Nio EL8 (2024): Erste Testfahrt mit dem Kia EV9-Gegner
Großer Luxus für große Familien
Kann ein Familienauto zu groß sein? Diese Frage stellt man sich, wenn man hinter dem Steuer des Nio EL8 (2024) sitzt. Das größte SUV der Marke, die ausschließlich elektrisch angetriebene Fahrzeuge im Portfolio hat, ist neu, voller aktueller Technik, großen Akkus sowie viel Power. Aber wie praktisch ist der 5,10-m-Koloss im Alltag? Der erste Test!
Als der Kia EV9 Mitte 2023 auf den deutschen Markt kam, wurde der Elektroriese mit viel Lob und diversen Preisen überhäuft. Ein modernes E-Auto mit drei Sitzreihen, einer ordentlichen Reichweite, viel Platz für Mensch und Ladung und das alles zu einem – zumindest relativ gesehen – fairen Kurs, davon gab es nicht so viele. Nun pirscht sich aber lautlos ein Konkurrent heran: Mit dem EL8 schickt Nio nun sein neuestes Flaggschiff und größtes SUV im Portfolio auf die Straßen. Und der platziert sich ganz selbstbewusst in der automobilen Oberklasse und will ein luxuriöser Begleiter für große Familien sein. Ob der Plan aufgeht, soll die erste Testfahrt mit dem neuen Nio EL8 (2024) zeigen.
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Der Nio EL8 (2024) im Fahrbericht (Video):
Testfahrt mit dem neuen Nio EL8 (2024): Viel Platz und viel Leistung
Es ist faszinierend. Sitzt man hinter dem Steuer des neuen Nio EL8 (2024) und drückt aufs Gas, fühlt man sich absolut nicht wie in einem 5,10 m langen und etwas über 2,5 t schweren Riesen-SUV. Zu schnell erreicht man hohe Geschwindigkeiten. Nur 4,1 s braucht der EL8 für Tempo 100. Und das sofortige Drehmoment, die druckvolle Beschleunigung und der fehlende Verbrenner-Sound machen schnell klar, um welchen Antrieb es sich handelt. Wenn man aber vom Fahrersitz nach hinten blickt und bemerkt, dass man die hinteren Sitze nicht einmal zu greifen bekommt und die Heckscheibe so unglaublich weit weg ist, dann erst werden die Ausmaße des EL8 richtig sicht- und spürbar. Während der Testfahrt, beim Rangieren oder Parken fällt die Größe auch deswegen nicht auf, weil man durch die Unterstützung der vielen Kameras sowie der superscharfen Auflösung leider meist kopflos dem System anstatt seinen Sinnen vertraut.
Bekanntlich sind schnelle Sprints oder hohe Geschwindigkeiten keine Paradedisziplin bei Familienfahrzeugen. Zwar lässt sich der neue Nio EL8 (2024) auch ganz entspannt im Eco-Modus bewegen, bereitet aber viel mehr Freude im Sport- und Sport+-Modus, wo er auch aufgrund seiner neuen Doppelkammer-Luftfederung, die bei stärkerer Beanspruchung des Fahrzeuges die Federung versteift, um den Seitenhalt zu erhöhen, ein ruhigeres Fahrverhalten sowie viel Komfort beschert. Was aber dann die vom Hersteller angegebene Reichweite von 510 km deutlich verkleinert.
Angesichts der Dimensionen und des üppigen Gewichtes muss auch ein starker Antrieb unter dem Blech stecken. Und hier greift Nio auf Bewährtes und spendiert dem EL8 immer Allrad mit zwei E-Motoren, die auf eine Systemleistung von 480 kW (652 PS) kommen. Bei den Batterien stehen die zwei ebenfalls bekannten Versionen mit 75 oder 100 kWh zur Wahl. Wer den Akku mietet, kann eine leere Batterie an einer der aktuell 17 Power Swap Station von Nio in Deutschland innerhalb von drei Minuten gegen eine zu 90 Prozent geladene tauschen. Das haben wir aber nicht getestet. Ebenfalls nicht getestet, aber für sehr spannend befunden haben wir, dass beim Schnellladen eine Ladeleistung von 240 kW möglich sein soll.
Konkurrenten:
Exterieur: Wie aus einem Guss
Optisch keine Überraschung ist das Design des neuen Nio EL8 (2024). Wie auch die bereits erhältlichen Modelle der Marke hat auch das neue SUV eine glatte Front mit der etwas spitz gefeilten "Shark-Nose", schmale Tagfahrleisten, kurze Überhänge, bündige Türgriffe sowie ein breites Rückleuchtenband am Heck. Nicht zu vergessen auch die vielen Kameras, die mitunter gut sichtbar sind und die man ebenfalls schon von anderen Fahrzeugen von Nio kennt. Am auffälligsten ist hier neben den Kameras in den seitlichen Ausbuchtungen das Lidar (Light Detection and Ranging) auf dem Dach. Bis zu 500 m kann die Umgebung mittels Laserlicht erfasst und so in dreidimensionalen Modellen und Karten wiedergegeben werden.
Übrigens: Der EL8 ist zwar für Deutschland neu, aber könnte einigen dennoch irgendwie bekannt vorkommen. Das liegt daran, dass er eigentlich einen Vorgänger hat. Das war der 2018 in China vorgestellte ES8, der anschließend 2021 in Norwegen angeboten wurde. Warum die Modellbezeichnung nun eine andere ist, liegt daran, dass es einen Rechtsstreit bezüglich Namensrechtsansprüchen mit Audi gab, denen ein "S" in Kombination mit einer Zahl wohl gar nicht gepasst hat. Zu sehr würde ES8 an S8 erinnern.
Interieur: Luxuriös bis zum letzten Schalter
Besonders für große Familien will der neue Nio EL8 (2024) ein passender Begleiter sein. Mit insgesamt vier Isofix-Befestigungen, zehn aktiven Sicherheitssystemen, 33 aufmerksamen Sensoren, 24 Sicherheits- und Fahrassistenzfunktionen, sieben Airbags, von denen der fast drei Meter lange seitliche Curtain-Airbag auch die Fondpassagier:innen schützt, sowie einer Anhängelast von 2000 kg will er in jeder Alltagssituation überzeugen. Der EL8 warnt, wenn man Kinder oder Haustiere im Fahrzeug zurücklässt. Und wenn der Hund mal absichtlich kurz im Fahrzeug gelassen werden muss, unterstützt der EL8 mit dem Haustiermodus. Brav hält er dann die Temperatur von 22 Grad, damit der Vierbeiner seine Zeit im SUV gut übersteht.
Dass ein Familienfahrzeug den Fokus nicht zwangsläufig auf Hartplastikoberflächen legt, zeigt der EL8 ebenfalls. Alle verwendeten Materialien sind sehr wertig, die Verarbeitung kann mit Premiumherstellern längst mithalten. Außen wie innen ist das größte SUV von Nio sehr clean und modern gehalten: wenige Knöpfe, große Displays und viel Stauraum, dazu bequeme Sitze und durch das serienmäßige, 1,3 m lange Panorama-Schiebedach auch viel Licht. Der edle Allradler kommt in zwei Versionen, die sich aber hauptsächlich in der Anordnung der zweiten Sitzreihe unterscheiden. Der EL8 ist immer ein Sechssitzer, mit 2+2+2-Sitzen. Wer die Basis wählt, hat einen freien Mittelgang zur dritten Sitzreihe. In der Executive Version kommt der EL8 mit einer Mittelkonsole, in der man nicht nur kabellos mehrere Geräte aufladen kann, sondern auch einen integrierten Kühlschrank nutzen kann. Oder eben darin Getränke oder Essen bis zu 50 Grad (sehr!) warm halten kann. Die dritte Sitzreihe ist serienmäßig stets an Bord. Wird diese umgeklappt, hat man Platz für bis zu 785 l sowie weiteren 25 l unter dem doppelten Ladeboden.
Und auch hier fährt der Komfort stets mit: bis zu 20-fach elektrisch verstellbare sowie beheizbare Sitze, Belüftung, Hot-Stone-Massagefunktion, ein Klima- sowie Duftsystem, ein Soundsystem mit 23 Lautsprechern und noch viel mehr. Und wer hier schon die Scheine davonfliegen sieht: Mindestens 82.900 Euro kostet der neue Nio EL8 (2024) in der Basis, die Executive Version liegt bei 87.900 Euro. Dazu kommt dann noch entweder die Miete der Batterie (169 Euro monatlich für die kleine Batterie und 289 Euro für die größere) oder man kauft sie gleich mit für 12.000 Euro beim kleineren Modell oder stolzen 21.000 Euro für die größere Batterie (Alle Preise: Stand August 2024). Für den Kauf entscheiden sich bei Nio allerdings aktuell unter zehn Prozent der Kundschaft. Und auch wer den Akku beim Nio EL8 mietet, zahlt etwas mehr als der Konkurrent Kia aktuell für seinen EV9 aufruft. Dieser startet bei 72.490 Euro (Stand: August 2024).
Technische Daten
AUTO ZEITUNG | Nio EL8 |
Technische Daten | |
Motor | 2 E-Motoren |
Antrieb | Allradantrieb |
Systemleistung | 480 kW/652 PS |
Max. Drehmoment | 850 Nm |
Batterie-Kapazität | 100 kWh (brutto) |
Karosserie | |
Außenmaße (L/B/H) | 5099/2073 (2199*)/1750 mm |
Leergewicht/Zuladung | 2558/k.A. kg |
Kofferraumvolumen | 265 - 810 l |
Fahrleistungen (Werksangaben) | |
Beschleunigung (0-100 km/h) | 4,1 s |
Höchstgeschwindigkeit | 200 km/h |
Verbrauch (kombiniert) | 21,2 - 23,1 kWh/100 km |
Reichweite | 510 km |
Kaufinformationen | |
Basispreis (Testwagen) | 82.900 Euro |
Marktstart | September 2024 |
Nio schnürt für eine stolze Summe ein stolzes Paket mit einem großen, luxuriösen und starken SUV. Der EL8 strotzt vor neuer Technik, bietet eine tolle Ladeleistung sowie viel Reichweite. Um vor dem Koloss aber nicht in die Knie zu gehen, lohnt sich hier eine Testfahrt, um jegliche Grenze mal auszutesten.