Marco Polo: Mercedes' Camper-Erfolg seit 1984
Kantiges Camping-Glück in Bahamas-Beige
- T1 von Mercedes: 1984 fing mit den "Bremer Transporter" alles an
- Innenraum: umzingelt von Stauschränken und Seitenküche
- Die Ur-Motorisierung. 3,0-l-Fünfzylinder-Diesel mit 88 PS (65kW)
- 1996: Marco Polo erstmals auf Vito-Basis (W 638)
- Alleskönner: Aktueller Marco Polo auf Basis des Mercedes Vito (2024)
Ein Campingtrip mit ihm beamt uns in bessere Zeiten von Bahma-Beige und viel Cord: 1984 hat Mercedes den ersten Marco-Polo-Campingbus auf Reisen geschickt. Eine treue Fangemeinde hat der kantige Schwaben-Camper bis heute.
T1 von Mercedes: 1984 fing mit den "Bremer Transporter" alles an
Der Name war Programm, als der erste Marco Polo im Sommer 1984 das Licht der Autowelt erblickte. Denn der kantige Camper auf Mercedes-Basis, der zunächst noch in Bremen vom Band lief, war schon ein echter Weltenbummler. Lange vor Billigfliegern und Pauschalreisen zum Discounter-Preis trug er maßgeblich dazu bei, dass die Deutschen parzellenweise auf Entdeckungsreise gingen. Rimini, Bordeaux oder Lloret der Mar hießen die Sehnsuchtsorte unter südlicher Sonne, die der Schwaben-Camper in greifbare Nähe rücken ließen.
Dabei war es ausgerechnet ein vermeintlich so unterkühlter Norddeutscher, der den deutschen Campingfans das Tor zur Welt öffnete. Genauer gesagt, der "Bremer Transporter" T1 von Mercedes. Denn 1984 baute Mercedes, so ist es in der Markenchronik nachzulesen, auf Basis des T1 sein erstes Wohnmobil. Der Beiname des Basisfahrzeugs kommt nicht von ungefähr: Der Mercedes T1 wurde in Bremen produziert.
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Innenraum: umzingelt von Stauschränken und Seitenküche
Mit einer Höhe von 2970 mm war der erste Marco Polo dank eines Hochdachs von Westfalia, dem Campingfahrzeug-Spezialisten aus Rheda-Wiedenbrück, von Anfang an eine durchaus imposante Erscheinung. Der Rest blieb kantige Chefsache, die "in House" entwickelt und gefertigt wurde. Richtig gehört: Mit einer DIY-Strategie sozusagen, sprich: Camper selber bauen statt woanders umbauen lassen, hebt sich Mercedes bis heute von der Konkurrenz namens Hymer, Adria oder Knaus ab. Und als Namensgeber für den In-House-Camper wählte die Marke keinen geringeren als den großen Entdecker Marco Polo, der die Marke bis heute prägt.
Der Grundriss und die Raumaufteilung freilich waren damals eine andere: Beim Kochen im Ur-Modell des Marco Polo blickt man noch durch die Heck-, statt wie heute durch die Seitenscheibe. Eingekreist, geradezu umzingelt war man in den Anfangsjahren des Modells von Stauschränken aus dem Hause Westfalia. Und statt einer verschiebbaren Klappbank mit Bettenverlängerung im Heck gab es damals ganze drei Sitzreihen, die zu einer großen Liegefläche umgelegt werden konnten. Andere Zeit eben!
Die Ur-Motorisierung. 3,0-l-Fünfzylinder-Diesel mit 88 PS (65kW)
Das galt, zumindest aus heutiger Sicht, auch für die Motorisierung: Der heutige Marco Polo legt mit bis zu 237 PS (174 kW) fast sportlwagenhafte Werte an den Tag. Während er ein entsprechend zügiges Vorankommen mit bis zu 215 km/h ermöglicht, mussten im ersten Camper der Marke Marco Polo 88 PS (65 kW) ausreichen. Diese wurden, wie für einen Transporter des alten Schlages typisch, einem nagelnden Fünfzylinder-Diesel aus 3,0 l Hubraum abgerungen. Und das auch erst, nachdem man den Motor eine gefühlte Ewigkeit lang beim Vorglühen die berühmt-berüchtigte Diesel-Gedenkminute gegönnte hatte (zur Geschichte des Dieselmotors, hier).
Wenn der Fünfzylinder-Diesel warmgelaufen war und man sich beim Wechsel der fünf zu Wahl stehenden Gänge nicht ganz döspaddelig anstellte, stemmte Marco Polo ein maximales Drehmoment von 172 Nm an die Hinterräder. Die Tachonadel (die damals tatsächlich noch eine Nadel und stilecht in zeitgenössisches Orange gehalten war) kämpft sich unter viel Getöse bis auf die Marke von 120 km/h. Keine atemberaubenden Werte, auch für damalige Verhältnisse nicht, aber der Marco Polo der ersten Stunde hatte seine Qualitäten. Auch beim Blick in den Rückspiegel: "Damals war das echt ein dickes Ding", wird Oldtimer-Experte Frank Wilke in einem Interview anlässlich des Modelljubiläums zitiert. "Damals etwa 40.000 Mark teuer, hat der Marco Polo die Camperszene vom Image des Transportmittels für reisefreudige Menschen mit knappem Geldbeutel befreit."
Von der AUTO ZEITUNG getestet und empfohlen:
1996: Marco Polo erstmals auf Vito-Basis (W 638)
Die Einführung eines Aufstelldachs und mit ihr die Reduzierung der Höhe auf unter zwei Meter machten die zweite Marco-Polo-Generation, basierend auf dem Mercedes-Transporter Vito, von 1996 an deutlich alltagstauglicher. Gleichzeitig gab der Hersteller seinen Kund:innnen das Versprechen, dass der Innenraum erheblich an Funktionalität gewinnen würde. Und der Kastenwagen auf Transporterbasis lieferte: Die Sitz- beziehungsweise Liegebank im Fond wurde auf ein Schienensystem montiert und konnte fortan je nach Bedarf verschoben werden. Die Schränke bekamen praktische Rollläden verpasst. Der Tisch ließ sich plötzlich in der Verkleidung der Schiebetür verstauen. Und mit einem Male ging Marco Polo im bis heute klassenüblichen Campervan-Grundriss auf Reisen. Dennoch bleibt die weitere Modelkarriere des Marco Polo spannend. Im wahrsten Sinne des Wortes. So bereitet sich Camper auf eine elektrische Zukunft vorbereitet ist längst Teil einer ganzen Großfamilie von Entdeckerautos geworden. Denn in der Klasse darüber verkauft Mercedes den Sprinter als James Cook und selbst den kleinen Citan macht die Marke mit einem herausnehmbaren Campingbox-Modul zum Microcamper.
Alleskönner: Aktueller Marco Polo auf Basis des Mercedes Vito (2024)
Während sich die Farb- und Wohnwelten im Laufe der Jahre mit dem Zeitgeist änderten, ist das Konzept des gemeinsam mit Westfalia entwickelten Reisemobils bis heute gleichgeblieben. Ihren festen Platz an Bord haben auf 5140 mm Außenlänge eine komplette Küchenzeile mit Herd, Kühlschrank und Spülbecken und eine Sitzbank, die mit den drehbaren Frontsesseln im Handumdrehen zur Essecke wird. Übernachtet wurde wahlweise auf einer Pritsche im Fond oder hoch oben über der Sitzgruppe. So wahnsinnig viel geändert haben sich die Campingzeiten also gar nicht, seit der erste Marco Polo das erste Mal auf Reisen ging.
Mit dem Unterschied, dass heute das Hochbett auf Knopfdruck ausfährt und nicht in knapp drei Meter Höhe unter einer Plastikhaube unterkommt. Auch "in die Knie gehen" kann der aktuelle Marco Polo (2024). Denn für ihn gibt nun ein Luftfahrwerk als Option, das Höhenunterschiede von bis zu zwölf Zentimetern ausgleichen kann. Und anders als früher passt der Marco Polo von heute mittlerweile in die meisten Garagen. Auch wenn er auf seine ganz eigene Art Campinggeschichte schrieb: An den Ruhm des VW Bulli und des werksseitig ausgebauten Aufstelldachmodells California kommt der Marco Polo bis heute nicht heran, erläutert Oldtimer-Experte Frank Wilke. Darin sieht er durchaus eine gewisse Ironie. Denn der California auf VW-Basis, und somit von Hause übrigens ebenfalls ein Norddeutscher, ist sogar noch ein paar Jahre jünger. Aber die Westküste der USA und ihre Pazifikwellen weckten nun einmal einfach etwas "mehr Sehnsüchte als die Adria", wie er augenzwinkernd zu bedenken gibt.