Seat-Vorstandschef Luca de Meo: Interview "Seat ist in Sachen Vernetzung Vorreiter"
Im Interview spricht der amtierende Seat-Vorstandschef über neue Modelle, die Marke CUPRA und die Elektrostrategie der Spanier.
Herr de Meo, welche Erwartungen verbinden Sie mit dem neuen Seat Tarraco?
Dieses neue SUV erlaubt es uns, ein neues Segment zu erschließen, das Image der Marke zu stärken und den Absatz zu steigern. Wir freuen uns, dass der Tarraco in Wolfsburg gebaut wird. Es zeigt die enge Zusammenarbeit zwischen Seat und Volkswagen. Außerdem gibt es dort enorme Produktionskapazitäten. Das lässt uns die nötigen Spielräume, um flexibel auf die Nachfrage zu reagieren. Wir gehen sehr umsichtig vor und haben weltweit jährlich rund 50.000 Einheiten geplant. Übrigens waren wir beim Tarraco enorm schnell. Von der Idee bis zur Umsetzung sind lediglich 18 Monate vergangen.
Seat Tarraco im Video:
Wozu die Eile?
Der Tarraco ist ein hochinteressantes und dabei auch lukratives Modell. Im Gegensatz zu kleineren Modellen wie dem Ibiza liegt die Marge deutlich höher. Das gibt uns verschiedene Möglichkeiten, um in neue Technologien zu investieren. Denken Sie an die Elektrifizierung und Hybridisierung bestimmter Modelle oder auch an die nötigen Investitionen in Sachen Konnektivität.
Wann kommt der erste Seat mit rein batterieelektrischem Antrieb?
Schon 2020 wird es soweit sein. Wir starten mit einem sportlichen Kompaktmodell, das etwas größer ist als der Leon. Das Design ist spitze, und das ist nicht einfach, denn die Elektroautos sind im Prinzip relativ hoch.
Die neue Marke CUPRA startet mit dem Ateca, der ja als Seat bekannt ist. Weshalb beginnen Sie nicht mit dem komplett eigenständigen Modell, das geplant ist?
Wir wollten so früh wie möglich beginnen, um unsere gesamte Organisation zu begeistern. Alle sollten sehen und spüren, dass CUPRA etwas ganz Besonderes ist. Der Ateca erfüllt diese Aufgabe perfekt. Es gibt kein Auto in diesem Segment, das ein solch hohes Maß an Leistung bietet, zudem einen echten Premium-Eindruck vermittelt und dabei so preiswert ist wie der CUPRA Ateca. Auch die Händler, die in den Auftritt der neuen Marke CUPRA investieren, sind zufrieden, denn sie können ihren Kunden schnell ein erstes Produkt anbieten. Mehr zum Thema: Seats neue Marke Cupra
Schauen wir auf das Jahr 2025. Wie viele verschiedene CUPRA-Modelle werden Sie dann anbieten?
Das werden bis zu fünf Fahrzeuge sein. Denken Sie etwa an den neuen Leon.
Wie wollen Sie denn die nötige Trennschärfe zwischen den Marken Seat und CUPRA erreichen?
Die Menschen sehen einen CUPRA, und sie sehen gleichzeitig den Leon. Sie wissen, dass CUPRA das Beste ist, was die Marke hat. Mit Seat streben wir in Richtung einer positiven Vereinfachung: klare und übersichtlich gegliederte Ausstattungspakete, sehr attraktive Preise. CUPRA wendet sich an Kunden, die stärker individualisieren wollen und auch mehr dafür bezahlen. Mit zwei starken Marken werden wir diesen unterschiedlichen Bedürfnissen gerecht. CUPRA bekommt übrigens ein eigenes Headquarter und wirkt schon jetzt sehr motivierend auch auf die Seat-Kollegen. Sie sehen das coole Team der coolen Marke und legen sich noch mehr ins Zeug. Das ist ein hervorragender Wettbewerb, bei dem alle gewinnen.
War es schwer, die neue Marke im VW-Konzern durchzusetzen?
Als ich dem damaligen Konzernchef Matthias Müller unser erstes Designmodell gezeigt habe, war er sofort begeistert. Mehr zum Thema: Alles zur Marke VW
Plant CUPRA auch eigene Elektromodelle?
Selbstverständlich. E-Fahrzeuge schleppen schwere Batterien mit sich herum. Die Masse ist nicht unbedingt der Freund der Sportlichkeit. Unsere Erfahrung mit dem e-Racer hilft uns dabei sehr. Die Kollegen in der Testabteilung sind restlos begeistert von diesem Auto ...
... das vier Elektro-Motoren an der Hinterachse besitzt bis zu 680 PS leistet und 270 km/h schnell ist.
Genau. Wir brauchen auch bei CUPRA einen Mix unterschiedlicher Antriebe. Dazu gehört die Elektrifizierung, denn das Thema CO2 betrifft natürlich auch uns. Hinzu kommen auch neue Plug-in-Hybride. Mehr zum Thema: New Mobility
Immer mehr Hersteller wollen sich in der Formel- E engagieren. Ist das ebenfalls Ihr Ziel?
Die Formel E ist sehr kostspielig. Wir setzen viel lieber auf die E-TCR. Das Touring Car Racing haben wir ja mit dem Leon begründet. Zur Zeit arbeiten wir an der Reichweitenoptimierung. Die Fahrzeuge müssen unter Extrembedingungen mit einer Batterieladung bis zu 45 Minuten schaffen. Und wir wollen schneller als Tesla mit dem GT sein.
Basieren alle geplanten E-Modelle auf dem Modularen Elektrifizierungsbaukasten von VW?
Mit dem MEB haben wir Zugriff auf eine der weltweit besten Technologie- Plattformen. Das ist eine Riesenchance für relativ kleine Marken wie Seat oder CUPRA. Die meisten unserer Konkurrenten haben eine solche Möglichkeit nicht. Mehr noch: Seat ist eine von zwei Konzernmarken, mit denen die neue Elektromobilität beginnt. VW bringt nächstes Jahr den I.D., und direkt danach kommen wir.
Zu den eher klassischen Modellen gehört der Alhambra, der ja bis ins Jahr 2021 gebaut werden soll. Ist ein Nachfolger geplant?
Das hängt entscheidend von Volkswagen ab, denn wir allein würden nicht das nötige Volumen erzielen, das nötig ist, um hier profitabel zu sein. Das Segment der sogenannten B-MPV hat in Europa einen Anteil von zwei Prozent, ist also überschaubar. Wenn die Kollegen den Sharan fortführen, dann werden wir uns gern einbringen. Unsere Kunden sind sehr zufrieden mit dem Alhambra und entsprechend loyal. Man muss aber auch sehen, dass die B-MPV eher ein regionales Konzept für Europa sind. Auf dem globalen Markt spielen sie keine große Rolle.
Seat hat die jüngsten Kunden und soll auch deshalb eine besonders digitale Marke im Konzern sein. Was planen Sie?
Unsere Philosophie ist nicht, ein neues Facebook oder WhatsApp zu schaffen, sondern wir wollen die digitalen Anwendungen, die unsere Kunden heute schon nutzen, ins Auto integrieren. Seat ist in Sachen Vernetzung Vorreiter: Wir sind der erste Autohersteller, der Alexa oder Shazam, um nur zwei Beispiele zu nennen, in unsere Fahrzeuge integriert hat. Diesen Trend werden wir verstärken. Und wir werden weiter in intelligente Mobilitätslösungen investieren.
Das Gespräch führten Volker Koerdt und Stefan Miete