Maserati MC12 (2004): Der schnellste Dreizack
Auf Tuchfühlung mit der V12-Ikone von Maserati
Auf Basis des Ferrari Enzo entstand mit dem Maserati MC12 ein Sportwagen der Extraklasse. Die Straßenversion des zuletzt in der FIA-GT-Serie erfolgreichen Typs leistet 632 PS (465 kW). 2004 durfte die AUTO ZEITUNG auf Tuchfühlung mit dem schnellsten Dreizack gehen.
Fünfundfünzig Rennsiege fuhr Maserati in seiner Motorsport-Historie insgesamt ein. Den letzten Formel 1-Sieg errang die Marke mit dem Dreizack beim Grand Prix von Südafrika in Kyalami 1967. Die einst glorreiche Rennhistorie von Maserati ist lange vorbei. Der neu entwickelte Bolide namens MC12 soll die Rennsport-Historie der Marke in der FIA GT-Serie wieder aufnehmen. Dabei bedient sich Maserati der Hilfe des einstigen Hauptkonkurrenten Ferrari. Seit 1997 gehört Maserati offiziell zur Ferrari-Gruppe und zieht nunmehr Nutzen aus den technischen Entwicklungen aus Maranello. Mit ersten Erfolgen: Am 19. September 2004 gewinnt der ehemalige Formel-1-Pilot Mika Salo und sein italienischer Kollege Andrea Bertolini das FIA-GT-Rennen auf der Rennversion des Maserati MC12 in Oschersleben.
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Der Maserati MC12 leiht sich die Technik des Ferrari Enzo
Die Technik des Maserati MC12 kommt von Ferrari: Chassis, Fahrwerk, Motor und Getriebe liefert der Supersportler Enzo. Sind die Unterschiede unter dem Blechkleid noch als marginal anzusehen, differieren die beiden optisch deutlich voneinander. In der Länge übertrifft die wohl gerundete Flunder aus Modena die kantigere Variante aus Maranello um sage und schreibe 44 cm. Beim Radstand misst der MC12 ebenfalls deutliche 15 cm mehr. Im Gegensatz zu dem eckigen Ferrari Enzo besticht der 5,14 m lange Maserati-Flachbau durch weich verlaufende Proportionen.
Einzig die vielfältig platzierten Kühlluftschlitze und -öffnungen, die eine optimale Kühlung des Motors, der Bremsen und einer ausgefeilten Aerodynamik dienen, unterbrechen die glatten Oberflächen des Karosseriekleids. Diese Einschnitte verleihen dem Aufbau trotz seiner stattlichen Abmessungen eine gefällige Leichtigkeit. Wer die Klappgriffe der aus Kohlefaser bestehenden Türen zieht, dem präsentiert sich im Innern des lediglich 1,20 m flachen Sportlers ungeahnter Luxus: Das in blauem Leder gehaltene Interieur schmücken zusätzlich angebrachte Carbonteile und hochwertiger Stoff.
Selbst Klimaautomatik und elektrische Fensterheber gehören zum Lieferumfang, ebenso wie die im Mittelsteg untergebrachte typische Ovaluhr. Dort, auf dem Getriebetunnel, sind auch die Tasten für ASR, Fahrwerksabstimmung und Rückwärtsgang untergebracht. Einzig auf den sonst gewohnten Innenspiegel muss verzichtet und stattdessen in die ähnlich einem stolzen Hirschgeweih abstehenden Außenspiegel geblickt werden. Die vorzüglich geformten Sitzschalen drücken die Insass:innen fest, aber noch ausreichend komfortabel an sich. Hinter dem nahezu rechteckig anmutenden Volant sitzt man sehr bequem und mit ungeahntem Wohlgefühl: Nichts kneift oder zwickt.
Die Schaltpaddel des elektrohydraulischen Sechsgang-Getriebes befinden sich hinter dem Lenkradkranz. Die Instrumente sind bestens einzusehen, und die verarbeiteten Materialien gefallen durch sorgsame Einpassung. Im Gegensatz zum Enzo hält der Maserati MC12 neben dem mittig im Armaturenträger platzierten, hell unterlegten Drehzahlmesser weitere analoge Uhren für Kühlwasser-, Öltemperatur und Öldruck bereit. Der Geschwindigkeitsmesser, farblich ganz in Schwarz gehalten, rückt dezent beiseite.
Sechs Liter Hubraum sorgen für 632 PS
Platz für Zwei ist in ausreichendem Maße vorhanden. Und selbst ein Gepäckabteil mit einem Fassungsvermögen von bis zu 150 l Ladevolumen hält der Maserati MC12 für die schnelle Passage bereit. Auch auf Cabriogefühle muss man nicht verzichten. Das abnehmbare Dach aus Kohlefaser lädt mit wenigen Handgriffen zum automobilen Erlebnis unter freiem Himmel ein. Das Sahnestück im Maserati befindet sich zweifelsfrei hinter den beiden Schalensitzen: Mit seinen 632 PS (465 kW) zählt der MC12 zu den absoluten Spitzensportlern.
Die Motorleistung reduziert sich – gegenüber dem Enzo – durch geänderte Zylinderköpfe und eine abgesenkte Maximaldrehzahl im Maserati jedoch um 28 Pferdestärken auf dann immer noch kraftstrotzende 632 PS (465 kW; Enzo: 660 PS/485 kW). Das maximale Drehmoment des Triebwerks liegt bei 5500 Umdrehungen an, wobei bei 3000 Touren bereits 80 Prozent des Maximalwerts anliegen.
Keine Frage, auch der Maseratimotor ist mit allem gesegnet, was Ferraris Formel 1-Weltmeisterschmiede hergibt. Dazu zählen Graugussgehäuse, Trockensumpfschmierung mit insgesamt vier Ölpumpen sowie variable Steuerzeiten und Ansaugwege. Wenn der im Mittelsteg untergebrachte blaue Starterknopf gedrückt wird, erwacht der großvolumige Sechs-Liter-V12 zum Leben. Der Donnerhall, der dann durch die vier Auspuffendrohre entweicht, sucht seinesgleichen. Das Fahrwerk entspricht weitestgehend ebenfalls dem des Enzo. Ein Alu-Hilfsrahmen übernimmt hierbei die Anlenkung der Räder, die von doppelten Querlenkern, Schraubenfedern und progressiven Dämpfer geführt werden.
Vorn steht der Maserati MC12 auf breiten Walzen der Dimension 245/35 ZR 19, hinten treibt die Hinterachse mächtige 345/35 ZR 19-Räder an. Die Sieben-Speichen-Felgen können durch einen Zentralverschluss auf- beziehungsweise abgezogen werden. Das Bremssystem von Brembo ist ebenfalls über jeden Zweifel erhaben. Mit einem Durchmesser von 380 mm vorn und 335 mm hinten fangen die innenbelüfteten und quer gebohrten Stopper den Boliden jederzeit sicher und mit optimaler Verzögerung ein.
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Exklusive Stückzahlen machen den MC12 zur Rarität
Hinter das Steuer des Boliden lassen die Maserati-Oberen noch niemanden. Bei unserer Mitfahrgelegenheit gab die Straßenversion eine glänzende Figur ab: Der unüberhörbare Zwölfzylinder hängt atemberaubend am Gas und quittiert jeden Gasstoß mit unbändigem Vortrieb. Dabei ist der Maserati in Anbetracht seiner Konzeption vergleichsweise komfortabel abgestimmt. Dennoch: Selbst in schnell durcheilten Kurven wirkt der 1335 kg schwere Maserati MC12 stets stabil und richtungsgenau. Einzig die Gangwechsel, die durch die hinter dem Lenkrad angebrachten Schaltpaddel vorgenommen werden, ruckeln trotz einer minimalen Zugkraftunterbrechung von 150 ms an Insassen und Mechanik.
Mit einem Preis von 696.000 Euro sichert sich der Maserati MC12 sich eine Exklusivität, die selbst ein Ferrari Enzo nicht bieten kann. Entstanden vom Enzo noch 399 Fahrzeuge für den Erwerb, sind es im Falle des Maserati MC12 nur 50. Wer dann zu den Glücklichen zählt, hält zweifelsohne ein automobiles Schmuckstück in den Händen.
Von Christian Thanascas
Technische Daten des Maserati MC12
AUTO ZEITUNG 22/2004 | Maserati MC12 Stradale |
Zylinder/Ventile pro Zylin. | 12/4 |
Hubraum | 5998 cm³ |
Leistung | 465 kW/632 PS |
Max. Gesamtdrehmoment bei | 652 Nm 5500/min |
Getriebe/Antrieb | 6-Gang-Getriebe/Hinterrad |
L/B/H | 5143/2096/1205 mm |
Leergewicht | 1335 kg |
Bauzeit | 2004-2005 |
Stückzahl | 50 |
Beschleunigung null auf 100 km/h | 3,8 s |
Höchstgeschwindigkeit | 330 km/h |
Verbrauch auf 100 km | k.A. |
Grundpreis (Jahr) | 696.000 Euro (2004) |