Silence S04 Nanocar (2024): Erste Testfahrt im 2,28-m-Winzling
Das Nanocar fühlt sich mehr nach Auto an als Opel Rocks Electric & Co.
Am neuen Silence S04 Nanocar (2024) prangt tatsächlich kein Nissan-Logo. Die japanische Marke übernimmt allerdings den Vertrieb des kleinen Elektromobils in Deutschland und rundet so seine Modellpalette nach unten ab. Ob das ein cleverer Schachzug ist, soll die erste Testfahrt vom Drachenfels zur Firmenzentrale in Wesseling zeigen.
Der 2,28 m kurze und lediglich 1,27 m breite Silence S04 Nanocar (2024) steht so ziemlich zu jedem anderen Auto, das derzeit die deutschen Straßen bevölkert, im krassen proportionalen Kontrast. Doch so ganz stimmt das auch nicht: Citroën Ami, Fiat Topolino, Microlino, Opel Rocks Electric sowie Renault Twizy schlagen in die gleiche Kerbe: einfache, möglichst günstige Elektromobilität auf vier Rädern. Warum Nissan, das den Vertrieb dieses Winzlings übernimmt, nicht direkt ins eigene Konzernregal greift und den Twizy-Nachfolger Mobilize Duo umlabelt, wird mit einer Absage seitens Renault begründet. Zudem passe das Nanocar konzeptionell perfekt zur japanischen Marke.
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Ein Dach über dem Kopf und zwei Sitzplätze bietet zwar auch die Konkurrenz, doch mit einem eigenen Akku-Konzept will sich das japanisch-spanische Tandem deutlich von der Konkurrenz abheben. Der Energiespeicher des Nanocars lässt sich mit wenigen Handgriffen entnehmen. Weil die 5,6 kWh fassende Batterie stolze 41 kg wiegt, klappen automatisch Rollen aus, welche die Batterie in einen Trolley verwandeln. Das macht das Nanocar unabhängig von der Ladeinfrastruktur und erlaubt darüber hinaus weitere Anwendungszwecke für seine rollende Energiequelle. Ab 2025 will man einen Inverter anbieten, der den Akku zur Powerbank (Powerbank Dino Kraftpaket im Test) macht – praktisch etwa bei Gartenpartys oder Campingausflügen.
Zudem plant man ein Netzwerk von Batteriestationen, an denen sich in nur wenigen Sekunden leere Akkus gegen volle – bezahlt über ein Abo-Modell – tauschen lassen. Ganz normal an der Haushaltssteckdose laden kann man das neue Silence S04 Nanocar (2024) aber natürlich auch – dafür sollte man aber eine ganze Nacht veranschlagen. Clever: Die rollende Batterie passt auch in zweirädrige Silence-Modelle, die ebenfalls über Nissan vertrieben werden.
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Besseres Raumgefühl im Silence S04 Nanocar (2024) als erwartet
Das neue Silence S04 Nanocar (2024) gibt es in verschiedenen Versionen – L6e mit 6 kW Leistung und auf 45 km/h gedrosselt, sowie als stärkerer L7e, der bis zu 14 kW (und kurzzeitig sogar 22 kW) an die Hinterräder schickt. Während die kleinere Version bereits mit der Fahrerlaubnis der Klasse AM ab 15 Jahren gefahren werden darf, braucht es für den L7e einen Autoführerschein. Die Batterie findet unter dem Sitz Platz – und weil das Nanocar derer zwei hat, passen auch zwei Batterien ins Fahrzeug. Bedeutet: mehr Reichweite – bis zu 175 km mit dem L6e und bis zu 149 km mit dem L7e. Werte, von denen die gesammelte Stellantis-Konkurrenz derzeit nur träumen kann.
Das Raumgefühl im kleinen Nanocar fällt bei der ersten Testfahrt besser aus als befürchtet. Große Fenster und versetzt angeordnete Sitze machen den Aufenthalt an Bord recht angenehm. Dazu tragen auch die schicken Oberflächen aus veganem Kunstleder bei, das man auch am handschmeichelnden Lenkrad wiederfindet. Die Verarbeitung im Bereich des Armaturenbretts geht in Ordnung, rund um die Fenster fällt hingegen unsauber eingepasstes Dämmmaterial auf. Richtig gut: Klimaanlage, elektrische Fensterheber und eine Audioanlage mit Bluetooth-Schnittstelle (Bluetooth-FM-Transmitter im Test) sind serienmäßig. Ein weiteres Pfund ist der 247 l fassende Kofferraum, der sich durch ein Umlegen des Beifahrersitzes zusätzlich vergrößern lässt. Schade, dass die Sitze bei 1,80 m Körpergröße arg klein geschnitten sind. Die Beinauflage fällt spärlich aus und die integrierte Kopfstütze stützt eher den Rücken als den Kopf der Person am Steuer.
Die Konkurrenten:
Erste Testfahrt: Achtung, Bremskraftunterstützer und ABS fehlen
Eine Kuriosität des neuen Silence S04 Nanocars (2024) betrifft die Pedale. Während das Strompedal extrem leichtgängig und gefühllos ist, braucht es für den Tritt auf die Bremse richtig Schmackes im Bein. Sowohl ein Bremskraftunterstützer fehlt als auch ABS. Dinge, die man unbedingt nachreichen sollte, weil das Nanocar bei einer Vollbremsung hoffnungslos über alle Viere rutscht. Die Servolenkung gefällt zwar mit ihrer wendigkeitsfördernden Leichtgängigkeit, eine erhöhte Präzision sollte man aber nicht erwarten. Dafür sind die Anlagen des Mikromobils aber auch nicht ideal: Der kurze Radstand und die schmale Spur setzen der Fahrdynamik ganz automatisch ihre Grenzen. Trotzdem macht die erste Testfahrt mit dem Nanocar Spaß. Der Ampelsprint fällt – in der Topversion L7e mit zwei Akkus – recht flott aus und der Wendekreis beträgt rekordverdächtige sieben Meter. Mit 85 km/h Höchstgeschwindigkeit wird man auch erst weit ab des urbanen Raums zu einem Verkehrshindernis.
Der Fahrkomfort geht angesichts der Konstruktion in Ordnung. Das neue Silence S04 Nanocar (2024) liegt straff und rumpelt teils arg über gröbere Kanten, verteilt aber auch keine unangenehmen Schläge, welche die einfache Karosserie und den eigenen Körper bis ins Mark erschüttern würden. Ob der kleine Spanier – dort wird er gefertigt – die angegebene Reichweite schafft, ließ sich auf der knapp 30 km langen ersten Testfahrt nicht überprüfen. Trotz nur halb gefüllten Akkus und teils schnell gefahrener Etappen, kam zu keinem Zeitpunkt Reichweitenangst auf. Das Ziel wurde entspannt erreicht. Das gefahrene Silence S04 Nanocar im L7e-Trimm mit zwei Akkus kostet vergleichsweise teure 16.745 Euro. Der Grundpreis mit nur einem Akku und 45 km/h-Drosselung liegt bei 11.995 Euro – auch dann bereits mit Vollausstattung. Spannend dürfte das Abo-Modell werden – bei dem man dann auf den Kauf der rund 3000 Euro teuren Batterien verzichten kann (Alle Preise: Stand November 2024).
Das neue Silence S04 Nanocar (2024) ist näher dran an einem richtigen Auto als die Konkurrenz von Stellantis. Ob das clevere Akku-Konzept, die gute Ausstattung und die vergleichsweise hochwertigen Materialien den Mehrpreis rechtfertigen, wird der Markt entscheiden. Die Etablierung des Abo-Modells samt flächendeckender Batteriestationen könnten am Ende der Schlüssel zum Erfolg sein.