Fahrbericht RUF 3800 S: Bilder und technische Daten Boxster S gleich 911
Mit dem 420 PS starken und 300 km/h schnellen RUF 3800 S erhalten Roadster-Fans einen Porsche Boxster S mit der Potenz eines 911 Carrera S. Fahrbericht
Die Mittelmotor-typische Agilität des Porsche Boxster S mit der Leistung eines Porsche 911 Carrera S Cabriolets zu kombinieren klingt verlockend.
Doch der Sportwagenbauer in Zuffenhausen bietet ein Auto dieser Art nicht an, und so springt einmal mehr Alois Ruf mit seinem Team in die Bresche. Die Vereinigung von Boxster und 911-Antriebsstrang hat im Hause Ruf Tradition. Wohl wissend, damit einen Roadster auf die Räder zu stellen, der auf kurvenreichem Landstraßenterrain nur wenige Gegner zu fürchten hat.
EIN DRITTEL MEHR LEISTUNG
Die jüngste Schöpfung hört auf die schlichte Bezeichnung Ruf 3800 S und verbindet die ohnehin schon hohen fahrdynamischen Qualitäten des Porsche Boxster S mit dem 3800 Kubikzentimeter großen Sechszylinder-Boxermotor des 911 Carrera S. Doch Ruf wäre nicht Ruf, würde der Antriebsstrang mit seinen 400 PS Nennleistung schlicht und einfach übernommen.
Eine eigens entwickelte Abgasanlage sorgt nebst geändertem Motormanagement für 20 zusätzliche Pferdestärken, sodass 420 PS bei 7400 Umdrehungen pro Minute zur Verfügung stehen und 450 statt 440 Newtonmeter Drehmoment bei 5600 Touren anliegen. Zieht man zum Vergleich noch die Eckdaten des serien mäßigen Porsche Boxster S heran, wird klar, in welcher Liga der Ruf 3800 S spielt. Mit 315 PS bei 6700 Umdrehungen pro Minute und 360 Newtonmeter Drehmoment hält der Mittelmotor-Sportler Made in Zuffenhausen respektvollen Abstand. In schlichten Zahlen ausgedrückt: Der mit 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe bewehrte Ruf 3800 S schnalzt dank exakt einem Drittel Mehr an Leistung in 4,1 Sekunden von null auf 100 Kilometer pro Stunde, und erst bei 300 km/h endet der Vortrieb. Der Boxster S kann hier nur mit 277 km/h und 5,0 Sekunden aufwarten. Lediglich das 911 Carrera S Cabriolet vermag mit 299 km/h sowie 4,5 Sekunden von null bis 100 halbwegs auf Ballhöhe zu spielen.
Doch Zahlen sind Schall und Rauch, speziell wenn es um die eher akademischen Werte wie den Sprint zur 100-km/h-Marke oder die Höchstgeschwindigkeit geht. Was vielmehr zählt, sind die fahrdynamischen Qualitäten bei sportlicher Gangart – und im Falle des von Hause aus höchst agilen Boxster S insbesondere auf kurvenreichen Landstraßen.
420 PS TREFFEN AUF NUR 1350 KG
Dort selbst keimt bei der aktuellen Auflage des Mittelmotor-Roadsters mit der internen Typenbezeichnung 981 der Wunsch nach mehr Leistung auf. Denn fahrwerksseitig mit hoher Lenkpräzision und neutralem Kurvenverhalten gesegnet, macht bereits der Serien-Boxster S die Landstraße zu seinem ureigenen Revier. Hinzu kommt die dank Mittelmotorkonzept hohe Agilität, die den Umgang mit Kurvenlabyrinthen zum Hochgenuss werden lässt. Ein weiterer gewichtiger Faktor im Wortsinn ist die mit 1350 um mehr als 200 Kilogramm geringere Leermasse des wieselfl inken Zweisitzers im Vergleich zum Elfer-Cabriolet.
Angesichts dieser Zahlenspiele bekommt man zumindest eine vage Vorstellung davon, was die 420 PS mit dem leichten Ruf 3800 S anstellen. Wie vom Katapult abgeschossen, feuert der Bayer aus den Kehren, dabei jedoch immer bestens kontrollierbar, gerade als wäre es eines der Serienprodukte aus Zuffenhausen. Er schiebt mit der Macht eines Elfers und bietet das Handling eines Boxster, lautet die erste Quintessenz. Was nach längerer Fahrzeit in unterschiedlichen Betriebszuständen wie schneller Autobahnfahrt und Stop-and-Go im Stadtverkehr begeistert, ist der hohe Grad an Ausgereiftheit, mit welcher der 3800 S auch an diese Aufgaben herangeht. So ist der Geradeauslauf bei hohen Geschwindigkeiten ebenso untadelig, wie die Manieren bei Bummeltempo. Der Ruf 3800 S bietet neben hoher Fahrdynamik auch die Alltagsqualitäten wie üblicherweise sonst nur die Fahrzeuge des Werks selbst.
Ruf: Seit mehr als 30 Jahren beim KBA gelistet
Nicht nur deshalb legt man bei Ruf Wert auf die Feststellung, kein Tuner zu sein. Seit mehr als 30 Jahren ist Ruf als Hersteller beim Kraftfahrt- Bundesamt gelistet und investiert viel Zeit und Energie in die Entwicklung seiner Fahrzeuge. Entsprechend erhielt der 3800 S gegenüber dem Boxster S auch geänderte und aerodynamisch den gesteigerten Fahrleistungen angepasste Front- und Heckschürzen sowie ein neues Kühlsystem. Das ohnehin schicke Heck ziert ein aus Kohlefaser gefertigter Diffusor, und fahrwerksseitig kommen eigene 20-Zoll- Räder sowie Ruf-Bremsen zum Einsatz.
Last but not least erfüllt Ruf beim Interieur fast jeden Kundenwunsch. So greift unser Testwagen sein racinggelbes Lackkleid mit farblich angeglichenen Nähten der Lederinnenausstattung auf, und eigene, geschmackvoll designte Zifferblätter des Instrumentariums unterstreichen die Tatsache, mit dem Ruf 3800 S etwas ganz Besonderes zu bewegen.
Die hohe Agilität des Boxster S verbindet der Ruf 3800S mit der schieren Kraft des 911 Carrera S. Heraus kommt ein Sportler mit feinen Manieren und doch der steten Bereitschaft, fahrdynamisch unmissverständliche Ansagen zu machen. Gerade auf kurvenreichen Landstraßen.
Jürgen Gassebner