SUV des Jahres 2020: Die Abrechnung Unser SUV des Jahres 2020 Johannes Riegsinger Autor 12.10.2020 Teilen Alfa Romeo Stelvio Quadrifoglio: SUV des Jahres 2020 Am Ende ging alles ganz schnell: SUV of the Year 2020 ist der Alfa Romeo Stelvio Quadrifoglio. Es war ein einstimmiges Urteil. Es gab keine Diskussionen, kein Feilschen um Punkte. Er wiederholt damit seinen souveränen Sieg von 2018. Im letzten Jahr hatte sich noch der GLC 63 die Krone gesichert – anscheinend vorübergehend. Jetzt ist der Stelvio nach einer moderaten Modellpflege zurück. Warum er wieder alle anderen hinter sich lässt? Inklusive des GLC? Weil er niemals langweilig ist, selten Vernunft vor Leidenschaft stellt und trotzdem ein freundlicher Held des Alltags sein kann. Weil er mit seiner Leichtigkeit jede Spritztour zur Wertungsprüfung macht, weil er auch das entspannte Dahinbummeln mag. Weil sein Rot extrem intensiv ist und sein V6-Biturbo Ferrari im Blut hat. Es gibt tausend Gründe, die man einfach bei den anderen SUV nicht finden kann. Er gehört zu den Fahrzeugen, die man sich einmal im Leben kauft und dann nie wieder hergibt. Ihn wäscht man von Hand, streicht dabei über das Kleeblatt auf der Flanke, poliert penibel das Scudetto und widmet sich fasziniert dem Glanz der fantastisch filigranen Felgen. Aber es ist halt nicht nur die Leidenschaft, die einem zum Quadrifoglio-Verehrer macht, sondern auch das Wissen, dass er leicht ist, agil und die mit Abstand intensivste Kommunikation mit seinem Fahrer pflegt. Der Stelvio tanzt auch da noch frivol ungezügelt durch die Kurven, wo der sportliche Anspruch der hochkarätigen Konkurrenz von ihren Regelsystemen oder ihrer schieren Masse entzaubert wird. Und dann ist da immer wieder dieser traumhaft massig anschiebende und lustvoll nach Drehzahl gierende V6-Biturbo mit seinem unverwechselbar italienischen Timbre. Der Stelvio Quadrifoglio ist zu Recht das "SUV des Jahres 2020". Wir sehen uns im nächsten Jahr wieder … Foto: Frank Ratering Audi RS Q8 Mit seinen 600 PS gehört der Audi RS Q8 zu den stärksten Wettbewerbern im Feld. Dass ihn die konzerninterne Hierarchie der auf ähnlicher Plattform und demselben Motor basierenden Cousins direkt hinter den supersportlichen Lamborghini Urus schiebt, spricht Bände. Stärker als der Bentley Bentayga, stärker als der Porsche Cayenne GTS und gar der Cayenne Turbo – kein Wunder, dass der superschnelle Q8 mit großem Selbstbewusstsein auf eine möglichst gute Platzierung drängt, vielleicht sogar den Titel "SUV des Jahres" nach Neckarsulm holen möchte. Dass er hierfür zuerst am konzeptionell sehr ähnlichen BMW X6 M vorbeimuss, erledigt er mit einer uralten Taktik: von den Fehlern des Gegners profitieren, selbst keine machen. Man muss lange suchen, um an diesem hervorragenden Fahrzeug Schwächen zu finden, der RS Q8 ist nahezu makellos konzipiert und umgesetzt. Sein bärenstarker Motor verbindet brachiales Leistungspotenzial mit zugänglicher Motorcharakteristik und hervorragender Fahrbarkeit. Wer es wissen will, kann im RS Q8 trotzdem die Hölle losbrechen lassen. Rennstrecke? Gar kein Problem. Kleine Landstraßen? Zucker! Autobahn-High Speed? Leichteste Übung. Mit Zylinderabschaltung oder Segelfunktion Sprit sparen? Natürlich, gerne doch. Und selbstverständlich klingt der Motor auch noch gut – von unaufdringlich-muskulös bis kontrolliert-räudig. Je nach Geschmack und momentaner Einstellung. Dass das Chassis des RS-Audi im Verein mit intelligenten Steuersystemen, adaptiven, variablen, individualisierbaren Helfern für jeden Einsatzzweck ein perfektes Angebot in petto hat, versteht sich von selbst, er fährt von verbindlich-komfortabel bis supersportlich-zielstrebig herausragend gut. Als wahrer Klassenstreber schafft es der RS Q8 so bis ganz nach vorn – und muss dann feststellen, dass das zu Beginn noch faszinierte Publikum irgendwie sein Interesse verloren hat. Stets kontrolliert, immer perfekt inszeniert, lässt der RS Q8 eigentlich nie durchblicken, was für eine Persönlichkeit er denn nun wirklich ist. Besonders tragisch ist das, weil die komplette Testmannschaft stets mit großem Respekt vom Audi spricht – und dann nach den Zündschlüsseln von Alfa Romeo, Maserati, AMG oder gar Dodge greift. Foto: Frank Ratering Bentley Bentayga V8: Luxus-SUV des Jahres 2020 Bentley gibt ja gern an, 2016 mit dem Bentayga das erste SUV im Luxus-Segment vorgestellt zu haben. Was aber nicht ganz stimmt. Faktisch gesehen hatte Range Rover sowohl jahrzehntelangen Vorsprung und außergewöhnliche Routine im Bau eines SUV de luxe als auch obendrein eine solide Fan-Basis, die sich vom traditionsreichen Namen Bentley natürlich erst einmal nicht aus der Reserve locken ließ, sondern genauer hinsah. Und dann einen Bentayga sah, dessen Design eher einen Kompromiss zwischen den Geschmäckern damals wechselnder Volkswagen-Konzern-Vorstände darstellte, als ein selbstbewusstes Statement zu sein. Wer sich dann doch näher mit dem Bentayga beschäftigen durfte – das Team der AUTO ZEITUNG –, konnte ein stattliches Automobil kennenlernen, das mit erstaunlicher Fahrkompetenz sowie rundem Charakter bestach und zuverlässig alle Häkchen an einen umfangreichen Erwartungskatalog "Oberklasse-SUV" machte: Check. Selbst die Frage: "Ist Ihnen der Bentley Bentayga sympathisch?", hätten wir alle sofort bejaht. Weil: klasse Typ. Souverän, praktisch, großzügig. Nur eines nicht wirklich: cool. Parallelweltig – Luxusklasse eben. Genau das hat sich mit der neuen Generation des Bentayga geändert. Endlich strahlt sein Heck jene Stattlichkeit und jenen Speed aus, den er in den Genen und unter der Haube hat. Knackige Linien und viel Blech zaubern einen Druck ins Hinterteil, der dem schnellen Brocken hervorragend steht. Vorn steht der Kühler massig und dreist über böse schnaubenden Lufteinlässen – wirklich geschmeidig wird es aber im Interieur. So sexy und hochwertig haben wir den Bentayga noch nie erlebt, hier willst du einfach sitzen, seufzen und staunen. Und dann das Fahren … liegt es an der zusätzlichen Spur, die die Hinterhand des Bentayga nun auf Lamborghini Urus-Breite bringt? Oder an dem stolzen Weglassen einer mitlenkenden Hinterachse, die den eng verwandten Audi RS Q8 zwar Parkplatz- wendig macht, aber auch so synthetisch und überreizt? Jedenfalls fährt dieser neue Bentayga einfach großartig, authentisch und stark. Wir wollen ihn so sehr. Und deshalb: Luxus-SUV des Jahres. Aber sowas von … Foto: Aleksander Perkovic BMW X6 M Competition Eigentlich hatte der BMW X6 M Competition eine gute Chance auf den Titel in diesem Jahr. Er gehört zu den mit Abstand schnellsten SUV auf abgesperrter Strecke. Zudem bietet er eine Top-Verarbeitung, sieht unverwechselbar aus und verwöhnt mit einem guten Mix aus Sportlichkeit und Komfort. Aber auf engen Landstraßen werden Größe und Gewicht, wie bei vielen anderen SUV in diesem Feld, zum Problem. Dort, wo der Alfa spielerisch leichtfüßig von einer Kehre in die nächste tanzt, will der X6 M mit fester Hand geführt werden. Auch wenn er dabei einen irrsinnigen Grip aufbaut und sein V8-Biturbo für atemberaubenden Schub sorgt, kann es mit dem Brocken schnell anstrengend werden. Aber das hätten wir ihm noch verzeihen können, weil wir wissen, wie intensiv und souverän das Fahrerlebnis mit ihm auf der breiten Rennstrecke ist. Weil wir erlebt haben, wie gut es sich mit dem sportlichen Set-up auf den perfekt anliegenden Sitzen reisen lässt. Und weil uns das exzellente Zusammenspiel aller Antriebskomponenten immer wieder staunen lässt. Was wir ihm allerdings übelnehmen, ist seine ungewöhnlich klebrige Lenkung um die Mittellage. Gerade auf unserer zügigen Landpartie fanden wir so nur selten eine saubere Linie. Hier sollte BMW noch einmal ran. Wegen der Freude am Fahren. Foto: Frank Ratering Dodge Durango SRT Lamborghini? Maserati? Möglicherweise ist gerade der Dodge Durango SRT am allermeisten der Exot im Wettbewerb. Offiziell bietet Dodge den mächtigen V8-Schlegel hierzulande gar nicht an, der Durango wird in Deutschland stattdessen von der rührigen Auto Export Corporation (AEC) über angeschlossene Vertragshändler offeriert. Das Motto des Ami-Hammers alter Schule lautet "Bigger is better": 5,11 Meter Länge und bescheidene 3,94 Meter Radstand dokumentieren diese Losung eindrucksvoll. Das Gleiche gilt für die Ausstattung: Leder-Interieur, beheiztes Lenkrad, schlüssellose Startfunktion sowie beheizbare, belüftete Sportsitze illustrieren eindrucksvoll den Hang der Amerikaner zu Komfort und Behaglichkeit. Die Vordersitze laden zum Hineinlümmeln ein, und selbst das leicht verständliche Infotainmentsystem spielt bevorzugt harten Rock statt subtiler Klassik. Apropos Ton: Das Kürzel SRT steht für Street Racing Technology und damit für die selbst auferlegte Verpflichtung, das Fahrerlebnis mit reichlich Entertainment anzureichern. Hierfür steht der 6,4-Liter-Hemi-V8 mit seinen 481 PS und 637 Newtonmeter Drehmoment. Kaum ein anderer V8 im Feld der Super-SUV massiert mit seinem dramatischen Sound das Zwerchfell so herrlich. Dabei drückt der voluminöse Saugmotor, einer der letzten seiner Art, unmissverständlich nach vorn, serviert die Kraft verzögerungsfrei und schickt sie bei Bedarf mit der Wucht eines Vorschlaghammers an den Antriebsstrang – wenn es sein muss bis hinauf zur 250-km/h-Marke. Mögen andere schneller sein – authentischer ist keiner. Wo die Konkurrenz das Fahrerlebnis mehr oder weniger in akkurate Bügelfalten hüllt, bekennt sich der Dodge zum Holzfäller-Hemd. Schön, dass es so etwas noch gibt – trotz der enormen 2,6 Tonnen Leergewicht. Foto: Aleksander Perkovic Ford Explorer ST: Preis-Leistungs-Sieger des Jahres 2020 Zugegeben: Neben dem exaltierten Lamborghini Urus, dem betont sportlichen Alfa Romeo Stelvio oder dem coupéhaften Mercedes-AMG GLC wirkt der kantige Ford Explorer wie ein Fremdkörper. Für die rasante Kurvenhatz auf verwinkelten Landstraßen bietet sich der Siebensitzer nicht gerade an – eher für das tiefenentspannte Abreißen etlicher Autobahnkilometer auf dem Weg in den Familienurlaub. Und dann sitzt du hinter dem Lenkrad, riechst das typisch amerikanische Kunststoff-Odeur, peilst über die lange Motorhaube den nächsten Scheitelpunkt an und staunst: Denn so wirklich kann dir der Kollege im Audi RS Q8 vor dir nicht davonfahren – zumindest dann nicht, wenn er an seinem Führerschein hängt und die Gebote der Straßenverkehrsordnung nicht ganz missachtet. Trotz knapp 2,4 Tonnen Leergewicht, der etwas indifferenten Lenkung und des hohen Aufbaus wirft sich der Explorer ambitioniert in Kurven. Das Limit setzen die wenig sportlichen Reifen, das für den europäischen Markt gestraffte Fahrwerk würde noch mehr Querdynamik abkönnen. Der Plug-in-Hybrid-Antrieb, bei dem ein V6-Turbo Unterstützung von einem E-Motor bekommt, bringt es auf satte 457 PS Systemleistung. Noch beeindruckender: 825 Newtonmeter Systemdrehmoment, die für einen satten Durchzug und damit maximale Souveränität sorgen. Wenn nur die hektisch wirkende Zehnstufen-Automatik nicht wäre … Bis zu 42 Kilometer legt der große Ami übrigens rein elektrisch zurück – gut fürs eigene Gewissen und die Akzeptanz der Nachbarn. In unserem exklusiven Testfeld sichert sich der Explorer außerdem den Titel "Preis-Leistungs-Sieger": Denn für faire 74.084 Euro bekommt man einen vollausgestatteten Familienfreund mit reichlich Platz, sattem Punch und E-Kennzeichen. Oder anders gesagt: Zwei Explorer kosten so viel wie ein Maserati Levante. Zwei! Foto: Aleksander Perkovic Lamborghini Urus Allzu oft gerät auch im Automobilbau das Verhältnis zwischen Verpackung und Inhalt aus dem Lot, und dann hält der Kern nicht, was die Schale verspricht. Davon kann beim 650 PS starken Lamborghini Urus, dem zweiten SUV in der Unternehmensgeschichte, hingegen keine Rede sein: Seine Karosserie wirkt wie mit dem Beil gezeichnet und verdient sich im Kreis der Konkurrenten zweifellos das unangefochtene Prädikat "spektakulär". Das gilt genauso für das, was sein 4,0-Liter Biturbo-V8 mit der hochbeinigen, fünftürigen Coupé-Karosserie anzustellen vermag. 305 km/h Spitze lassen die meisten SUV und auch Sportwagen schnell aus dem Rückspiegel verschwinden, 3,6 Sekunden von null auf 100 km/h sorgen dafür, dass er selbst gegenüber so manchem sprintstarkem Motorrad nicht ins Hintertreffen gerät. Allradantrieb, doppelte Dreiecksquerlenker, Allrad-Lenkung und Wankstabilisierung sorgen auch auf kurvigem Terrain für die notwendige Effizienz bei der Umwandlung der 850 Newtonmeter Drehmoment in Vortrieb. Gut, Optik und Klangkulisse sind eher von der extrovertierten Sorte, bringen aber die Insassen gehörig in Fahrt und kurbeln die Produktion von Glückshormonen kräftig an. Glück gehabt haben sollten künftige Besitzer aber schon vorher, zumindest in finanzieller Hinsicht: Der Grundpreis beträgt immerhin 204.000 Euro – wohlgemerkt ohne weitere Extras. Foto: Frank Ratering Maserati Levante Trofeo: Bester Motor des Jahres 2020 In Zeiten der Elektro-Mobilität ist es schön, sich noch auf traditionelle Werte verlassen zu können. Da ist beim Maserati Levante Trofeo die gediegene Innenausstattung mit schönem Leder, vor allem aber auch der von Ferrari stammende V8 Biturbo – welch ein Klang. Musikalisch, energiegeladen und charaktervoll. Und: Statt in nüchternen Kilowatt scheint man in Italien nach wie vor in PS zu messen. Quirligen, hellwach tänzelnden, voranpreschenden Pferdestärken. Es ist aber nicht nur die ausgeprägte Emotionalität, die diesen Motor im Levante zu einer Ausnahmemaschine macht, es sind auch Leistungspotenzial und Leistungsentfaltung. Der V8 hängt am Gas, dass es eine wahre Freude ist. Vibrationsfrei dreht der Motor seidenweich hoch, tritt aber auch bei niedriger Drehzahl kraftvoll an. Die 580 PS katapultieren den geräumigen Levante mit nicht endend wollendem Nachdruck bis in Regionen um die 300 km/h. Vor allem als Reiseauto auf Autobahnen ist der Trofeo ein fantastischer Begleiter. Er ist allerdings kein Racer, dafür ist sein Fahrwerk zu komfortabel abgestimmt – im Sportmodus auf kleinen Fahrspaß-Straßen schwingt er jedoch durchaus überzeugend das Tanzbein. Auch die Verarbeitungsqualität geht nach einer Modellpflege in Ordnung – wie so oft werden italienische Autos im Lauf ihres Modellzyklus reifer und besser. Wären da nicht das schon ein wenig antiquierte Infotainmentsystem und die zu leichtgängige sowie um die Mittellage synthetische und etwas indirekte Lenkung, die wenig Fahrgefühlvermittelt, gäbe es am Maserati Levante Trofeo kaum etwas zu mäkeln. Foto: Aleksander Perkovic Mercedes-AMG GLC 63 4Matic Coupé Allein schon diese Spoiler-Lippe an der Heckklappe – herrlich. Und dann dieser Motor, eine Wonne. Immer Druck, immer da, auch akustisch. 510 PS und 700 Nm leistet der aufgeladene AMG-V8 und macht das kompakte SUV-Coupé zum Vier-Sekunden-Sprinter auf dem Null auf 100-Dragstrip. Er schiebt den AMG dank variabler Kraftverteilung auch ebenso heftig aus der Kurve heraus an. Damit der Zweitonner da auch gut reinkommt, sind speziell applizierte Reifen montiert und ein Fahrwerk installiert, das mit ordentlich Sturz an der Vorderachse die Pfunde vergessen lässt. Einlenken, in die Kehre klinken, schön an der Haftgrenze entlanghangeln, das Biturbo-Biest schon wieder mit Ladedruck anfüttern, und auf geht’s zur nächsten Biegung. Dabei rückmeldet die Lenkung exakt, hängt das Aggregat gierig am Gas, entfaltet die zweiflutige Abgasanlage hinter den vier Blenden ein Klangspektrum, das von vornehm bassig über kernig achtzylindrig bis hin zu dunkel trompetend alles bietet. Und da wären wir auch schon bei der anderen Seite des GLC im AMG-Ornat: der ruhigen, souveränen, komfortablen Seite – die Fahrmodi machen's möglich. In Comfort zum Beispiel ist der 63er GLC ein entspannter Alltagsbegleiter, betont sportlich, aber nie nervig. In Sport und Sport+ spannt er seine Muskeln an, in Race legt er dann all sein dynamisches Talent in die Waagschale, hämmert vorn, bollert und knallt hinten, findet, dass er viel mehr kann, als man auf öffentlicher Straße ausprobieren darf. So ein Schlingel. Foto: Frank Ratering Porsche Cayenne GTS Coupé Der Porsche ginge ja nicht so richtig vorwärts, bemerkte ein Kollege. Okay, wir haben hier ja auch "nur" 460 PS zur Verfügung und so um die 2,2 Tonnen zu bewegen. Gefühlt aber geht der GTS richtig giftig aus dem Startblock, wirkt auf kurvigem Terrain mal locker ein paar hundert Kilo leichter und ist ganz nebenbei ein ziemlich guter Langstrecken-Brenner. Warum? Weil erstens die Ergonomie am Fahrerplatz stimmt und mit den wunderbaren Sport-Komfortsitzen jeder die optimale Position hinter dem Lenkrad findet. Weil zweitens die Lenkung einfach überall sehr gut funktioniert: auf lang gezogenen Highspeed-Autobahn-Biegungen, Serpentinen-Routen, Slalomgassen, aber auch in engen Innenstädten. Und weil drittens das Fahrwerk den Koloss im Vergleich zu manch anderem Power-SUV der Oberklasse-Kategorie beinahe schlank wirken lässt, da es Fahrmanöver auf Sportwagen-Niveau erlaubt. Das alles bewirkt, dass man sich sicher fühlt und trotzdem nicht den Bezug zum Tempo verliert, und das kann auch mit dem V8 auf Kraftdiät aberwitzig sei. Wobei Kraft eigentlich jederzeit und mehr als ausreichend parat steht, immerhin drücken hier 620 Newtonmeter zwischen 1800 und 4500 Touren auf die Kurbelwelle. Es gibt bestimmt emotionalere Kandidaten auf diesen Seiten, aber nur wenige, die auf dem Talentdiagramm gleichermaßen große Ausschläge in Richtung Sport und Alltag haben. Und wenn das Cayenne GTS Coupé am Ende der Geraden ein paar Plätze weiter hinten liegt, spielt es nach der Kurvensektion wieder ganz vorn mit. Da reichen 460 PS völlig aus … Foto: Frank Ratering Range Rover Velar SV Ja, der Bentley ist herrschaftlich, der Lamborghini erregt im Straßenverkehr die meiste Aufmerksamkeit bei den Passanten, und der Sound des Maserati ist zum Dahinschmelzen. Aber so cool wie der Range Rover ist kein anderes SUV. Dieses Design! Eleganter können 550 PS, On- sowie Offroad-Kompetenz nicht verpackt werden. Und im Innenraum geht es dank feinem Leder, typischem Range-Sitzgefühl und hochauflösenden Touchdisplays genauso stilvoll weiter. Bei so viel Sinn für feine Details und schöne Formen fragt man sich schon, warum die Briten mit Boris Johnson … Ach, lassen wir das. Und erfreuen uns lieber am grummelig-bassigen Klang des Fünfliter-V8, der die rund 2,2 Tonnen schwere Fuhre bei Bedarf auf über 270 km/h beschleunigt. Ein schwerer rechter Fuß beim Losfahren sorgt übrigens dafür, dass sich der Vorderwagen wie bei einem Speedboot hebt. Ungläubige Blicke vom Beifahrer sind da garantiert. Aber der Range kann nicht nur Längs-, sondern auch Querdynamik. Souverän und mit vertretbaren Lenkwinkeln werden Kurven aller Art durchfahren, im Sportmodus dämpfen die gestrafften Dämpfer des Luftfahrwerks wirkungsvoll unerwünschte Seitenneigung. Stelvio und AMG brennen zwar noch flinker um die Ecken, dennoch ist die Performance des Velar aller Ehren wert. Zumal er lässiges Cruisen im Stadtgebiet oder schnelles Kilometerfressen auf der Autobahn ebenso beherrscht. Und mit 108.163 Euro zählt der Range Rover Verlar SVAutobiography Dynamic Edition – ja, ein so schönes Auto kann einen so sperrigen Namen haben – in dieser SUV-Runde zu den Günstigen. Foto: Aleksander Perkovic VW Touareg V8 TDI Ein Volkswagen nach alter Väter Sitte. Die Türen fallen satt ins Schloss. Zumindest die vorderen. "Fast wie beim guten alten Phaeton", säuselt deine innere Stimme. Okay, diese 300-Gramm-Gurtschnalle hat der weiße Riese zwar nicht, aber ein Gefühl von besonderer Wertigkeit stellt sich trotzdem ein. Du enterst das reich belederte Fahr-Fauteuil und wirfst den dicken Diesel an ... Dieselmotor? Was für ein Dieselmotor? Das Summen unter dem blechernen Motorhauben-Plateau lässt eher auf einen überdimensionierten Bienenstock schließen als auf einen Ölbrenner. Stramme 422 PS sind am Werk, wenn der rechte Fuß die große Taste an den Boden drückt und sagenhafte 900 Newtonmeter die Kurbelwelle überfallen. Ein Vorteil des üppig verchromten Über-VW ist zugleich sein größter Nachteil, zumindest im Auge solcher Zeitgenossen, denen noch ein Lambo Urus zu unauffällig ist. Der beachtliche Posten Glanzmetall im Touareg-Gesicht mag dem Geschmack chinesischer Kundschaft geschuldet sein, der Rest des großen Wagens aber ist gelebte Unauffälligkeit. Keine schlechte Eigenschaft, wenn man genießen will, ohne aufzufallen. Niemand soll meinen, der rund 90.000 Euro teure VW sei versehentlich in die Runde gekommen. Wenn die wilde Benziner-Meute das Weite sucht, bleibt ihr der Touareg auf den Fersen. Klar ziehen Porsche und Co. ihm auf freier Strecke langsam weg. Doch während die Drehzahlmesser unaufhaltsam in Richtung der roten Bereiche wandern und die Otto-SUV ihre Leistungspotenziale ausreizen, schiebt der Achtstufen-Automat im VW früh und damit drehzahlsenkend den nächsthöheren Gang ein, schont die Ohren samt den damit verbundenen Nerven und lässt auch die Tankvorräte in Ruhe. So viele Sekunden können der Audi RS Q8 und seine Gefährten gar nicht herausfahren, als dass der V8 TDI nicht eher am Ziel wäre – zumindest dann, wenn es nur weit genug entfernt liegt. Scharf gefahren brauchen die Benziner rasch die Mutterbrust der OPEC, während im Bunker des Wolfsburgers noch Diesel für 300 weitere Kilometer schwappt. Foto: Frank Ratering