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Rolls-Royce Wraith und Phantom Coupé: Bilder und technische Daten Die Ausserirdischen

Die göttlichen Fahrdynamik-Coupés Wraith und Phantom von Rolls-Royce – abgebrühte Lehrmeister eindringlicher Präsenz und ultimativer Autorität. Und nichts ist mehr, wie es war

Zuerst kommt die Druckwelle. Ein enormer Kühlergrill schaufelt die Luft beiseite. Dahinter schnaubt eine endlos lang scheinende Motorhaube durch den schlagartig aufgerissenen Windschatten, eine steil aufragende Windschutzscheibe schlägt die Lücke im schäumenden Element nur noch größer.

Wuchtige Flanken, Außenspiegel im Lkw-Format, gigantische Räder, die chromblitzend dahinfräsen, während die großen Naben-Logos beinahe unwirklich  stillstehen. Dann schwappt die Luft über ein ausladendes Bootsheck, schlägt schließlich wieder strudelnd zusammen. Sekunden später ist das blaue Rolls-Royce Phantom Coupé schon am Horizont.

 

Phantom Coupe: Raumgreifend, endlos cool, spannend 

Natürlich ist ein Rolls-Royce kein Sportwagen. In einem Phantom wird man sogar regelrecht immunisiert gegen den schnellen Reiz adrenalinpumpender Supersport-Aufreger. Die Fahrt in einem Rolls-Royce ist einfach unbegreiflich, schockierend großartig, und man träumt noch Wochen danach von der Blutadern-zufrierenden Coolness des großen Wagens.

Zugegeben: Angesichts der schieren Menge an Supercar-Konkurrenz hat man ja selbst bei Rolls-Royce ein wenig die Nerven verloren und mit dem neuen Wraith ein Auto vorgestellt, das hinter dem aufgeknöpften Hemdkragen die Brustbehaarung blitzen lässt. Wirklich spannend ist hier aber nur, ob der Wraith auch die abgrundtief magische Faszination eines echten Rolls-Royce besitzt – oder ob er lediglich Opfer des allgemeinen Sportlichkeits-Grundrauschens im automobilen Zeitgeist geworden ist.

Urmeter kann hier freilich nur das Phantom Coupé sein, bisher die fahrdynamisch aufgeschlossenste Offerte im Programm der englischen Marke. Und gleichzeitig mit dem ganzen Charisma des langen Chauffeurs-Phantom ausgestattet. Das Phantom-Erlebnis beginnt bereits beim Einstieg: Während die Hypersportler hier demütigende Verrenkungen fordern und dann eine enge Jetpiloten-Kanzel bieten, schreitet man in einen Phantom lässig hinein. Schwer wie ein Tresor und gleichzeitig mit samtener Willigkeit öffnet sich die hinten angeschlagene Selbstmördertür, man wirft den Hintern auf die Ledersitze, stellt nun die Beine hinterher und lässt auf Knopfdruck die Tür ins Schloss ziehen.

Dann ein zufriedener Rundumblick im gewaltigen Cockpit, die schroffe Armaturentafel in creme-farbenem Klavierlack verleiht unserem Phantom das Gepräge einer Elfenbein-Lokomotive. Zuletzt wird das dünne Lenkrad mit den Fingerspitzen gefasst, der schlanke Automatik-Wählhebel rückt auf D, und schon schiebt der vollendet kultiviert laufende 6,75-Liter-V12 nahezu geräuschlos los.

Wohlgemerkt: Das ist nicht unbeteiligt-geräuschlos, sondern High-Power-Raumschiff-geräuschlos. Zumal der unnachgiebige Anpressdruck im Rücken darauf hinweist, dass der Phantom eine verflixt schnelle Maschine ist. Nach wenigen Sekunden feuert er bereits mit voller Attacke über die schmalen Single-Lane-Landstraßen in den englischen Cotswolds.

ZWEI UNTERSCHIEDLICHE CHARAKTERE

Bei strammen 172 Biturbo-PS mehr wundert es kaum, dass der Wraith seinem älteren Bruder dabei mit heißem Atem im Nacken hängt. Schiere Kraft ist hier kein Problem – war es allerdings auch im Phantom nicht. Denn in dieser Liga zählen am Ende tatsächlich nicht die Zehntelsekunden, sondern das relative motorische Fahrvergnügen. Und das ist bei den beiden einfach unterschiedlich: Der Phantom wuchtet mit gepflegter Eleganz los, er zeigt autoritären Muskel, wird aber nie aufdringlich vom Motor bestimmt.

Früher oder später hängt man den Phantom in der letzten Gangstufe an den Overdrive und surft defensiv auf einer mächtig schiebenden Drehmomentwelle. Mehr Leistung? – Danke, kein Bedarf.

Der Wraith marschiert hingegen immer mit brutalem, beinahe unwirklichem Punch, sein V12 knurrt unter Last wahrnehmbar, und er ist im Extremfall definitiv in der Lage, so einiges an schnellen Sportwagen unbarmherzig zu richten. Dieser motorische Wahnsinn des Wraith könnte für eine jüngere Generation beim Kauf ein Must-have sein – erfahrenen Rolls-Royce-Treibern dürften die Superhelden-Kräfte des Wraith ein müdes Achselzucken entlocken.

Auch in den engen Kehren, die sich hier zwischen Bristol und Cirencester über grüne Hügelketten werfen, können die ungleichen Brüder keinen Emotions-Sieger herausfahren: Der Wraith gibt sich zwar um ein Vielfaches moderner, komprimierter und konzentrierter, zum Gokart wird das 5,30-Meter-Coupé aber immer noch nicht. Solide und energisch pfeilt das wilde Gespenst mit dem bösen Fastback-Heck um die Kehren, dank luftgefedertem Adaptiv-Fahrwerk ist es trotz ausgezeichneten Komforts beeindruckend willig unterwegs – aber der Lenkrad-Connaisseur im wenige Sekunden später vorbeihastenden Phantom könnte unter Umständen sogar den größeren Fahrspaß  haben. 

Hier muss gearbeitet werden, gezielt, abgewogen, dosiert und fachmännisch ausgeritten – unterm Strich eine äußerst vergnügliche Art der Fortbewegung. Munteres Reifenquietschen inklusive.

 

Der Wraith ist eine Gaumenfreude

Genau das ist der Moment, in dem der Phantom seinem jüngeren Bruder die eine oder andere Lektion in Sachen Lässigkeit erteilt. So gibt sich der Wraith mit ausgefeilten Gimmicks wie etwa dem satellitengestützten Getriebe zwar alle Mühe, einen authentischen Spagat zwischen Moderne und Marken-Tradition zu schaffen: Das Navigationssystem erkennt hier Kurven voraus, der Computer eine sportive Fahrweise – also wird trotz Gas-wegnehmens vor der ersten Kurve nicht Cruiser-mäßig hochgeschaltet. Trotzdem ist das Phantom Coupé im Kern das spannendere und geheimnisvollere Fahrzeug.

Der Wraith macht die Marke Rolls-Royce jedoch wesentlich zugänglicher: Mehr unmittelbare Dynamik, haarsträubende Kraft und ein Hauch von Kernigkeit dienen als Amuse Gueule für Supersport-Aussteiger. Und irgendwann ist man bereit für den Echten.

TECHNIK
   

ROLLS-ROYCE WRAITH
ROLLS-ROYCE PHANTOM COUPE
Antrieb V12-Zylinder, 4-Ventiler, Biturbo, Direkteinspritzung; Bohrung x Hub: 89,0 x 88,3 mm; Verdichtung: 10,0:1;
Hubraum: 6592 cm3; Leistung: 465 kW/632 PS bei 5600/min; max. Drehmoment: 800 nm bei 1500 /min; 8-Stufen-Automatik; Hinterradantrieb
V12-Zylinder, 4-Ventiler, Direkteinspritzung; Bohrung x Hub: 92,0 x 84,6 mm; Verdichtung: 11,0:1;
Hubraum: 6749 cm3; Leistung: 338 kW/460 PS bei 5350/min; max. Drehmoment: 720 nm bei 3500/min;
8-Stufen-Automatik; Hinterradantrieb
Aufbau+Fahrwerk Zweitüriges Coupé; vorn: Doppelquerlenker, Luftfederung-/dämfpung, Stabilisator; hinten: Mehrfachlenkerachse, Luftfederung-/dämpfung, Stabilisator; DSC (ESP); Bremsen: rundum innnenbel. Scheiben; ABS, Bremsassistent; Reifen: v.: 255/45 R 20 Y, h.: 285/40 R 20 Y Zweitüriges Coupé; vorn: Doppelquerlenker, Luftfederung-/dämfpung, Stabilisator; hinten: Doppelquerlenker, Luftfederung-/dämpfung, Stabilisator; DSC (ESP); Bremsen: rundum innnenbel.Scheiben; ABS, Bremsassistent;
Reifen: v.: 255/50 R 21 w, h.: 285/45 R 21 W
Eckdaten L/B/H: 5269/1947/1507 mm; Radstand: 3112 mm; Leergewicht: 2360 kg; Kofferraumvolumen: 470 kg; Verbrauch: 14,0 l/100 km; Beschleunigung: 0 auf 100 km/h in 4,6 s; Höchstgeschw.: 250 km/h; Grundpreis: 279.530 Euro L/B/H: 5612/1987/1598 mm; Radstand: 3320 mm; Leergewicht: 2580 kg; Kofferraumvolumen: 395 kg; Verbrauch: 14,8 l/100 km; Beschleunigung: 0 auf 100 km/h in 5,8 s; Höchstgeschw.: 250 km/h; Grundpreis: 437.000 Euro

Johannes Riegsinger

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