close
Schön, dass du auf unserer Seite bist! Wir wollen dir auch weiterhin beste Unterhaltung und tollen Service bieten.
Danke, dass du uns dabei unterstützt. Dafür musst du nur für www.autozeitung.de deinen Ad-Blocker deaktivieren.
Geht auch ganz einfach:

Tatra T700 (1996): Der letzte Luxusliner aus dem Ostblock

Die Besonderheit des T700 versteckt sich im Heck

Tim Neumann Redakteur
Hinweise zu den Affiliate-Links
Die genannten Produkte wurden von unserer Redaktion persönlich und unabhängig ausgewählt. Beim Kauf in einem der verlinkten Shops (Affiliate Link) erhalten wir eine geringfügige Provision, die redaktionelle Selektion und Beschreibung der Produkte wird dadurch nicht beeinflusst.

1996 waren die Autos der Planwirtschaft noch immer nicht Geschichte: Die stolze Marke Tatra aus Tschechien versuchte mit dem T700 samt luftgekühltem V8-Heckmotor noch ein letztes Mal, an die großen Entwürfe ihrer Vergangenheit anzuknüpfen.

Kennen Sie diese anonym-gelutschten Autos, die Kfz-Versicherungen und Lackpflege-Firmen gerne durch die Anzeigenindustrie treiben? Auch der Tatra T700 von 1996 steht auf den ersten Blick im Verdacht, ein Werk der Werbebranche zu sein. Dabei blickte die tschechische Marke Mitte der 90er-Jahre bereits auf eine 150 Jahre alte Firmenhistorie sowie 100 Jahre Automobilbau zurück und gehörte damit hinter Daimler-Benz und Peugeot zu den drei ältesten, noch existenten Autoherstellern der Welt. In Koprivnice unweit der polnischen und ungarischen Grenze erfand man in den 1920er-Jahren den Zentralrohrrahmen, entwickelte zehn Jahre darauf einen Kleinwagen mit luftgekühltem Heckantrieb, dessen Patente sich Ferdinand Porsche später für den VW Käfer – illegalerweise – zu eigen machte. Man verschrieb sich zukunftsweisenden Luxuslimousinen mit Stromlinienform und im Kalten Krieg vor allem den dringend benötigten Lkw.

Produkte für den Klassiker:

Wie auch bei allen anderen Autoherstellern des Ostblocks bremste die Planwirtschaft den Innovationsgeist so weit ein, bis aus den avantgardistischen Luxuslinern beim Fall des Eisernen Vorhangs angestaubte Relikte geworden waren, die neben einer Mercedes S-Klasse (W140) aussahen wie die im Zeitraffer alternden Plattenbauten neben den Vorstadt-Villen des Westens. Immerhin hatte Tatra im Gegensatz zum Trabant im Laufe der 70er zu einer moderneren geradlinigen, aber nicht unbedingt ästhetischeren Karosserieform gefunden. Ansonsten basierte der 1996 eingeführte T700 in seinen Grundzügen noch immer auf dem Tatra T77 von 1934.
Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon

Leslie & Cars zeigt den Ford Capri (2024) im Video:

 
 

Ost-Exot mit luftgekühltem V8-Heckmotor: Tatra T700 von 1996

Nach wie vor werkelte ein luftgekühlter V8 im Heck des tschechischen Flaggschiffs, den die Marke größtenteils unverändert aus dem Vorgänger 613 übernommen hatte. Der holte 201 PS (148 kW) aus 3,5 l Hubraum und stemmte sich mit 300 Nm gegen das längst fällige Ende der Heckmotor-Limousinen. Mit 10,8 s von 0 auf 100 km/h bewies der Tatra nicht gerade enorme Sprinterqualitäten, dafür untermauerte er mit einer Höchstgeschwindigkeit von 230 km/h, dass der T700 auf eine aerodynamisch geschliffene Ahnenreihe zurückblickt.

Das im Vergleich zum 613 etwas abgerundetere Design ging auf das Konto des britischen Designers Geoff Wardle. Immerhin erkennt man mit etwas Fantasie in der Chromspange rund um die Frontmaske einen Hauch des fast 20 Jahre lang gebauten Großvaters Tatra 603. Was man aber ebenfalls erkennen kann: Die Außenspiegel stammten von der ersten Range-Rover-Generation. Im Innenraum lieh Tatra sich die Klimabedienung von BMW und Blinker sowie das Kombiinstrument vom Skoda Felicia. So wirkt die Atmosphäre an Bord klamm und luxuriös zugleich: Zwar gab es im Tatra T700 weder für Geld noch für gute Worte ein Automatikgetriebe geschweige denn ein ABS, dafür konnte sich die Kundschaft optional die belederten Vordersitze beheizen lassen, per Fernbedienung das Radio aufdrehen, ihr Sekretariat anfaxen, ein Pils aus dem eingebauten Kühlschrank zaubern und ein Eishockey-Match über den Farbfernseher flimmern lassen.

Auch interessant:

 

Im Geheimdienst ihrer Genossenschaft

In diesen Genuss kamen aber nur die Wenigsten: Nur 72 Exemplare des T700 soll Tatra aufwendig in Handarbeit produziert haben, bis die Marke 1999 die Reißleine zog und sich damit gleichzeitig für immer aus dem Automobilbau verabschiedete. Hinderlich für den Verkauf war weniger der deutlich unterhalb der S-Klasse angesiedelte Preis als vielmehr das Image von Tatra. Jahrzehntelang waren die Limousinen hochrangigen Politiker:innen und Geheimdienst-Mitarbeitenden vorbehalten. Und genau diesen sozialistischen Mief wollte Tschechien eigentlich abstreifen. So verwundert es auch nicht, dass der Staat seine ursprüngliche Zusicherung, 100 Exemplare des T700 abzunehmen, letztendlich doch kassierte. Das hier gezeigte Auto ging dennoch als Dienstwagen ans hiesige Gesundheitsministerium. 2023 sollte es über den tschechischen Auktionator Retro Garaz angeboten werden, verfehlte aber das Mindestgebot von umgerechnet knapp 70.000 Euro.

Tags:
Copyright 2024 autozeitung.de. All rights reserved.