Opel Zafira OPC (2006): Retro-Testfahrt
Der Zafira OPC ist Papas Liebling
Für die Retro-Testfahrt begeben wir uns ins gut gefüllte AUTO ZEITUNG-Archiv: Hier finden wir Fahrberichte faszinierender Autos. Dieses Mal: der Opel Zafira OPC von 2006.
Was drei Buchstaben doch bewirken können: Was woanders GTI heißt und seit Jahrzehnten die Wandlung des braven Alltagsautos zum Jedermann-Sportwagen symbolisiert, rollt in Rüsselsheim mit dem weniger bekannten Kürzel OPC vom Band. Opel Performance Center lautet der volle Name – Opel-Leistungszentrum – und bedeutet so viel wie AMG für Mercedes oder die M GmbH für BMW: Mehr geht ab Werk nicht. Noch einmal zur Verdeutlichung: 240 PS (177 kW) packt Opel in den stärksten Zafira aller Zeiten, ein Auto, das sich in seiner zivilen Version morgens brav in den Stau zur Arbeit oder zum Kindergarten einreiht oder am Wochenende die Großgebinde Latex-Farbe beim Baumarkt einlädt. So kennt und so schätzt das Publikum den Zafira überaus, so wurde bereits der Vorgänger zum Verkaufsschlager. Apropos Vorgänger: Gab es da nicht bereits einen OPC-Ableger? Richtig, der hatte immerhin 192 Turbo-PS (141 kW), lief 220 km/h schnell und spurtete in 8,2 Sekunden auf Tempo 100. Und auch den konnte man in der auffälligen Blau-Metalliclackierung ordern.
Verkaufen ließ sich OPC 1 aber nur schlecht, und so war die Produktionszahl weltweit von vornherein auf 5000 Exemplare begrenzt. Sport-Zafira Nummer zwei muss sich heute wie damals die Frage gefallen lassen, ob ein Kühlschrank oder eine Großfamilie in 7,8 Sekunden auf 100 km/h katapultiert werden muss. Müssen sie natürlich nicht, aber die Versuchung flammt bei jeder Fahrt auf. Denn wenn Papi sich für ein Auto entscheidet, das nicht nur dank hervorragender Variabilität jedem Familienanspruch gerecht wird, sondern scheinbar wie von selbst zum Nürburgring findet, dann steht irgendwann auch ein Opel Zafira OPC auf dem Zettel der möglichen Kandidaten. Damit ist die Intention entlarvt: Wenn die bis zu sechs Kinder abgeliefert sind und die Laminatpaneele ausgeladen wurden, gibts kein Halten mehr. Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon
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Retro-Testfahrt mit dem Opel Zafira OPC (2006)
Die nochmals leistungsgesteigerte Variante des Zwei-Liter-Turbomotors aus dem Astra produziert ein Drehmoment von 320 Newtonmeter bereits bei 2400/min. Trotz des Leergewichts von rund 1,6 Tonnen und eines merklichen Anfahrruckelns, das sich nur mit einer Mischung aus feinfühlig dosiertem Gas- und Kupplungseinsatz kaschieren lässt, prescht das Opel-Renntaxi eindrucksvoll aus dem Stand nach vorn. Ab mittleren Drehzahlen packt der großvolumige Turbolader alter Schule erst verzögert, dann gnadenlos zu und beschert absolut sportwagentaugliche Beschleunigungserlebnisse. Apropos Erlebnisse: Bei vollem Leistungseinsatz (zu dem man sich bei diesem Auto unvernünftigerweise permanent animiert fühlt und den andere Verkehrsteilnehmer:innen auch irgendwie erwarten) verbannt dieser Zafira das Wort Geradeauslauf vorübergehend ins Reich der Wunder. So sehr zieht und zerrt, ja schlägt die Lenkung, dass es tatsächlich kräftiger Hände bedarf, um den Super-Zafira im Zaum und vor allem auf Kurs zu halten. Auf unebenen, buckligen Straßen tritt dieser Wilde-Reiter-Effekt besonders stark hervor. Dann meldet auch die ans serienmäßige ESP gekoppelte Antriebsschlupfregelung (ASR) Vollbeschäftigung, weil die Reifen trotz des üppigen Formats 225/40 R 18 (Serie: 225/45 R 17) sprichwörtlich durchdrehen.
Zum Glück muss man aber auch dieses Auto nicht permanent beschleunigen. Man kann es zum Beispiel auch bremsen. Und dann zeigt sich, dass Opel ganze Arbeit geleistet hat: Mit Bremswegen von rund 35 Metern aus Tempo 100 reiht sich der Stoppmeister aus Rüsselsheim frech in die Reihe ausgewiesener Sportwagen ein. Das ist umso beachtlicher, weil der Van-typisch hohe Schwerpunkt die Hinterachse beim Bremsen entlastet. Überhaupt zeugt das IDS-Plus-Fahrwerk des Opel Zafira OPC von gelungener Abstimmung zwischen ausreichendem Restkomfort und noch erträglicher Härte. Wirkungsvoll unterdrücken die elektronisch geregelten Dämpfer übermäßige Wank- und Nickbewegungen. Kurven aller Art und Biegung lassen sich auch dank der hervorragenden Sportsitze schnell und sicher durcheilen.
Leicht schieben die Vorderräder zum Kurvenaußenrand. Wer dann am Kurvenausgang vom Gas geht, sieht sich mit harmlosen Eindrehmanövern konfrontiert, die das nicht zu früh einsetzende ESP verpuffen lässt, wenn man es mal wieder übertreibt. Reizt dieser das Potenzial des OPC fortwährend aus, wird er allerdings spätestens an der Tankstelle eingebremst: Im Renntempo geht das Benzin runter wie Öl, der Bordcomputer weist Spitzenverbräuche von über 20 Litern auf 100 Kilometern aus. Im Mix aus Stadt-, Land- und Autobahnfahrt unserer Verbrauchsstrecke flossen durchschnittlich 11,9 Liter Super durch die Einspritzdüsen. Auch an den Boxenstopp muss sich Vati eben gewöhnen.
Von Dirk Vincken
Technische Daten
AUTO ZEITUNG 2006 | Opel Zafira OPC |
Technische Daten | |
Motor | 2,0-Liter-Vierzylinder |
Getriebe/Antrieb | 6-Gang-Schaltgetriebe; Vorderrad |
Leistung | 177 kW/241 PS |
Max. Drehmoment | 320 Nm |
Karosserie | |
Außenmaße (L/B/H) | 4467/1801/1645 mm |
Leergewicht | 1610 Kg |
Kofferraumvolumen | 140-1820 l |
Fahrleistungen (Werksangaben) | |
Beschleunigung (0-100 km/h) | 7,8 s |
Höchstgeschwindigkeit | 231 km/h |
Verbrauch auf 100 km | 9,6 l S |
Kaufinformationen | |
Basispreis (Testwagen) | 32.500 € |
Marktstart | 2006 |