Porsche Boxster GTS 2014: Neues Topmodell gefahren Noch dynamischer und besser
So viel ist mittlerweile klar: Auch der kleinste Porsche ist ein echter Sportwagen. Ganz besonders gilt dies für das neue Topmodell Boxster GTS. Fahrbericht
So mancher träumte bei der Einführung der Boxster-Baureihe 1996 schon vom Billig-Porsche für Einsteiger. Wirklich wahr wurde dieser Traum jedoch nie und wird es wohl auch nicht werden. Stattdessen hat sich der Mittelmotor-Roadster längst zum ernstzunehmenden Sportgerät gemausert, das seinem Besitzer nicht nur lieb, sondern auch teuer ist. Gern wird in Performance-steigernde Extras wie die adaptive Federung (PASM), das Sport Chrono Paket inklusive Launch Control oder die unverschämt klangstarke Sportabgasanlage investiert.
Porsche Boxster GTS 2014: leichtes, nicht billiges Vergnügen
Das Blättern in der Aufpreisliste kann man sich nun sparen – jetzt gibt es das ganze Paket serienmäßig im besonders sportlichen Topmodell Porsche Boxster GTS. Im Vergleich zum Boxster S (310 PS) kommen obendrein noch 20 PS hinzu, eine eigenständige Optik mit abgedunkelten Leuchten (vorn Bi-Xenon), geschwärzten Abgasendrohren, die von einem neuen Diffusoreinsatz umrahmt werden, sowie größeren, modifi zierten Lufteinlässen in der Front. Innen empfängt uns der GTS mit serienmäßigen Leder-Alcantara-Sportsitzen, und im Cockpit strahlt einem der leuchtend rote Drehzahlmesser entgegen.
Womit der GTS einen prägenden Wesenszug betont, denn der 3,4-Liter-Sechszylinder-Boxermotor zählt mit seinen nun 330 PS zu den drehfreudigsten seiner Art. Das soll nicht heißen, dass es dem Porsche von untenheraus an Durchzugskraft fehlt, im Gegenteil. Kurz oberhalb der Leerlaufdrehzahl setzt der Sechszylinder-Saugmotor bereitwillig Vollgasbefehle in spürbare Beschleunigung um. Doch richtig munter wird der Boxer erst oberhalb von 4000 Touren, also in Drehzahlregionen, die das sonst frühzeitig hochschaltende Doppelkupplungsgetriebe (PDK, 3457 Euro) an sich zu vermeiden hilft. Es sei denn, man bewegt sich im bedeutend kurzweiligeren Sportmodus: Herzerfrischend schnalzt der GTS dann die komplette Tonleiter rauf und runter, die von Leerlauf-Drehzahl bis 7800 Touren reicht.
Den Takt gibt dabei das stets passend und flink schaltende Doppelkupplungsgetriebe vor, wobei das Motormanagement beim Herunterschalten das freiwillig oder unfreiwillig zuhörende Publikum mit dramatischen Zwischengasstößen unterhält, akustisch verstärkt durch die geöffnete Sportauspuffklappe. Das alles verspricht schon mal einen kurzweiligen Nachmittag auf der sonnigen Landstraße, aber es geht noch heftiger: Wer mit dem Boxster GTS auf die Rennstrecke abbiegt, fordert den ganzen Porsche am besten im Sport Plus Modus.
Jetzt sorgt die Schaltlogik des PDK oder der Fahrer selbst per Schaltwippen für konsequentes Ausdrehen der Gänge, sodass man sich bevorzugt im Bereich der Nenndrehzahl, also oberhalb von 6000 Touren bewegt. Entsprechenden Vortrieb erntet der Fahrer besonders beim Herausbeschleunigen aus Kurven dank des für einen 3,4-Liter-Sauger beeindruckenden Drehmomentniveaus von 370 Nm – und natürlich auch wegen der exzellenten Traktion der 20-Zoll-Räder (hinten: 265/35 ZR 20).
Wie es sich für ein Dynamikkonzentrat aus Zuffenhausen gehört, achtet auch der Boxster GTS auf seine Linie und bleibt (mit PDK) unter 1400 kg Leergewicht. Und das spürt man in jeder Kurve, die der Boxster mit herrlich präzisen Lenkreaktionen spontan und sicher nimmt. Selbst mit eingeschaltetem ESP (PSM) lassen sich die höheren Sphären des Grenzbereichs erkunden – stets sicher, aber trotzdem unverschämt schnell mit heftigem Querbeschleunigungs- und Suchtpotenzial. Doch Suchtmittel sind meist teuer, selbst wenn sie legal sind.
Der nüchterne Kostenrechner stellt am Ende aber sogar fest, dass ein echter GTS günstiger kommt als ein mit GTS-Extras aufgerüsteter Boxster S. Doch reden wir nicht drumherum: Etwa 70.000 Euro sind für das feuerrote Spielmobil hier fällig, mit Doppelkupplungsgetriebe (PDK) sind es exakt 73.405,95 Euro. Und da sind Goodies wie die Karbon-Keramik-Bremse (7319 Euro) – erkennbar an den gelben Bremssätteln – oder das Handling-fördernde Torque Vectoring (PTV) für 1309 Euro noch nicht dabei. Wer die GTS-Zutaten gern noch extremer spüren möchte und lieber auf ein festes Dach statt auf das perfekt und schnell funktionierende elektrische Boxster-Verdeck vertraut, kann auch den Cayman GTS (340 PS, ab 73.757 Euro) wählen. Einmal genossen, möchte man aber auf das offene Fahrvergnügen im Boxster GTS nur ungern verzichten.
TECHNIK |
|
PORSCHE Boxster GTS |
|
Motor | 6-Zylinder-Boxer, 4-Ventiler, Direkteinspritzung |
Hubraum | 3436 cm3 |
Leistung | 243 kW / 330 PS bei 6700 /min |
Drehmoment | 370 Nm bei 4500 – 5800 /min |
Getriebe | 7-Gang, Doppelkupplung |
Antrieb | Hinterrad |
Fahrwerk | v.: McPherson-Federbeine, Längs-/Querlenker; h.: Mehrfachlenkerachse, Federn; rundum: adaptive Dämpfer, Stabi., PSM (ESP) |
Reifen | v.: 235/35 ZR 20; h.: 265/35 ZR 20 |
L/B/H | 4404/1801/1273 mm |
Radstand | 2475 mm |
Leergewicht | 1375 kg |
Kofferraum | v.: 150 l; h.: 130 l |
Fahrleistungen1 | 0-100 km/h in 4,7 s 0-200 km/h in 17,0 s |
Höchstgeschwindigkeit1 | 279 km/h |
EU-Verbrauch1 | 8,2 l SP/100 km |
CO2-Ausstoß1 | 190 g/km |
Grundpreis2 | 73.406 Euro |
2 inkl. PDK, mit 6-Gang-Schaltung: 69.949 Euro
Als GTS wird der Boxster noch dynamischer, technisch anspruchsvoller, also schlicht besser und macht damit einen gut ausgestatteten Boxster S überflüssig.
Jürgen Voigt