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Fahrbericht: Im Mercedes W140 zur AUTO ZEITUNG Youngtimer Classic 2013 Kein Youngtimer?

Einmal im Jahr lädt die AUTO ZEITUNG zur Youngtimer Classic Rallye. Wir sind mit dabei und fahren in einer Mercedes S-Klasse W140 rund um Frankfurt

"Also für mich ist das immer noch kein Youngtimer!" - der Mann in der Warnweste, der uns vor der ersten Gleichmäßigkeits-Prüfung in Empfang nimmt, schüttelt nachdrücklich den Kopf. Keine Frage, unser Mercedes S 500, mit dem wir an der 4. AUTO ZEITUNG Youngtimer Classic teilnehmen wollen, polarisiert. Das Gegenbeispiel erleben wir gleich zu Anfang, als wir morgens auf den Hof der Klassik-Stadt in Fankfurt rollen.
 

Youngtimer Classic 2013 im Mercedes S 500 (W140)

Denn am Startpunkt der Youngtimer Rallye empfängt uns sofort ein begeisterter Kollege: "Mein Vater hat früher mit dem W140er gehandelt, ein tolles Auto!". Nur knapp über 9000 Kilometer ist die Luxus-Limousine mit Baujahr 1993 gelaufen. Kaum zu glauben, dass seitdem fast 20 Jahre vergangen sind.
 
Nach der technischen Abnahme der rund 120 Teilnehmer-Fahrzeuge eröffnet schließlich AUTO ZEITUNG Chefredakteur Volker Koerdt die Tour, die uns bei herrlichem Sommerwetter 286 Kilometer weit durch den Taunus führt. Mit seidigem Knurren erwacht der 320 PS starke Achtzylinder zum Leben, um die S-Klasse ungeahnt geräuschlos vom Hof gleiten zu lassen. Neben dem Zwölfzylinder-Modell S 600 war der 500er der größte erhältliche Motor.
 
Schon nach den ersten Metern wird klar: auch 2013 vermittelt der ehemalige Dienstwagen von Alt-Kanzler Helmut Kohl immer noch eine unnachahmliche Souveränität. Sportlich gefahrene Kurven, wahnwitzige Ampelstarts? Darüber kann man im W140 nur milde lächeln und entspannt sich lieber im geräumigen Fond der 5,2 Meter messenden Langversion. Was für die übrigen Rallye-Fahrer Umgebung ist, wird in der Limousine zur wortwörtlichen Außenwelt, gegen die sich unser Exemplar zudem mit kugelsicherer Schutz-Verglasung verteidigt.
 
Doch als die Gedanken langsam abschweifen, holt der Mann am Steuer, AUTO ZEITUNG Objektleiter Roman Trunz, die Realität wieder zurück von hinten rechts auf den Beifahrersitz: "Wo müssen wir lang?". Hektisches Blättern im Roadbook, ein Blick auf die Pfeile und Beschriftungen, die uns den Weg weisen sollen. Schließlich ist auf solch einer Rallye der Beifahrer das Navigationssystem. 
 
Nachdem der richtige Weg gefunden ist und wir entspannt über die idyllische Hochtaunusstraße gleiten bleibt Zeit, einen genaueren Blick auf den Innenraum zu werfen. Leder, Wurzelholz allenthalben und eine Vielzahl an Kippschaltern und Knöpfchen, mit denen sich sogar der Innenspiegel elektrisch verstellen lässt. Im Gegensatz zu dieser Armada kleiner Stell-Motoren stehen die pneumatisch gesteuerten Peilstäbe am Heck, die das Einparken erleichtern sollen, oder der mechanische Kilometerzähler, dessen Zahlenrollen sich unaufhörlich zitternd vorandrehen. 
 
Die S-Klasse W140 steht genau an der Schwelle zwischen klassischem Automobil und modernem, voll-digital gesteuertem PKW - und genau das macht auch ihren Reiz aus.
 
Nach der Mittagspause in Mainz tauschen wir die Plätze. Motor an, Wählhebel der Viergang-Automatik auf "D", ein leichter Tritt auf's Gas und der Zweitonnen-Goldbarren setzt sich wieder in Bewegung. Goldbarren? Freilich: Der Neupreis betrug 1993 bereits ohne die umfangreiche Sonderausstattung 129.000 Mark. 
 
Während wir aus der Stadt zurück ins Grüne rollen, fällt der Blick immer wieder auf den kleinen Zeiger, der den momentanen Sprit-Verbrauch anzeigen soll und sich fast immer am Begrenzer jenseits der 20-Liter-Marke befindet. Doch ein W140 darf das - wen's stört: heute gibt es eine S-Klasse ja auch mit Vierzylinder-Motoren.
 
Allmählich erreicht das weit gestreute Teilnehmer-Feld ein Übungsgelände der Polizei Hessen. Hier wartet eine der Gleichmäßigkeits-Aufgaben, bei denen die Fahrer eine bestimmte Distanz in einer vorgegebenen Zeit zurücklegen sollen. Sein Unverständnis über den zu durchquerenden Pylonen-Slalom äußert der Benz mit quietschenden Reifen und tiefem Eintauchen in die Federn - schon klar, eine Mercedes S-Klasse W140 will lieber cruisen. 
 
Und genau das tun wir, bis sich die Sonne schließlich in Richtung Horizont neigt und wir zutiefst entspannt in die Klassik-Stadt zurückkehren. An der Ziellinie empfängt uns eine freundliche Dame: "Und, hattet ihr Spaß?". Ohja, den hatten wir selbst ohne wirklich altes Auto. Als wir schließlich unser Gepäck aus dem tresorartigen Kofferraum holen wollen, wird unsere S-Klasse dann aber doch noch ein wenig zum Youngtimer: das Schloss will und will nicht aufgehen. Doch nach gefundener Lösung sieht man unserem Begleiter diesen kleinen Faux-Pas selbstverständlich gerne nach...

Jonas Eling

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