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VW Golf GT: Classic Cars

Der Boost-Boss von VW

Tim Neumann Redakteur

In einer denkbar tristen Hülle debütierte 2005 eine Technologie, die es weder vorher noch nachher je wieder in Serie geschafft hat. Denn dem TSI-Vierzylinder im VW Golf GT machten sowohl ein Turbolader als auch ein Kompressor mächtig Dampf.

Er begegnet uns auch heute noch regelmäßig, der VW Golf 5 GT. Merken tun es jedoch nur die Wenigsten. Weder rote Zierstreifen wie beim GTI noch Alu-Look à la R32 deuten auf dessen Besonderheit hin, obwohl er technisch mindestens genauso viel zu bieten hat und sich dabei auch fahrdynamisch kaum abschütteln lässt. Ob VW 2005 der Mut fehlte, mitten in der finalen Hubraum- und Zylinderinflation groß mit einem 1,4-Liter-Motor aufzutrumpfen? Doch die Zeit gibt dem Downsizer Recht: Als der Twincharger 2005 im VW Golf 5 GT debütiert, verkauft VW noch Zwölfzylindermotoren, im Golf gibts den VR6 und im Passat sogar einen W8. Zehn Jahre später sind die großen Brummer bis auf den V8 im Touareg verschwunden.

Zurück zum Technikwunder VW Golf GT: Wer neugierig die Motorhaube öffnet, wird auch angesichts der penibel in Plastik verpackten Aggregate auf den ersten Blick nicht schlauer. Höchstens der dicke Schlauch, der den Zylinderkopf wie eine Anakonda umringt, deutet auf die Potenz des 1,4 Liters hin. Die Besonderheit: Den Vierzylinder setzen sowohl ein Kompressor als auch ein Turbolader unter mächtig Druck, sodass von 1750 bis 4500 Umdrehungen der Drehmomentgipfel von 240 Newtonmetern bereitsteht. Trotz der doppelten Aufladung klettert das Aggregat fleißig die Drehzahlleiter bis 7000 hoch und runter und erreicht bei 6000 seine Maximalleistung von 170 PS (125 kW). Auch interessant: Unsere Produkttipps auf Amazon

Der VW ID.7 (2023) im Fahrbericht (Video):

 
 

Classic Cars erinnert sich an den VW Golf GT

Neben der Sportlichkeit stand vor allem die Effizienz im Lastenheft der Entwicklungsabteilung, sonst wäre sicherlich noch viel mehr Leistung aus dem VW Golf 5 GT zu holen gewesen. Um das Turboloch im Drehzahlkeller zu überbrücken, leistet der Roots-Kompressor bis 3500 Touren Abhilfe. Dieser arbeitet mit fünffacher Kurbelwellendrehzahl, sodass schon im Leerlauf genug Saft in Richtung Vorderachse gelangt. Danach wird der Kompressor via Magnetkupplung entkoppelt. Der Rest ist Aufgabe des Turboladers, der dem Vierzylinder mit bis zu 1,5 bar Ladedruck Beine macht. Weitere Unterscheidungsmerkmale zum regulären FSI-Motor der Baureihe EA111 mit 90 PS (66 kW) sind ein Kurbelgehäuse aus dünnwandigem Grauguss sowie eine heruntergestufte Verdichtung von zwölf auf 10:1.

Das beeindruckende Ergebnis spiegelt sich in den Fahrleistungen des VW Golf GT wider: 0 auf 100 km/h in 7,9 Sekunden, 220 Sachen Spitze. Wer diese Werte erreichen will, muss allerdings deutlich mehr Sprit einkalkulieren als die 7,2 Liter Super Plus auf 100 Kilometer laut Werksangabe. Ein Allradantrieb bot VW leider nie für den GT an. Mit dieser Kombination – Kompressor, Turbo und Allrad – war 20 Jahre zuvor der Lancia Delta S4 zu einem der wildesten Rallye-Boliden aller Zeiten aufgestiegen. Und in diesem Licht darf sich der Twincharger-Golf durchaus sonnen, auch wenn spätestens im Innenraum wieder die niedersächsische Kunststoffkeule wütet. Immerhin erinnern das GT-Lenkrad und die Ladedruckanzeige dahinter daran, dass man hier im Boost-Boss sitzt.

 
Tim Neumann Tim Neumann
Unser Fazit

Die Twincharger-Technologie des VW Golf 5 GT bestehend aus Kompressor und Turbolader klingt aus heutiger Sicht eigentlich viel zu cool, als dass man es als leidiges Downsizing abtun könnte. Fakt ist: Wer GT fährt, fährt unter dem Radar und kann so einige Vertreter-Limousinen ärgern. Leider bedeuteten Turbolader mit variabler Geometrie das Aus des Ingenieurs-Motors, der innerhalb von zehn Jahren auch in weiteren Modellen wie Touran, Passat, Sharan, aber auch bei Audi, Seat und Skoda zum Einsatz kam.

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