RUF Turbo Florio: Sportler auf Porsche 911-Basis im Fahrbericht Air und Flair
Der RUF Turbo Florio verbindet 645 Turbo-PS mit Porsche-Targa-Frischluftgenuss. Fahrbericht
Seit mehr als drei Jahrzehnten steht RUF Automobile als eigener Hersteller für besonders fahrdynamische Kreationen auf Porsche-Basis, und gern bringt es Firmenchef Alois Ruf wie folgt auf den Punkt: „Zu uns kommen diejenigen Kunden, die noch etwas mehr Porsche wollen.“ Dieses Mehr bezieht sich dabei stets auf das Gesamtfahrzeug, und so bleiben weder Motor noch Fahrwerk, Karosserie oder Interieur unangetastet. Wie auch bei der jüngsten Kreation des im bayerischen Pfaffenhausen angesiedelten Unternehmens – dem Turbo Florio. Er ist gewissermaßen eine Hommage an den Begründer der Targa Florio, Vincenzo Florio, der einst auch den ersten Motorwagen nach Sizilien brachte.
RUF Turbo Florio: 645 Turbo-PS und Targa-Genuss
Was Unbedarften auf den ersten flüchtigen Blick zunächst als ein optisch modifizierter aktueller Porsche 911 Targa 4S erscheinen mag, entpuppt sich im Fahrbetrieb jedoch als eine der fahrdynamischsten Möglichkeiten überhaupt, Frischluftspaß und Porsche-911-Feeling im Verbund zu genießen. So tritt im RUF Turbo Florio an die Stelle des 400 PS starken 3,8-Liter-Saugmotors der Antriebsstrang des nominell 520 PS kräftigen 911 Turbo, der in Eigenentwicklung auf gewaltige 645 PS Leistung gebracht wurde. Dafür wurden dem mittels zweier Turbolader zwangsbeatmeten 3,8-Liter-Sechszylinder-Boxer bei RUF nicht nur neue Kennfelder eingespeist, sondern die Techniker erhöhten mittels geänderter Abgasanlage und neuer Katalysatoren auch auslassseitig den Durchsatz.
Zudem erhielt die Porsche-Targa-Karosserie zwei große, wahrlich kunstvoll gestaltete Lufteinlässe auf den Oberseiten der hinteren Kotflügel, um den beiden Ladeluftkühlern einen besonders wirkungsvollen Wärmeaustausch zu ermöglichen. Im Fahrbetrieb gleicht der Turbo Florio geradezu einer Neuauflage von Dr. Jekyll und Mr. Hyde, so wandelbar zeigt er sich in seinem Charakter. Ruhig, unaufdringlich und mit absoluter Alltagstauglichkeit gibt er trotz des gewaltigen Leistungszuwachses von 245 PS den souveränen Begleiter für Lustfahrten mit geöffnetem Dach bei strahlendem Sonnenschein.
Werden indes die 645 PS abgerufen und die mittels Sport- und Sport-Plus-Modus abrufbaren „scharfen“ Kennfelder für das Ansprechverhalten des Motors und die Schaltstrategien des 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebes aktiviert, wandelt sich der RUF Turbo Florio förmlich in eine Boden-Boden-Rakete, die die Verbindung zwischen zwei Kurven quasi per Nachbrenner verkürzt, was die glaubhaften Werksangaben unterstreichen: Nach nur 3,0 s durcheilt er die 100-km/h-Marke, und bereits nach 9,2 s steht Tempo 200 auf dem Tachometer, dessen Zifferblatt, wie auch das der übrigen Instrumente, das hauseigene RUF-Design ziert.
Mit kaum fassbaren 338 km/h rennt der Turbo Florio zudem glatte 23 km/h schneller als ein 911 Turbo, und den 911 Targa 4S deklassiert er mit einem Speedplus von 44 km/h geradezu. Für die konsequente Umsetzung der eindrucksvoll gesteigerten Motor-Performance sorgen ein leicht gestrafftes eigenes RUF-Fahrwerk sowie die Porsche-PCCB-Karbon-Keramik-Bremsanlage mit mächtigen Festsätteln im RUF-Design. Ein erhöhtes Maß an Querbeschleunigung erlauben darüber hinaus die standesgemäßen, auf hauseigenen RUF-Rädern aufgezogene Pneus der Größe 255/30 ZR 20 vorn respektive 325/25 ZR 20 hinten.
Für 308.805 Euro empfängt der RUF Turbo Florio seinen Bändiger obendrein mit gekonnt verfeinerter Formensprache. Etwa einer neu entwickelten, bei Bedarf per Knopfdruck um 35 mm anzuhebenden Bugschürze mit fein gearbeiteter Spoilerlippe aus Sicht-Karbon oder dem feststehenden Heckspoiler, der Reminiszenzen an den Entenbürzel des 911 Carrera RS vor über 40 Jahren weckt.
RUF kredenzt mit dem Turbo Florio eine Schöpfung auf Basis des 911, die Enthusiasten vom Werk so nicht erhalten: fahrdynamisch, formensprachlich und fertigungstechnisch in einer Qualität, die einen schlichtweg begeistert.
Jürgen Gassebner