Ioniq 5 N & Porsche 911 S/T: Fahrspaß-Ideale im Vergleich
Herzschrittmacher
- Hyundai Ioniq 5 N und Porsche 911 S/T im emotionalen Vergleich
- Der Reiz des Neuen übt eine fast magische Anziehungskraft aus
- Einzigartige, aber verwirrende Vielfalt an Dynamik-Einstellungen
- N Grin Boost – mehr Power für ein breiteres Grinsen
- Der S/T ist fordernd und belohnt mit purer Dynamik
- Gefühlt reagiert der 911 S/T noch spontaner als der 5 N
- Technische Daten des Hyundai Ioniq 5 N und Porsche 911 S/T
Zwei extreme Ansätze, ein Ziel: maximaler Fahrspaß. Klassisch-puristisch im ikonischen Porsche 911 S/T oder emotional-elektrisiert im coolen Hyundai Ioniq 5 N. Welcher Kraftsportler bringt den Puls zum Rasen?!
Hyundai Ioniq 5 N und Porsche 911 S/T im emotionalen Vergleich
Spaß ist eine ernste Sache. Erst recht, wenn es ums Auto geht! Das wissen sie bei Porsche nur zu gut, schließlich kultivieren sie dort die Ideale des Sportwagens 911 seit 60 Jahren und treiben das Konzept zu immer neuen Höhen wie zuletzt mit dem auf puristischen Fahrspaß konzentrierten S/T. Mit Tradition und überlieferten Werten hat der Hyundai Ioniq 5 N hingegen nichts am Hut. Er ist vielmehr eine schockierende Neuinterpretation des Themas Fahrspaß und will Elektromobilität mit Emotion verbinden, ohne in unerreichbare Sphären abzudriften. Evolution gegen Revolution – klingt reizvoll. Also los!
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Der Porsche 911 GTS (2024) im Fahrbericht (Video):
Der Reiz des Neuen übt eine fast magische Anziehungskraft aus
Wir starten wie selbstverständlich im Hyundai Ioniq 5 N. Warum eigentlich? Es ist wohl Neugier. Darauf, was der matt-hellblaue Starkstromer so drauf hat. Wie klingt der animierte Sound? Wie authentisch fühlt sich die simulierte Schaltung an? Was bewirkt die Wucht von 478 kW respektive 650 PS? Optisch stämmig, aber stimmig, überragt der Hyundai Ioniq 5 N den Porsche 911 S/T in allen Richtungen. Gut für das Platzangebot und die Alltagstauglichkeit, aber heute egal! Wichtiger: Das griffig-dicke Lenkrad mit seinen zusätzlichen N-Tasten sowie den in Hellblau und Orange-Rot abgesetzten Daumenschaltern verheißt Sportlichkeit.
Zu Recht. Schon in den Standard-Modi drängt der E-Antrieb mit Macht voran, und das komplett überarbeitete Adaptiv-Fahrwerk fetzt mit Feuereifer um die Ecken. Doch erst, wenn man den N-Modus oder eine der zwei einstellbaren Custom-Konfigurationen wählt, zeigt der 5 N, was wirklich in ihm steckt. Speziell, wenn die Person am Steuer anfängt, mit der Vielzahl von Sonderfunktionen zu experimentieren und zu spielen, die den Ioniq zum ernsthaften Sportwagen adeln. Allein die Kraftaufteilung zwischen Vorder- und Hinterachse kann man in elf Stufen vom symmetrischen Allrad bis zum reinen Heckantrieb vorgeben.
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Einzigartige, aber verwirrende Vielfalt an Dynamik-Einstellungen
Lenkung, Dämpfung, Sperrdifferential, Linksbremsen, Driftassistent – nahezu alles, was Einfluss auf die Fahrdynamik nimmt, lässt sich konfigurieren und von lammfromm bis völlig enthemmt regeln. Allerdings sind die Menüs dazu so vielschichtig, dass man sich leicht verzettelt und in den Tiefen des Systems verliert. Macht nix, denn schon im Standard-Set-up verbläst der Hyundai Ioniq 5 N fast alles, was ihm auf der Straße begegnet. Aber wer das volle Potenzial ausschöpfen will, muss sich geduldig durchklicken, um den Ioniq so zu konfigurieren, wie man ihn am liebsten hätte.
Beim Sound ist die Sache einfach: Auf Knopfdruck klingt der Elektriker entweder nach Raumschiff oder nach einem heiß gemachten Vierzylinder wie im seligen i30 N. Ein bisschen dünner vielleicht und insgesamt zu dezent, doch unwissende Beifahrer:innen glaubens. Aktiviert man die acht simulierten Schaltstufen, wirken sie zusammen mit dem akustischen Drehzahlanstieg absolut authentisch. An die Soundkulisse des Porsche 911 S/T kommen sie allerdings nicht heran. Bei geringer Last wechselt die Elektronik sanft von Stufe zu Stufe, unter starker Beschleunigung indes spürt man ein harsches Rucken. Das ändert zwar wenig an der Performance, intensiviert aber die Einbindung der fahrenden Person. Verblüffend, wie "mechanisch" sich das anfühlt. Doch: alles Fake. In Wahrheit stehen die beiden E-Motoren per Konstantübersetzung mit den Rädern in Verbindung und drehen kontinuierlich von null bis 21.000 Touren hoch, was 260 km/h entspricht.
N Grin Boost – mehr Power für ein breiteres Grinsen
Noch beeindruckender ist das Sprintvermögen, wenn der Hyundai Ioniq 5 N dank Allrad ohne Schlupf, prolliges Reifenquietschen und Schaltpausen in nur 3,4 s aus dem Stand auf 100 km/h hechtet. Ohne aktivierten Boost dauert es 3,5 s, was quasi keinen Unterschied macht. In beiden Fällen ist der Hyundai Ioniq 5 N allerdings schneller auf Landstraßentempo, als der Porsche 911 S/T, der für den Sprint 3,7 s benötigt. Wer das Optimum im Hyundai herauskitzeln will, sollte erst einmal die Batterie auf "Drag" konditionieren und danach die Launch-Control aktivieren – sofern alle Systembedingungen dazu erfüllt sind. Erst dann legt der 5 N sich wirklich mit allem, was er hat, ins Zeug. Wie gesagt, es ist komplex.
So oder so: Der Koreaner rennt los wie entfesselt. Aber nicht nur geradeaus, sondern auch in Kurvenkombinationen. Ein komplett überarbeitetes Fahrwerk, eine neue Lenkung, bissige Bremsen – Hyundai hat alles getan, um den Ioniq 5 zu einem gefühlsechten Sportler zu tunen. Der blitzschnell reagierende Allradantrieb kompensiert mögliche Fahrfehler und zieht die Fuhre selbst in scheinbar verlorenen Situationen wieder auf Kurs. Es sein denn, man verschiebt das Setting Richtung Heckantrieb und driftet mit oder ohne elektronische Regelhilfe so fulminant, wie man es sich sonst nur am PC getraut hätte. Alles machbar, sofern die Person am Steuer die richtigen Knöpfe drückt. Ein absurd schnelles, aber doch irgendwie synthetisches Fahrerlebnis.
Der S/T ist fordernd und belohnt mit purer Dynamik
Im Porsche 911 S/T hingegen gibt es kaum Knöpfe, die man drücken könnte. Die adaptiven Dämpfer lassen sich von straff auf bretthart umstellen, Traktionskontrolle und ESP können auf Wunsch und eigenes Risiko abgeschaltet werden. Fahrmodi? Gibt es keine. Wer mag, kann die Klappen im Sportauspuff öffnen, doch das ändert wenig am ohnehin infernalischen Klang des freisaugenden Sechszylinder-Boxers im Heck. Das Vierliter-Aggregat gibt so oder so den Ton an. Was im Leerlauf noch ein bisschen so klingt, als wäre etwas kaputt, steigert sich mit der Drehzahl in ein furioses Sägen und druckvolles Trompeten. Der Begrenzer setzt bei 9000 Touren darum fast überraschend früh ein, denn die weithin hörbare Drehfreude des Motors scheint keine Limits zu haben.
Doch wo der E-Antrieb des Hyundai Ioniq 5 N mit 770 Nm loslegt, muss der Verbrenner erst mal auf Touren kommen: Ab 5000 wird er so richtig munter, bei 6300 gipfelt sein Drehmoment in 465 Nm, und bei 8500 Umdrehungen liegt die volle Leistung von 525 PS (386 kW) an. Auch wenn der Elfer fast 900 kg leichter ist, greifen wir darum oft – und gern – zum verkürzten, schwergängigen Schalthebel. Dabei ist Konzentration gefragt, denn die Leichtbaukupplung verzeiht keine Grobheiten, sonst wird sie im wahrsten Sinne des Wortes stinkig. Das führt dazu, dass man den S/T eher ruppig anfährt, zackig in den Zweiten wechselt und dann erst richtig ans Gas geht. Wie im Hyundai gilt: In der Praxis ist der Null-auf-100-Wert irrelevant. Theoretisch sind 3,7 s drin. Spitze? 300 km/h. Fein!
Gefühlt reagiert der 911 S/T noch spontaner als der 5 N
Viel wichtiger ist, dass der Boxer so hypersensibel am Gas hängt und selbst auf minimale Impulse reagiert, dass er gefühlt noch spontaner loslegt als der elektrische 5 N. Überhaupt ist das gesamte Auto von einer Unmittelbarkeit geprägt, die sich kein anderes Serienauto traut: Die Lenkung arbeitet rasiermesserscharf, liefert ultimative Rückmeldung und lenkt selbst nahe der Haftgrenze noch verbissen ein. Das vom GT3 RS übernommene, neu abgestimmte Fahrwerk nervt im Alltag mit einem sperrigen Differential beim Rangieren und rumpeligem Abrollen. Doch im ambitionierten Landstraßen-Flow reizt der Elfer dafür stets zum flotten Tänzchen um Kurven, Kehren und Bögen. Dabei giert er förmlich danach, mit dem Gas zu steuern. Das verlangt von der Person am Steuer Engagement und Routine.
Wer es beherrscht, den Porsche mit leichter Hand, aber festem Willen zu führen, wird mit exorbitanter Agilität belohnt. Auto und Pilot:in verschmelzen zur Einheit – ein Vergnügen so echt und intensiv wie in keinem anderen Auto! Allerdings ist der Spaß im Porsche 911 S/T limitiert, nahezu unbezahlbar und eh längst ausverkauft, während der Hyundai Ioniq 5 N für 74.900 Euro (Stand: September 2024) ein sensationelles Preis-Fahrspaß-Angebot ist. Ganz im Ernst.
Technische Daten des Hyundai Ioniq 5 N und Porsche 911 S/T
AUTO ZEITUNG 20/2024 | Hyundai Ioniq 5 N | Porsche 911 S/T |
Technik | ||
Motor | 2 permanenterregte Synchronmaschinen | 6-Zylinder, 4-Ventiler, 3996 cm³ |
Antrieb | Konstantübersetzung/Allrad | 6-Gang manuell; Hinterrad |
Systemleistung | 478 kW/650 PS | 386 kW/525 PS |
Max. Systemdrehmoment | 770 Nm | 465 Nm |
Kapazität/Spannung | 84,0 kWh (netto)/400 V | - |
Karosserie | ||
Außenmaße (L/B/H) | 4715/1940 (2135)*/1585 mm | 4573/1852 (2026)*/1279 mm |
Leergewicht/Zuladung | 2275/500 kg | 1380/300 kg |
Kofferraumvolumen | 520 l | 112 l |
Fahrleistungen | ||
Beschleunigung (0-100 km/h) | 3,4 s | 3,7 s |
Höchstgeschwindigkeit | 260 km/h | 300 km/h |
Verbrauch auf 100 km | 21,2 kWh | 13,8 l SP |
Reichweite | 400 km | 800 km |
Kaufinformationen | ||
Grundpreis | 74.900 € | 292.187 € |
Marktstart | 2024 | 2024 |
Alle Daten Werksangaben; *Breite mit Außenspiegel |