BMW X4 xDrive35d vs. Audi SQ5: Vergleichstest zweier Power-SUV Schräge Nummer
Inspiriert vom Erfolg des großen X6 präsentiert BMW jetzt auch eine Klasse darunter ein Schrägheck-SUV. Im ersten Vergleichstest tritt der neue BMW X4 xDrive35d mit dem 313-PS-Topdiesel gegen den gleich starken Audi SQ5 an.
Als BMW 2008 den X6 auf den Markt brachte, ernteten die Münchner in erster Linie eines – ungläubiges Kopfschütteln. Wer braucht denn so etwas? Ein SUV mit Coupé-hafter Dachlinie, das im Vergleich zum Steilheck-X5 nicht nur praktische Nachteile mit sich bringt, sondern auch noch teurer ist? Doch was ist schon logisch auf dieser Welt? Und der Erfolg des schrägen SUVs gibt den Münchner Marketingstrategen Recht. Nicht umsonst hat Mercedes vor kurzem den X6-Kontrahenten MLC angekündigt.
Doch nicht nur in der SUV-Oberklasse ist BMW der Konkurrenz weit voraus und hat bereits die zweite X6-Generation präsentiert – in der Mittelklasse verfahren die Bayern nach dem gleichem Schema und stellen dem X3 den X4 zur Seite. Im ersten Kräftemessen muss sich der Neue in einem rein bayerischen Duell gegen den Audi SQ5 behaupten.
BMW X4 xDrive35d und Audi SQ5: Karosserie
Das Coupé-hafte Dach des X4 drückt hinten aufs Haupt
Wer schön sein will, muss leiden, sagt der Volksmund und hat im Falle des X4 mal wieder Recht – zumindest, wenn es sich um Personen über 1,80 Meter Größe handelt. Dann nämlich drückt der Dachhimmel den Fondpassagieren aufs Haupt. Abgesehen davon können sich die hinten Sitzenden nicht beklagen: Die Beinfreiheit liegt auf dem Niveau des Audi SQ5. Dass dieser dennoch eine ganze Ecke größer wirkt, liegt an der deutlich opulenteren Innenraumbreite, und auch über dem Scheitel hat der Ingolstädter in beiden Reihen spürbar mehr Luft.
Im Gepäckabteil kostet das Schrägheck im Vergleich zum kombiähnlichen X3 ebenfalls Stauraum. 500 bis 1400 Liter gehen unter die serienmäßig elektrisch öffnende Heckklappe (minus 50 bzw. 200 l). Kein Wunder, dass auch hier der praktischer veranlagte Audi mehr zu bieten hat. 540 bis 1560 Liter bei umgeklappter Rücksitzbank fasst sein Kofferraum. In Sachen Zugfähigkeit herrscht hingegen Gleichstand zwischen den beiden Bajuwaren: Maximal 2,4 Tonen dürfen sie an den Haken nehmen.
Blickt man auf die beiden hochwertigen Armaturenbretter, wird schnell sichtbar, welches der zwei SUV das neuere Auto ist: Mit dem deutlich größeren Bildschirm sowie dem schneller erlernbaren iDrive-Bediensystem unterstreichen die Münchner erneut ihre Spitzenstellung auf dem Feld der Bedienbarkeit. Der Audi, der ohne Touch-Eingabefläche und optionales Head-up-Display auskommen muss, wirkt im direkten Vergleich etwas angegraut. Wieder mal wird hier deutlich, dass Autos heutzutage als erstes wegen ihres Infotainmentsystems rasch altern.
AUDI SQ5 | BMW X4 xDrive35d |
313 PS | 313 PS |
0-100 km/h in 5,2 s | 0-100 km/h in 5,4 s |
Allradantrieb | Allradantrieb |
Spitze 250 km/h | Spitze 247 km/h |
Grundpreis: 60.000 Euro |
Grundpreis: 60.100 Euro |
Einleitung / Karosserie
Fahrkomfort / Motor & Getriebe
Fahrdynamik / Umwelt & Kosten
Fazit
Fahrkomfort
Knackig-straff der Audi, komfortabel der BMW
Keine Frage, ein S-Modell darf durchaus straff abgestimmt sein. Immerhin handelt es sich im Falle des Audi SQ5 sogar um die Spitze der Q5-Baureihe. Dennoch muss die Frage erlaubt sein, ob die Ingolstädter nicht vielleicht etwas über das Ziel hinausgeschossen sind. Der Audi berichtet speziell bei niedrigen Geschwindigkeiten sehr detailgetreu über den Zustand der Fahrbahnbeschaffenheit.
Auf der Autobahn bessert sich das Schluckvermögen zwar, kurze Bodenwellen werden aber auch dann recht trocken zu den Insassen durchgereicht. Unverständlich ist überdies, dass es für den SQ5 im Gegensatz zu den meisten anderen Q5-Modellen keine adaptiven Dämpfer gibt. Wie es besser und deutlich komfortabler geht, beweist der X4.
Mit der adaptiven Dämpferregelung an Bord eliminiert der Münchner die meisten Nachlässigkeiten der Straßenbauer gekonnt, allein bei tiefen Bodenwellen und hoher Zuladung offenbart er im Komfort-Modus eine etwas zu schwache Dämpfung. In den übrigen Disziplinen liegen die beiden Bayern eng beisammen. Der X4 verbucht leichte Vorteile beim Geräuschkomfort, lässt aber in puncto Sitzkomfort aufgrund seiner unbequemeren und nur zwei Personen zumutbaren Rückbank einige Zähler liegen.
Motor/Getriebe
Die Biturbo-Diesel haben Schmalz ohne Ende
Es ist müßig zu rätseln, wer hier bei wem abgeschaut hat. Fakt ist: Beide Dieselmotoren mit zweistufiger Registeraufladung leisten 313 Pferdestärken und türmen gewaltige Drehmomentberge auf. 630 Nm hoch ist dieser im Falle des X4 xDrive35d; der SQ5 legt nochmals 20 Newtonmeter drauf.
Entsprechend rasant fallen die Fahrleistungen aus: Null bis 100 km/h erledigen beide in wenig mehr als fünf Sekunden (Audi: 5,2 s; BMW: 5,4 s), und wenn es sein muss, geht es mit bis zu 250 km/h über die Autobahn. Verwaltet wird die Diesel-Power in beiden SUV von einer Achtstufen-Automatik, wobei der X4-Automat die Gänge noch etwas geschmeidiger wechselt.
Besonders beim flotten Ampelstart nervt die Tiptronic im Audi mit einem ruckartigen Wechsel vom ersten in den zweiten Gang. Im Gegenzug arbeitet die serienmäßige Start-Stopp-Automatik des Audi SQ5 auffallend geschmeidig, doch auch das BMW-Pendant agiert erfreulich ruckarm – anders als bei den Vierzylinder-Dieseln.
Mit dem um 0,4 Liter niedrigeren Testverbrauch von 8,8 l/100 km sowie der spontaneren Kraftentfaltung bei niedrigen Drehzahlen sichert sich der BMW den Sieg im Motorenkapitel.
Fahrdynamik
Der SQ5 legt eine kesse Sohle aufs Parkett
Im Kapitel Fahrkomfort musste der Audi noch Prügel für seine straffe Fahrwerksabstimmung einstecken, bei den Fahrdyamikmessungen profitiert er eindeutig davon. Mit nur geringen Aufbaubewegungen, einer unerschütterlichen Fahrsicherheit und einem bemerkenswert neutralen und nahezu lastwechselfreien Fahrverhalten lässt der SQ5 auf dem Handlingkurs sein strammes Leergewicht von über zwei Tonnen fast vergessen und den handlicher wirkenden X4 hinter sich.
Der drängt in Kurven jedoch früher über die Vorderräder nach außen, wogegen auch die bedarfsgerechte Drehmomentverteilung an der Hinterachse per Bremseingriff wenig auszurichten vermag, erfordert zudem mehr Lenkarbeit und schert bei provozierten Lastwechseln und teil-deaktiviertem ESP auch stärker mit dem Heck aus.
Auf abgesperrter Piste und kurvigen Landstraßen entpuppt sich der SQ5 als verkappter Sportler im SUV-Kleid, dem der BMW trotz ebenfalls üppiger 19-Zoll-Mischbereifung (Audi: 20 Zoll) nicht folgen kann.
Umwelt/Kosten
Audi und BMW kommen nahezu gleich teuer
Nicht nur bei der Motorleistung, auch bei der Preisgestaltung habe sich die beiden rivalisierenden Marken genau im Visier. Glatte 60.000 Euro verlangt Audi für den Top-Q5, hundert Euro mehr sind es für den X4 xDrive35d. Auch die Aufpreise in den umfangreichen Ausstattungslisten weichen meist nur wenig voneinander ab.
Da die Unterhaltskosten für Steuer, Versicherung, Wartung und Treibstoff ebenfalls auf nahezu gleichen Niveau liegen, bringt die unbegrenzte Mobilitätsgarantie des Audi die Entscheidung im Kostenkapitel, da es BMW bei lediglich fünf Jahren bewenden lässt. Die übrigen Garantieleistungen für die Technik und den Lack sowie gegen Durchrostung sind hingegen identisch.
FAZIT
Mit hauchdünnem Vorsprung kann sich der Audi SQ5 gegen den BMW X4 xDrive35d behaupten. Zu verdanken hat er dies seiner sehr überzeugenden Fahrdynamik-Vorstellung. Darüber hinaus punktet er mit seiner geräumigen Karosserie, der peniblen Verbarbeitung sowie dem kraftvollen Diesel. Allerdings geht der Sportsgeist zu Lasten des Komforts, und das Bediensystem bräuchte ein Update.
Der BMW verliert nur knapp. Seine sportlich-sparsame Motor-Getriebe-Einheit ist ein Gedicht, der gebotene Fahrkomfort eine ganze Klasse besser als im Audi, und das iDrive-System setzt nach wie vor Maßstäbe. Die Coupé-hafte Form geht allerdings zu Lasten des Raumangebots.
Technische Daten & Gesamtbewertung als PDF zum nachlesen
Alexander Lidl