Saab 9-3 Viggen: Der schwedische Dampfhammer
Ist der Viggen der letzte echte Saab?
Der schwedische Turbopionier aus dem fernen Trollhättan stellte 1999 einen Dampfhammer vor, der diejenigen ansprechen sollte, denen ein BMW M3 zu prollig war. Heute ist der Saab 9-3 Viggen eines der wohl gesuchtesten Sportmodelle des nicht mehr existenten Herstellers.
Saab, ein Auto für Individualist:innen und diejenigen, die gerne Cordhosen tragen und Alt-Griechisch an der Uni lehren. Spießige und nüchterne Fahrzeuge also, die den Fokus auf Wirtschaftlichkeit und Komfort legen? Keineswegs! Mit dem Saab 99 Turbo bewiesen die Skandinavier:innen früh, das mehr als nur der sichere Transport von A nach B im Fokus stand, sondern auch der Spaß an der Reise. Sportliche Ambitionen bewies man auch im Rallyesport, und die kleine aber feine Käuferschaft wusste, was die potenten Turbo-Saabs zu leisten imstande waren. Kein Wunder also, dass das Traditionsunternehmen auch nach der stark kontroversen Übernahme durch General Motors keine Kosten und Mühen scheute, schnelle Modelle zu bauen, die für Fans ein echter Hingucker sein sollten.
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Saab 9-3 Viggen: Einen Kampfjet zum Paten
1998 löste der Saab 9-3 mit diversen Änderungen den Saab 900 II ab. Der war bereits seit 1993 auf dem Markt und konnte seine Zugehörigkeit zum GM-Konzern trotz eigenständigem Design nicht verheimlichen. So borgten sich die Schwed:innen Bauteile wie die Hinterachse des Opel Astra oder den 2498 cm³ großen V6 aus dem Opel-Regal. Die Vierzylinder-Turbo-Motoren stammten jedoch aus der eigenen Entwicklung und fanden auch im neuen Saab 9-3 Verwendung. In Sachen Sportlichkeit setzte Saab im Vergleich zum 900 allerdings noch einen drauf: 1999 rollte der Saab 9-3 Viggen auf die Verkaufsflächen der Händler. Was für Volvo die R-Modelle waren, sollte für Saab der Viggen werden. Der Mittelklasse-Sportler in rasantem Lightning Blue-Lack spielte mit seinem Beinamen auf die lange und traditionsreiche Luftfahrtgeschichte des Unternehmens an. Die Saab JA 37 Viggen (deutsch: Donnerkeil), war ein strahlgetriebenes Kampfflugzeug der schwedischen Luftwaffe, das vor allem zu Zeiten des Kalten Krieges eine Hauptrolle in der Verteidigung des Luftraums gespielt hätte.
Ein echter Donnerkeil war somit auch der Saab 9-3 Viggen. Er sollte Kundschaft begeistern, denen ein BMW M3 zu prollig und ein Mercedes C43 AMG zu steril war. Und dafür griff Saab tief in die Kiste der Sportlichkeit. Als Basis diente der Saab 900 SVO, der durch Saabs Special Vehicle Operations-Abteilung in Zusammenarbeit mit dem britischen Rennsportunternehmen Tom Walkinshaw Racing (TWR) entstand. Bereits das Blech- und Kunststoffkleid des Viggen unterschied sich von dem des regulären 9-3. Aerodynamisch günstig gestaltete und dem Viggen vorbehaltene Stoßstangen, Schwellerverkleidungen, ein Heckspoiler und 17-Zoll-Alufelgen auf Dunlop SP Sport 2000-Pneus signalisierten, dass hier deutlich mehr Wumms als üblich lauerte. Ansonsten deutete von Außen nur ein kleines schwarz-gelbes Dreieck mit dem Schriftzug "Viggen" am Kotflügel auf die Exklusivität hin.
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230 PS und 350 Nm sorgen für Flugzeugstarts
Für besagten Druck sorgte ein turboaufgeladener Vierzylinder mit 2290 cm³ Hubraum. Der eigens von Saab entwickelte Ottomotor mit der Werksbezeichnung B235R leistete 230 PS (169 kW) und machte den 9-3 Viggen so zum stärksten Serien-Saab seiner Zeit. 350 Nm gelangten über das serienmäßige manuelle Fünfgang-Getriebe an die Vorderachse und verlangten bei Abruf der vollen Leistung nach geübten Händen. Ein Automatikgetriebe bot Saab für den Viggen übrigens nie an. Um die Person am Steuer nicht völlig auf sich allein gestellt zu lassen, bauten die Techniker:innen eine verstärkte Sportkupplung, ein Sportfahrwerk samt verstärkten Stabilisatoren und geschlitzte Bremsscheiben ein. Angepasste Antriebswellen sowie eine Spurverbreiterung um 14 mm rundeten das Paket ab.
Saab bot den in Valmet, Finnland, gefertigten Viggen übrigens nicht nur als Zweitürer an, sondern auch als regulären Fünftürer und ebenfalls als Cabrio. Im Innenraum ging es bei allen Modellen gleich nüchtern zu. Nahm man in den ausgeformten Sportsitzen Platz, deutete lediglich ein dezentes Viggen-Logo auf der Rückenlehen darauf hin, dass es sich hier um das Performance-Modell par excellence handelte. Selbstverständlich griff Saab auch hier nur auf feinste Materialien zurück und bezog das elektrisch verstellbare Gestühl des Viggen mit wahlweise schwarzem, schwarz-blauem oder schwarz-braunem Leder. Ansonsten blieb alles bei der alten Saab-Formel: Zündschloss in der Mittelkonsole für ein verringertes Verletzungsrisiko im Falle eines Crashs und das Saab Night Panel, das bei Knopfdruck jegliche instrumenten- und Schalterbeleuchtung bis auf den Geschwindigkeitsmesser ausschaltete.
Heute ist der Viggen gesucht und selten
Insgesamt sollen 4600 Saab 9-3 Viggen entstanden sein. Wer sich damals für einen 9-3 Viggen entschied, musste tief in die Tasche greifen: Das Coupé schlug mit einem Neupreis von 77.000 Mark zu Buche, das Viggen Cabrio sogar mit 90.000 Mark. Während das Modell in Deutschland bereits im Jahr 2000 aus dem Programm genommen wurde, konnten US-Amerikaner:innen den schnellen Schweden noch bis 2002 käuflich erwerben. Den Beinamen Viggen gab Saab für die zweite Generation des 9-3 jedoch auf. Für viele Fans gilt der Saab 9-3 Viggen nicht zuletzt durch die immer stärker werdende Einflussnahme GMs als letzter echter Saab. Kein Wunder also, dass ein gut erhaltener Viggen heute ein begehrtes sowie seltenes Sammlerstück darstellt und selbst für eine absolute Enthusiasten-Marke fünfstellige Preise erzielt.
Technische Daten des Saab 9-3 Viggen
Classic Cars | Saab 9-3 Viggen |
Zylinder/Ventile pro Zylin. | 4/4; Turbo |
Hubraum | 2290 cm³ |
Leistung | 169 kW/230 PS |
Max. Gesamtdrehmoment bei | 350 Nm 2500/min |
Getriebe/Antrieb | 5-Gang-Getriebe/Vorderrad |
L/B/H | 4640/1710/1430 mm |
Leergewicht | 1415 kg |
Bauzeit | 1999-2000 |
Stückzahl | ca. 4600 |
Beschleunigung null auf 100 km/h | 6,8 s |
Höchstgeschwindigkeit | 250 km/h |
Verbrauch auf 100 km | 9,6 l S |
Grundpreis (Jahr) | 77.000 Mark (1999) |