Zwei Meilensteine unter sich: Audi V8 trifft auf Audi 100 Avant
Auf den ersten Blick mag dieser Vergleich ungerecht erscheinen, liegen zwischen der Einführung der beiden Baureihen doch immerhin zwölf Jahre. Aber: Mit dem Audi 100 der Generation C2 kam der Fünfzylinder, ein überaus wichtiger Motor in der Markenhistorie. Auch der Audi V8 gehört zu den Meilensteinen, ebnete er Audi doch den Weg zurück in die Oberklasse.
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Der Audi 100 sicherte das Überleben der Marke
Beginnen wir mit den fünf Zylindern: Der Erfolg des Audi 100 sicherte den vier Ringen als eigenständiger Marke das Überleben. Nachdem sich die erste Generation etabliert hatte, strebten die Verantwortlichen in Ingolstadt nach Höherem: Sie wollten das Auto weiter oben im Segment positionieren, das würde aber mit einem Vierzylindermotor nicht gelingen. Man diskutierte über einen (längs montierten) Reihensechszylinder, der aber aus Platz- und Gewichtsgründen wieder verworfen wurde. Die logische Folgerung war der insbesondere von Technikchef Ferdinand Piëch geforderte Reihenfünfzylinder – der am Ende alles andere als ein Kompromiss wurde.
Piëch hatte zuvor bei Mercedes an der Entwicklung des Fünfzylinder-Diesels mitgewirkt und besaß somit eine gewisse Erfahrung mit dem noch recht neuen Motorkonzept. Basis war im Fall des Audi 100 der EA827-Motor, der von Franz Hauk ursprünglich für den Längseinbau im Audi 80 entwickelt und bald im gesamten VAG-Konzern eingesetzt wurde. Es entstand der im Motorenwerk Salzgitter gefertigte EA828 mit 2,1 l Hubraum und – dank Bosch K-Jetronic – 136 PS (100 kW).
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Der Fünfzylinder als Meilenstein der Firmengeschichte
Audi bewarb den Motor in den 80er-Jahren mit der "Effizienz des Vierzylinders bei der Raffinesse eines Sechszylinders". Typisch für den Motor ist sein markanter Klang, der aus der ungeraden Zylinderzahl und der damit verbundenen Überschneidung der Arbeitstakte resultiert. Schon beim Ansaugen erzeugen die Druckschwankungen der in der Zündfolge (1-2-4-5-3) unterschiedlich weit auseinanderliegenden Zylinder eine Mischung aus überwiegend tiefen Frequenzen, die sich in unserem Gehörsinn festbeißen.
Dass der EA828 mehr war als ein technisches Experiment, sollte sich in den folgenden Jahren zeigen: Mit Turboaufladung und Vierventilkopf verhalf er dem Ur- beziehungsweise Sportquattro zu seinen Rallye-Erfolgen, mit verschiedenen Änderungen wurde er – als Benziner oder Diesel – bis 1998 in vielen VW- und Audi-Modellen verwendet. Ohne zu untertreiben kann man sagen, dass er dank seiner Solidität maßgeblich zum "Vorsprung durch Technik" der Marke beitrug – auch wenn Audi diesen Slogan schon weit vor der Einführung des Fünfzylinders im Jahr 1971 eingeführte hatte.

Der Avant wollte kein richtiger Kombi sein
Diese Bedeutung muss man sich bewusst machen, wenn man im Audi 100 Avant Platz nimmt. Das Auto aus dem Fuhrpark der Audi Tradition ist ein typischer Vertreter der späten 70er-Jahre: Das grünlich wirkende "Inarissilber metallic" wird kombiniert mit einem Innenraum in schilfgrünem Zackenvelours. Alternativ wären auch "Azur", "Sand" und "Negro" zu haben gewesen – abgesehen von einer Palette an Außenfarben, die vom schrillen Limagelb bis zum seriösen Meteormetallic reichte. Dass selbst das Armaturenbrett und der Lenkrad-Pralltopf grün eingefärbt sind, nehmen wir mit nostalgischer Verklärtheit dankend zur Kenntnis. Ebenso beeindruckend ist die von rechts nach links durchgängige Leiste an Luftdüsen, gleichzeitig Designelement im angenehm übersichtlichen Cockpit.
Dass der Avant noch nicht das war, was man später unter einem Kombi verstand – geschenkt. Zum einen zeugte er von einer gewissen Unsicherheit, ob man in der gehobenen Klasse wirklich einen Lastesel anbieten konnte, zum anderen zielte man ziemlich unverhohlen auf den (nicht nur) im Nachbarland recht erfolgreichen Renault 20/30.
Was den Audi immer noch auszeichnet, ist der spürbare Komfort: Der Klang des Motors ist wahrnehmbar, aber nicht aufdringlich. Für das Fahrwerk gilt ähnliches: Bodenwellen und Schlaglöcher schluckt es klaglos, schnelle Kurven absolviert es mit einem leichten Untersteuern. Die Leistungsreserven des Fünfzylinders erlauben nicht zuletzt wegen des relativ geringen Gewichts des Autos auch schon mal ein spontanes Überholmanöver. Dem Aufstieg in die Oberklasse sollte nichts mehr im Wege stehen! Audi ging den Weg schrittweise weiter: Im Herbst 1979 wurde dem 100 der 200 zur Seite gestellt, der in den Baureihen C2 und C3 bis zum Jahr 1991 angeboten wurde – natürlich mit fünf Zylindern.
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Der Audi V8 sollte die Oberklasse erschließen
Parallel dazu entstand in den 80er-Jahren eine neue Basis, die sogenannte D-Plattform. Mit ihr wollte Audi endgültig in der Oberklasse durchstarten. In diesem Segment war die Auto-Union-Marke Horch in den 30er-Jahren sehr erfolgreich gewesen: unter anderem mit dem Modell 830, angetrieben von einem V8-Motor. Auch jetzt war es wieder ein Achtzylinder, der die potenzielle Kundschaft begeistern sollte. Und wieder bediente man sich im Konzernregal: Zwei 1,8-l-16V-Vierzylinder, unter anderem im Golf verwendet, wurden – vereinfacht gesagt – zu einem 3,6 l großen V8 mit 250 PS (184 kW) zusammengefügt.
Für den Vortrieb sorgte grundsätzlich der permanente Allradantrieb quattro. Das Auto basierte auf dem damals aktuellen 200 (C3), erhielt aber andere Stoßstangen, breitere Kotflügel, eine Motorhaube mit integriertem Kühlergrill und vor allem eine deutlich üppigere Ausstattung. 1992 folgte ein größerer und stärkerer V8 – mit nunmehr 280 PS (206 kW). Seine 4,2 l Hubraum qualifizieren ihn für diesen Vergleich.

Unser Fazit zum Audi-V8-und-Audi-100-Vergleich
Tatsächlich setzt der Audi V8 eindrucksvoll fort, was mit dem Fünfzylinder-100 begann. Fairerweise sei gesagt, dass die Autos in unterschiedlichen Ligen spielen. Der Altersunterschied macht sich auch heute noch auf jedem Meter ebenso bemerkbar wie der gestiegene Anspruch. Hinzu kommt, dass das von Uwe Kummetz zur Verfügung gestellte Auto (Herzlichen Dank dafür!) über die Exklusiv-Ausstattung verfügt. Leder, Holz, Automatik – hier passt einfach alles. Ähnlich wie beim 100 ist der Motor präsent, aber angenehm zurückhaltend. Ein V8 muss eben nicht immer so ein Krawallbruder sein, wie es uns amerikanische Hersteller lange Zeit glauben machten.
Zurück zum Kern der Geschichte: Bietet der Audi V8 mit seinen 4,2 l wirklich doppelt so viel Fahrspaß wie der Audi 100 mit seinem 2,1-l-Fünfzylinder? Dazu ein klares Jein: Der C2 ist ein Vertreter der 70er-Jahre und bot für damalige Verhältnisse ein angemessenes Maß an Komfort. Audi war zu jener Zeit noch auf dem Weg in die Oberklasse, konnte und wollte sich keineswegs schon mit Jaguar, Mercedes & Co messen.
Der V8 kommt seinen Klassenkameraden deutlich näher. Audis unbedingter Wille, ganz oben mitzuspielen, ist in jedem Detail spürbar. Das Kostenkapitel fällt zugunsten des "Kleinen" aus: Dass der V8 mit doppeltem Hubraum auch von Classic Data mit fast doppelt so hohem Marktwert kalkuliert wird, mag in diesem Zusammenhang Zufall sein. Tatsächlich ist der V8 aber auch im Unterhalt "Oberklasse": Ihm fehlen die Großserien-Komponenten, die den 100 bezahlbar machen. Dessen Manko wiederum: Er ist deutlich schwieriger zu finden.
Technische Daten von Audi 100 Avant und Audi V8 4.2
Classic Cars 04/2025 | Audi 100 Avant | Audi V8 4.2 |
Zylinder/Ventile pro Zylin. | 5/2 | 8/4 |
Hubraum | 2144 cm³ | 4172 cm³ |
Leistung | 100 kW/136 PS | 206 kW/280 PS |
Max. Gesamtdrehmoment bei | 181 Nm 4200/min | 400 Nm 4000/min |
Getriebe/Antrieb | 4-Gang-Getriebe/Vorderrad | 4-Stufen-Automatik/Allrad |
L/B/H | 4683/1768/1390 mm | 4874/1814/1420 mm |
Leergewicht | 1170 kg | 1840 kg |
Bauzeit | 1977-1982 | 1992-1994 |
Stückzahl | 13.366 | 21.565 |
Beschleunigung null auf 100 km/h | 9,5 s | 6,6 s |
Höchstgeschwindigkeit | 190 km/h | 249 km/h |
Verbrauch auf 100 km | 10,5 l S | 16,4 l S |
Grundpreis (Jahr) | 19.680 Mark (1979) | 108.600 Mark (1992) |