahlreiche Vorteile. Autofahrende hätten Klarheit, und der Verkehr würde besser fließen. Auch Fahrradfahrer:innen und Fußgänger:innen wären besser integriert und verkehrstechnisch geschützt, so Horn. Wenige "übergeordnete Straßen" sind von der Tempo-30-Regelung ausgeschlossen.

 

Tempo 30 im Ausland: In Paris und in Spanien

  • Seit dem 30. September 2021 gilt für einen Großteil der Pariser Straßen Tempo 30. Das flächendeckende Tempolimit wird von 59 Prozent der Pariser:innen unterstützt, wie eine Umfrage zuvor ergab. Von Tempo 30 ausgenommen sind die Stadtautobahn Périphérique sowie wichtige Verkehrsachsen. Die Pariser Stadtverwaltung erhofft sich durch das Tempolimit 25 Prozent weniger Unfälle, 50 Prozent weniger Lärm und mehr Verkehrsfläche für Radfahrer:innen. Parallel werden 52 km im Straßennetz von temporären Pop-up-Radwegen, die in der Corona-Pandemie entstanden, zu permanenten Radwegen umgewandelt. Kritik an den Maßnahmen kommt allerdings von Bewohner:innen der Metropolregion Paris, die nicht alle über einen gleich guten ÖPNV-Anschluss verfügen. Hier sprachen sich 61 Prozent gegen die Maßnahme "Tempo 30" aus. Kritik kam auch vom französischen Interessenverband der Autofahrer:innen "40 millions d'automobilistes", der den Effekt der Maßnahmen bezweifelt.

  • In Spanien gilt seit Mai 2021 Tempo 30 innerorts, betroffen sind rund 80 Prozent aller städtischen Gebiete. Allerdings hängt die Höchstgeschwindigkeit von der Anzahl der Fahrspuren ab. So gilt auf einer Straße mit einer Fahrspur für beide Richtungen, sprich ohne Fahrbahnmarkierungen in der Mitte, gar Tempo 20. Auf Straßen mit jeweils einer Spur pro Fahrtrichtung darf maximal 30 km/h gefahren werden. Bieten Straßen jedoch mehr als eine Fahrspur in jede Fahrtrichtung, gilt weiterhin Tempo 50. Die spanische Tempo-30-Regelung ermöglicht aber Ausnahmen, genehmigt von der jeweiligen Kommune.

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