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Studebaker: Die Historie der Automarke Designpionier

Studebaker – das war mal die Avantgarde im US-Fahrzeugbau. 1966 ging die Marke, deren Wurzeln in Solingen liegen, unter. Nur das Modell Avanti lebte noch lange Zeit weiter. Historie

Aus Solingen kommen scharfe Klingen. Das weiß jeder. Aber dass auch eine einst sehr erfolgreiche Automobilmarke dort ihre Wurzeln hatte, weiß kaum jemand. Doch genau von dort wanderte die Familie Staudenbecker einst von Deutschland in die USA aus – so wie viele andere Familien auch, etwa die Böings, die später eine Flugzeugfirma namens Boeing gründeten.

Die Staudenbeckers benannten sich in Studebaker um und bauten ab etwa 1840 Wagenteile sowie Kutschen. 1852 gründeten sie in South Bend/Indiana eine erste Firma, die 1868 zur Studebaker Brothers Manufacturing Company wurde. Die Firmengründer waren die Brüder Clement und Henry Studebaker. Ab 1897 entstanden neben Kutschen – die übrigens bis in die 1920er-Jahre im Programm blieben – auch erste Elektroautos in einer Kooperation mit der Firma E-M-F.

Doch erwiesen sich diese Vehikel als unzuverlässig – Studebaker schickte für Unsummen Service-Techniker zu den Kunden. Ab 1904 entwickelte die Firma neue benzingetriebene Autos und sollte 1926 der erste Autohersteller weltweit werden, der ein eigenes Testgelände betrieb. Unzuverlässige Autos von Studebaker? Das durfte es nie wieder geben!

Zum Ende der 1920er-Jahre war Studebaker einer der größten Automobilproduzenten der USA. Man baute große Wagen mit Namen wie Commander, President – und Dictator! Aber der Börsencrash 1929 traf Studebaker hart. 1932 folgte der Konkurs, doch schon Mitte der 30er-Jahre war die Firma mit frischem Geld und dank der Manager Paul Hoffmann sowie Harold Vance wieder oben auf.

 

STUDEBAKER: VOLLTREFFER MIT DEM BULLET-NOSE-DESIGN

Der Designer Raymond Loewy entwarf den neuen Studebaker Champion, der die Fans 1939 begeisterte. Im Krieg verdiente Studebaker mit Rüstungsgütern gut und bereitete sich auf die Nachkriegszeit vor. Als die Konkurrenten noch größtenteils mit leicht modifizierten Vorkriegsmodellen in die Zeit nach 1945 starteten, konnte Studebaker bereits 1947 neue Modelle anbieten: Starlight und Champion.

Das außergewöhnliche Design des Champion konnte man lieben oder hassen – Studebaker war damit im Gespräch. Und plante schon den nächsten Coup!

1950 kamen die neuen Modelle mit dem „Bullet-Nose-Design“, manchmal auch Aero-Nose genannt. Der zentrale runde Lufteinlass machte diese Studebaker unverwechselbar. Die Modelle verkauften sich blendend. Studebaker war auf dem Höhepunkt seines Erfolgs – pünktlich zum 100. Unternehmensgeburtstag. Doch auch die Modelle danach konnten sich sehen lassen.

Der neue Commander Starliner mit elegant-flacher Schnauze und ohne B-Säule geriet europäisch-luftig. Der Einfluss des französisch-stämmigen Raymond Loewy war deutlich zu spüren. Dem Starliner ähnlich war der Golden Hawk, unter dessen Haube ein großer V8 werkelte. Mit dem Lark positionierte sich Studebaker frühzeitig im Segment der Kompaktwagen.

Das war auch nötig, denn seit dem Ende der Bullet-Nose-Modelle litt die Firma an spürbaren Absatz-Rückgängen. Studebaker hatte den Konkurrenten Packard schon vor längerer Zeit übernommen und wickelte die Firma nun ab. Man konzentrierte sich auf die Fertigung im Stammwerk South Bend und trat von dort aus erneut gegen die großen Drei (Ford, GM, Chrysler) an. Mit dem neuen Studebaker Hawk GT wollte man zeigen, dass man immer noch in der Lage war, auch im Top-Segment der sportlichen Coupés mitzuspielen.

 

Die Konkurrenz von Ford, GM & Chrysler war zu stark

Doch längst kreiste der Pleitegeier über dem Werk. Auch der wohl schönste und ungewöhnlichste Studebaker konnte diesen Trend nicht mehr umkehren. Mitte 1962 war der Avanti serienreif. Der Sportwagen mit V8-Motor, der in der höchsten Ausbaustufe mit Doppel-Kompressor 575 SAE-PS aus knapp fünf Liter Hubraum holte, hätte das Zeug dazu gehabt, der Corvette das Fürchten zu lehren. Sicherheit war Trumpf im Avanti: Die aus Glasfaser-verstärktem Kunststoff bestehende Karosserie hatte einen Überrollbügel, die Instrumententafel war gepolstert, die rote Cockpit-Beleuchtung sollte es Fahrern bei Nacht ermöglichen, schneller die Augen der Dunkelheit anzupassen.

Doch was ins Auge fiel, war das Design. Ein echter Loewy? Die Gelehrten streiten darüber, ob der Design-Papst wirklich noch selbst Hand angelegt hat bei diesem aufregenden Wagen. Fakt ist aber: Der Avanti wurde nur bis 1964 unter Studebaker-Regie gebaut – und das gerade 4643 Mal. Wenn man bedenkt, dass zu Zeiten der Bullet-Nose-Studebaker pro Jahr rund 270.000 Modelle die Bänder verließen, dann kann man ermessen, wie schlecht es um die Firma bestellt war.

Die Finanzreserven waren aufgebraucht – auch weil die Entwicklung der Avanti-Karosserie aus dem für Studebaker ungewöhnlichen Werkstoff GFK viel Geld gekostet hatte. Die letzten Studebaker wurden in Kanada in einem Zweigwerk gebaut. Den Stammsitz in South Bend gab man auf. Ausgerechnet der ewige Konkurrent Chevrolet lieferte die Motoren für die letzten Studebaker. 1966 war dann Schluss.

Nur der Avanti geisterte fortan noch als Untoter durch Messen und Medien. Berichte über eine Neuauflage – zuletzt 2006 – bestätigten sich aber nie.

Thorsten Elbrigmann

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