Mazda CX-5/Mercedes GLB/VW Tiguan im Test: Das Fazit
Neuer Tiguan im Kreuzfeuer
- Mazda CX-5, Mercedes GLB & VW Tiguan im Vergleichstest
- Karosserie: Sieben Sitze retten den Mercedes GLB nicht
- Fahrkomfort: VW Tiguan am besten, aber nicht perfekt
- Motor/Getriebe: Mercedes GLB 220 d 4Matic triumphiert
- Fahrdynamik: VW Tiguan wirkt distanziert
- Umwelt/Kosten: Mazda CX-5 punktet beim Preis
- Technische Daten & Messwerte von Mazda CX-5 Skyactiv-D 184 AWD, Mercedes GLB 220 d 4Matic & VW Tiguan 2.0 TDI 4Motion
- Ergebnis in Punkten
- Fazit
Die ersten zwei Generationen des VW Tiguan waren so etwas wie eine Benchmark der Kompakt-SUV-Klasse: gut geschnitten, erwachsen hinter dem Lenkrad und angemessen eingepreist. Jetzt tritt Generation Nummer drei an – im Vergleichstest gegen den Mazda CX-5 und den Mercedes GLB.
Mazda CX-5, Mercedes GLB & VW Tiguan im Vergleichstest
Dieselnde Kompakt-SUV mit Allradantrieb sind so etwas wie die automobilen Alleskönner schlechthin – driften aber zunehmend in preisliche Dimensionen ab, die sich ein Großteil der Bevölkerung nicht mehr leisten kann oder will. Der VW Tiguan positioniert sich mit seinem Grundpreis im Vergleichstest zwischen dem günstigen Mazda CX-5 und dem teuren Mercedes GLB. Rund 50.000 Euro für den Tiguan 2.0 TDI 4Motion müssen aber erst einmal mit guten Argumenten unterfüttert werden. Tiguan eins und zwei waren Paradebeispiele für gut gemachte und im Alltag sehr umgängliche Autos – nie wirklich günstig, aber ihren Preis wert. Gelingt der Talente-Transfer zu Generation drei oder sind die soliden Vorgänger eine zu große Bürde für den jüngsten Wurf? Der Mazda hält mit seiner über Jahre kultivierten Ausgereiftheit dagegen, und der frisch geliftete Mercedes war schon für zahlreiche Konkurrenten eine harte Nuss in Vergleichstests.
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Leslie & Cars fährt den VW Tiguan (2024) im Video:
Karosserie: Sieben Sitze retten den Mercedes GLB nicht
Der neue VW Tiguan ist eine imposante Erscheinung, obwohl effektiv nur um drei Zentimeter in der Länge gewachsen. Die hoch aufragende Front und eine gestreckte Silhouette rücken das SUV optisch in Richtung Touareg. Das rundliche Design ist Geschmacksache, beschert dem Tiguan aber einen auf 0,28 verbesserten cW-Wert. Glücklicherweise geht die optimierte Aerodynamik nicht zu Lasten des Platzangebots. Im Gegenteil: Der VW verwöhnt mit einem gut geschnittenen Innenraum, der in beiden Sitzreihen und auch im Kofferraum viel Platz bietet. Schmale A-Säulen und große Rückspiegel zeigen, dass man auch an eine gute Übersichtlichkeit gedacht hat.
Das ist insofern gut, weil der zentral sitzende Touchscreen ziemlich viel Aufmerksamkeit auf sich zieht. Das zunächst abschreckende 15-Zoll-Format entpuppt sich aber als deutlich besser bedienbar als die älteren Versionen im Golf und in den ID.-Modellen. Allerdings konnte sich der Wagen aus diesem Vergleichstest einen technischen Aussetzer nicht verkneifen – der schwarz bleibende Bildschirm war aber ein einmaliges Ereignis. Denn egal ob Sicherheitsassistenten oder Klimaanlage: Viele Funktionen verlangen nach dem Griff zum Touchscreen oder zur Sprachassistentin IDA. Letztere nutzt ChatGPT, was den Funktionsumfang in Zukunft sukzessive erweitern dürfte.
Sehr gut gefallen die zahlreichen, gut dimensionierten und positionierten Ablagen etwa für Smartphones oder Kleinkram in der Mittelkonsole sowie im variablen Fach unter der justierbaren Mittelarmlehne. Mit dem größten Ladeabteil und der höchsten Zuladung sowie Anhängelast fährt der VW Tiguan im Vergleichstest direkt den ersten Kapitelsieg vor dem im Detail feiner ausstaffierten Mercedes GLB ein. Das schwäbische SUV präsentiert sich aber ebenfalls im besten Sinne nutzwertig. Viel Platz und die beste Variabilität hat er auf der Habenseite. Doch sein Kofferraum fällt in der fünfsitzigen Konfiguration eine Nummer kleiner aus, und auch bei der Sicherheitsausstattung bietet der jüngere Tiguan mehr. Wer mehr als fünf Sitzplätze benötigt, wird aber nur von Mercedes bedient. Schade, dass sich der GLB mit 2000 kg Anhängelast zufrieden geben muss. Mazda CX-5 und VW Tiguan dürfen jeweils mehr an den Haken nehmen.
Der Mazda CX-5, immerhin schon seit 2017 auf dem Markt, kann beim Platzangebot nicht ganz mithalten. Stärker eingezogene Dachpfosten und die hohe Sitzposition konterkarieren die eigentlich guten Dimensionen im Innenraum. Der kleinste Kofferraum lässt sich immerhin auf einer topfebenen Fläche erweitern. Bei der Bedienung zeigt der Japaner, dass ein Dreh-Drück-Steller noch längst nicht gestrig ist – intuitiver kann man nirgends durch die Menüs navigieren.
Fahrkomfort: VW Tiguan am besten, aber nicht perfekt
Die Kombination aus Allrad und Diesel beschert dem VW Tiguan aufpreisfrei das neue DCC Pro-Fahrwerk. Adaptive Dämpfer mit jeweils zwei Ventilen (für Zug- und Druckstufe) sollen eine noch nie dagewesene Spreizung und mehr Komfort denn je bieten. Die Spreizung ist tatsächlich sehr groß – von hart bis soft lassen sich die Dämpfer kleinteilig einstellen. Und dennoch bleibt ein fader Beigeschmack, weil die offenbar harten Federn viel von der Fahrbahn in die Karosserie übertragen und die adaptive Anpassung der Dämpfer nicht immer so agiert, wie man es sich wünscht. So neigt der Tiguan auf kurzen Anregungen zum Zittern und verhält sich teils holprig auf Querfugen. Die permanente manuelle Anpassung der Dämpfer über den Touchscreen kann da nicht die Lösung sein.
Besser verhält sich der VW Tiguan hingegen auf groben Verwerfungen, die er souverän und gelassen überfährt. Ebenfalls sehr gut gefallen die (teuren) ergoActive-Sitze, die einen großen Einstellbereich bieten, optimal unterstützen und auf Wunsch massieren, heizen oder auch kühlen. Ähnlich bequem sind auch die Sitze des Mercedes GLB – allerdings einen Tick schmaler geschnitten. Die Sternstunde des GLB schlägt wiederum beim Federungskomfort. So bietet er nicht nur die beste Entkopplung der steifen Karosserie, sondern auch den besten Mix aus feinem Anfedern und elegantem Verarbeiten von Verwerfungen jedweder Art. Wermutstropfen: Bei voller Beladung und gröbsten Fahrbahnschäden kommen die Reserven des Mercedes relativ früh an ihre Grenzen. Zudem übernehmen im GLB bei Autobahntempo eher als bei der Vergleichstest-Konkurrenz Windgeräusche die akustische Untermalung.
Währenddessen kämpft der Mazda CX-5 mit dem akustisch rustikalsten Antrieb. Aber noch deutlich stärker schlagen seine Sitze ins Kontor, die nicht annähernd den Komfort der Konkurrenz bieten können. Mangelnder Seitenhalt und die kurze, nicht ausziehbare Sitzfläche mit nicht optimalem Winkel dürften sogar das größte Manko des Japaners überhaupt sein. Das wird besonders auf langen Etappen deutlich, auf denen man sich schon frühzeitig auf dem Gestühl windet, um eine angenehme Sitzposition zu finden. Auch beim Federungskomfort muss der CX-5 die Konkurrenz ziehen lassen. Er hat weder adaptive Dämpfer, noch zeigt er eine sensible Abstimmung. So überträgt er wesentlich mehr von der Fahrbahnbeschaffenheit in seine Karosserie und federt obendrein deutlich weniger feinfühlig an als seine deutschen Rivalen aus dem Vergleichstest.
Motor/Getriebe: Mercedes GLB 220 d 4Matic triumphiert
Alle drei Turbodiesel aus diesem Vergleichstest verteilen ihre Kraft über ein automatisches Getriebe an alle vier Räder – womit auch schon sämtliche Gemeinsamkeiten erklärt wären. Der Mazda CX-5 Skyactiv-D 184 AWD setzt als Einziger auf eine Wandlerautomatik. Der größte Hubraum und das fülligste Drehmoment von 445 Nm können allerdings nicht kaschieren, dass es im CX-5 eine ganze Spur gemächlicher zugeht. Die bisweilen lethargisch arbeitende sechsstufige Automatik verhindert bessere Sprintzeiten, während der Selbstzünder mit 7,1 l mehr Diesel verlangt als die Motoren der Konkurrenz.
Sparsamster ist mit 6,4 l Durchschnittsverbrauch der Mercedes GLB 220 d 4Matic, der bei den Fahrleistungen allerdings nicht ganz mit dem drei PS stärkeren VW Tiguan 2.0 TDI 4Motion mithalten kann. Auch die Kraftentfaltung und die Reaktionszeiten des Getriebes sind eine Spur verhaltener als beim Rivalen von VW. Die Kombination aus niedrigstem Verbrauch und bester Reichweite reicht allerdings, um den frischen Widersacher im Antriebskapitel des Vergleichstests in Schach zu halten. Der 193 PS (142 kW) starke VW verwöhnt dafür mit den besten Fahrleistungen und einem – je nach Fahrmodus – hellwachen Doppelkupplungsgetriebe. Beim Dieseldurst liegt er zwischen Mazda und Mercedes. Angesichts des engagierten Auftritts gehen 6,8 l auf 100 km aber in Ordnung.
Fahrdynamik: VW Tiguan wirkt distanziert
Es ist auch die Antriebseinheit, die den VW Tiguan 2.0 TDI 4Motion auf dem Handlingkurs nach vorn bringt. Der gierig am Gas hängende Wolfsburger distanziert den Mercedes GLB 220 d 4Matic allerdings nur hauchdünn. Und auch das hat gute Gründe: Im Vergleichtstest-Trio gibt sich der Tiguan hinter dem Lenkrad merkwürdig distanziert. Seine Lenkung lässt Gefühl vermissen, und die Aufbaubewegungen sind überraschend groß. Dass es dennoch zum Kapitelsieg reicht, verdankt der VW seiner kalt wie warm äußerst standfesten Bremse.
Der Benz präsentiert sich im Vergleichstest organischer, gibt deutlich mehr Feedback und umrundet narrensicher den Handlingparcours im niedersächsischen Contidrom. Seine Fahrdynamik erkauft sich der Mercedes GLB aber teuer: Die Sportreifen für 357 Euro gibt es nur ab dem Ausstattungsniveau "AMG Line Advanced Plus" für weitere 6896 Euro.
Deutlich bodenständiger fährt da der Mazda CX-5 Skyactiv-D 184 AWD vor. Ohne jegliche Aufpreise und neuerdings ohne deaktivierbares ESP sind die fahrdynamischen Erwartungen an den CX-5 gering. Umso mehr überrascht der Japaner mit einem ordentlichen Handling und einem fein regelnden ESP. Dass er im Zweifel im Grenzbereich arg in der Leistung beschnitten wird, dürften die wenigsten selbst erfahren und sich vielmehr über die ausgewiesen hohe Fahrsicherheit freuen. Verbesserungswürdig ist allenfalls der Bremsweg mit kalter Bremsanlage.
Umwelt/Kosten: Mazda CX-5 punktet beim Preis
Weil der Mazda CX-5 zum geringsten Einstiegspreis bereits relativ großzügig ausgestattet auf den eigenen Hof rollt, geht das letzte Kapitel des Vergleichstests verdient an den Japaner. Dazu trägt auch die großzügige Neuwagengarantie von sechs Jahren bei, die sich die deutschen Hersteller mit ihrer zweijährigen Neuwagengarantie gern mal zum Vorbild nehmen könnten.
Der finanzielle Einsatz ist beim Mercedes GLB mit Abstand am höchsten – flankiert vom größten Wertverlust und den höchsten Werkstattkosten. Da sind die geringste Kfz-Steuer und die niedrigsten Spritkosten nur kleine Tropfen auf dem heißen Stein.
In der Ausstattung des Vergleichstests nähert sich der VW Tiguan der 60.000-Euro-Marke. Besonders der heftige Aufpreis für die ausgezeichneten Sitze schmerzt, weil sie nur im Paket und nur ab dem Elegance-Ausstattungsniveau erhältlich sind. Immerhin kann sich der VW bei der Versicherungseinstufung dann doch noch mal von seinen Konkurrenten absetzen – um dem günstigen Mazda CX-5 im abschließenden Kapitel gefährlich zu werden, reicht es allerdings nicht mehr.
Technische Daten & Messwerte von Mazda CX-5 Skyactiv-D 184 AWD, Mercedes GLB 220 d 4Matic & VW Tiguan 2.0 TDI 4Motion
AUTO ZEITUNG 09/2024 | Mazda CX-5 Skyactiv-D 184 AWD | Mercedes GLB 220 d 4Matic | VW Tiguan 2.0 TDI 4Motion |
Technik | |||
Motor | 4-Zylinder, 4-Ventiler, Biturbodiesel; 2191 cm³ | 4-Zylinder, 4-Ventiler, Turbodiesel; 1950 cm³ | 4-Zylinder, 4-Ventiler, Turbodiesel; 1968 cm³ |
Antrieb | 6-Stufen-Automatik; Allrad | 8-Gang; Doppelkupplung; Allrad | 7-Gang; Doppelkupplung; Allrad |
Leistung | 135 kW/184 PS, 4000 /min | 140 kW/190 PS, 3800 /min | 142 kW/193 PS, 3400 /min |
Max. Drehmoment | 445 Nm, 2000 /min | 400 Nm, 1600-2600 /min | 400 Nm, 1750-3250 /min |
Karosserie | |||
Außenmaße (L/B/H) | 4575/1845 (2114)*/1685 mm | 4634/1834 (2020)*/1659 mm | 4539/1842 (2410)*/1658 mm |
Leergewicht (Werk/Test) | 1689/1793 kg | 1715/1786 kg | 1675/1795 kg |
Kofferraumvolumen | 510-1626 l | 570-1805 l | 652-1650 l |
Fahrleistungen | |||
Beschleunigung 0-100 km/h (Test) | 8,8 s | 8,0 s | 7,4 s |
Höchstgeschwindigkeit (Werk) | 208 km/h | 217 km/h | 220 km/h |
Bremsweg aus 100 km/h kalt/warm (Test) | 36,4/35,3 m | 34,9/35,1 m | 33,7/33,7 m |
Verbrauch auf 100 km (Test/WLTP) | 7,1/6,6 l D | 6,4/5,8 l D | 6,8/6,4 l D |
Preise | |||
Grundpreis | 46.050 € | 55.067 € | 49.055 € |
Testwagenpreis | 46.050 € | 66.384 € | 57.517 € |
*Breite mit Außenspiegel |
Ergebnis in Punkten
Gesamtbewertung (max. Punkte) | Mazda CX-5 Skyactiv-D 184 AWD | Mercedes GLB 220 d 4Matic | VW Tiguan 2.0 TDI 4Motion |
Karosserie (1000) | 649 | 708 | 717 |
Fahrkomfort (1000) | 701 | 737 | 753 |
Motor/Getriebe (1000) | 653 | 697 | 690 |
Fahrdynamik (1000) | 644 | 679 | 695 |
Eigenschaftswertung (4000) | 2647 | 2821 | 2855 |
Kosten/Umwelt (1000) | 353 | 289 | 310 |
Gesamtwertung (5000) | 3000 | 3110 | 3165 |
Platzierung | 3 | 2 | 1 |
Der Testsieg des VW Tiguan 2.0 TDI 4Motion ist das Ergebnis seiner Allrounder-Qualitäten. Diese waren schon immer das Markenzeichen des Wolfsburgers und bleiben es auch in Generation drei. Überraschender sind eher die Defizite beim Federungskomfort – immerhin verspricht das DCC Plus-Fahrwerk viel. Und der Preis ist saftig. Noch saftiger fällt dieser beim Mercedes GLB 220 d 4Matic aus, der dafür am besten federt und am sparsamsten ist: Rang zwei. Der Mazda CX-5 Skyactiv-D AWD muss hingegen bei der Eigenschaftswertung Federn lassen. Er ist knapper geschnitten, und die Sitze sind ein echtes Komfort-Handicap. Die Aufholjagd im Kostenkapitel des Vergleichstests kommt daher zu spät – angesichts seines Alters erreicht er aber eine respektable Punkteausbeute auf Platz drei.