Chevrolet Camaro, Dodge Challenger, Ford Mustang Wilder Ausritt mit drei US-Muscle-Cars
Vorsicht: Diese Autos sehen nicht nur böse aus – sie sind es. Wer sich mit Challenger, Camaro und Mustang einlässt, wird sich verändern und jeden Tag sein eigenes Roadmovie erleben
Drei US-Muscle-Cars im Test -
Chevrolet Camaro, Dodge Challenger, Ford Mustang
Ruhig, bleibt ruhig! Konzentriert euch! Verdammt nochmal – ihr seid drei gestandene Männer. Euch bringt doch angeblich sonst nichts aus der Ruhe. Und jetzt, wo ihr die Schlüssel habt, hüpft ihr rum wie kleine Mädchen unterm Weihnachtsbaum. Hier sind harte Jungs gefragt. Kerle, die mit finsterer Miene gucken und tiefer, rauchiger Stimme sprechen – wie Barry Newman. In „Fluchtpunkt San Francisco“ hat der einen Dodge Challenger in nur 15 Stunden von Denver bis an die Westküste gejagt. Oder denkt an Robert De Niro. Der eiskalte Hund schüttelt in „Heat“ mit einem Chevrolet Camaro einfach die Cops von L. A. ab. Oder nehmt Steve Mc-Queen, der als „Bullit“ im Ford Mustang die Killer nach einer langen Verfolgung zum Henker schickt. Newman, De Niro, McQueen – das sind Legenden. Sie gaben Challenger, Camaro und Mustang die Sporen. Und jetzt? Homberg, Schumacher und Schönfeld. Das kann ja was werden.
BIG THREE DER MUSCLE-CARS
War ja klar, dass die Burschen erst ein paar Meilen brauchen, bis sie ein Gefühl für die langen Hauben bekommen. Sitzen ja sonst nur in rundgelutschten Mühlen, die irgend so ein Windkanal ausgespuckt hat. Da rollen sie nun langsam durch die Stadt gen Norden. An der Spitze der bunten Trilogie: der orangefarbene Dodge Challenger. Herrlich, wie sein 6,1-Liter-Hemi mit der Gelassenheit eines alten Schiffsmotors aus den zwei Chromblenden blubbert. Nur selten legt die Automatik einen anderen Gang als den fünften ein. Reicht ja auch für die Pfeife am Steuer. Steht wohl auf niedrige Drehzahlen, der Typ. Dann wird er ja auch das Fahrwerk und die Sitze mögen. Obwohl der alte Geiger, der die Kisten seit mehr als 30 Jahren ins Land holt, riesige Walzen aufgezogen hat, bleibt der gut fünf Meter lange Pott so bequem wie die abgewetzte Leder-Couch im Diner am Highway. Keine Frage: Im Dodge kommt man am schnellsten zur Ruhe. Auch wenn sich ständig irgendwelche Passanten an der Straße ihre Hälse nach ihm verdrehen. Nein verflucht, das ist nicht der Wagen aus der Fernsehserie „Dukes of Hazard“. Das war ein Charger, der als „General Lee“ weltberühmt wurde.
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Hinter dem Dodge setzt der knallgrüne Chevrolet Camaro ZL1: Erste Bilder und Fakten das Roadmovie fort. Den kann hierzulande wohl kein Mensch einordnen. Jedenfalls springen die anderen Autos wie Frösche von der linken Spur, wenn der flache, grelle Keil herandonnert. Macht euch nicht gleich ins Hemd, ihr Kombifahrer. Wenn euch das Monster mit dem Buckel auf der Haube verschlingt, dann im Ganzen. Auf jeden Fall geht das Ding wie die Pest. Kein Wunder, Geiger hat ein bisschen dran rumgefummelt und ihm den Kompressor-Kit von Edelbrock zwischen die Hörner gepflanzt. Das Gebläse presst jetzt gute 500 Hengste aus dem 6,2-Liter-V8 und feuert derart knochige Salven aus den zwei armdicken Rohren, dass einem die Haare noch meilenweit entfernt zu Berge stehen. Zum Glück hat Geiger auch ein strafferes Fahrwerk verbaut. Das passt wunderbar zu der Power und erspart einem bei heißen Ritten die Schweißperlen auf der Stirn. Man weiß ja nie, wer so die Zügel in der Hand hält. Wundert einen überhaupt, dass der Kerl hier die Gangwechsel hinkriegt – dazu muss er ja schon ein bisschen an dem kurzen Hebel arbeiten. Ist eben ein Corvette-Getriebe und kein neumodisches Weichei-Paddel. Beim Camaro sitzt man fest im Sattel. Und der Lenkradkranz kommt einem ein Stück entgegen – wie im guten alten SS von 1967. Oh ja, der Chevy ist ne Wucht. Doch gegen das, was in seinem Rückspiegel so goldgelb glänzt, wirkt er irgendwie wie ein Kuscheltier.
Ford Mustang. Erkennt man gleich. Shelby. Auch klar. Doch der hier ist nicht normal. Sieht sogar schärfer aus als ein GT500, der mit 550 Pferden schon ordentlich im Futter steht. Auf der Frontscheibe prangt in goldener Schrift: GT640. Das Brandzeichen hat ihm Geiger verpasst. Und das Biest mit der Schlange im Grill macht nicht mal ein Geheimnis daraus, was sich hinter dieser Zahl versteckt. Wo es auftaucht, bebt die Erde. Bollernd, schluchzend, fauchend – ein Tritt aufs Gas, und markerschütternder Donnerhall wird ausgeteilt. Vom Fahrersitz aus, der mit piekfeinem Leder bezogen ist, kann man unter die gewölbte Motorhaube gucken, starrt direkt in die dunkle Schlangengrube. Dort versteckt sich das gurgelnde Untier, das einem schon ab 800 Touren mit unbändiger Kraft brutal in den Nacken beißt.
Es dürfte klar sein, dass solche Wucht den Dollar-Zähler an der Zapfsäule ordentlich rotieren lassen – Verbräuche über 15 Liter stehen mit den Boliden auf der Tagesordnung. Auch wenn der Durst von Camaro und Mustang hier von der Elektronik begrenzt wird. Sie stoppt den Vorwärtsdrang der beiden Kompressor-Gäule bei 250 km/h, während der Challenger munter bis Tempo 278 weiterschieben darf. Bei der Dominanz dieser urgewaltigen V8-Maschinen stehen weder die Materialqualität im Cockpit der Zweitürer, noch die Güte der Verarbeitung im Vordergrund. Wenn wir ehrlich sind: Wegen der eintönigen Plastiklandschaft in allen drei Innenräumen wird sich kaum ein Audi-Käufer zu einem der US-Muscle-Cars überreden lassen. Hingegen wird kaum ein Mustang-Fan auf einen Shelby verzichten wollen, nur weil er die Rückbank schlecht erreichen kann und dort dann auch noch unbequem hocken muss. In diesem Punkt kann keiner der drei Amis wirklich überzeugen – auch wenn deren Länge und Breite die eines VW T5 deutlich übertreffen. Um Platz, Alltagstauglichkeit oder Funktionalität geht es bei diesen imposanten Filmstars einfach nicht. Doch das haben unsere drei Schlitzohren hier längst begriffen. Sie werden noch lange an diesen Ritt zurückdenken, wo sie für einen Tag Newman, De Niro und McQueen waren.
Markus Schönfeld
Die Technischen Daten der drei Muscle-Cars auf der nächsten Seite...
Fazit
Jedes einzelne dieser Muscle-Cars lässt mit der Urgewalt seines Stoßstangen-V8 Männer zu kleinen Jungs mutieren. Der Challenger gibt sich dabei cool und gelassen, der Camaro mit Kompressor wild und entschlossen und der Shelby GT640 brutal und angsteinfl ößend. Herrlich, dass es noch Autos für solch tiefe Gefühle gibt.
TECHNIK |
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CHEVROLET CAMARO 2SS GEIGER KOMPRESSOR |
DODGE CHALLENGER SRT8 |
FORD MUSTANG SHELBY GT 640 GOLDEN SNAKE |
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Motor/Getriebe | V8-Zylinder, 2-Ventiler, Kompressor |
V8-Zylinder, 2-Ventiler |
V8-Zylinder, 4-Ventiler, Kompressor |
Hubraum | 6162 cm3 | 6059 cm3 | 5409 cm3 |
Leistung bei | 368 kW / 501 PS 6200/min |
312 kW / 424 PS 6000/min |
470 kW / 640 PS 6200 /min |
0-100 km/h | 4,8 s | 4,7 s | 4,5 s |
Höchstgeschwindigkeit | 250 km/h | 278 km/h | 250 km/h |
EU-Verbrauch | 12,8 l SP / 100 km | 14,8 l SP / 100 km | 12,9 l SP / 100 km |
Grundpreis | 45.900 Euro | 43.500 Euro | 58.900 Euro |
Testwagenpreis |
79.900 Euro | 48.000 Euro | 89.000 Euro |
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