Opel Kadett GSi/VW Golf GTI: Erzrivalen im Vergleich
GSi und GTI – das Duell der 80er
Golf kontra Kadett: Das war lange Zeit das urdeutsche Duell in der Kompaktklasse – und der Opel Kadett GSi und der VW Golf GTI die Speerspitzen im Rennen um die Gunst der Kundschaft. Classic Cars hat sie jetzt wieder im Vergleich!
Schienen Käfer und Kadett noch aus unterschiedlichen Welten zu stammen, spitzte sich der Wettbewerb 1974 mit Erscheinen des VW Golf I zu: Wolfsburg trat mit moderner Technik gegen den gerade erst vorgestellten und plötzlich altbacken wirkenden Opel Kadett C an. Fünf Jahre später setzte auch Opel auf den Vorderradantrieb. Die Konkurrenten rückten sich auf die Pelle. Mitte der 80er-Jahre war das Wettrüsten kaum noch aufzuhalten. Dabei waren die Zeiten des Macho-Gehabes vorbei: Auch als Opel Kadett GSi und VW Golf GTI präsentierten sich die Kompakten eher sportlich-elegant.
Vorteil für Rüsselsheim: Der Opel Kadett, bei seinem Marktdebüt 1984 gern als "Wind-Ei" verspottet, wirkt bis heute im direkten Vergleich deutlich filigraner, aber auch moderner. Das liegt sicherlich in erster Linie an der flacheren Front und an dem kleinen Kühlergrill. Ein cW-Wert von 0,30 machte die Baureihe seinerzeit zum Aerodynamik-Weltmeister. Dem kurz zuvor vorgestellten Golf II wurde hingegen angekreidet, er sei zu klobig und zu schwer geworden. So drohte die Leichtigkeit des Ur-GTI verloren zu gehen. Tatsächlich überschritt der VW Golf II GTI die 1000-kg-Marke, während der Opel Kadett E GSi deutlich darunter blieb. Auch interessant: Unsere Produkttipps bei Amazon
VW Golf 8 GTI (2020) im Fahrbericht (Video):
Opel Kadett GSi im Vergleich zum VW Golf GTI agiler
Mehr als die nackten Daten verraten die Fahreindrücke: Der Opel Kadett GSi fühlt sich im Vergleich in der Tat agiler an als der VW Golf GTI, er gleitet auch bei hohem Tempo souverän über die Bahn und fährt – dank der damaligen Arbeit im Windkanal – bis zu 200 km/h schnell. Außerdem spielt die strömungsgünstige Karosserie dem Spritverbrauch in die Karten. Die Sitzposition ist optimal, Lenkung und Schaltung lassen sich hervorragend bedienen. Das ist nicht immer so: Je nach Laufleistung können die Kadett-Getriebe extrem hakelig werden. Auf die Qualitäten des hier gezeigten GSi aus dem Opel-Classic-Fuhrpark setzte übrigens auch schon Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt: Ihm gehörte das Auto von 1991 bis 1996.
Der VW Golf GTI fühlt sich im Vergleich gediegener und ausgereifter an. Er verzichtet auf "Spielereien" wie das Mäusekino, das Cockpit bietet die bewährte VW-Tugend: Man kann es quasi blind bedienen. Alles sitzt da, wo man es vermutet, die Rundinstrumente im Tacho wirken wie alte Bekannte. Äußerlich gibt sich der Golf wuchtig: Das von Volkswagen Classic zur Verfügung gestellte 89er-Modell trägt bereits die größeren Facelift-Stoßfänger. Doppelscheinwerfer und der rote Rahmen um den Kühlergrill waren schon in der ersten Generation ein ebenso wesentliches Erkennungsmerkmal des VW Golf GTI wie die Radlaufverbreiterungen. Fast hat man das Gefühl, als würde gerade dieser bullige Auftritt den Wolfsburger einbremsen: Bei 186 km/h ist Schluss.
Rüsselsheim vs. Wolfsburg: Motorisches Wetterüsten
Mit 107 PS (79 kW) unterbot der Kat-gereinigte VW Golf II GTI damals seinen Vorgänger sogar noch um fünf PS (4 kW). Opel hingegen konnte die 115 PS (85 kW) des Kadett D GTE mit in die nächste Generation retten – zunächst aus 1,8 l Hubraum ohne Kat, ab 1987 aus 2,0 l mit Kat. Gute 1,4 s nahm der 2,0-l-GSi seinem Rivalen im Sprint von null auf 100 km/h ab. Damit war der Schlagabtausch endgültig eröffnet: VW legte bereits 1986 mit dem 139 PS (102 kW) starken 16V nach, Opel konterte 1988 ebenfalls mit einem Vierventiler. In Wolfsburg beziehungsweise Hannover (bei VW Motorsport) schraubte man die Leistungsspirale hoch bis auf 210 PS (154 kW) im seltenen und teuren Golf Limited mit G-Lader. Opel ging das Wettrüsten nicht länger mit und zog bei maximal 156 PS beziehungsweise 115 kW (für Export-Modelle, sonst 150 PS/110 kW) die Reißleine. Die Tuner erledigten bei Bedarf den Rest. Auf innenbelüftete Scheibenbremsen an der Vorderachse setzten beide, im Gegensatz zu VW verwendete Opel aber bei den Zweiventilern hinten noch Trommeln.
Beide Modelle konnten sowohl mit zwei als auch mit vier Türen bestellt werden, Opel wartete sogar mit einem Cabrio auf. Damit waren Opel Kadett GSi und VW Golf GTI nicht nur sportlich, sondern auch familientauglich. Dass der Kadett durch die schräge C-Säule und den Heckspoiler etwas unübersichtlicher war als der Golf – geschenkt! Dafür war seine Ladekante niedriger und breiter. Bei den Vierventilern hatte Volkswagen das Fahrwerk noch einmal nachgeschärft, sodass sich der Basis-GTI im Vergleich deutlich komfortabler – deswegen aber längst nicht unsportlich – fuhr. Opel machte es beim GSi 16V im Übrigen nicht anders.
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Verarbeitung rettet Golf über die Jahre
Heute, im Klassiker-Alter, hat sich das Bild etwas gewandelt: Seine solide Verarbeitung und sein Image haben den GTI über die Jahre gerettet, der GSi ist deutlich seltener geworden. Große Rostprobleme schädigten den Ruf des Rüsselsheimer Bestsellers, viele Autos wurden verbastelt und verheizt. Und so liegt der Marktwert eines Opel Kadett GSi heute zwar rund 2000 Euro unter dem des VW Golf GTI – zu bekommen ist aber trotzdem eher ein guter Volkswagen. Ein ähnliches Bild zeichnet sich bei den 16V-Modellen ab. Nur beim Cabrio hat Opel wieder die Nase vorn: Ein offizielles GTI-Cabrio gab es nicht, auch wenn dessen Technik für den offenen GLI übernommen wurde. Opel mag mit dem Kadett damals durchaus das bessere Paket abgeliefert haben: Langfristig gesehen hat sich allerdings der Golf bewährt.
Technische Daten & Messwerte von Opel Kadett GSi & VW Golf 2 GTI
Classic Cars 03/2023 | Opel Kadett E GSi | VW Golf 2 GTI |
Zylinder/Ventile pro Zylin. | 4/2 | 4/2 |
Hubraum | 1998 cm³ | 1781 cm³ |
Leistung | 85 kW/115 PS bei 5400 /min | 79 kW/107 PS bei 5400 /min |
Max. Gesamtdrehmoment bei | 170 Nm bei 3000 /min | 157 Nm bei 3800 /min |
Getriebe/Antrieb | Fünfgang-Schaltgetriebe/Vorderrad | Fünfgang-Schaltgetriebe/Vorderrad |
L/B/H | 3998/1666/1395 mm | 3985/1680/1405 mm |
Leergewicht | 950 kg | 1030 kg |
Bauzeit | 1984-1991 | 1984-1987 |
Stückzahl | 3,78 Mio. (Kadett E gesamt) | 6,3 Mio. (Golf 2 gesamt) |
Beschleunigung null auf 100 km/h | 8,9 s | 10,3 s |
Höchstgeschwindigkeit | 200 km/h | 186 km/h |
Verbrauch auf 100 km | 8,7 l S | 9,6 l S |
Preis (Jahr) | 25.425 Mark (1988) | 26.930 Mark (1988) |