Die größten Flops der Autogeschichte: Top-12
Die Autos sind genial daneben
VW Phaeton
Mitte der 90er-Jahre ersann VW-Chef Piëch eine große Zukunft für seine Marke: Neben Brot-und-Butter-Autos sollte der Konzern auch für Prestige, Luxus und Performance stehen. Während die Serienproduktion des Supersportwagens VW Nardo mit der Übernahme von Bugatti abgewendet werden konnte, ließ sich der Enkel von Ferdinand Porsche von seinem Vorhaben, eine Luxuslimousine zu bauen, nicht abbringen. Natürlich durfte so ein Modell nicht einfach neben Golf, Polo und Sharan vom Band laufen. Nein, es musste eine neue, alles Dagewesene übertreffende Produktionsanlage sein: die Gläserne Manufaktur in Dresden. Und aus Sicht der Fertigungsqualität war der VW Phaeton auf ganzer Linie geglückt und ein echter Konkurrent für die Limousinen-Elite. Wäre da nicht das VW-Logo gewesen: Von Anfang an fehlte dem Phaeton die Noblesse der Konkurrenz. Er sah aus wie ein aufgeblasener Passat und damit wollten sich nur die Wenigsten auf Gala-Veranstaltungen oder Business-Dinners sehen lassen. Besonders hart traf es den Luxus-VW in den USA, wo er schon nach wenigen Jahren wieder vom Markt genommen wurde. In 15 Produktionsjahren entstanden nur etwa 80.000 Stück – VW hatte ursprünglich mit 20.000 bis 30.000 Verkäufen pro Jahr gerechnet. Noch höher als die etwa 28.000 Euro Miese, die die Wolfsburger:innen pro Auto machten, war nur der Wertverlust des Phaeton.
Foto: VW
Tucker Torpedo
Dieser Wagen hätte die Autowelt auf den Kopf stellen und die Konzerne in Detroit vorführen können. Doch der Tucker Torpedo kam nie auf den Markt. Preston Tucker trat 1947 als Einzelkämpfer gegen GM, Ford und Chrysler an. Sein Prototyp nahm Sicherheits-Innovationen der nächsten 30 Jahre vorweg: Karosserie mit integriertem Überrollbügel, gepolsterter Armaturenträger, Frontscheibe aus laminiertem Sicherheitsglas, Scheibenbremsen, Kurvenlicht. Anstelle eines Getriebes sollten Drehmomentwandler direkt an den Rädern zum Einsatz kommen. Um den Produktionsstart zu finanzieren, führte Tucker einen Prototyp vor und verkaufte Händlerlizenzen. Doch als herauskam, dass der halb fertige Versuchswagen nicht rückwärts fahren konnte, drehte die Stimmung. Tucker wurde wegen Veruntreuung und Verschwörung angeklagt. Als das Verfahren 1950 mit einem Freispruch endete, war Tuckers Traum längst nicht mehr zu retten.
Foto: Evan Klein
Triumph Acclaim
Es war der Start einer britisch-japanischen Freundschaft: Die Engländer:innen gewöhnten sich und ihren Autos das Streiken ab. Die Japaner:innen lernten, dass die Kundschaft in Europa andere Farben und Formen bevorzugt als sein Pendant in Nordamerika. Auch wenn die Brit:innen mit ihrer Vorliebe für Pastelltöne und beigefarbene Armaturentafeln nicht unbedingt ganz Europa repräsentierten, öffnete die Allianz mit ihnen Honda doch einen neuen Zugang zur alten Welt. Das erste Produkt der Kooperation ließ allerdings nur erahnen, welches Potenzial darin steckte. Unter der mintgrünen Lackierung war der Acclaim ein durch und durch japanischer Honda Ballad, gebaut ab 1981 im alten Morris-Werk Cowley. Er besaß wenig Platz und wenig Komfort, insofern war er ein typischer Triumph. Doch ihm fehlte zudem jeglicher Sportsgeist. Der kleine Viertürer taugte allenfalls dazu, Tante Priscilla von Middle Fritham nach Nether Addlethorpe zu kutschieren. Nach drei Jahren und über 130.000 Exemplaren fand die Marke Triumph mit ihm ein graumäusiges Ende. Der genauso belanglose Nachfolger hieß Rover 213. Am Tropf Hondas hielt sich Austin-Rover noch gut über Wasser. Dann tranken die Marke Tee mit BMW...
Foto: AUTO ZEITUNG
Talbot Tagora
Das einzig Konsequente in der Vita dieser 1980 präsentierten Limousine war ihr radikal rechteckiges Grunddesign. Alles andere, von der Motorenauswahl bis zum Markennamen, blieb eine Ansammlung von lauwarmen Kompromissen. Der Tagora war quasi von Geburt an ein Waisenknabe. Er nahm bei Chrysler Europe Gestalt an und sollte ein großer Simca werden. Doch er wurde von Peugeot zu Ende entwickelt und dann als Talbot verkauft. Bei jedem Wechsel der Patenschaft wurden ihm die Flügel gestutzt, und schon drei Jahre nach dem Debüt stampften sie ihn endgültig in den Boden. Dabei hatte alles so ambitioniert begonnen. Das Urdesign soll ein mutiger Wurf mit Stilelementen nach Art des Citroën SM gewesen sein, doch Chrysler USA ordnete Simplifizierung an, bis kein gehobener Anspruch mehr zu erkennen war. Peugeot übernahm 1979 das europäische Chrysler-Geschäft, damit auch die halbfertige neue Limousine, und nun geschah etwas, wozu nur französische Ingenieur:innen fähig sind: Die Konstruktion wurde nicht optimiert, sondern solange weiter vereinfacht, bis das fertige Auto den eigenen Baureihen 604 und 505 technisch nicht mehr gefährlich werden konnte. Schon 1984 segnete der Talbot Tagora nach nur 20.000 Exemplaren vorzeitig das Zeitliche.
Foto: AUTO ZEITUNG
Renault 11 TSE
1983 brachte Renault als erster Hersteller den Autos das Sprechen bei. Im R11 TSE Electronic forderte eine synthetische Stimme ungefragt dazu auf, die Handbremse zu lösen oder den Ölstand zu prüfen. Dazu blinkten bunte Warnleuchten in einem mit LCD-Anzeigen übersäten Digital-Cockpit auf. Schon im ersten Testwagen steckte der Fehlerteufel: "Achtung, Öldruck fällt! Motor sofort abstellen!", krähte es aus dem Off. Nach einem erschreckten Neustart lief das Auto wieder einwandfrei, meldete der Computer "keine Fehler im System" – nur um zehn Kilometer später erneut alle Alarmsirenen anzuwerfen. Für solche Sperenzchen hatten weder die Testenden noch die Kundschaft Verständnis. Die komplette Baureihe litt unter den Zicken des Topmodells. Nach nur sechs Jahren verlor Renault kein weiteres Wort, löste seinen "Elfer" durch den R19 ab und landete einen Top-Hit.
Foto: AUTO ZEITUNG
Opel Sintra
Von 1929 bis 2017 gehörte Opel zu GM. In dieser Zeit kam vieles über den großen Teich, was Opel gut gebrauchen konnte. Doch hin und wieder legte GM der deutschen Filiale auch ein Kuckucksei ins Nest. 1996 schlüpfte aus einem solchen Ei ein Vogel, den sie besser sofort zum Abschuss freigegeben hätten: der Minivan namens Sintra. Die selbst für Fahrzeuge dieser Art bemerkenswert langweilig gestylte Großraumlimousine aus Alabama trieb bei allen GM-Labels außer Cadillac ihr Unwesen, und auch Opel und Vauxhall blieben nicht verschont. Der Sintra besaß technisch und optisch das gewisse Nichts, aber bis zu acht Sitze und dazu zwei große, schlecht schließende Schiebetüren. Er brachte das Kunststück fertig, die lausige Verarbeitungsqualität seiner europäischen Rivalen im Van-Segment noch klar zu unterbieten. Als im Euro-NCAP-Crashtest die Lenksäule brach, fand seine Karriere ein frühes Ende. Das JD Power Institut servierte GM nachträglich die Rechnung: Der Sintra war 182. und Letzter in der Kunden-Zufriedenheit-Statistik.
Foto: AUTO ZEITUNG
Maybach
Noch höher hinaus als der VW Phaeton wollte Mercedes mit der wieder ins Leben gerufenen Marke Maybach. Das begann schon mit der pompösen Präsentation in einem Glaskasten auf dem Kreuzfahrtschiff "Queen Elizabeth II" unterwegs nach New York. Die Message war klar: Der Maybach sollte das Beste vom Besten werden. Nur logisch, dass die Modelle 57 und 62 auf der Mercedes S-Klasse basierten. Allerdings betraf das nicht die aktuelle W220er-Baureihe, sondern noch ihren Vorgänger W140, der bereits 1998 eingestellt wurde. In Kombination mit dem schwülstigen Design konnte die Luxuslimousine nie so richtig die Erwartungen an ein mindestens 420.000 Euro teures Fahrzeug erfüllen. Auch der Name Maybach war viel weniger potenziellen Kund:innen ein Begriff, als Mercedes gedacht hätte. Die Firma aus Friedrichshafen war schon damals seit 60 Jahren tot und neben Namen wie Rolls-Royce oder Bentley im neuen Jahrtausend chancenlos. Unterm Strich handelte sich Mercedes mit der Maybach-Wiederbelebung einen Milliardenverlust ein, nur ein Fünftel der geplanten Produktion lief tatsächlich aus den Sindelfinger Werkshallen.
Foto: Maybach
Edsel
Mitten im Ford-Konzern klaffte in den 50ern eine Lücke: Es gab kein Gegenstück zu den GM Labels Pontiac und Oldsmobile. Also platzierte man zwischen Ford und Mercury eine weitere Marke: Edsel trat 1957 vom Start weg mit 13 Modellvarianten an. Zur Premierenfeier gab es eine glitzernde TV-Show mit Frank Sinatra, Bing Crosby und Louis Armstrong. 650 Kaufverträge pro Tag waren das Ziel. Doch nicht die Qual der Wahl zwischen 5,8 und 6,5 Litern Hubraum beherrschte die Verkaufsgespräche, sondern ein anderes Thema: der ungewöhnliche, vertikale Kühlergrill. Die Ford-Designer:innen wollten darin ein stilisiertes Pferdehalfter erkennen, doch unter Autofans kursierte rasch die Meinung, die Stilist:innen seien eher von verborgenen Merkmalen der weiblichen Anatomie inspiriert worden. Beide Assoziationen entpuppten sich als ernste Kaufhinderungsgründe. In zwei Jahren presste Ford nur knapp 30.000 Edsel unters US-Volk. Das Zehnfache wäre nötig gewesen, um die Marke zu etablieren. Schon 1959 zog der Konzern den Stecker.
Foto: Scoutsource Communications
Delorean DMC-12
Weltberühmt durch den Film "Zurück in die Zukunft", aber trotzdem ein Flop.
Foto: Daniela Loof
Cadillac Allante
Cadillacs letzte Erfahrungen mit luxuriösen Sport-Cabriolets lagen etwa fünf Jahrzehnte zurück, als die Firma sich entschloss, ab 1987 wieder in dieses Marktsegment einzusteigen. Als Partner wurde Pininfarina ausgewählt. Der Gedanke an US-Technik in italienischem Design hatte immer noch seinen Reiz, obwohl alle derartigen Projekte in den 70er-Jahren kläglich gescheitert waren. Also baute Pininfarina die Rohkarossen und schickte sie mit Jumbo-Jets über den großen Teich zur Komplettierung. Das war kein einfaches Verfahren, doch schwerer wog, dass Cadillac einen lendenlahmen 4,1-Liter-V8 mit 170 PS und Frontantrieb für ausreichend hielt, um den Mercedes SL herauszufordern. Der Verkauf lief schleppend, und als Mercedes 1989 den R129 präsentierte, stand der Allanté im Abseits. Da half auch ein massives Upgrade zum 295-PS-Northstar-V8 nicht mehr. Nur 21.430 Allanté wurden produziert.
Foto: Cadillac
Austin Allegro
Das Rad lässt sich nicht neu erfinden, nicht einmal das Lenkrad. Das wussten auch die Brit:innen, und dennoch kamen sie 1973 auf die Idee, es durch ein Quadrat mit abgerundeten Ecken zu ersetzen. Sie hatten den Austin Mini und den Morris 1100 und damit alle Zutaten für einen guten Kompaktwagen längst im Regal. Die British Leyland Motor Corporation hatte sogar (noch) genug Geld für eine große Neuentwicklung. Was konnte da schon schiefgehen? Alles. Rund um das verrückte Lenkrad bauten sie den Austin Allegro und schossen damit ein Eigentor der Kategorie "unhaltbar". Der Allegro übernahm vom Morris 1100 nur dessen einzige Problemzone, die Hydragas-Federung. Abgesehen davon unterbot er seinen Vorgänger in allen Belangen. Der Allegro war langsamer, unhandlicher, enger und auch nicht hübscher. Vom 1100er wurden als Austin, Morris, Riley, Wolseley, MG und Vanden Plas über zwei Millionen Stück verkauft. Den Allegro gab es nur als Austin, und er erreichte in zehn Jahren gerade ein Drittel dieses Werts. Da half es auch nichts, dass BLMC schon 1975 wieder ein rundes Lenkrad einbaute.
Foto: AUTO ZEITUNG
Alfa Arna
Die Paarung von japanischer Präzision mit italienischer Inspiration verspricht reizvolle Resultate. Die umgekehrte Kombination, also japanische Inspiration mit italienischer Präzision, führt dagegen zu fragwürdigen Ergebnissen
Foto: Alfa Romeo
Wer mutig neue Wege einschlägt, eilt der Konkurrenz voraus – oder er prescht mit Vollgas in die Sackgasse. Zwölf Beispiele für Courage, die zu den größten Flops der Autogeschichte wurden!
Nein, die größten Flops der Autogeschichte sind keine Frage des Geschmacks, zumindest nicht nur. Sie sind auch rein wirtschaftlich betrachtet ein Misserfolg gewesen. Die prominentesten Beispiele der jüngeren Vergangenheit sind ganz klar der VW Phaeton und der Maybach. VW-Chef Ferdinand Piëch ersann in den 90er-Jahren eine große Zukunft für seine Marke – der Konzern solle neben Brot-und-Butter-Autos auch für Prestige, Luxus und Performance stehen. Aus Sicht der Fertigungsqualität war der VW Phaeton auf ganzer Linie geglückt und ein echter Konkurrent für die Limousinen-Elite. Wäre da nicht das VW-Logo gewesen: Von Anfang an fehlte dem Phaeton die Noblesse der Konkurrenz. Kaum anders erging es der wieder ins Leben gerufenen Marke Maybach. Nur logisch, dass die Modelle 57 und 62 auf der Mercedes S-Klasse basierten. Allerdings betraf das nicht die aktuelle W220er-Baureihe, sondern noch ihren Vorgänger W140, der bereits 1998 eingestellt wurde. In Kombination mit dem schwülstigen Design konnte die Luxuslimousine nie so richtig die Erwartungen an ein mindestens 420.000 Euro teures Fahrzeug erfüllen. Weltweite Bekanntschaft erlangte der DeLorean DMC-12 natürlich mit der "Zurück in die Zukunft"-Trilogie. Flügeltüren, Edelstahl-Außenhaut, Giugiaro-Design trafen auf einen viel zu braven 150-PS-Euro-V6 bei einem zu hohen Preis. Flop! Welche Autos noch in die Arnalen der größten Missverständnisse der Autogeschichte eingehen, verrät die Bildergalerie! Mehr zum Thema: Unsere Produkttipps auf Amazon von Karsten Rehmann & Tim Neumann
Die Mercedes-Maybach S-Klasse (2020) im Video:
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