In der Front eines Coupés strahlt der Mercedes-Stern traditionell besonders hell. Das gilt auch für den neuen CLE. Im Test: der mildhybridisierte Allrad-Benziner Mercedes CLE 300 4Matic mit 258 Verbrenner- und 23 Elektro-PS.
Positiv | Hohes Komfortniveau, gute Fahrleistungen, effizienter Antrieb, schlüssiges Design |
Negativ | Etwas eng im Fond, fühlt sich eher nach C- als nach E-Klasse an, hoher Preis |
Die Karosserieformen Coupé oder Cabriolet haben bei Mercedes eine lange Tradition, obwohl die Zweitürer mit der flach auslaufenden, eleganten Dachlinie nicht unbedingt zum praktischsten und geräumigsten Typ Auto zählen. Der Mercedes CLE soll nun die beiden eingestellten Coupé- und Cabrio-Baureihen der C- und E-Klasse ersetzen und all jenen etwas bieten, denen guter Stil mehr bedeutet als Pragmatismus. Ob das klappen kann, soll der Test mit dem Mercedes CLE 300 4Matic klären.
Wie bei einem Zweitürer nicht anders zu erwarten, bekommen das vor allem die Menschen im Fond des 4,85 m langen CLE zu spüren, die ihre tief liegenden Sitzkuhlen nur nach einigen Verrenkungen beim Einsteigen erreichen. Da helfen auch die großen Türen nicht weiter, die zudem in engen Parklücken eher hinderlich sind. Ist man einmal in der zweiten Reihe angekommen, überrascht der Sitzkomfort, von der Langstreckentauglichkeit einer C-Klasse Limousine und erst recht einer E-Klasse ist der CLE aber weit entfernt. Auf den bequemen, elektrisch einstellbaren und gut unterstützenden, aber nicht zu eng anliegenden Vordersitzen bewältigen Personen in der ersten Reihe hingegen auch lange Touren entspannt und stressfrei. Das Raumgefühl ist aber eher C- denn E-Klasse-like. Dazu passt auch das für ein Mittelklassefahrzeug zufriedenstellende Kofferraumvolumen von 420 l. Auch interessant: Unsere Produkttipps bei Amazon
Der Mercedes CLE (2023) im Fahrbericht (Video):
Der Mercedes CLE 300 4Matic im Test
Auch was die Handhabung und die Cockpit-Gestaltung betrifft, wähnt man sich eher in der Mercedes-Mittel- als in der Oberklasse. Das ist kein Nachteil, denn wie in der C-Klasse kann man sich auch im Mercedes CLE auf hochauflösende Touchdisplays in der Mitte und Digitalinstrumente mit vorwählbaren Layouts verlassen sowie auf die Head-up-Anzeigen, die optional in die Frontscheibe projiziert werden. Das Online-vernetzte Infotainment- und Bediensystem MBUX inklusive Navigation reagiert meist schnell und schlüssig auf Anweisungen per Touchscreen oder Sprachsteuerung. Eingaben (etwa Sendersuche, Navi-Karteneinstellungen usw.) lassen sich auch am Lenkrad erledigen, sowohl im Dialog mit dem Mittel- als auch mit dem Fahrer-Instrumenten-Display. Allerdings stehen dafür nur winzige, zweifach belegte Wischfelder zur Verfügung, die im Test nicht immer so reagieren, wie sie sollen, Befehle nicht oder gar falsch verarbeiten und den deshalb unnötig ablenken.
Sofern man den Mercedes CLE teils gegen Aufpreis (Fahrassistenz-Paket Plus: 1985 Euro) entsprechend aufgerüstet hat, übernimmt dieser auch teilautonom diverse Fahrfunktionen. Die automatische Längs- und Querführung funktioniert meistens fehlerfrei, nur die Totwinkel-Warnfunktion sowie die Fußgängererkennung reagieren manchmal etwas übernervös und schreckhaft. Dennoch lernt man die dienstbaren Helfer schnell schätzen wie zum Beispiel auch das optionale Digital Light mit adaptiver LED-Lichtverteilung. Was die Sicherheit und die Bedienbarkeit betrifft, erfüllt der CLE hohe Standards. Das gilt im Test sowohl für den Qualitätseindruck als auch für die hochwertige Materialauswahl. Der Begriff Coupé verspricht zudem Dynamik. Auch hier liefert der CLE, obwohl er mit 258 PS (190 kW) als Mercedes CLE 300 4Matic längst nicht der kräftigste Vertreter der Baureihe ist, die im AMG-Modell CLE 53 4Matic (449 PS) gipfelt. Ein 63er AMG soll folgen.
Gute Fahrleistungen, effizienter Antrieb
Doch bereits unser vierzylindriges Testexemplar verlässt das Testgelände souverän mit 6,2 s im Messschrieb für den 0 auf 100 km/h-Sprint, und 250 km/h Spitze können sich ebenfalls sehen lassen. Dass im Mercedes CLE 300 4Matic lediglich vier Kolben am Werk sind, kann der Benz trotz des dezent-sonoren Sounds nicht verbergen. Im Dialog mit der meist komfortabel und flink schaltenden Automatik verhaspelt sich der Triebstrang bei niedriger Lastanforderung schon mal und braucht einen Moment, um die richtige Übersetzung zu finden. Richtig unter Zug passiert das nicht. Mit der Boost-Unterstützung durch den Starter-Generator spricht der Motor spontan aufs Gas an, wirkt dabei aber nie nervös.
Dieser Wesenszug überträgt sich auch auf das Fahr- und Federungsverhalten. Dank der optionalen Allradlenkung biegt der Mercedes CLE 300 4Matic überraschend direkt ab, bleibt dabei aber wie festgenagelt auf der Ideallinie. Beim kraftvollen Herausbeschleunigen aus Kurven helfen auch der variable 4Matic-Allradantrieb sowie die optionale 19-Zoll-Mischbereifung (Pirelli P Zero, 245/40 vorn, 275/35 hinten), die sich darüber hinaus beim Bremsen heftig mit dem Asphalt verzahnt: 100 bis 0 km/h in 33,8 m, mit warmer Anlage sind es 32,7 m. Diesseits einer Notbremsung wäre allerdings eine etwas feinere Dosierbarkeit übers Bremspedal wünschenswert.
Dynamik kann das Mercedes-Coupé also. Wichtiger im Alltag sind jedoch der gute Geräusch- und Federungskomfort (adaptive Dämpfer sind Serie) und der moderate Testverbrauch von 7,8 l auf 100 km. Der Verzicht auf zwei Türen und Bewegungsfreiheit im Fond bleibt aber ein teures Vergnügen. Der Mercedes CLE 300 4Matic startet bei 68.544 Euro in der AMG Line Advanced. Zum Vergleich: Eine technisch sehr ähnliche C-Klasse mit gleichem Antrieb in gleicher Ausstattung liegt bei 64.546 Euro (Stand: Januar 2024).
Connectivity
Standard-Ausstattung beim getesteten Mercedes CLE 300 4Matic ist die AMG Line Advanced. Den Kern der Connectivity bildet serienmäßig das MBUX-Infotainment-System inklusive der Navigation, die mit Echtzeit-Infos versorgt wird (Laufzeit: 7 Jahre). Die Datenlieferung läuft über das bordeigene 5G-Kommunikationsmodul, das auch die Nutzung der Mercedes me connect-Dienste über die Mercedes me App ermöglicht, darunter zum Beispiel eine digitale Schlüsselübergabe per Smartphone an Dritte oder weitere Remote-Funktionen. Mit von der Partie sind unter anderem das USB-Paket, Smartphone-Integration (Apple CarPlay, Android Auto), induktive (kabellose) Ladefunktion, Radio (FM und DAB+) und ein Fingerabdruck-Scanner. Zu den empfehlenswerten Optionen zählen ein Head-up-Display (1178 Euro) als zusätzliche Info-Ebene, das Burmester Soundsystem (1321 Euro) und das adaptive Digital Light (1607 Euro).
Technische Daten & Messwerte
AUTO ZEITUNG 03/2024 | Mercedes CLE 300 4Matic |
Technik | |
Zylinder/Ventile pro Zylin. | 4-Zylinder/4-Ventiler; Turbodiesel |
Hubraum | 1999 cm³ |
Leistung | 190 kW/258 PS plus 17 kW/23 PS (Starter-Generator) |
Max. Drehmoment | 400 Nm plus 205 Nm (Starter-Generator) |
Getriebe/Antrieb | 9-Stufen; Automatik/Allradantrieb |
Messwerte | |
Leergewicht (Werk/Test) | 1780/1844 kg |
Beschleunigung 0-100 km/h (Test) | 6,2 s |
Höchstgeschwindigkeit (Werk) | 250 km/h |
Bremsweg aus 100 km/h kalt/warm (Test) | 33,8/32,7 m |
Verbrauch auf 100 km (Test/WLTP) | 7,8/7,6-7,0 l S |
CO2-Ausstoß (WLTP) | 173-159 g/km |
Preise | |
Grundpreis | 68.544 € |
Wer Mercedes-Werte wie guten Federungs- und Geräuschkomfort oder eine hochwertige Verarbeitung schätzt und dennoch abseits des Mainstreams fahren möchte, liegt mit dem CLE 300 4Matic genau richtig. Die schöne, aber etwas unpraktische Coupé-Form ist zwar nichts für die Großfamilie, aber mit dem CLE erhält man ein durchaus dynamisches Fahrverhalten bei moderatem Verbrauch sowie moderne Assistenz- und Infotainment-Systeme. Die etwas unvernünftigere Art Mercedes zu fahren muss man sich aber leisten können und wollen.